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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 08.02.2007
Aktenzeichen: 18 W 42/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 116 Satz 1 Nr. 1 1. Halbsatz
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 1
ZPO §§ 567 ff
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der die Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Landgerichts Köln vom 07.04.2006 - 22 O 158/06 - abgeändert.

Dem Antragsteller wird mit Wirkung ab dem 16.12.2005 Prozesskostenhilfe gewährt.

Zur Wahrnehmung seiner Rechte wird ihm Rechtsanwalt N. C., Z. M.10 xxxxx N. beigeordnet.

Gründe:

Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 1, 567 ff ZPO statthafte und auch den sonstigen Voraussetzungen nach zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache Erfolg.

Die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vorauszusetzenden Anforderungen liegen sowohl in subjektiver (I.) als auch in objektiver (II.) Hinsicht vor.

I.

1.

Was die nach Maßgabe von § 116 Satz 1 Nr. 1 1. Halbsatz ZPO zu fordernde Unfähigkeit angeht, die Kosten der beabsichtigten Rechtsverfolgung aus der verwalteten Vermögensmasse aufzubringen, lässt sich dieses Merkmal ohne weiteres bejahen. Die für die beabsichtigte Klage in erster Instanz voraussichtlich entstehenden Prozesskosten belaufen sich auf rd. 5.500,00 €. Dem stehen vorhandene Barmittel der Schuldnerin in Höhe von 5.216,23 € gegenüber, die bereits vor Abzug der Masseschulden und -kosten offenkundig nicht ausreichen, um die genannten Prozesskosten zu speisen. Soweit bei der Schuldnerin nach den Ausführungen des Antragstellers eine mit noch rd. 2000,00 € zu bewertende Betriebs- und Geschäftsausstattung vorhanden ist, ist diese im hier gegebenen Zusammenhang ebenso wenig der verwalteten Vermögensmasse zuzuschlagen wie die durch Anfechtung und die beabsichtigte Klage geltend zu machenden Ansprüche der Schuldnerin. Für die Beurteilung der Frage, ob die verwaltete Vermögensmasse ausreicht, um die Prozesskosten aufzubringen, ist nur auf die vorhandenen Barmittel und/oder das kurzfristig verwertbare Vermögen abzustellen (vgl. Zöller-Philippi,. ZPO, 26. Auflage, § 116 Rdn. 4 m. w. Nachw.). Mit Blick auf den Umstand, dass die Werte der einem Dritten zur Nutzung überlassenen Gegenstände des Anlagevermögens erst noch realisiert werden müssen, überdies insoweit eine Verrechnung mit Gegenforderungen des Nutzers angekündigt ist und zudem Sicherungseigentum geltend gemacht wird (vgl. Bl. 3 d.A.), kann diesbezüglich nicht von einer kurzfristigen Verwertbarkeit ausgegangen werden. Letzteres gilt ebenfalls für die Anfechtungsansprüche sowie die mit der beabsichtigten Klage geltend gemachte Einlageforderung, die zumindest erst tituliert werden müssten, um sie realistischerweise als einen der Schuldnerin zur Verfügung stehenden Vermögensposten einordnen zu können (vgl. Zöller-Philippi, a..a.O., § 116 Rdn. 4 und § 115 Rdn. 54).

2.

Können die Kosten der Prozessführung danach nicht aus der verwalteten Vermögensmasse aufgebracht werden, kommt es entscheidend darauf an, ob es den an dem Gegenstand des Rechtstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten ist, die Prozesskosten aufzubringen (§ 116 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz ZPO). Entgegen der in dem angefochtenen Beschluss zum Ausdruck gebrachten Beurteilung ist das vorliegend zu verneinen.

Vorschüsse auf die Prozesskosten sind nur solchen Beteiligten zuzumuten, welche die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung voraussichtlich deutlich größer sein wird (BGH, ZIP 1990, 1490; BGH, Beschluss vom 06.03.2006 - II ZB 11/05). Nach diesen Kriterien ist den für eine etwaige Finanzierung der voraussichtlichen Prozesskosten in Betracht zu ziehenden Gläubigern E. D. Services Leasing GmbH, O. Vertriebs GmbH und G. L.-X. der Schuldnerin die Aufbringung der Prozesskosten nicht zumutbar.

Dabei kann es unterstellt werden, dass es den vorbezeichneten Gläubigern nach ihrer jeweiligen finanziellen Ausstattung unschwer möglich wäre, die für die Prozesskosten aufzuwendende Summe ohne weiteres vorzuschießen. Mit Blick auf die sich bei einem erfolgreichem Ausgang des Prozesses daraus zu Ihren Gunsten ergebende Verbesserung, kann Ihnen die Bevorschussung indessen nicht abverlangt werden.

Allerdings ist es im Ausgangspunkt richtig, dass bei der Ermittlung der im Falle des erfolgreichen Prozessausgangs zur Verteilung gelangenden Masse auch die von dem Antragsteller mit ursprünglich 34.000,00 € angegebenen Anfechtungsansprüche zu berücksichtigen sind. Sowohl diese Anfechtungsansprüche als auch die vorliegend geltend zu machende Klageforderung schlagen indessen nicht mit ihrem jeweiligen vollen Betrag zu Buche. Dabei kann es dahinstehen, ob die Anfechtungsansprüche bereits deshalb betragsmäßig zu reduzieren sind, weil - wie der Antragsteller das im Beschwerdeverfahren behauptet - ein hierin ursprünglich einbezogener Betrag von 8.000,00 € mangels Kenntnis der Anfechtungsgegnerin von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auszubuchen sei (Bl. 113/114 d.A.). Dem kommt hier keine beurteilungsrelevante Bedeutung zu, weil sich jedenfalls angesichts des mit Blick auf das zu berücksichtigende Prozess- und Vollstreckungsrisiko (vgl. BGH, Beschluss vom 06.03.2006 - II ZB 11/05) vorzunehmenden Abschlags eine zur Verteilung gelangende Masse ermittelt, welche den Gläubigern eine Finanzierung der Prozesskosten nicht zumuten lässt. Gerade bei den Anfechtungsansprüchen ist das Prozessrisiko verhältnismäßig hoch anzusiedeln, weil es hierfür auf schwierig darzulegende tatsächliche Voraussetzungen- u.a. das Kapitalersatzrecht betreffend - ankommen kann. Der Antragsteller hat insoweit unstreitig auch weder bereits Zahlungstitel erwirkt noch liegen Zahlungszusagen der Anfechtungsgegner vor. Was die Einlageforderung angeht, hat der Antragsgegner im einzelnen vorgetragen, die von ihm als solche unstreitig geleisteten Zahlungen, die aufgrund eines Versehens der angewiesenen Bank lediglich falsch bezeichnet worden seien, gerade auf die übernommene Stammeinlage erbracht zu haben und Beweismittel angeboten; er hat ferner die Beibringung weiterer, den behaupteten Sachverhalt bestätigender Unterlagen angekündigt. Auch wenn den Antragsgegner die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Erfüllung der übernommenen Einlageverpflichtung trifft, besteht vor diesem Hintergrund auf Seiten des die Einlageforderung geltend machenden Antragstellers das Risiko, diese Forderung in dem beabsichtigten Prozess nicht oder jedenfalls nicht vollständig durchsetzen zu können. Mit Blick auf das selbst im Falle der vollumfänglichen Titulierung der vorstehenden Ansprüche ebenfalls nicht zu vernachlässigende Vollstreckungsrisiko ist es insgesamt angemessen, die Forderungsbeträge nur in Höhe jeweils ihres hälftigen Betrages in die zur Verteilung gelangende Masse einzubeziehen - mithin mit lediglich 30.000,00 €. Die zu verteilende Masse ermittelt sich damit auf insgesamt 37.216,73 € (30.000,00 € zzgl. 5.216,73 € zzgl. 2.000,00 €), von der nach Abzug der von dem Antragsteller mit zusammen 27.500,00 € in Ansatz gebrachten Masseverbindlichkeiten noch eine Summe von 9.716,73 € verbleibt. Bereits unter Gegenüberstellung nur der für den beabsichtigten Prozess erstinstanzlich aufzuwendenden Kosten in Höhe von rd. 5.500,00 € ergibt sich für die oben genannten, für eine Finanzierung der Prozesskosten in Betracht zu ziehenden Gläubiger daher nur eine derart geringfügige Besserstellung, dass ihnen bei wertender Betrachtung die Bevorschussung nicht abzuverlangen ist. Ganz offenkundig ist das aber, wenn man die voraussichtlichen Kosten des Anfechtungsprozesses berücksichtigt, was im Hinblick darauf konsequent ist, dass der "Ertrag" dieses Prozesses bei der Ermittlung der zur Verteilung gelangenden Masse einbezogen worden ist. Die in dem angefochtenen Beschluss durch das Landgericht mithin folgerichtig unter Einbeziehung der Kosten des Anfechtungsprozesses mit insgesamt 10.000,00 € in Ansatz gebrachten aufzubringenden Prozesskosten liegen über der für eine Verteilung an die Gläubiger zur Verfügung stehenden Masse, was es diesen nach den oben dargestellten Kriterien nicht zumuten lässt, die Prozesskosten zu bevorschussen.

II.

Es sind schließlich auch die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe in objektiver Hinsicht zu fordernden hinreichenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage zu bejahen. Die von dem Antragsteller in dem Entwurf der Klageschrift aufgezeigten Umstände der im Zeitraum von 04.03.1993 bis zum 20.01.1994 durch den Antragsgegner erbrachten Zahlungen, die sich in der Summe auf einen über die übernommene Stammeinlage hinausgehenden Betrag addieren, überdies in den Kontoauszügen teilweise mit "Vergütung" gekennzeichnet sind, sprechen dagegen, dass es sich hierbei um Einzahlungen auf die Stammeinlage handelte. Soweit der für die behauptete Erfüllung seiner Einlageverpflichtung darlegungs- und beweispflichtige Antragsgegner Umstände behauptet, nach denen sich die erfolgten Zahlungen gleichwohl als Einzahlungen auf das Stammkapital darstellen und hierzu Beweismittel benannt hat, mag dies ggf. Anlass für eine Beweiserhebung bieten. Den für die Prozesskostenhilfe vorauszusetzenden hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage steht das nicht entgegen.

III.

Mit Blick auf die in § 127 Abs. 4 ZPO getroffene Regelung erübrigt sich eine Kostenentscheidung.

Ende der Entscheidung

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