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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 06.08.1999
Aktenzeichen: 19 U 176/98
Rechtsgebiete: BauONW, BGB, ZPO


Vorschriften:

BauONW § 60 Abs. 2
BGB § 284 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 176/98 21 O 116/98 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 06.08.1999

Verkündet am 06.08.1999

Kutz, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 09.07.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, den Richter am Oberlandesgericht Pütz und die Richterin am Amtsgericht Wester

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Land- gerichts Köln vom 07.09.1998 - 21 O 116/98 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten kann keinen Erfolg haben. Eine aufrechenbare Gegenforderung steht ihr gegenüber der unstreitigen Werklohnforderung des Klägers nicht zu.

1. Die Beklagte stützt ihre Gegenforderung auf positive Vertragsverletzung, vorrangig kommt aber Verzug des Klägers in Betracht. Denn es geht darum, dass der Kläger unstreitig die vom Kreisbauamt verlangten Unternehmerbescheinigungen gem. § 60 Abs. 2 BauONW a.F. (entspr. § 66 Abs. 2 BauONW n.F.) der Beklagten nicht zur Verfügung gestellt hat, weil diese den restlichen Werklohn noch nicht gezahlt hatte. Ein Zurückbehaltungsrecht stand ihm jedoch nicht zu. Vielmehr war die Aushändigung der Bescheinigungen eine vertragliche Nebenpflicht der geschuldeten Werkleistung. Der Fall ist vergleichbar der Pflicht zur Übergabe einer Bescheinigung über die Ausführung einer Holzschutzbehandlung (OLG Rostock, OLGR 1995, 56) und der Pflicht eines Abbruchunternehmers, dem Auftraggeber die Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die diesen in die Lage versetzen, den Entsorgungsnachweis zu führen (OLG Düsseldorf, OLGR 1994, 278). Solange der Nachweis nicht erbracht wird, hat der Auftraggeber, hier also die Beklagte, ein Zurückbehaltungsrecht (OLG Rostock a.a.O.). Da die Beklagte den Kläger jedenfalls mit Schreiben vom 14.07.1997 wegen der schon seit 1995 fälligen Bescheinigungen vergeblich gemahnt hat, ist der Kläger mit dieser Mahnung in Verzug geraten (§ 284 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Mahnung war bestimmt genug, weil zwischen den Parteien eindeutig feststand, was mit den "notwendigen Erklärungen für die Endabnahme" gemeint war. Diese Bescheinigungen waren zur Zeit der Mahnung auch schon Verhandlungsgegenstand zwischen dem Kläger und seinem Mieter und späteren Käufer L., wie sich aus dessen Schreiben vom 26.06.1997 ergibt. Eine Fristsetzung ist bei der Mahnung nach § 284 Abs. 1 S. 1 BGB nicht erforderlich, auch nicht die Androhung bestimmter Folgen. Es reicht aus, wenn der Gläubiger die geschuldete Leistung unzweideutig verlangt (Palandt/Heinrichs, BGB 57. Aufl., § 284 Rn. 17 m. N.).

2. Grundsätzlich kann danach der Beklagten gegen den Kläger ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens nach § 286 Abs. 1 BGB zustehen. Dazu gehört auch der entgangene Gewinn, etwa wegen des Scheiterns eines gewinnbringenden Verkaufs infolge einer verspäteten Lieferung (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 286 Rn. 11). Ähnlich liegt es hier, wo angeblich der Verkauf des Hausgrundstücks an die A. GmbH zum Kaufpreis von 560.000 DM gescheitert ist, weil die behördliche Abnahme wegen des Verzugs des Klägers nicht rechtzeitig erfolgen konnte. Indessen hat die Beklagte den ihr obliegenden Beweis für den behaupteten Schaden in Höhe der Differenz zwischen diesem Kaufpreis und dem später tatsächlich erzielten in Höhe von 480.000 DM nicht führen können.

a. Schon nach ihrem eigenen Vortrag haben sich Zweifel ergeben. Es liegt zwar der Entwurf eines notariellen Kaufvertrages über das Grundstück zwischen der Beklagten und der A. GmbH zu einem Kaufpreis von 560.000 DM vor, der nach den auf der ersten Seite wiedergegebenen Daten von Anfang Juni 1997 stammen muß. Der schon 1996 für die Beklagte von zwei Immobilienmaklern ermittelte erzielbare Kaufpreis lag aber nach der Berufungsbegründung nur bei 470.000 bis 500.000 DM, abzüglich Maklerprovision zwischen 454.000 und 483.000 DM. Warum die A. GmbH den vergleichsweise hohen Kaufpreis zahlen wollte, leuchtet zunächst nicht ein. Sie hatte zwar gegen die Beklagte eine Darlehensforderung von 110.000 DM, die durch eine Grundschuld auf dem Grundstück gesichert war. Diese Forderung sollte mit dem Kaufpreis verrechnet werden. Das hätte aber nur bei einer Verrechnung mit dem realen Kaufpreis in Höhe von ca. 450.000 DM Sinn. Nach dem Vortrag der Beklagten wäre der Kaufpreis aber zunächst um etwa den Betrag der Darlehensforderung erhöht worden, um dann diesen erhöhten Betrag mit ihr zu verrechnen. Auf dieser Grundlage ist kaum nachzuvollziehen, was die A. GmbH zu einem solchen Geschäft hätte veranlassen sollen.

b. Die bereits bestehenden Zweifel an dem von der Beklagten behaupteten Schaden sind durch die Vernehmung des Zeugen St., des Geschäftsführers der A. GmbH, noch verstärkt worden. Der Zeuge hat zwar zunächst die Darstellung der Beklagten bestätigt, dass die A. GmbH das Grundstück von der Beklagten zum Kaufpreis von 560.000 DM habe erwerben wollen, und dass sie wegen der fehlenden Unternehmerbescheinigungen des Klägers und der dadurch blockierten Endabnahme davon Abstand genommen habe. Den im Vergleich zum Marktpreis hohen Kaufpreis hat der Zeuge - gegenüber dem Vortrag der Beklagten neu und immerhin nachvollziehbar - damit erklärt, dass die A. GmbH an dem für sie möglichen Vorsteuerabzug in Höhe von ca. 84.000 DM interessiert gewesen sei. Außerdem habe der Kaufpreis sich an den bestehenden Grundpfandrechten orientiert. Mit der Beklagten habe die A. GmbH, die mit Grundstücken und Grundpfandrechten handele, ständig zusammengearbeitet; die Beklagte sei ihr als seriöses Unternehmen bekannt gewesen. Auf Vorhalte seitens des Klägers hat der Zeuge sodann eingeräumt, dass der Vater des Geschäftsführers der Beklagten alleiniger Gesellschafter sowohl der Beklagten als auch der A. GmbH ist, und dass beide Gesellschaften ihren Firmensitz in demselben Gebäude in Siegburg haben oder zumindest bis vor kurzem hatten. Jedenfalls hat die Beklagte noch immer ein Firmenschild an dem Gebäude, in dem die A. GmbH nach wie vor residiert. Nachdem der Zeuge, wie auch die Beklagte, zunächst den Kaufvertrag mit der A. GmbH als Geschäft zwischen "normalen" Geschäftspartnern dargestellt hat, vermag der Senat sich angesichts der tatsächlich bestehenden, vom Zeugen und von der Beklagten von sich aus nicht offengelegten engen Verflechtung zwischen beiden Gesellschaften nicht davon zu überzeugen, dass hier ein ernstlich beabsichtigtes Geschäft daran gescheitert ist, dass der Kläger seine Unternehmerbescheinigungen zurückhielt. Dies um so mehr, als die Beklagte die Unternehmerbescheinigungen erst Mitte Juli 1997 angefordert hat, obwohl sie schon seit 1995 fällig waren, und als sie außerdem schon vorher mit dem späteren Käufer L. verhandelt hat, der bereits mit Schreiben vom 13.06.1997 ankündigte, demnächst den Darlehensvertrag mit seiner Bank zu unterschreiben, und die Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrages mit der Beklagten für die Woche von 23. bis 27.06.1997 anvisierte. All dies läßt es möglich erscheinen, dass die Beklagte und die A. GmbH zu Lasten des Klägers zusammenwirkten, um der Beklagten im Ergebnis 560.000 DM (Kaufpreis L. + angeblicher Schaden) zuzuführen, der A. GmbH aber eine entsprechende Zahlungsverpflichtung zu ersparen.

Unter diesen Umständen kann der Schadensbeweis nicht als geführt angesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO. Das Urteil ist nach den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer der Beklagten: 12.358,47 DM

Ende der Entscheidung

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