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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.01.2001
Aktenzeichen: 19 U 140/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 140/00 20 O 215/00 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 12.01.2001

Verkündet am 12.01.2001

Schmitt, JS.z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 21. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, den Richter am Oberlandesgericht Gedig und die Richterin am Oberlandesgericht Göhler-Schlicht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 24. Mai 2000 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer für Landgerichts Köln - 20 O 215/00 - abgeändert.

Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Verfügungskläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, weil er nicht glaubhaft gemacht hat, dass der Verfügungsbeklagte gegen seine gesellschaftliche Treuepflicht, den Gesellschaftszweck oder gegen seine Pflichten als Geschäftsführer verstoßen hat und deshalb auch die Besorgnis nicht gerechtfertigt ist, er werde einen solchen Pflichtverstoß ohne den Erlass einer einstweiligen Verfügung begehen.

Ein solcher Pflichtverstoß liegt nicht in der Einholung der Baugenehmigung für die Errichtung eines Parkdecks vom 17.01.2000. Die Einholung einer solchen Baugenehmigung war vom Gesellschaftszweck erfasst. Zutreffend weist der Verfügungsbeklagte darauf hin, dass der Gesellschaftszweck in § 2 des Gesellschaftsvertrages weit gefasst ist. Zweck der Gesellschaft ist danach der Erwerb, die Verwaltung, die Vermietung und Verpachtung des Grundbesitzes M. sowie etwa weiter zu erwerbenden Vermögens. Hierunter fallen auch bauliche Veränderungen auf dem Grundstück. Die Tatsache, dass das Grundstück bei Errichtung der Gesellschaft bereits bebaut gewesen ist, bedeutet bei verständiger Würdigung der Vertragsbestimmung nicht, dass bauliche Veränderungen ausserhalb des Gesellschaftszwecks lagen, diese sich also an die Erhaltung des baulichen "status quo" selbst binden wollte. Mit dem Begriff Verwaltung ist vielmehr gemeint, dass die Gesellschaft mit dem Grundbesitz als Eigentümerin ohne jede Beschränkungen verfahren sollte. Damit liegt auch die Errichtung von Parkplätzen oder Parkpaletten im Rahmen des Gesellschaftszwecks, so dass auch die Einholung einer Baugenehmigung vom Zweck der Gesellschaft gedeckt war.

Der Verfügungsbeklagte hat mit der Einholung der Baugenehmigung auch nicht gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen. Ziel der Einholung der Baugenehmigung war es vielmehr, angesichts der drohenden Herabsetzung der Grundflächenzahl des Grundstücks der Gesellschaft die Möglichkeit der Errichtung von Parkplätzen und damit eine optimale Nutzung des Grundstücks zu erhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Stadt M. die im Jahre 1988 erwogene Änderung des Bebauungsplans für das Grundstück der Gesellschaft zunächst rückgängig gemacht und auf Grund der Einwendungen der Gesellschaft wieder die alten Festsetzungen beschlossen hat. Wie sich aus dem Schreiben vom 21.12.1999 (AH 73f.) ergibt, hat allerdings die Bezirksregierung gegen diese Festlegungen erhebliche Bedenken wegen der übergeordneten Raumplanung geäussert, so dass Ende Dezember 1999 eben noch nicht klar war, ob es tatsächlich bei den alten Festsetzungen verbleiben würde. Danach war vielmehr ein erneuter Beschluss des Gemeinderats über den Bebauungsplan vorgesehen, dessen Ergebnis Ende 1999 noch nicht feststand. Vor diesem Hintergrund war es dem Verfügungsbeklagten keineswegs vorzuwerfen, dass er den im Oktober 1999 gestellten Bauantrag weiterverfolgte, um der Gesellschaft mit der Baugenehmigung die bestmögliche Nutzung des Grundstücks in den nächsten Jahren offen zu halten.

Mit der Einholung der Baugenehmigung hielt der Verfügungsbeklagte sich auch im Rahmen der ihm eingeräumten Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse. Nach § 7 d) des Gesellschaftsvertrages war der Verfügungsbeklagte im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes zu allen Rechtshandlungen berechtigt, die im Einzelfall einen Gegenstandswert von 50.000 DM nicht überstiegen. Hierzu zählte auch die Beantragung der Baugenehmigung, die unstreitig mit Kosten unter 50.000 DM verbunden war. Entgegen der Ansicht des Landgerichts hält der Senat es nicht für angemessen darauf abzustellen, dass die später zu verwirklichende Baumaßnahme mit einem Volumen von 1,7 Mio. DM weit über den Rahmen der gewöhnlichen Geschäftsführung hinausgeht. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Beantragung der Baugenehmigung von vornherein den Zweck hatte, der Gesellschaft die Bebaubarkeit zu sichern, ohne dass die Umsetzung der Maßnahme in naher Zukunft und gegen den Willen der Gesellschaft geplant war. Die Sicherung der Bebaubarkeit des Grundstücks ist aber eine Maßnahme, die als solche der Gesellschaft zugute kommt. Die mit ihr verbundenen Maßnahmen sind daher isoliert zu betrachten und bewegen sich im Rahmen des § 6 d) des Gesellschaftsvertrages. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass die Gesellschaft inzwischen alle Handlungen des Verfügungsbeklagten im Zusammenhang mit der Beantragung und Erlangung des Bauvorbescheides und der Baugenehmigung für das Parkdeck und die hierfür aufgewandten Kosten genehmigt hat.

Hielt sich der Verfügungsbeklagte damit im Rahmen seiner Befugnisse als geschäftsführender Gesellschafter, so kann aus der Beantragung der Baugenehmigung nicht geschlossen werden, dass der Verfügungsbeklagte beabsichtigt, die Baumaßnahme selbst ohne Zustimmung der Gesellschafter durchzuführen. Der Verfügungsbeklagte hat nicht erst in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 4.10.2000 (GA 77) erklärt, er habe zu keiner Zeit geplant, das Bauvorhaben ohne Zustimmung der Gesellschafter ausführen zu lassen und sei auch nicht mit Bauunternehmern in Verhandlungen getreten. Er hat dies bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 28.04.2000 (GA 19) und vorprozessual mit Schreiben vom 19.4.2000 (AH 77) dargelegt. Da Anlass der Einholung der Baugenehmigung auch die geplante Herabsetzung der Grundflächenzahl durch die Gemeinde und die, wie sich aus dem Schreiben vom 21.12.1999 ergibt, jedenfalls Ende 1999 noch bestehende Unsicherheit über die endgültige Haltung der Bezirksregierung gewesen ist, ist die Erklärung des Verfügungsbeklagten glaubhaft, dass er die Baugenehmigung aus Gründen der Vorsorge um die Ausnutzung des Gesellschaftseigentums beantragt hat. Nachdem er immer wieder versichert hat, er werde die Baumaßnahme ohne die erforderliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter nicht ausführen, steht eine Beeinträchtigung der Belange der GbR durch die Durchführung der Baumaßnahme nicht ernsthaft zu befürchten. Es gibt auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Verfügungsbeklagte entgegen seiner Versicherung beabsichtigt, das Bauvorhaben unter Verletzung der Rechte seiner Mitgesellschafter zu realisieren. Insbesondere kann ihm nicht, wie der Verfügungskläger nun erstmals mit der am 20.12.2000 eingegangenen Berufungserwiderung anführt, vorgeworfen werden, er betreibe entgegen seinen Beteuerungen seine Bebauungsabsicht bezüglich der Parkplätze konkret weiter. Aus dem Schreiben an die Kreisverwaltung vom 13.04.2000 (GA 105) ergibt sich vielmehr, dass die GbR beabsichtigt, die Verkaufsfläche des SB-Marktes durch Verlagerung der Sozialräume in ein neues Teilobergeschoss sowie die Erweiterung des Erdgeschosses in Richtung Süden zu vergrößern. Wenn es in dieser Bauvoranfrage weiter heisst, das im Bauantrag vom 18.10.1999 dargestellte Parkdeck würde auf der Südseite reduziert, um die zulässige Grundflächenzahl nicht zu überschreiten, so bedeutet dies lediglich, dass die hinsichtlich der Parkplätze bereits erteilte Baugenehmigung durch die neue Bauvoranfrage nicht gefährdet, sondern angepasst werden sollte. Auch hieraus ergibt sich aber nicht, dass der Verfügungsbeklagte beabsichtigt, ohne die erforderliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter den Bau der Parkplätze zu betreiben. Ferner spricht nicht gegen das ernsthafte Bestreben des Verfügungsbeklagten, lediglich die Bebaubarkeit zu sichern, dass die GbR auf dem Nachbargrundstück bis zum 31.12.2006 die erforderlichen Parkplätze angemietet hat, während die Baugenehmigung zunächst bis zum 31.12.2004 befristet ist. Zum einen kommt eine Verlängerung der Baugenehmigung in Betracht. Zum anderen kann die vorsorgliche Verlängerung des bestehenden Mietvertrags über das Jahr 2004 hinaus im wohlverstandenen Interesse der GbR liegen, etwa um auch bei Verzögerungen bei der Bauausführung in jedem Fall die notwendigen Parkplätze gesichert zu haben. Schließlich sprechen auch die Ausführungen des Verfügungsbeklagten auf der Gesellschafterversammlung vom 8.11.2000, wie im Anwaltschreiben vom 9.11.2000 (GA 132ff.) festgehalten, nicht gegen die Vorgehensweise des Verfügungsbeklagten. Wenn der Verfügungsbeklagte auf dieser Gesellschafterversammlung zum Ausdruck gebracht hat, er werde alles tun, um die Gesellschaft vor Schaden zu bewahren und sehe als eine der Maßnahmen zur Abwendung von Schaden die Errichtung eines Parkdecks, die er sich als Möglichkeit jedenfalls offen halten wolle, und ferner verschiedene Einigungsmöglichkeiten mit dem Verfügungskläger in den Raum gestellt hat, so bedeutet dies nicht die Ankündigung, unter Verstoß gegen die Pflichten als geschäftsführender Gesellschafter die Parkplätze ohne die erforderliche Zustimmung der Gesellschafter bauen zu lassen. Nur in diesem Sinne hat der Verfügungsbeklagte im Verhandlungstermin vor dem Senat auch den entsprechenden Passus im Schreiben vom 9.11.2000 bestätigt.

Da mithin keine Umstände gegeben sind, die die Besorgnis künftiger Beeinträchtigungen der Rechte der Mitgesellschafter durch den Verfügungsbeklagten rechtfertigen, war der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Gegenstandwert für das Verfahren: 125.000 DM. Der Gegenstandswert des Verfahrens war nach dem Interesse des Verfügungsklägers an dem Erlass der einstweiligen Verfügung zu bemessen. Mit dem Landgericht ist im Ansatz von ca. 1/3 der veranschlagten Baukosten, also ca. 500.000 DM auszugehen. Da der Beklagte an der Gesellschaft jedoch nur mit 26,15% beteiligt ist, war der Gegenstandswert entsprechend dieser Beteiligung nur auf 125.000 DM festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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