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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 28.03.2003
Aktenzeichen: 19 U 159/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 426
BGB § 426 I 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 II Nr. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 709 Satz 2
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln Im Namen des Volkes Urteil

19 U 159/02

Verkündet am 28.03.2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2003 durch die Richterin am Oberlandesgericht Caliebe, den Richter am Oberlandesgericht Conzen und die Richterin am Amtsgericht Mundorf

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das am 05.08.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 21 O 124/02 - wird auf Kosten des Berufungsklägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien mieteten im Januar 1998 gemeinsam eine laut Mietvertrag ca. 150 qm große Wohnung in X für zehn Jahre ab September 1998 zu einem monatlichen Bruttomietzins von DM 1.970,-- an. In dieser Wohnung lebten sie als nicht eheliche Lebensgemeinschaft zusammen. Den Mietzins für die Wohnung bezahlte der Kläger. Ob und welche Gegenleistung die Beklagte hierfür während des Zusammenlebens der Parteien erbracht hat, ist zwischen ihnen streitig. Im August/September 1999 trennten sich die Parteien. Auf eine Anfrage des Vermieters M erklärte der Kläger sich damit einverstanden, daß die Beklagte die Wohnung im Obergeschoß desselben Haus anmietete. Diese zog sodann zum 01.10.1999 in die von ihr neu angemietete kleinere Wohnung im Obergeschoß ein. Der Kläger verblieb in der ursprünglich von den Parteien gemeinsam genutzten Wohnung.

Nachdem der Vermieter M auf das Schreiben der Parteien vom 07.03.2000 mitgeteilt hatte, er sei mit einer Untervermietung der vom Kläger bewohnten Wohnung nicht einverstanden, kündigten die Parteien das Mietverhältnis mit Schreiben vom 28.03.2000 zum 30.06.2000. Mit Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 26.04.2000 teilte der Vermieter M mit, daß er bei einem geeigneten Mietinteressenten bereit sei, einer Untervermietung zuzustimmen. Am 30.06.2000 zog der Kläger aus der Wohnung aus und zahlte ab Juli 2000 zunächst keinen Mietzins mehr. Daraufhin erwirkte der Vermieter M gegen den Kläger vor dem Amtsgericht Wipperführt wegen rückständiger Mietzinsen zwei Titel über DM 8.628,14 und DM 14.512,94, die der Kläger zum Teil beglichen hat. Der Kläger hat die Wohnung ab dem 01.03.2002 zu einem monatlichen Mietzins von lediglich DM 1.600,-- untervermietet, so daß sich der monatlicher Verlust auf DM 370,-- reduziert hat.

Mit der Klage hat der Kläger von der Beklagten einen hälftigen Ausgleich für die von ihm seit Juli 2000 gezahlten Mieten und, soweit die titulierten Forderungen noch nicht ausgeglichen waren, eine hälftige Beteilung der Beklagte an den Zahlungen begehrt.

Er hat die Ansicht vertreten, daß die Beklagte als Gesamtschuldnerin für den Mietzins hafte und ihm entsprechenden Ausgleich in hälftiger Höhe schulde. Zwar habe er auch während des gemeinsamen Zusammenlebens den Mietzins bezahlt, als Ausgleich hierfür habe die Beklagte jedoch sämtliche Lebensmittel und tägliche Bedarfsgüter sowie das Futter auch für sein Pferd bezahlt. Er hat ferner die Auffassung vertreten, daß die Beklagte nicht aus ihrer Haftung für den Mietzins entlassen worden sei, und hierzu vorgebracht, er habe sich lediglich damit einverstanden erklärt, daß die Beklagte eine Wohnung im selben Haus beziehe, weil er sie habe zurückgewinnen wollen.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe sich im September 1999 nicht nur damit einverstanden erklärt, daß sie in eine andere Wohnung im selben Haus einziehe, sondern ferner erklärt, er wolle die ehemalige gemeinsame Wohnung alleine weiterbewohnen und werde für die Miete - wie bisher - alleine aufkommen. Auch der Vermieter M habe sie sodann aus der Haftung aus dem Mietvertrag entlassen. Erst aufgrund dieser Erklärungen habe sie den Mietvertrag über die neue Wohnung unterzeichnet. Der Kläger habe seine Meinung erst geändert, als er seine jetzige Ehefrau kennengelernt habe und diese nicht bereit gewesen sei, in die Wohnung einzuziehen. Das Schreiben vom 07.03.2000 habe sie nur deshalb unterzeichnet, weil der Kläger ihr zuvor gedroht hatte, sie müsse sonst alles alleine zahlen.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 08.07.2002 verwiesen. Das Landgericht hat der Klage durch Urteil vom 05.08.2002, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Kläger behauptet jedoch nunmehr, für ihn alleine sei die Wohnung von Anfang an zu groß gewesen, weshalb er schon unmittelbar nach dem Auszug der Beklagten mit dieser zusammen beim Vermieter M versucht habe, vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen zu werden.

Mit Schriftsatz vom 07.11.2002 begehrt der Kläger ferner hälftigen Ausgleich der zwischenzeitlich von ihm erbrachten Mietzahlungen sowie die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, auch für künftige Mietzinsverpflichtungen bis zum Ablauf des Mietvertrages hälftig einzustehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung und die mit Schriftsatz vom 07.11.2002 erfolgte Klageerhöhung sind zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Parteien hatten die laut Mietvertrag ca. 150 m² große Wohnung gemeinsam angemietet, so daß für ihr Innenverhältnis § 426 I 1 BGB gilt. Danach sind Gesamtschuldner in ihrem Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung ergibt sich hier jedoch jedenfalls für die Zeit ab Trennung der Parteien aus den Umständen des Falles. Denn die Beklagte hatte durch ihren Auszug aus der gemeinsamen Wohnung deutlich gemacht, daß sie kein eigenes Nutzungsinteresse an der Wohnung mehr hatte. Der Kläger hat sich damit einverstanden erklärt, daß der Vermieter der Beklagten im selben Haus die Dachgeschoßwohnung vermiete. Dies tat er, weil er hoffte, die Beklagte zurückgewinnen zu können. Bei dieser Gelegenheit hätte er jedoch gegenüber dem Vermieter M und vor allem gegenüber der Beklagten klarstellen können und auch müssen, daß die Beklagte dennoch weiter auch für die gemeinsam gemietete Wohnung hafte und er selbst kein Interesse daran habe, die 150 m² große Wohnung auf Dauer alleine zu bewohnen.

Zwar behauptet er nunmehr pauschal, er habe schon unmittelbar nach dem Auszug der Beklagten (wann?) gemeinsam mit dieser den Vermieter M aufgesucht, um von diesem vorzeitig aus dem Mietvertrag entlassen zu werden. Zulässigen Beweis für dieses von der Beklagten bestrittene (GA 125) Vorbringen hat er jedoch nicht angetreten, sondern lediglich seine eigene Vernehmung als Partei (GA 98).

Unbestritten ist, daß der Kläger die Wohnung monatelang alleine genutzt hat. Daß er sich in dieser Zeit etwa um eine andere kleinere Wohnung oder um einen Unter- oder Nachmieter bemüht habe, bringt er nicht vor.

Nach alledem hat der Kläger durch sein Gesamtverhalten objektiv zum Ausdruck gebracht, daß er die Wohnung ungeachtet des Auszuges der Beklagten behalten wolle. Dann aber war er fortan verpflichtet, den Mietzins alleine zu tragen (s. OLG Düsseldorf DRsp. 1998/1290, Rn. 9 = FamRZ 1998, 739, 740 = NJW-RR 1998, 658 f.; vgl. auch SchlHOLG OLGR 1998, 357).

Zwar hat der Kläger Monate später, nämlich Anfang März 2000, gemeinsam mit der Beklagten einen Rechtsanwalt, nämlich Rechtsanwalt G aufgesucht, der sie wegen einer vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses beraten sollte. Sodann haben beide Parteien mit Schreiben vom 7.3.2000 den Vermieter M um Zustimmung zur Untervermietung gebeten und dann mit Schreiben vom 28.03.2000 den Mietvertrag außerordentlich zum 30.06.2000 gekündigt. Daß sich der Kläger also später doch noch entschieden hat, aus der Wohnung auszuziehen und gemeinsam mit der Beklagten versucht hat, das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden, läßt die Verpflichtung der Beklagten zu Beteiligung an Mietzinszahlung jedoch nicht wiederaufleben (s. OLG Düsseldorf, a.a.0., Rn. 10, 9).

Daß die Parteien in dieser Weise im März 2000 gemeinsam vorgegangen sind, steht entgegen der Auffassung des Klägers der Annahme einer konkludenten "Haftentlastung" im Innenverhältnis der Parteien nicht entgegen; denn dies betrifft alleine das Außenverhältnis der Parteien zum Vermieter M und läßt Rückschlüsse auf das Haftungsverhältnis der Parteien untereinander nicht zu; denn - folgt man dem Vorbringen des Klägers - hatte die Beklagte durchaus ein Interesse daran, ihre Außenhaftung gegenüber dem Vermieter zu beenden; hat aber der Kläger ihr gedroht - wie sie behauptet -, sie müsse in Zukunft alles zahlen, wenn sie die Kündigung nicht erkläre, dann mußte sie davon ausgehen, daß der Kläger sie, wenn auch zu Unrecht, wegen der weiter anfallenden Mietzinsansprüche des Vermieters in Anspruch nehmen wolle, und dies der einfachste Weg sei, einer Auseinandersetzung zu entgehen.

III.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO n.F.

Die Revision war gem. § 543 II Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die klärungsbedürftige Frage, ob in dem Weiterwohnen eines Teils der nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine anderweitige Bestimmung i.S.d. § 426 BGB liegt, kann sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen und ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden.

Streitwert für das Berufungsverfahren: € 14.000,--.

Ende der Entscheidung

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