Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.05.2009
Aktenzeichen: 18 U 78/08 (1)
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 247
BGB § 305c
BGB § 311 Abs. 3 n. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27.03.2008 wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger machen gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang ihrer Beteiligung an der Fundus-Baubetreuung Immobilien-Anlagen Nr. 27 KG (künftig: KG) geltend.

Die KG wurde im Jahre 1992 gegründet. Ihr Geschäftszweck bestand darin, in C. das Bürohaus "Q." zu errichten und zu vermarkten. Eine der Gründungskommanditistinnen ist die Beklagte. Es war vorgesehen, dass sich weitere Kommanditisten über eine Treuhandkommanditistin oder auch unmittelbar an der KG beteiligen sollten, was in der Folgezeit auch geschehen ist. Im Jahr 1997 kam es zu Liquiditätsproblemen der KG, weil die Vermietung der Immobilie bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht den gewünschten Erfolg gehabt hatte. Zur Erweiterung der Eigenkapitalbasis beschlossen die Gesellschafter 1997 eine Erhöhung des Kommanditkapitals um 30 Mio. DM. Hierzu war in der Gesellschafterversammlung vom 11.06.1997 Folgendes erläutert worden:

"...

- Die Beteiligten der Kapitalerhöhung erhalten eine Vorzugsausschüttung in Höhe von 6% p. a. ab Einzahlung bis zum Jahre 2007. ...

- Zur Gewährleistung des Zuflusses der Liquidität hat sich die G.H.-Verwaltungen GmbH bereit erklärt, die zur Abdeckung der jährlichen Liquiditätsunterdeckungen notwendigen Kapitalerhöhungen bis zum Gesamtbetrag von 30 Mio. DM zu garantieren. ..." (Anlage B 1, S. 11, Bl. 77 d. A.)

In der Folgezeit wurde zwischen der Beklagten und der KG ein entsprechender Vertrag geschlossen, in dem sich die Beklagte zur Platzierung der Beteiligungen verpflichtete und zugleich einen entsprechenden Kapitalzufluss garantierte (Anlage K 7). In den nächsten Jahren gab die Beklagte verschiedene Materialien zur Werbung neuer Anleger heraus. Der Prospekt 1998 - herausgegeben im April 1998 - enthält zur Ausschüttung und zur Garantie folgende Angaben:

"...eine jährliche Vorzugsausschüttung von 6 % auf den Nominalbetrag bis 2007, die von der G. garantiert ist, ...

...

Die G.H.-Verwaltungen GmbH hat sich verpflichtet, die Plazierung der Kapitalerhöhung durchzuführen, sie hat darüber hinaus eine Plazierungsgarantie für diese Kapitalerhöhung abgegeben, nach der die G. jährlich zumindest in dem Umfange Tranchen der Kapitalerhöhung platziert, wie dies zur Erfüllung der vertraglichen und sonstigen Zahlungsverpflichtungen sowie der Vorzugsausschüttung für die Beteiligte an der Kapitalerhöhung erforderlich ist." (Anlage K 5, S. 2, 37)

Durch Erklärung vom 02.03.1999 (Anlage K 1) erwarben die Kläger eine Beteiligung an der KG in Höhe von 90.000 DM (= 46.016,27 €). In der Folgezeit erhielten sie bis zum Jahr 2003 einschließlich von der KG die garantierte Ausschüttung. Danach wurden die Ausschüttungszahlungen seitens der KG eingestellt. Ihre wirtschaftliche Situation hatte sich nicht entscheidend verbessert und es bestand die Gefahr, dass die Ausschüttungen von einer Gläubigerbank der KG von den hiervon begünstigten Kommanditisten herausverlangt werden würde. Mit Zustimmung der Kläger fassten die Gesellschafter deshalb den Beschluss, die Immobilie zur Ablösung der Darlehensverbindlichkeiten zu veräußern, was zwischenzeitlich geschehen ist.

Der Kläger begehren von der Beklagten in erster Linie die Erstattung ihrer 1999 gezeichneten Einlage vermindert um die erhaltenen Ausschüttungen Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus dieser Einlage, weil sie diese im Vertrauen darauf gezeichnet hätten, dass die Beklagte die Ausschüttung garantiert habe. So sei auch derjenige, der ihnen die Anlage vermittelt habe, durch die Beklagte geschult worden. Hilfsweise begehren sie die Erfüllung der Garantiezusage für die Jahre ab 2004.

Das Landgericht hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen, die Beklagte aber gemäß dem Hilfsantrag verurteilt. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien, der gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung wendet die Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil ein, dass sich aus den den Klägern bei Vertragsschluss vorliegenden Informationen keine Garantieerklärung ihrerseits ergeben habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils der 1. Zivilkammer des LG Aachen vom 27.03.2008 - 1 O 414/07 - die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Mit ihrer in der Berufungserwiderung erhobenen Anschlussberufung verfolgen sie ihren Anspruch auf Erstattung ihrer gesamten Einlage weiter.

Sie beantragen,

das Urteil des Landgerichts Aachen vom 27.03.2008 - 1 O 414/07 - in den Ziffern 1) und 3) dahin abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an sie als Gesamtgläubiger einen Betrag von 38.370,00 € nebst 4 % Zinsen seit 01.01.2000 Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus ihrer Beteiligung an der G.-Baubetreuung-Anlagen Nr. 27 KG (Ziffer 1))

sowie weitere vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 1.150,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins gemäß § 247 BGB seit dem 04.09.2007 (Ziffer 3))

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Gegenüber etwaigen Schadensersatzansprüchen der Kläger erhebt sie die Einrede der Verjährung.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, die zulässige Anschlussberufung der Kläger dagegen unbegründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte weder ein Schadensersatzanspruch wegen des Erwerbs der KG-Beteiligung noch ein Erfüllungsanspruch aus einer Garantiezusage zu.

1. Die Berufung der Beklagten wendet sich zu Recht gegen das Urteil des Landgerichts. Der von den Klägern hilfsweise geltend gemachten Zahlungs- und Feststellungsanspruch besteht nicht, so dass sie von der Beklagten auch nicht wegen Verzuges den Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen können.

Der den Klägern vom Landgericht zugesprochene Anspruch auf Zahlung der Vorzugsausschüttung in Höhe von jährlich 6 % ihrer Einlage für die Jahre 2004 bis 2007 kann sich nur aus einem zwischen den Parteien zustande gekommenen selbständiger Garantievertrag ergeben. Das Zustandekommen eines solchen Vertrages hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt. Dies ist aufgrund des Sachverhalts auch nicht möglich.

Voraussetzung für das Zustandekommen eines solchen Vertrages wäre ein entsprechendes Angebot der Beklagten, das die Kläger angenommen haben müssten. Es fehlt aber bereits an dem Angebot. Auch wenn man davon ausgeht, dass Prospektangaben nicht nur einen werblichen Charakter haben, sondern durchaus auch mit Rechtsbindungswillen abgegeben werden können, konnten die Kläger die Passage des Prospekts

"...eine jährliche Vorzugsausschüttung von 6 % auf den Nominalbetrag bis 2007, die von der G. garantiert ist, ..." (Anlage K 5, S. 2)

nicht als Angebot auf Abschluss eines Garantievertrages verstehen.

Ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages muss alle für den Vertrag wesentlichen Elemente enthalten. Bereits das erscheint hier fraglich, denn aus dem Nebensatz

"die von der G. garantiert ist"

lässt sich nicht entnehmen, von welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme der Garantie im Einzelnen abhängen soll.

Darüber hinaus muss diese Aussage aber auch im Kontext mit den gesamten Prospektunterlagen gesehen werden. Darin ist ansonsten aber nur die Rede davon, dass die Beklagte den u. a. für die Bedienung der Garantieausschüttung durch die Gesellschaft erforderlichen Liquiditätszufluss garantiert. Dies folgt im Übrigen auch klar aus dem oben auszugsweise zitierten Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 11.06.1997. Auch daraus wird deutlich, dass die von der Beklagten übernommene Platzierungsgarantie den Liquiditätszufluss bei der KG gewährleisten sollte, aus dem dann die Vorzugsausschüttung für die neuen Gesellschafter bedient werden sollte. Auch dieses Protokoll war Inhalt des Prospektes.

Der Senat vermag auch der Argumentation der Kläger in dem Schriftsatz vom 11.05.2009 nicht zu folgen, dass sich aus dem Hinweis auf Seite 37 des Prospektes 1998

"dass mit der beschlossenen Kapitalerhöhung und dem damit verbundenen Liquiditätszufluss, der durch eine Plazierungsgarantie des Geschäftsbesorgers unterlegt ist, die Liquidität des Fonds auf absehbare Zeit, für einen überschaubaren Zeitraum von mindestens 5 Jahren, geordnet ist."

ergebe, dass die Beklagte über die Platzierungsgarantie hinaus auch eine Ausschüttungsgarantie gegenüber den Anlegern übernommen habe. Auch in diesem Abschnitt wird wiederum ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Plazierungsgarantie den Liquiditätszufluss aus der Kapitalerhöhung gewährleistet. Im Übrigen ergibt sich hieraus nur, dass auch die Erfüllung der Platzierungsgarantie durch die Beklagte ohne eine Verbesserung der sonstigen wirtschaftlichen Bedingungen die Liquidität der KG nicht dauerhaft sicherstellen kann. Entsprechendes ergibt sich im Übrigen aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 11.06.1997 (Anlage K 6, S. 43).

Bei unvoreingenommener und kritischer Lektüre der gesamten Prospektunterlagen, wie sie von einem Kapitalanleger, der sich an einer KG beteiligt, erwartet werden kann, konnte aufgrund dieser Informationen nicht der Eindruck entstehen, dass die Beklagte zusätzlich zu der Platzierungsgarantie mit einem Risiko von 30 Mio. DM gegenüber der KG auch noch eine Garantie für die Vorzugsausschüttung gegenüber den neuen Gesellschaftern mit einem Risiko von 18 Mio. DM (6 % von 30 Mio. DM über einen Zeitraum von 10 Jahren) übernommen hatte bzw. übernehmen wollte. Vielmehr war klar, dass die Sicherstellung der Vorzugsausschüttung dadurch erfolgte, dass der KG der Mittelzufluss, der durch die Kapitalerhöhung erzielt werden sollte, unabhängig vom Markterfolg dieser Kapitalerhöhung durch die Beklagte garantiert wurde. Deshalb besteht - entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung - auch kein Raum für eine Anwendung des § 305c BGB, wonach bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen.

2. Die Anschlussberufung ist zwar ebenfalls zulässig, aber nicht begründet, denn den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz ihres Schadens, den sie durch die 1999 erfolgte Beteiligung an der KG erlitten haben, unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Es fehlt insofern bereits an einer vorwerfbaren Täuschung der Kläger. Selbst wenn sie tatsächlich angenommen haben sollten, dass die Beklagte ihnen gegenüber die Vorzugsausschüttung garantiere, ist dies der Beklagten nicht anzulasten. Aus den vorstehend dargestellten Gründen durfte ein durchschnittlicher Anleger, der das Prospektmaterial mit der gebotenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen hat, nicht davon ausgehen, dass eine solche Garantie seitens der Beklagten übernommen worden war; die Beklagte konnte davon ausgehen, dass die im Prospektmaterial angesprochenen Zusammenhänge zwischen Platzierungsgarantie und Sicherstellung der Ausschüttung erkannt werden würden.

Der Vortrag der Kläger, dass der Vermittler T, der ihnen die Beteiligung an der KG vermittelt hatte, "dahingehend geschult (gewesen sei), dass die Beklagte gegenüber den Anlegern der Kapitalerhöhung die Auszahlung der gesellschaftsvertraglich verankerten jährlichen Mindestvorzugsausschüttung von 6 % garantiere" (Schriftsatz vom 19.02.2008, S. 3; Bl. 98 d. A.), rechtfertigt keine andere Bewertung. Danach soll die Schulung nämlich dem Prospektinhalt entsprochen haben, wie sich aus dem weiteren Vortrag ergibt, dass die Aussagen des Anlagevermittlers durch das Prospektmaterial bestätigt worden seien. Das Prospektmaterial lässt aber aus den vorstehend dargestellten Gründen trotz der Verwendung des Wortes "Garantie" gerade nicht den Schluss auf eine selbständige Garantiezusage seitens der Beklagten gegenüber den Anlegern zu. Dann kann sich dieser Schluss aber auch nicht aus den damit übereinstimmenden Angaben des Vermittlers ergeben haben.

Im Hinblick darauf, dass es somit bereits an einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beklagten fehlt, kommt es auf die weiteren im Rahmen des Rechtsstreits und der mündlichen Verhandlung nach der Verjährung und der vorvertraglichen Haftung der Beklagten als Dritte i. S. des § 311 Abs. 3 BGB n. F. nicht an.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97, 100 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen, unter denen die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist, liegen nicht vor. Grundlage der Entscheidung sind Auslegungsprinzipien wie sie seit langem in Rechtsprechung und Literatur anerkannt sind. Maßgeblich sind dabei die besonderen Umstände des konkreten Falles.

V.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

 - Berufung 13.252,70 €
- Anschlussberufung 38.370,00 €
 51.622,70 €

festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück