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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 19.12.2001
Aktenzeichen: 19 U 130/01
Rechtsgebiete: AGBG, BGB, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 9 Abs. 1
BGB § 288
BGB § 291
ZPO § 711
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 130/01

Anlage zum Protokoll vom 19.12.2001

Verkündet am 19.12.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, die Richterin am Oberlandesgericht Göhler-Schlicht und den Richter am Amtsgericht Berghaus

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 6. April 2001 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 89 O 208/00 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 67.752,31 DM nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9. Juni 1998 seit dem 9. November 2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen die Klägerin 23 %, die Beklagte 77 %. Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin 6 %, die Beklagte 94 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 85.000 DM abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Leistung einer Sicherheit von 1.000 DM abwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die jeweilige Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt aus einem inzwischen beendeten Versicherungsvertreterverhältnis Provisionen für die Vermittlung von Lebensversicherungen.

Die Parteien schlossen unter dem 26. Juni 2000 einen Mehrfachagentur-Vertrag (Bl. 8 ff. d.A.) unter Bezugnahme auf die "Vergütungsvereinbarung Lebensversicherung" (Bl. 12 ff.) mit den Nachträgen Nr. 1 (Bl. 11 d.A.), Nr. 2 (Bl. 15 d.A.) und Nr. 3 (Bl. 16 d.A.). Unter Ziffer I.1. der "Vergütungsvereinbarung Lebensversicherung" sind folgende Abschlussprovisionen vorgesehen.

1.1. Kapitallebensversicherungen (KLV-Tarife) Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen Kapitallebensversicherungen nach Sondertarifen (KS-Tarife) Risikoversicherungen Rentenversicherungen gegen Einmalbetrag 40 %o der Bewertungssumme

1.2. sonstige Lebensversicherungen 40 %o der Bewertungssumme Ziffer I.3. enthält folgende Regelung:

3. Die Gutschrift erfolgt nach Policierung, sofern der Vertrag in der monatlich erstellten Provisionsabrechnung aufgeführt ist; der Anspruch entsteht nach Einlösung.

Sofern es sich um eine unbegrenzte Zusage handelt, erfolgt eine Auszahlung erst, wenn ausreichende Sicherheiten zugunsten der C. beigebracht worden sind (z.B. Vertrauensschadenversicherung, Bankbürgschaft).

Von den Abschlussprovisionen wird eine Stornoreserve von 10 % einbehalten.

Ziffer I.6. enthält die Regelung, dass nach Beendigung der Zusammenarbeit eventuell noch anfallende Gutschriften wie Stornoreserve behandelt werden und dass eine Auszahlung der Stornoreserve nur in Höhe des Teils erfolgt, der nach Verrechnung der Stornoreserve mit fälligen Forderungen der C. 100 % des Haftungsvolumens übersteigt. Unter dem 19./25. Juli 2000 unterzeichneten die Parteien eine neue Vergütungsvereinbarung, durch die die frühere Vereinbarung vom 26. Juni 2000 ausdrücklich ersetzt wurde. Sie ist mit der Vereinbarung vom 26. Juni 2000 inhaltsgleich; allerdings wird die Abschlussprovision für "sonstige Lebensversicherungen" auf 35%o der Bewertungssumme herabgesetzt (Bl. 58 ff. d.A.).

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Provisionen für vermittelte Lebensversicherungen auf der Basis eines einheitlichen Abschlussgrundprovisionssatzes von 40 %o. Nachdem sie unter Berücksichtigung einer unstreitigen Zahlung der Beklagten von 60.000 DM in der ersten Instanz zunächst 89.020,56 DM, später 85.872,80 DM, verlangt hatte, begehrt sie nunmehr auf der Basis eines von der Beklagten errechneten unstreitigen Grundprovisionsbetrages von 130.071,96 DM (Bl. 88 d.A.) nach Abzug der 10%igen Stornoreserve eine Provisionszahlung von 72.173,29 DM, während die Beklagte für die auf Bl. 85, 86 d.A. genannten Verträge eine Grundprovision von nur 35 %o zugrundelegt und einen verbleibenden Provisionsbetrag von 67.752,31 DM errechnet.

Das Landgericht hat die Klage in Höhe von 67.752,31 DM als derzeit nicht fällig, im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, nach der Neufassung des Vertrages sei zwischen zwei Grundprovisionssätzen zu unterscheiden; die Klägerin habe nicht dargetan, warum sie trotz der Vertragsänderung für alle Verträge eine Grundprovision von 40 %o verlange. Der nach den Berechnungen der Beklagten an sich geschuldete Betrag von 67.752,31 DM sei nicht fällig, weil die Klägerin die nach dem Vertrag geschuldeten Sicherheiten nicht beigebracht habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts, Bl. 112 ff. d.A., Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit der sie die vermittelten Lebensversicherungspolicen als solche unstreitig stellt. Sie wehrt sich dagegen, dass die Beklagte bei den Provisionsabrechnungen zwischen Lebensversicherungsverträgen unterscheidet, die sie mit 40 %o verprovisioniert, und solchen, bei denen sie eine Grundprovision von nur 35 %o berechnet. Sie trägt hierzu vor, sie habe mit dem zuständigen Mitarbeiter der Beklagten, Herrn A., vereinbart, dass ihr Vertragsverhältnis so ausgestaltet werden sollte wie ihr bisheriges mit der A. u. M. Versicherung, bei der sie eine durchgängige Provision von 40 %o erhalten habe. Die zunächst unterschriebene Vergütungsvereinbarung habe auch eine Differenzierung nicht vorgesehen. Die in dem späteren Vertragsexemplar vorgesehene Reduzierung der Grundprovision für "sonstige Lebensversicherungen" sei für sie überraschend gewesen; die Beklagte habe hierauf nicht hingewiesen. Die Differenzierung sei auch völlig willkürlich, da sie stets nur fondsgebundene Lebensversicherungen, also nicht Lebensversicherungen unterschiedlicher Art vermittelt habe.

Die Beklagte könne die Auszahlung der Provisionen abzüglich der vereinbarten Stornoreserve auch nicht von der Stellung einer Bankbürgschaft oder sonstiger Sicherheiten abhängig machen. Dieses Ansinnen sei seitens der Beklagten bei Vertragsabschluss zwar an sie herangetragen worden. Sie habe aber ausdrücklich darauf verwiesen, dass ihr die Stellung einer Sicherheit auch bei der A. u. M. Versicherung nicht zugemutet worden sei und dass sie dies auch nicht bei der Beklagten akzeptiere. Der Zeuge A. habe sich damit einverstanden erklärt, dass sie eine Sicherheit nicht beizubringen brauche. Nachdem die Beklagte im September 2000 ohne Gestellung einer Sicherheit Provisionen von 60.000 DM ausgezahlt habe, sei der Zeuge V. mit der Beibringung einer befristeten Bürgschaft über 50.000 DM für die restlichen Provisionsansprüche einverstanden gewesen. Die Regelung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei also durch zwei Individualvereinbarungen überlagert worden, so dass sich die Beklagte nicht auf eine mangelnde Fälligkeit der Provisionen berufen könne.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 72.173,29 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 9. November 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Abänderung des Provisionssatzes stelle keine überraschende Klausel dar. Sie erschließe sich schon bei einem flüchtigen Blick auf den Vertragstext, den die Klägerin mehrere Tage in Händen gehabt habe. Die Klägerin habe auch nicht immer nur fondsgebundene Lebensversicherungen mit einer maximalen Haftungszeit von 35 Monaten vermittelt.

Die Provisionen seien auch nicht ohne Sicherheiten zur Auszahlung fällig, wie das Landgericht zutreffend entschieden habe. Eine Sicherheit über 50.000 DM mit einer Laufzeit von nur drei Monaten sei von ihr nicht akzeptiert worden.

Die Gestellung einer Sicherheit sei wirksam vereinbart worden. Da das Vertragsverhältnis inzwischen beendet sei, könne die Klägerin ohnehin keine weiteren Provisionszahlungen verlangen, weil diese nach Ziffer I.6 der Bedingungen in voller Höhe als Stornoreserve zu behandeln seien. Aber auch im laufenden Vertragsverhältnis könne eine Sicherheit verlangt werden. Die Formulierung der Vertragsbedingungen knüpfe an die aufsichtsrechtliche Anweisung R2/93 an, wonach vom Versicherungsvertreter im Falle unbegrenzter Zusagen - eines in der Lebensversicherung allgemein üblichen Begriffs, der eine Provisionshöhe beschreibe, die nicht auf einen bestimmten Prozentsatz der Jahresversicherungsprämien begrenzt sei - Sicherheiten zu stellen seien, so dass sich das Unternehmen aus ihnen jederzeit wegen seiner Rückforderungsansprüche befriedigen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Die Klägerin kann von der Beklagten Provisionszahlungen in Höhe von 67.752,31 DM verlangen, ohne ihrerseits eine Sicherheit für etwaige Rückforderungsansprüche stellen zu müssen.

I.

Der Klägerin stehen über den Betrag von 67.752,31 DM hinausgehende Provisionsansprüche nicht zu. Die von der Beklagten vorgenommene Provisionsberechnung greift die Klägerin zu Unrecht mit der Begründung an, für sämtliche Lebensversicherungen sei ein einheitlicher Grundprovisionssatz von 40 %o anzusetzen. Zwar haben die Parteien in dem ursprünglichen Vertragsexemplar vom 26. Juni 2000 einen solchen einheitlichen Provisionssatz vereinbart. Dieser Vertrag ist aber wenig später durch eine Vereinbarung ersetzt worden, in der hinsichtlich der Grundprovisionen zwischen bestimmten, im Einzelnen aufgeführten Versicherungen und "sonstigen Lebensversicherungen" unterschieden worden ist. Die Klägerin hat diese neue Vereinbarung, die seitens der Beklagten unter dem 19. Juli 2000 unterzeichnet worden war, am 25. Juli 2000 unterschrieben, und zwar mit dem deutlichen maschinenschriftlichen Zusatz: "Die Vergütungsvereinbarung Lebensversicherung vom 25.06.2000 wird hiermit für ungültig erklärt." Auf dem nur drei Seiten umfassenden Schriftstück sind die Provisionssätze zu Beginn des Textes deutlich hervorgehoben. Schon bei flüchtigem Lesen war für die Klägerin, die unstreitig über langjährige Erfahrungen als Versicherungsvertreterin bei der A. u. M. Lebensversicherung verfügte, eindeutig erkennbar, dass die ursprüngliche Vereinbarung hinsichtlich des Provisionssatzes für sonstige Lebensversicherungen abgeändert worden war; von einer überraschenden Klausel kann insoweit nicht die Rede sein. Selbst wenn die Klägerin bei Abschluss des Handelsvertretervertrages einen Monat früher zum Ausdruck gebracht haben sollte, dass sie auf einem einheitlichen Provisionssatz von 40 %o bestehe, folgt hieraus nicht, dass sich die Parteien nicht - wie schriftlich dokumentiert - kurze Zeit später in anderer Weise geeinigt haben. Die Klägerin kann insofern nicht darauf verweisen, sie sei davon ausgegangen, dass sich an dem Provisionssatz nichts ändere. Durch ihre Unterschrift hat sie vielmehr eine gegenteilige Vereinbarung bestätigt.

Angesichts der eindeutigen Fassung der abändernden Vereinbarung musste die Beklagte die Klägerin auch nicht ausdrücklich auf den geänderten Provisionssatz hinweisen. Die Klägerin als Kauffrau war vielmehr gehalten, die abändernde Vereinbarung vor Unterzeichnung sorgfältig zu lesen. Einer Vernehmung des von ihr benannten Zeugen D. zu der Behauptung, die Parteien seien sich auch am 25. Juli 2000 darüber einig gewesen, dass sie von ihr vermittelten fondsgebundenen Lebensversicherungen mit 40 %o verprovisioniert werden sollten, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht. Die von der Klägerin behauptete Differenzierung zwischen fondsgebundenen und nicht fondsgebundenen Lebensversicherungen findet im Vertragstext keine Stütze. Es fehlt auch jeder Vortrag der Klägerin dazu, warum eine neue - in den übrigen Bedingungen mit der früheren Vereinbarung identische - Provisionsabrede getroffen worden sein soll, wenn man sich angeblich darüber einig war, es bei der ursprünglichen Provisionsabrede zu belassen.

II.

Die Klägerin kann die Auszahlung der mit der Policierung entstandenen Provisionsansprüche abzüglich der 10 %igen Stornoreserve verlangen. Zu Unrecht macht die Beklagte die Auszahlung der restlichen Provisionen von der Gestellung einer Sicherheit durch die Klägerin abhängig.

1.

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einer Auszahlung der Provisionen nicht schon die Regelung unter Ziffer I.6 der Vergütungsvereinbarung entgegen. Danach werden nach Beendigung der Zusammenarbeit eventuell noch anfallende Provisionsgutschriften, also Provisionen auf eingereichte Verträge, die erst nach Beendigung des Vertreterverhältnisses policiert werden, in voller Höhe wie Stornoreserven behandelt. Hier geht es aber nicht um solche, erst nach Beendigung der Zusammenarbeit fällig werdende Provisionen, sondern um solche, die bereits während des Vertragsverhältnisses fällig geworden sind und deren Auszahlung die Beklagte allein mit Rücksicht auf die fehlende Gestellung einer Sicherheit durch die Klägerin verweigert hat.

2.

Zur Forderung einer solchen Sicherheit, die jedenfalls zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung der Beklagten führen müsste, ist die Beklagte nicht berechtigt. Die Regelung in I.3. der Provisionsvereinbarung, auf die die Beklagte das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung stützt, reicht nämlich nicht aus, um von der Klägerin eine solche Sicherheit zu fordern. Diese Regelung hält einer Inhaltskontrolle nach dem AGBG nicht stand. Sie verletzt das Transparenzgebot und begründet auch die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung des Handelsvertreters. Sie ist daher gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam.

a)

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender, seine AGB so zu gestalten, dass der durchschnittliche Vertragspartner in der Lage ist, die ihn benachteiligenden Wirkungen einer Klausel ohne Einholung von Rechtsrat zu erkennen. Dazu gehört, dass der Klauselinhalt im Rahmen des Möglichen klar, verständlich und bestimmt formuliert wird. Unbestimmte Rechtsbegriffe aus der Rechtssprache dürfen verwendet werden, wenn sie dem Laien verständlich sind.

Diesen Anforderungen trägt die fragliche Klausel nicht hinreichend Rechnung. Weder der Begriff "unbegrenzte Zusage", an den sie anknüpft, noch der Begriff "ausreichende Sicherheiten" sind ausreichend klar. Es kann dahin stehen, ob es sich - wie die Beklagte behauptet - bei dem Begriff der "unbegrenzten Zusage" um einen in der Lebensversicherung allgemein bekannten und üblichen Begriff handelt, der eine Provisionshöhe beschreibt, die nicht auf einen bestimmten Prozentsatz der Jahresversicherungsprämie begrenzt ist. Diese Begriffsbestimmung muss jedenfalls einem Versicherungsvertreter, auch wenn er bereits für ein anderes Unternehmen tätig gewesen ist, nicht geläufig sein. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch lässt sich unter "Zusage" nicht ohne weiteres die Provision selbst verstehen; die Beschreibung der Zusage als "unbegrenzt" ist aus sich heraus nicht nachvollziehbar. Auch aus dem Gesamtzusammenhang wird die Bedeutung dieses zusammengesetzten Be-griffs nicht genügend deutlich. Da die Beklagte in den vorstehenden Vertragsbestimmungen die Abschlussprovision insgesamt nicht auf einen bestimmten Prozentsatz der Jahresversicherungsprämie begrenzt hat, wird nicht klar, warum die Einschränkung "Sofern es sich um eine unbegrenzte Zusage handelt", überhaupt erforderlich ist.

Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff "ausreichende Sicherheiten". Durch den Klammerzusatz "Vertrauensschadenversicherung, Bankbürgschaft" hat die Beklagte zwar die verlangte Sicherheit ihrer Art nach beschrieben. Der Umfang der zu stellenden Sicherheit wird aber aus dem Begriff "ausreichend" nicht genügend deutlich. Zwar wird man bei der Auslegung der Vertragsklausel bedenken können, dass die Sicherheit von der Beklagten neben der einbehaltenen Stornoreserve von 10 % erbracht werden soll und dass die daneben vorgesehene "ausreichende Sicherheit" in Form einer Vertrauensschadenversicherung oder Bankbürgschaft sich deshalb nur auf den 90 %igen Auszahlungsbetrag beziehen kann. Jedoch ist unklar, ob mit dem Begriff "ausreichend" eine Sicherheit in voller Höhe und nur in Höhe eines Teils des Auszahlungsbetrages gemeint ist.

Die Klausel soll den von Bundesaufsichtsamt ergangenen Anordnungen Rechnung tragen, wonach die Versicherungsunternehmen verpflichtet sind, das Rückprovisionsrisiko in ausreichender Höhe abzusichern. Dies soll nach Darstellung in der Fachliteratur regelmäßig durch Abschluss einer Vertrauensschadenversicherung durch das Unternehmen geschehen, mit der das Risiko - mit Beitragsbeteiligung des Versicherungsvertreters - in gewissem Umfang abgedeckt wird. Dabei wird meist ein bestimmter Selbstbehalt des Versicherungsvertreters vereinbart, den dieser seinerseits individuell abzusichern hat, und zwar entweder durch Bankbürgschaft, durch Abtretung der Rechte aus einer von ihm abgeschlossenen Lebensversicherung (mit ausreichendem Rückkaufwert) oder durch Bildung einer Stornoreserve. Diese Stornoreserve wird in der Praxis meist durch Einbehalt eines bestimmten, oft 10 %igen Provisionsanteils abgesichert (vgl. Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 1, 3. Aufl. 2000, Rn. 1550 f.).

Wenn die Beklagte also über die dargestellte Praxis hinaus sich in zweifacher Hinsicht sichern lässt, nämlich einmal durch Einbehaltung von 10 % der Abschlussprovisionen zur Bildung einer Stornoreserve und andererseits durch Sicherheitsleistungen, so liegt nicht klar auf der Hand, wie diese "ausreichende" Sicherheit der Höhe nach zu bemessen sein soll. Es versteht sich keineswegs von selbst, dass sie den vollen Auszahlungsbetrag abdecken soll, weil dadurch nämlich dem Versicherungsvertreter die Absicherung des gesamten Risikos der Rückbelastung auferlegt würde. Das geht über eine bloße Beitragsbeteiligung des Versicherungsvertreters an einer vom Unternehmen abzuschließenden Vertrauenssschadenversicherung oder die Absicherung seines Selbstbehaltes durch Bankbürgschaft weit hinaus. Die Gestellung einer vollen Bankbürgschaft in Höhe des Auszahlungsbetrages belastete ihn mit dem vollen Risiko der Stornohaftung für alle Versicherungsverträge, obwohl von vornherein absehbar ist, dass nur ein bestimmter Prozentsatz der Verträge storniert werden wird und nur insofern Rückbelastungen veranlasst sind. Angesichts dieser Situation kann der Begriff "ausreichend" jedenfalls nicht eindeutig im Sinne einer vollen Sicherheit für den Auszahlungsbetrag verstanden werden. Transparent wäre die Klausel nur gewesen, wenn sie zweifelsfrei bestimmt hätte, dass neben der Stornoreserve für den gesamten Auszahlungsbetrag Sicherheiten beigebracht werden müssen.

b)

Mit einem solchen Inhalt - Beibringung von Sicherheiten für den gesamten Auszahlungsbetrag - würde die Klausel aber auch zu einer unangemessenen Benachteiligung des Versicherungsvertreters führen und verstieße aus diesem Grund gegen § 9 Abs. 1 AGBG. Müsste der Versicherungsvertreter nämlich die volle Sicherheit für sämtliche Provisionszahlungen leisten, so würde das Versicherungsunternehmen durch eine einseitige Vertragsgestaltung allein seine Interessen durchgesetzt haben, ohne die Belange des Versicherungsvertreters hinreichend zu berücksichtigen und diesem einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Wie bereits dargelegt, würde die Beklagte sich das Risiko einer Stornohaftung durch den Versicherungsvertreter in voller Höhe absichern lassen, und so dessen wirtschaftliche Bewegungsfreiheit in unangemessener Weise beschränken. Der Versicherungsvertreter, der - wie hier der Agenturvertreter - seinerseits die Provisionen zum Teil an die für ihn tätigen Untervertreter weiterreichen muss, müsste die nicht unerheblichen Kosten einer Bankbürgschaft oder die Prämien einer Vertrauensschadenversicherung für ein in diesem Umfang gar nicht bestehendes Risiko übernehmen, nämlich das der Stornierung sämtlicher Versicherungsverträge. Die Beibringung einer solchen umfassenden Sicherheit für den gesamten Stornohaftungszeitraum, sei es in Form vieler Einzelbürgschaften, sei es einer Höchstbetragsbürgschaft, ist weder vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen gefordert noch entspricht sie in diesem Umfang den Gepflogenheiten in der Versicherungsbranche, die - wie unter Hinweis auf Küstner (a.a.O.) dargelegt - von einer bloßen Beteiligung des Versicherungsvertreters an der Abdeckung des Risikos durch das Versicherungsunternehmen ausgeht. Sie verstößt damit gegen das Verbot unangemessener Benachteiligung im Sinne von § 9 Abs. 1 AGBG.

Da die Beklagte durch Allgemeine Geschäftsbedingungen die Sicherung der Stornogefahr nicht auf die Klägerin abwälzen konnte, kommt es nicht mehr darauf an, welche individuellen Abreden zwischen den Parteien zum Stornorisiko getroffen worden sind und ob von einer entsprechenden Vollmacht der für die Beklagte tätigen Mitarbeiter zur Abgabe der behaupteten Erklärungen ausgegangen werden kann.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288, 291 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 72.173,29 DM Wert der Beschwer der Klägerin: 4.420,98 DM Wert der Beschwer der Beklagten: 67.752,31 DM.



Ende der Entscheidung

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