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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 14.02.2003
Aktenzeichen: 19 U 152/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 323 Abs. 3 a.F.
BGB §§ 812 ff.
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 141 Abs. 3
ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln Im Namen des Volkes Urteil

19 U 152/02

Verkündet am: 14.02.2003

Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das am 25. Juli 2002 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 20 O 153/02 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin die Anzahlungsbürgschaft ### der C AG, Filiale L, über 21.493,66 DM (= 10.989,53 Euro) Zug um Zug gegen Rückzahlung von 10.989,53 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8. Juni 2001 sowie Rückgabe des der Klägerin übergebenen Gebäudeplanes herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO n.F. abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, sie hat jedoch im Wesentlichen keinen Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten aufgrund des von diesen erklärten Anerkenntnisses zwar ein Anspruch auf Herausgabe der im Tenor bezeichneten Bürgschaftsurkunde zu. Dieser Anspruch ist von den Beklagten jedoch nur Zug um Zug gegen Erstattung der von ihnen geleisteten Anzahlung sowie Rückgabe des bei der Klägerin befindlichen Gebäudeplanes zu erfüllen. Der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag ist gem. § 323 Abs. 3 BGB a.F. unwirksam, da ein Fall der nachträglichen (rechtlichen) Unmöglichkeit vorliegt. Das Vertragsverhältnis ist demzufolge rückabzuwickeln.

Die von der Klägerin im Juni 2001 an die Beklagten übersandten Bauantragsunterlagen entsprachen in folgenden Punkten nicht den vertraglichen Vereinbarungen im Hinblick auf die Ausführung des Wintergartens:

a) Die der Auftragserteilung zugrundeliegende Ausführungszeichnung (vgl. Ausführungszeichnung Anl. B 6 zum SS vom 10. Juni 2002) sah an der östlichen Wand des Anbaus ein großes Fenster vor. Dieses fehlt im Bauantrag. Stattdessen ist dort eine durchgehende Brandschutzwand vorgesehen.

b) Der Wintergarten sollte auf der Westseite mit der Hauskante bündig abschließen und (so auch Pos. 1 des Angebots) 5,65 m breit sein. Die Bauantragsunterlagen sehen dagegen eine Breite von 5,50 m vor. Der Wintergarten befindet sich nicht in einer Flucht mit der Westseite des Hauses.

Die Abweichungen in den Bauantragsunterlagen von dem von der Klägerin angebotenen und auf der Grundlage der Auftragsbestätigung vom 9. Oktober 2000 von ihr zu errichtende Wintergarten beruhen - wie unstreitig ist - darauf, dass das Bauvorhaben, so wie geplant ist, nach den Vorschriften der Landesbauordnung NW nicht genehmigungsfähig ist. Es handelt sich indes bei beiden von den Beklagten beanstandeten Punkten um erhebliche Abweichungen von der vertraglichen geschuldeten Ausführung. Steht aber fest, dass das Vorhaben aufgrund öffentlich-rechtlicher Bauvorschriften nicht so durchgeführt werden kann, wie es von den Parteien geplant und vertraglich vereinbart worden ist, so ist der Besteller berechtigt, sich vom Vertrag zu lösen, denn das Bauen ohne behördliche Genehmigung ist verboten und kann keinem Vertragsteil zugemutet werden (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 1996 - 19 U 8/96 - in: MDR 96, 903). Mit Rücksicht auf die Unmöglichkeit sind die Beklagten somit - ungeachtet der von ihnen im Schreiben vom 2. September 2002 gewählten Gestaltungsrechts des Rücktritts - von ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Werklohnes frei geworden. Das Vertragsverhältnis ist auf der Grundlage der §§ 812 ff. BGB durch Rückgewähr der gegenseitig erbrachten Leistungen rückabzuwickeln.

Aus den vorrangigen Regelungen des Werkvertragsrechts (§§ 644, 645 BGB) ergibt sich bezüglich der vertraglichen Risikoverteilung nichts anderes. So ist es zwar grundsätzlich Sache des Bauherrn, die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse bei zu bringen, so dass die Gefahr der fehlenden Genehmigungsfähigkeit in der Regel in seine Sphäre fällt. Die Umstände der Erteilung des Auftrages an die Klägerin und der Inhalt des schriftlichen Werklieferungsvertrages ergeben vorliegend jedoch ein Anderes. Die Klägerin übernimmt für die in diesen Dingen in der Regel unerfahrenen Beststeller die Architektenleistungen inkl. Bauantragsunterlagen ("Wir koordinieren alles aus einer Hand", vgl. Angebot Position 26). Sie arbeitet zu diesem Zweck ständig mit Bauentwurfsverfassern zusammen. Dies war auch im Fall der Beklagten so, die lediglich die Bauantragsunterlagen zu unterzeichnen hatten. Im Ergebnis ist es daher gerechtfertigt, die Gefahr der Nichtgenehmigungsfähigkeit des Projekts auf die Klägerin zu übertragen (vgl. Senat a.a.O.; vgl. auch BGH NJW 03, 287).

Soweit die Klägerin demgegenüber einwendet, die genannten Punkte seien von ihrem Außendienstmitarbeiter I mit den Beklagten besprochen und dabei die Abweichungen im Bauantrag ausdrücklich vereinbart worden, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der Vortrag der Klägerin, mit der das Risiko der Genehmigungsfähigkeit des Projekts ersichtlich auf die Beklagten "rückübertragen" werden soll, erscheint angesichts der Umstände des Vertragsschlusses und der zwischen den Parteien geführten vorprozessualen Korrespondenz nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Die Parteien haben sich - dies ergibt sich aus ihrem Vortrag in dem Vorprozess 20 O 97/01 LG Köln - zum Zwecke des Vertragsschlusses lediglich einmal, nämlich am 4. Oktober 2000, an Ort und Stelle getroffen. Die in das Auftragsformular vom 4. Oktober 2000 aufgenommen Zusätze/Änderungen betrafen dabei nicht die vorliegend streitigen Abweichungen. Die Beklagten, welche die Darstellung der Klägerin stets bestritten haben, haben vorprozessual mit Schreiben vom 7. September, 9. und 31. Oktober 2001 an die Klägerin (Anl. B 3 bis B 5) auf der Vorlage ordnungsgemäßer Bauunterlagen bestanden. Angesichts dieser Sachlage bedurfte es näherer Darlegung durch die Klägerin, bei welcher Gelegenheit die von ihr behaupteten Absprachen getroffen worden und warum sich die Beklagten auf eine solche für sie riskante Regelung hätten einlassen sollen. Diesen Anforderungen genügt die Schilderung der Klägerin nicht, die Angelegenheit sei bezüglich Brandschutzwand "vor und bei" Vertragsschluss und bezüglich des Grenzabstandes bei Erstellung der Bauantragsunterlagen erörtert worden. Der Senat hat das persönliche Erscheinen der Parteien zum Verhandlungstermin vom 17. Januar 2003 angeordnet. Diese Maßnahme sollte u.a. der weiteren Aufklärung der behaupteten Absprachen dienen. Es ist weder der Geschäftsführer der Klägerin noch ein im Sinne des § 141 Abs. 3 ZPO in der Sache informierter Vertreter erschienen. Fragen des Senats die Sache betreffend konnten von der Prozessbevollmächtigten nicht beantwortet werden. Demzufolge bestand keine Veranlassung, dem klägerischen Vortrag durch Vernehmung des angebotenen Zeugen I nachzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92, 97 Abs. 1 ZPO. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist die Klägerin angesichts der Zug um Zug Verurteilung im Wesentlichen unterlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.989,53 €

Ende der Entscheidung

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