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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 21.06.2002
Aktenzeichen: 19 U 166/01
Rechtsgebiete: GmbHG, ZPO


Vorschriften:

GmbHG § 13
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 101
ZPO § 711
ZPO § 708 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Köln Im Namen des Volkes Urteil

19 U 166/01

Anlage zum Protokoll vom 21.06.2002

Verkündet am 21.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17.05.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger und die Richterinnen am Oberlandesgericht Göhler-Schlicht und Caliebe

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 26.07.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 21 O 9/01 - teilweise dahingehend abgeändert, dass die Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen wird.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Gerichtskosten die Beklagte zu 1) und die Klägerin je zur Hälfte; die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) voll, die Beklagte zu 1) die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zur Hälfte. Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden, soweit über sie nicht bereits durch Beschluss des Senats vom 12.09.2001 - gl. Az. - erkannt worden ist, der Klägerin auferlegt mit Ausnahme der Kosten der Nebenintervention, die jeweils die Nebenintervenienten zu tragen haben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch den Beklagten zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2) zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Beklagte zu 1) erstellte im Auftrag der Klägerin für deren Grundstück das Baugrundgutachten vom 29. Januar 1997 (GA 15-22). Der Beklagte zu 2) erstellte hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin das Versickerungsgutachten vom 11. Februar 1997 (GA 23-31). Schon während der Bauausführung, insbesondere schon bei den Ausschachtungsarbeiten, trat immer wieder Wasser auf. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) ist vom Architekten der Klägerin diesbezüglich auf die Baustelle gerufen worden. Er hat insoweit mehrfach, auch schriftlich, Stellung genommen (GA 184-195). Nach Einschaltung der Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1) wurden Mängelbeseitigungsarbeiten durchgeführt. Unter anderem die Klägerin schloss mit der Beklagten zu 1) eine Schiedsgutachtenvereinbarung (GA 39 ff). Nachdem der Sachverständige die erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen festgestellt hatte, zahlte die A.-Versicherung als Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 1) zum Zwecke der Schadensregulierung 1.020.517,78 DM. Eine weitere Regulierung lehnte sie ab, da die versicherte Schadenssumme nur 1 Mio. DM betrug.

Die Klägerin hat im Wege der Teilklage die Kosten für einen bestimmten Leistungsteil der mit der Sanierung beauftragten Firma R. geltend gemacht, nämlich die Kosten für die ausgeführte Klemmkonstruktion. Sie hat behauptet, sie hätte beide Beklagten selbst beauftragt. Im übrigen hat sie sich darauf berufen, dass beide Gutachten die Grundwasserhöchststände um rund 2 Meter zu tief angesetzt hätten.

Die Beklagte zu 1) hat ihre Verantwortlichkeit für die Schäden bestritten. Der Beklagte zu 2) hat behauptet, er sei durch die Beklagten zu 1) und nicht durch die Klägerin beauftragt worden. Nur die Beklagten zu 1) sei von der Klägerin mit dem Baugrund- und dem Versickerungsgutachten beauftragt worden (GA 136 ff). Im übrigen hat er die Ansicht vertreten, dass er für sein Versickerungsgutachten nicht selbst die Wasserstände habe messen müssen, da das Baugrundgutachten vorgelegen habe.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 26.07.2001, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, die Beklagten antragsgemäß verurteilt, dabei aber eine Haftung des Beklagten zu 2) aus Vertrag abgelehnt, vielmehr dessen Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hergeleitet.

Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils hat die Klägerin mit der Beklagten zu 1) einen Vergleich geschlossen, der unter anderem folgende Regelung enthält:

"1.

Die F. K .Baugrund Beratung GmbH zahlt an die Bauherrengemeinschaft auf deren Konto mit der Nr. bei der S. L. (BLZ 375 514 40) bis zum 15. Oktober 2001 einen Betrag von DM 150.000,00 (in Worten: einhundertfünfzigtausend).

Darüberhinaus zahlt die F. K. Baugrund Beratung GmbH an die Bauherrengemeinschaft weitere DM 50.000,00 (in Worten: fünfzigtausend) in monatlichen Ratenbeträgen von jeweils DM 10.000,00 (in Worten: zehntausend), und zwar jeweils zum 10. eines jeden Monats und beginnend mit dem 10. November 2001.

Als letzte nach diesem Zahlungsplan abschließend noch zu erbringende Monatsrate zahlt F. K. Baugrund Beratung GmbH die im Beschluss des LG Köln vom 14. September 2001 festgesetzten Prozesskosten in Höhe von DM 11.883,73.

3.

Mit vollständiger Erfüllung der vorstehend genannten Zahlungsverpflichtungen ist das Urteil des Landgerichts Köln und der der Bauherrengemeinschaft für dieses Prozessverfahren entstandene eigene Kostenaufwand abgegolten. Außerdem verzichtet die Bauherrengemeinschaft im Verhältnis zur F. K. Baugrund Beratung GmbH auf Geltendmachung weiterer, über die bisher erbrachten Versicherungsleistungen und die Beträge des heutigen Vergleiches hinausgehende Zahlungsansprüche wegen der damaligen Baugrundbegutachtung und der damit in Verbindung stehenden Sachverhalte.

5.

Im Zusammenhang mit vorstehend erwähntem Bauvorhaben in der O.-E.-Straße in L. hat die Bauherrengemeinschaft noch Ansprüche geltend gemacht gegenüber Herrn Dipl.-Geologen H.-P. F. aus W., Herr F. ist ebenfalls (als Gesamtschuldner) in Sachen 21 O 9/01 LG Köln am 26. Juli 2001 verurteilt worden. In Ansehung seiner Person wird durch den heutigen Vergleich nichts präjudiziert. Insbesondere ist es der Bauherrengemeinschaft unbenommen, etwa bestehende weitergehende Ansprüche gegen ihn zu verfolgen. Wenn und soweit jedoch die F. K. Baugrund Beratung GmbH auf den heutigen Vergleich und somit auf das Teilurteil Zahlungen geleistet hat, sind diese entsprechend auch zugunsten von Herrn F. anzurechnen. Außerdem wird die Bauherrengemeinschaft gegen ihn gleichermaßen nicht aus dem Teilurteil zwangsvollstrecken, solange die F. K. Baugrund GmbH ihren hier und heute in diesem Vergleich übernommenen Verpflichtungen ordentlich nachkommt."

Die Beklagte zu 1) hat die ihr nach dem Vergleich obliegenden Zahlungsverpflichtungen vollumfänglich und fristgerecht bis zum 10.04.2002 erbracht.

Der Beklagte zu 2) hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Er wendet sich insbesondere gegen die vom Landgericht angenommene Haftung aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter und vertieft im übrigen seinen Vortrag zur Ordnungsgemäßheit des von ihm erstellten Versickerungsgutachtens.

Die Klägerin und die sie unterstützenden Streitgenossen verteidigen das angefochtene Urteil im Ergebnis, sind aber der Ansicht, der Beklagte zu 2) hafte der Klägerin aus Vertrag. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte vergleichsweise Zahlung der Beklagten zu 1) hat die Klägerin die Hauptsache in Höhe eines Betrag von 200.000,00 DM für erledigt erklärt. Der Beklagte zu 2) hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2) hat auch in der Sache Erfolg. Der Beklagte zu 2) haftet der Klägerin für die eingetretenen Schäden weder aus Vertrag noch aus dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) war daher unabhängig von der inzwischen zugunsten - auch - des Beklagten zu 2) eingetretenen Erfüllung in Höhe von 200.000,00 DM insgesamt abzuweisen, da sie von Anfang an unbegründet war.

1.

Eine vertragliche Haftung aufgrund eines zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2) geschlossenen Vertrages besteht, wie das Landgericht richtigerweise festgestellt hat, nicht. Ein Vertrag ist nur zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) zustande gekommen. Mit dieser schloss die Klägerin einen Werkvertrag über die Erstellung eines Baugrundgutachtens und eines Versickerungsgutachtens. Allein die Tatsache, dass das Versickerungsgutachten von dem Beklagten zu 2) persönlich erstellt wurde, begründet kein Vertragsverhältnis zwischen diesem und der Klägerin. Auch die Verwendung eines eigenen Briefbogens durch den Beklagten zu 2) für das von ihm erstellte Gutachten (GA 23) ändert daran nichts. Hieraus ergibt sich kein Vertragsschluss zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2). Die Verwendung des Briefbogens stellt sich allenfalls als Indiz für eine vertragliche Verbindung zwischen den Parteien dar, welches jedoch durch mehrfache gegenteilige Anhaltspunkte entkräftet wird. So beinhaltet das Angebot der Beklagten zu 1) (GA 136) auch die Erstellung des Versickerungsgutachtens. Ebenso verhält es sich mit der an die Beklagte zu 1) gerichteten Annahme des Angebots (GA 138). Folgerichtig hat auch der Beklagten zu 1) den Werkvertrag im Verhältnis zur Klägerin abgerechnet (GA 105). Auch die zwischen der Beklagten zu 1) und u.a. der Klägerin getroffene Schiedsgutachtervereinbarung geht nur von einem Vertrag zwischen der Beklagten zu 1) und der Klägerin aus (GA 40). Darüber hinaus spricht der Inhalt der Baubesprechung vom 05.02.1999 (GA 32 ff) gegen eine vertragliche Verpflichtung des Beklagten zu 2). Nicht nur, dass dieser hieran nicht teilgenommen hat. Ausweislich des Protokolls der Besprechung (GA 35) ist dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1), Herrn K., aufgegeben worden, eine Ergänzung des Baugrundgutachtens zu formulieren und er sollte das Versickerungskonzept überdenken.

Auch der Hinweis der Klägerin auf die Verpflichtung eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, sein Gutachten in Person zu erstatten, verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Hier ist seitens der Klägerin der Gutachterauftrag einer juristischen Person erteilt worden, die ihrerseits ersichtlich die vertraglichen Pflichten nur durch natürliche Personen erfüllen konnte. Dass die GmbH ihrerseits einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zur Vertragserfüllung heranzieht, führt nicht zu einer Haftung der ausführenden natürlichen Person, sondern nur zu einer Haftung des Vertragspartners der Klägerin, d. h. der GmbH (= Beklagte zu 1)). So ist ersichtlich das Baugrundgutachten auch nicht von der juristischen Person, der Beklagten zu 1), sondern von dem Dipl.-Ing. K. "erstellt" worden, ohne dass die Klägerin auf die Idee gekommen wäre, gegen Herrn K. persönlich vorzugehen. Dabei entspricht die Weitergabe des Auftrages durch die Beklagte zu 1) an ihren Mitgesellschafter, den Beklagten zu 2), durchaus der üblichen Praxis innerhalb einer Gesellschaft von mehreren Sachverständigen. Eine solche Gesellschaft beinhaltet die gemeinsame Ausübung der Sachverständigentätigkeit durch die selbständigen Gesellschafter-Sachverständigen für Rechnung und auf Risiko der Gesellschaft, zu der sie sich verbunden haben. Wenn sich die Klägerin darauf beruft, es sei in der W.er Baubranche allgemein bekannt, dass es sich bei dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2) um zwei eng zusammenarbeitende, aber dennoch selbständige Fachgutachter handele, die in Arbeitsteilung zu arbeiten pflegten, trägt sie selbst Umstände vor, die dafür sprechen, dass es sich um eine solche Sachverständigengemeinschaft handelt, in der eine fachspezifische Aufteilung der Arbeiten auf die einzelnen Gesellschafter erfolgt. In dieser Hinsicht ist auch der von der GmbH geführte Name "F. und K.", der auch den Namen des Beklagten zu 2) enthält, zu bewerten. Da die Beklagte zu 1) die Organisationsform der GmbH gewählt hat, sollte eine Haftung der Gesellschafter und damit auch des Beklagten zu 2) gemäß § 13 GmbH-Gesetz ausgeschlossen werden (vgl. Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 3. Auflage, § 6 Rn. 11). In einem solchen Fall haftet der einzelne Gesellschafter nur persönlich, wenn er unabhängig von der GmbH Verträge mit Wirkung nur für sich selbst schließt. Dies hat der Beklagte zu 2) aber, wie ausgeführt, nicht getan.

Angesichts der eindeutigen schriftlichen Unterlagen, insbesondere des urkundlich belegten Inhalts von Angebot und Annahme, kam eine Vernehmung des Architekten P. zu der Behauptung der Klägerin, dieser habe im Auftrag der Klägerin beiden Beklagten einen Auftrag erteilt, nicht in Betracht. Die Klägerin bleibt nämlich jegliche Erklärung dafür schuldig, dass derjenige, der für sie, urkundlich belegt, den Auftrag der GmbH erteilt hat, gleichwohl zwei getrennte Aufträge erteilt haben soll.

2.

Der Beklagte zu 2) haftet entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte. Voraussetzung für eine solche Haftung ist die Schutzbedürftigkeit des Dritten. Daran fehlt es, wenn der Dritte wegen des Sachverhalts, aus dem er seinen Anspruch herleitet, einen inhaltsgleichen Anspruch gegen den Gläubiger hat (Palandt; Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 328 Rn. 18 m. w. N.). Die Klägerin hat hier jedoch einen inhaltsgleichen Anspruch gegenüber ihrer Vertragspartnerin, der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1) haftet der Klägerin bereits für die fehlerhaften Feststellungen. Ein Bedürfnis für eine Haftung des Beklagten zu 2) nach den Grundsätzen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte besteht damit nicht. Den von der Klägerin vorgetragenen Konstellationen einer Haftung aufgrund Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bei Sachverständigen ist gemein, dass der Geschädigte keinen Anspruch aus Vertrag besitzt, weil der Schädiger zu ihm in keinerlei vertraglichen Beziehungen steht. Vorliegend bestünde aber auch dann ein vertraglicher Anspruch gegen die GmbH, wenn allein die Erstellung des Gutachtens durch den Beklagten zu 2) fehlerhaft gewesen wäre, da ihr dessen Fehler zugerechnet würde. Ein solcher Fehler ist aber nicht ersichtlich, zumal im Verhältnis zwischen Beklagter zu 1) und dem Beklagten zu 2) letzterem lediglich der Auftrag erteilt war, auf der Grundlage der von der Beklagten zu 1) durchgeführten Sondierungsbohrungen und deren Ergebnissen sein Versickerungsgutachten zu erstatten. Der dem Beklagten zu 2) erteilte Auftrag seitens der Beklagten zu 1) umfasste daher nicht die Verpflichtung, eigene Bohrungen durchzuführen.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Beschwer für die Klägerin: unter 20.000,00 Euro.

Ende der Entscheidung

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