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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 08.11.2002
Aktenzeichen: 19 U 137/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 823 Abs. 2 | |
BGB § 276 |
Oberlandesgericht Köln Im Namen des Volkes Urteil
19 U 137/01 LG Köln 29 O 397/91
Verkündet am 08.11.2002
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 6. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, die Richterin am Oberlandesgericht Caliebe und die Richterin am Amtsgericht Mundorf
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 22.03.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 29 O 297/01 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil desselben Gerichtes vom 10.10.1991 bleibt mit folgendem Inhalt aufrechterhalten:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.634,28 € (= 30.578,00 DM und 4 % Zinsen seit dem 11.09.1991 Zug um Zug gegen Rückgabe des Gärautomaten (Hersteller: Firma H., Herstellungsdatum: September 1990, Innenabmessungen: Breite 670 mm, Tiefe 2.880 mm und Höhe 1.850 mm, Regelung: FA. W. aus B., Kältemaschine: A. UH 2227 S R 502) zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme dieses Gärautomaten in Annahmeverzug befindet.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten seiner Säumnis in erster Instanz sowie die für die Vernehmung des Zeugen C. in zweiter Instanz angefallenen Kosten zu tragen, im übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO a.F. in Verbindung mit § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat in der Sache lediglich im zuerkannten Umfang Erfolg.
1.
Der Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 10.10.1991 ist zulässig.
Das Versäumnisurteil vom 10.10.1991 - bzw. eine vollstreckbare Ausfertigung hiervon - wurde dem Beklagten allenfalls am 27.02.1998 wirksam zugestellt (GA 73, 66), so daß der am 09.03.1998 eingegangene Einspruch des Beklagten (GA 30) jedenfalls noch innerhalb der zweiwöchige Einspruchsfrist des § 339 I ZPO erfolgte.
Die Zustellung des Versäumnisurteils am 16.10.1991 (GA 19) genügte nicht den Anforderungen des § 183 ZPO a.F. und war daher unwirksam. Diese Zustellung ist weder in den Geschäftsräumen noch an einen Gewerbegehilfen des Beklagten erfolgt. Ausweislich der Zustellungsurkunde wurde das Versäumnisurteil vielmehr an diesem Tage an einen Herrn M. K. in Geschäftsräumen des Hauses H.weg 5a in L. übergeben. Das Geschäftslokal der Einzelfirma des Beklagten befand sich jedoch nicht in diesem Haus und Herr M. K. war in diesem Zeitpunkt auch nicht Gewerbegehilfe im Betrieb des Beklagten sondern Geschäftsführer der B. Bäckereimaschinen GmbH.
2.
Auf die Berufung des Klägers war das Versäumnisurteil des Landgerichts lediglich im zuerkannten Umfang aufrechtzuerhalten. Der Kläger kann zwar von dem Beklagten gem. § 634 BGB a.F. die Rückzahlung des gezahlten Werklohns verlangen, gem. den §§ 634 IV, 467, 348 BGB a.F. allerdings nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Gärofens.
a)
Der Beklagte ist passivlegitimiert. Er kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, bei Vertragsschluß mit dem Kläger habe er die Einzelfirma B. Bäckereitechnik bereits längere Zeit nicht mehr betrieben und nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäftes sei daher von einem Vertragsschluß zwischen dem Kläger und der B. Bäckereimaschinen GmbH auszugehen, deren Geschäftsführer er seinerzeit gewesen sei. Auch bei unternehmensbezogenen Geschäften muß der Wille, im Namen des Unternehmens zu handeln, hinreichend zum Ausdruck kommen und für den anderen Teil erkennbar sein (s. Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 164 ZPO, Rn. 2 m.w.N.). Der Beklagte hat jedoch beim Vertragsschluß mit dem Kläger am 11.07.1990 ein Auftragsformular nicht der GmbH sondern der Einzelfirma verwandt, welches er persönlich unterzeichnet hat (AH 2). Mithin ist es zu einem wirksamen Vertragsschluß zwischen dem Kläger und dem seinerzeit unter der Firma B. Bäckereitecknik handelnden Beklagten gekommen. Unter dieser Firma hat er dem Kläger auch den Gärautomaten am 05.09.1990 in Rechnung gestellt (AH 16). Unerheblich ist auch der Einwand des Beklagten, die Einzelfirma habe es damals nicht mehr gegeben. Denn die Firma eines Kaufmannes ist keine eigene Rechtspersönlichkeit sondern nur der Name, unter der dieser seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt, § 17 I HGB.
b)
Nach dem Ergebnis der in zweiter Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht auch fest, daß der gelieferte Gärofen mangelbehaftet war.
Nach der glaubhaften Aussage des sachverständigen Zeugen N. wies der Gärofen bei der Besichtigung dieses Zeugen am 02.07.1991 mehrere erhebliche Mängel auf, die teilweise bereits bei Einbau vorhanden gewesen sein müssen. So war beispielsweise der Abstand des Gärofens zu den Wänden des Raumes zu gering, so daß die für den ordnungsgemäßen Betrieb erforderliche Luftmenge im Raum nicht vorhanden war. Dies hatte zur Folge, daß die im Gärofen eingebaute Kältemaschine nur einen äußerst geringen Wirkungsgrad sowie eine schlechte Leistung hatte und auch deren "Lebensdauer" eingeschränkt war.
Nach den weiteren Ausführungen des sachverständigen Zeugen N. hätte dieser mangelhafte Zustand zwar durch den Einbau eines zusätzlichen Belüftungsrohres und eines Belüfters jedenfalls verbessert werden können. Entgegen der Meinung des Beklagten gehörte der Einbau der Lüftung auch zu seinem Gewerk. Denn ausweislich des von beiden Parteien unterzeichneten Auftrages vom 11.07.1990 sollte der Gärautomat auf Maß gearbeitet werden und im übrigen das Angebot des Zeugen I. vom 07.07.1990 gelten (AH 2). Hiernach sollte die Anlage komplett montiert und auch alle Nebenarbeiten außer Strom- und Wasserzuleitung vom Auftragnehmer erbracht werden (AH 1). Mithin gehörte zum geschuldeten Leistungsumfang des Beklagten auch der Einbau einer zum ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage erforderliche Lüftung. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Aussage des Zeuge I., der den Gärofen für den Beklagten beim Kläger eingebaut und gemeint hat, daß es nicht dessen Gewerk gewesen sei, für eine Ablüftung zu sorgen. Der Zeuge hat ferner bekundet, er habe den Kläger bei Einbau des Gärofens "zur Auflage gemacht, für Abluft zu sorgen". Denn eine solche Erklärung des Zeugen entbindet den Beklagten nicht von seinen vertraglich geschuldeten Leistungspflichten. Vertragspartner des Klägers war der Beklagte und nicht der Zeuge I.; dies bedeutet, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Werkvertrag durch Erklärungen dieses Zeugen inhaltlich nicht verändert werden konnte.
Da der in dem zu kleinen Raum aufgestellte Gärofen jedenfalls ohne Einbau eines zusätzlichen Belüftungsrohres und Belüfters nicht ordnungsgemäß funktionieren konnte, liegt ein erheblicher Mangel des Werkes vor.
c)
Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe ihm keine wirksame Nachfrist mit Ablehnungsandrohung gesetzt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die diversen Schreiben des Klägers, in denen dieser den Beklagten unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat, eine konkludente Ablehnungsandrohung enthalten und dem Beklagten zugegangen sind. Denn der Beklagte hat sein Recht zur Nachbesserung verwirkt, da er nach seinem Vorbringen bereits Mitte 1991, also noch innerhalb der vertraglich vereinbarten 12monatigen Gewährleistungsfrist, nach Polen gezogen ist, ohne den Kläger hiervon zu unterrichten oder seine neue Anschrift mitzuteilen.
d)
Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind auch nicht verjährt. Die Lieferung und Montage des Gärautomaten erfolgte am 04.09.1990 und die vertraglich vereinbarte Gewährleistungsfrist betrug unstreitig 12 Monate. Der Ablauf der Gewährleistungsfrist wurde noch rechtzeitig durch die am 04.09.1991 bei Gericht eingegangene Klage unterbrochen (§ 209 I BGB a.F.), da diese Klage dem Beklagten bereits am 11.09.1991, also demnächst i.S.d. § 270 III ZPO a.F., zugestellt wurde.
Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist von einer wirksamen Zustellung der Klage auszugehen. Ausweislich der Zustellungsurkunde (GA 19) wurde die Klage dem Beklagten am 11.09.1991 persönlich übergeben. Gem. § 418 ZPO begründet eine Zustellungsurkunde den vollen Beweis für alle in ihr bezeugten Tatsachen und der Beklagte hat den ihm obliegenden Gegenbeweis für eine etwa unrichtige Beurkundung in der Zustellungsurkunde nicht führen können. Nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme steht weder fest, daß der Beklagte am Tag der Zustellung nicht in Deutschland war, noch daß der Zeuge W. C. entgegen der Zustellungsurkunde die Klageschrift nicht dem Beklagten persönlich übergeben habe. Die bloße Möglichkeit, die Zustellungsurkunde könne inhaltlich falsch sein, reicht jedoch nicht aus, um den nach § 418 ZPO erforderlichen Gegenbeweis als erbracht ansehen zu können (s. Zöller-Geimer, 22. Aufl., § 418 ZPO, Rn. 4 m.w.N.). Die Beweiswirkung der Urkunde muß vielmehr vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ihrer Richtigkeit ausgeschlossen werden (so BGH MDR 1991, 33), der Beweis des Gegenteils also erbracht sein (s. Zöller-Geimer, a.a.0, m.w.N.). Diesen Gegenbeweis hat der Beklagte nicht erbracht.
3.
Zinsen stehen dem Kläger lediglich in Höhe von 4% seit Zustellung der Klage zu (§§ 291, 288 BGB a.F.); für einen höheren Zinsschaden oder für den Zugang einer vorherigen außergerichtliche Mahnung ist der Kläger beweisfällig geblieben.
Dem Kläger steht auch kein höherer gesetzlicher Zinssatz in Höhe von 5% aus §§ 352, 353 HGB in der ab 1. Januar 1964 bis 30. April 2000 gültigen Fassung zu. Denn diese Vorschriften setzen für den erhöhten Zinssatz voraus, daß zum Zeitpunkt der Entstehung der Verbindlichkeit beide Vertragsparteien Kaufleute sind (s. Baumbach/Duden/Hopt, Handelsgesetzbuch, 26. Aufl., § 352, Anm. 1 A) und § 353, Anm. 1 A a). Ansprüche aus Gestaltungsrechten entstehen jedoch frühestens mit deren Geltendmachung. Die Wandlung des Vertrages hat der Kläger erstmals im August 1991 erklärt. Dafür, daß der Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch sein Handelsgewerbe betrieben hat und noch Kaufmann war, ist der Kläger ebenfalls darlegungs- und beweisfällig geblieben.
4.
Die vom Kläger ferner begehrte Feststellung des Annahmeverzuges des Beklagten ist zulässig und begründet. Denn der Beklagte befindet sich spätestens seit Erhebung der Klage mit der Rücknahme des Gärofens in Annahmeverzug und das erforderliche Feststellungsinteresse folgt aus § 756 I ZPO.
5.
Die Kosten für die Vernehmung des Zeugen C. in zweiter Instanz waren dem Beklagten gem. § 96 ZPO aufzuerlegen, da er diesen Zeugen zur Frage der Mangelhaftigkeit des Gärofens benannt hatte, obwohl dieser diesen nie gesehen hatte. Die Kostenentscheidung im übrigen beruht auf den §§ 344, 92, ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: € 15.850,05 ( = DM 31.000,--).
Ende der Entscheidung
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