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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 29.03.2007
Aktenzeichen: 18 U 71/06
Rechtsgebiete: HGB, BGB
Vorschriften:
HGB §§ 74 ff. | |
HGB § 75 Abs. 3 | |
HGB § 75a | |
BGB § 138 | |
BGB § 343 | |
BGB § 343 Abs. 1 | |
BGB § 344 |
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 14.03.2006 (11 O 50/03) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten - soweit in diesem Berufungsverfahren von Interesse - über die Frage, ob dem Kläger eine Karenzentschädigung aufgrund eines Wettbewerbsverbots zusteht. Er war seit dem 01.04.1994 Geschäftsführer der Beklagten. Das Vertragsverhältnis wurde von der Beklagten durch fristlose Kündigung am 10.07.2002 beendet. Die gegen die Wirksamkeit der Kündigung gerichtete Feststellungsklage ist vom Landgericht durch ein erstes Teilurteil vom 12.10.2004 in dieser Sache rechtskräftig zurückgewiesen worden.
In dem nunmehr angefochtenen Teilurteil hat das Landgericht sowohl den Antrag des Klägers auf Feststellung der Unwirksamkeit des in § 6 des Geschäftsführervertrages niedergelegten Wettbewerbsverbot als auch seinen auf Karenzentschädigung in Höhe von 48.714,65 € gerichteten Zahlungsantrag abgelehnt. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der für die Entscheidung des Landgerichts maßgeblichen Erwägungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger lediglich einen Teil des Zahlungsanspruchs weiter, nämlich auf Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 11. bis 31.07.2002, behält sich aber die Erweiterung der Berufung vor. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Ausschluss der Karenzentschädigung gem. § 6 Abs. 4 S. 3 des Geschäftsführervertrages unwirksam sei und ihm deshalb die Zahlung einer Karenzentschädigung in der vereinbarten Höhe zustehe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 3.499,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 26.06.2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf Karenzentschädigung gemäß der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung nicht zustehe, weil er ihr Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben habe.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Dem Kläger steht gemäß § 6 Abs. 4 S. 3 des Geschäftsführervertrages ein Anspruch auf Karenzentschädigung für die Zeit des Wettbewerbsverbots nicht zu. In § 6 Abs. 4 des Vertrages heißt es:
"Nach Beendigung des Vertrages zahlt die Gesellschaft, wenn sie nicht in entsprechender Anwendung des Grundsatzes des § 75a HGB ausdrücklich auf die Geltendmachung des Wettbewerbsverbots schriftlich verzichtet, an den Geschäftsführer eine Entschädigung in Höhe von 50% des durchschnittlich festen Jahresgehalts der letzten drei Jahre pro Jahr für die Dauer des Wettbewerbsverbots. Das Wettbewerbsverbots gilt für die Dauer von zwei Jahren nach dem Ausscheiden des Geschäftsführers. Die Pflicht zur Zahlung einer Entschädigung durch die Gesellschaft entfällt, wenn sie den Vertrag zulässiger Weise fristlos kündigt."
Die Voraussetzungen dieser Regelung - fristlose Kündigung des Klägers durch die Beklagte - liegen vor. Die Regelung ist auch wirksam.
1. Die Wirksamkeit der Regelung ergibt sich allerdings nicht bereits daraus, dass der Kläger die Entscheidung des Landgerichts über den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht angefochten hat und damit rechtskräftig feststeht, dass das Wettbewerbsverbots wirksam ist. Die Regelung über die Karenzentschädigung steht zwar in Zusammenhang mit dem Wettbewerbsverbot, ist mit dieser aber nicht in dem Sinne untrennbar verbunden, dass die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots von der Wirksamkeit der in dem Vertrag getroffenen Regelung über die Karenzentschädigung abhängt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Wettbewerbsverbot für einen Geschäftsführer einer GmbH nicht unbedingt mit einer Karenzentschädigung verbunden sein muss (BGH NJW 2002, 1875, 1876; ebenso Gehrlein, BB 2004, 2585, 2591).
2. Gegen die Wirksamkeit des von den Parteien ausdrücklich vereinbarten Wegfalls der Karenzentschädigung im Falle einer berechtigten fristlosen Kündigung des Klägers bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
a) § 138 BGB steht der Wirksamkeit der Regelung nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass eine Karenzentschädigung für ein mit einem Geschäftsführer vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht zwingend ist, sondern hierauf auch verzichtet werden kann (BGH NJW 2002, 1875, 1876; ebenso Gehrlein, BB 2004, 2585, 2591). Wenn aber der vollständige Verzicht auf eine Karenzentschädigung möglich ist, kann der Ausschluss der Karenzentschädigung unter der Bedingung der berechtigten fristlosen Kündigung erst recht nicht gegen § 138 BGB verstoßen.
b) Der Ausschluss einer Karenzentschädigung für den Fall, dass man die fristlose Beendigung des Vertragsverhältnisses selbst herbeiführt, verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (im Erg. ebenso Thüsing, NZG 2004, 9, 13). Eine solche Regelung hat der Gesetzgeber in § 75 Abs. 3 HGB sogar zwingend vorgesehen. Das Bundesarbeitsgericht hält diese Bestimmung zwar wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig, weil sie den Arbeitgeber bei einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer - der in dem Fall, dass er zu Recht fristlos kündigt, nur nicht dem Wettbewerbsverbot ausgesetzt ist - willkürlich besser stellt (BAG NJW 1977, 1357). Die Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Bestimmungen besagt aber nicht, dass die Parteien eines Geschäftsführervertrages, für die die Regelungen der §§ 74 ff. HGB ohnehin allenfalls entsprechende Anwendung finden (vgl. BGH NJW 1984, 2366), eine solche Regelung nicht autonom vereinbaren können. Hierfür spricht vielmehr, dass es durchaus sachgerecht ist, dass die Gesellschaft sich vor etwaigen Pflichtverletzungen des Geschäftsführers auch dadurch schützt, dass der Verlust der Karenzentschädigung angedroht wird. Die Aussicht auf Verlust der Karenzentschädigung verleiht der Möglichkeit der fristlosen Kündigung bei schwerwiegenden Vertragsverletzungen zusätzliches Gewicht und ist deshalb geeignet, den Geschäftsführer zu vertragstreuem Verhalten anzuhalten.
c) Der Wegfall der Karenzentschädigung hat damit die Funktion einer Vertragsstrafe. Vertragsstrafen sind aber gerade im Bereich der Arbeits- und Dienstverträge nicht grundsätzlich unzulässig (vgl. die vom Kläger angeführten Entscheidung des BAG vom 04.03.2004 - 8 AZR 328/03 -, Rdnr. 48 ff. und vom 18.08.2005 - 8 AZR 65/05 -, Rdnr. 14). Gründe, die gem. § 344 BGB zur Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe führen würden, sind nicht ersichtlich.
Es besteht auch keine Veranlassung zu einer Anpassung entsprechend der Regelung des § 343 BGB. Zwar stellt der Verlust der gesamten Karenzentschädigung für den Kläger einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil dar. Dies führt jedoch nicht zur Unverhältnismäßigkeit dieser Folge i. S. des § 343 Abs. 1 BGB. Dies gilt jedenfalls deshalb, weil das Wettbewerbsverbot räumlich und zeitlich so weit eingeschränkt war, dass der Kläger bereits nach kurzer Zeit erneut eine vergleichbare Anstellung finden konnte, ohne mit dem Wettbewerbsverbot in Konflikt zu geraten.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.499,71 € festgesetzt.
V.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Frage der Zulässigkeit des vertraglichen Ausschlusses einer Karenzentschädigung bei Fortgeltung des Wettbewerbsverbots im Falle berechtigter fristloser Kündigung des Geschäftsführers einer GmbH bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Ende der Entscheidung
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