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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 02.01.2009
Aktenzeichen: 19 U 130/08
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 85 Abs. 2 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 234 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 236 | |
ZPO § 520 Abs. 2 | |
ZPO § 522 Abs. 1 |
Tenor:
1. Der Antrag der Klägerin vom 06.11.2008 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das am 02.09.2008 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 156/07 - wird als unzulässig verworfen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Gründe:
I.
Die Klägerin, die in N., V., eine Großbäckerei betreibt, hat die Beklagte auf Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises aus der Lieferung von Hard- und Software sowie von Lizenzen und auf Schadensersatz gerichtlich in Anspruch genommen.
Das Landgericht Aachen hat mit dem am 02.09.2008 verkündeten und der Klägerin am 03.09.2008 zugestellten Urteil die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.10.2008 form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 06.11.2008, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, hat die Klägerin Wiedereinsetzung in vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich die eingelegte Berufung gegen das landgerichtliche Urteil begründet. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages macht die Klägerin geltend, ihr sachbearbeitender Prozessbevollmächtigter, Herr Rechtsanwalt D. G. , sei allein deshalb an der fristgerechten Einreichung der Berufungsbegründungsschrift bei Gericht am 03.11.2008 gehindert gewesen, weil die stets zuverlässig arbeitende Sekretärin ihres Prozessbevollmächtigten, Frau O. L., versehentlich den 06.11.2008 als das Fristende für die Einreichung der Berufungsbegründung in den Outlook-Kalender eingetragen habe. Zuvor habe die erfahrene Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, Frau B. P., entsprechend der Büroorganisation und der Anweisung in der Kanzlei den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zutreffend auf den 03.11.2008 berechnet und das Datum auf der Rückseite der letzten Seite der geklammerten Ausfertigung des Urteils mit dem Kürzel "not. AM" notiert. Die Handakte mit der Urteilsausfertigung habe Frau P. entsprechend der Anordnung in der Kanzlei der Sekretärin des Prozessbevollmächtigten, Frau L., übergeben, damit diese die Fristen in den elektronischen Kalender des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten übertrage. Dabei sei es zu dem Übertragungsfehler gekommen. Dieser Übertragungsfehler habe auch dazu geführt, dass die von Outlook automatisch generierte einwöchige Vorfrist als Erinnerungsfunktion auf den 30.10.2008 gesetzt worden sei. Mit Schriftsatz vom 04.12.2008 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, dass der ständige Vertreter ihres seinerzeit urlaubsbedingt abwesenden Prozessbevollmächtigten in der Kanzlei, Rechtsanwalt J. E. , am 04.09.2008 nach Zuleitung der Handakte die -zutreffende- Berechnung der Frist für die Berufungsbegründung durch Frau P. überprüft habe. Nach Rückkehr aus dem Urlaub habe ihr Prozessbevollmächtigter am 17.10.2008 mit der Bearbeitung der Berufungsbegründung begonnen. Weder am 17.10.2008 noch am Tag der im Outlook-Kalender angezeigten Vorfrist am 30.10.2008 sei ihrem Prozessbevollmächtigten aufgefallen, dass die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung am 03.11.2008, wie auf der Urteilausfertigung vermerkt, und nicht, wie in Outlook eingetragen, am 06.11.2008 endete. Erst am 04.11.2008 sei ihrem Prozessbevollmächtigten, der die Berufungsbegründung fertig stellen und bei Gericht einreichen wollte, der Ablauf der Berufungsbegründungsfrist aufgefallen.
II.
1)
Die Berufung der Klägerin ist unzulässig. Sie war daher gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Die rechtzeitig mit Schriftsatz vom 01.10.2008 eingelegte, bei Gericht unter dem gleichen Datum eingegangene Berufung der Klägerin ist nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden. Nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils am 03.09.2008 (Bl. 344 GA) lief die Begründungsfrist am 03.11.2008 ab. Die Berufungsbegründung ging jedoch erst am 06.11.2008 (Bl. 365 GA) und damit verspätet ein.
Der Klägerin kann gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist zwar zulässig. Die Klägerin hat binnen eines Monats nach Wegfall des behaupteten Hindernisses frist- und formgerecht gemäß §§ 234 Abs. 1 Satz 2, 236 ZPO die Wiedereinsetzung beantragt. Der Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch unbegründet.
Die Begründetheit eines Wiedereinsetzungsantrags setzt gemäß § 233 ZPO voraus, dass die Partei ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor. Denn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat schuldhaft die Frist zur Berufungsbegründung versäumt. Dieses Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO dem Verschulden der Klägerin gleich.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat in einer früheren Entscheidung bereits angeschlossen hat, obliegt einem Rechtsanwalt die Pflicht zur eigenverantwortlichen Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt und eingetragen worden ist, wenn ihm die Akten -etwa auf Vorfrist- zur Bearbeitung vorgelegt werden. Die Überprüfung der korrekten Fristberechnung und Eintragung muss zwar nicht sofort erfolgen, weil die Vorfrist gerade den Sinn hat, dem Prozessbevollmächtigten einen gewissen Spielraum zur Bearbeitung bis zum endgültigen Ablauf der Frist zu verschaffen. Sie kann daher auch noch am folgenden Tag vorgenommen werden (BGH, NJW 2008, 3439 m.w.Nachw., NJW 2000, 202 m.w.Nachw., Senat im Urteil vom 18.12.2008 -19 U 31/08-). Diese Sorgfaltsanforderungen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin schuldhaft nicht eingehalten. Die Klägerin hat zwar dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Berufungsbegründungsfrist von der Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten P. zutreffend berechnet, auf der zur Handakte gelangten Ausfertigung des Urteils notiert und von dem ständigen Vertreter ihres Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt J. E. , überprüft worden ist. Jedoch ist die Richtigkeit der Eintragung der zutreffend ermittelten Berufungsbegründungsfrist in den Outlook-Kalender durch die Sekretärin des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten auch nach dem Vorbringen der Klägerin nicht überprüft worden. Zur eigenverantwortlichen Prüfung der korrekten Übertragung der Berufungsbegründungsfrist in den elektronischen Kalender bestand für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin wenn nicht schon bei Vorlage der Handakte zur Bearbeitung der Berufungsbegründung am 17.10.2008 so jedenfalls zu dem Zeitpunkt Anlass, als dieser durch die Erinnerungsfunktion von Outlook am 30.10.2008, dem Tag der Vorfrist, auf den bevorstehenden, unzutreffend eingetragenen Fristablauf am 06.11.2008 aufmerksam gemacht worden ist. Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass diese Prüfungspflicht im Hinblick auf die Warnfunktion der Vorfrist selbstverständlich und ohne nähere Darlegung auch und gerade dann bestehe, wenn dem Rechtsanwalt die Akten auf Vorfrist vorgelegt werden (BGH, Beschluss vom 29.09.1998 -VI ZB 16/98- juris Rn. 5). Hinzu kommt im Streitfall, dass die Berechnung des Fristendes und die maßgebliche Eintragung der Frist in den Outlook-Kalender nicht in einer Hand liegen. Mit Rücksicht hierauf stellt es keine Überspannung der Sorgfaltsanforderungen dar, von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu verlangen, die ordnungsgemäße Übertragung der berechneten Berufungsbegründungsfrist in den Outlook-Kalender, der für die Fristenkontrolle in der Kanzlei das maßgebliche Instrumentarium darstellt, zu überprüfen. Wäre der Prozessbevollmächtigte dieser Prüfungspflicht nachgekommen, hätte er schon anhand der auf der Urteilsausfertigung notierten Frist unschwer feststellen können, dass die Vorfrist und das Fristende falsch eingetragen worden waren. Die Überprüfung auch noch am Tag nach der Vorfrist, also am Freitag, dem 31.10.2008, hätte ausgereicht, entweder die bereits weitestgehend erstellte Berufungsbegründung fertig zustellen und bei Gericht bis zum 03.11.2008 einzureichen oder ggf. die erstmalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zu beantragen.
Da nach alledem dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben war, ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
3) Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 450.000,00 €
Ende der Entscheidung
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