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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 31.03.2000
Aktenzeichen: 19 U 186/98
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 406
BGB § 812
BGB § 463 S. 2
ZPO § 538 I Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
19 U 186/98 20 O 252/98 LG Köln

OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES GRUNDURTEIL

Anlage zum Protokoll vom 31.03.2000

Verkündet am 31.03.2000

Böll, J.Ang. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 25.02.2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, den Richter am Oberlandesgericht Pütz und die Richterin am Oberlandesgericht Caliebe

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30.09.1998 - 20 O 252/98 - teilweise abgeändert.

Die Leistungsklage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, soweit die Berufung nicht durch das Teilurteil vom 18.06.1999 zurückgewiesen worden ist. Zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des Anspruchs und über die Feststellungsklage wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, bleibt dem Landgericht vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin kaufte mit notariellem Vertrag des Notars Dr. W. in K. (UR-Nr. ......) vom 23.01.1997 von der Zeugin K. zu einem Kaufpreis von 1.400.000,00 DM ein Grundstück in der Sch.straße in B.G.. Davon wurden 700.000,00 DM fällig, sobald die unter II. a) - c) des Vertrages genannten Voraussetzungen erfüllt waren; das ist unstreitig der Fall. Soweit die Parteien in diesem Zusammenhang über weitere Fälligkeitsvoraussetzungen gestritten haben, ist dieser Streit durch das Teilurteil des Senats vom 18.06.1999 erledigt. Die zweite Kaufpreisrate in Höhe von weiteren 700.000,00 DM sollte innerhalb eines Jahres nach Fälligkeit der ersten Rate fällig werden. Für diese Rate brachte die Klägerin entsprechend dem Vertrag eine Bürgschaft auf erstes Anfordern der Sparkasse L. vom 09.07.1997 bei.

Mit Schreiben vom 23.04.1998 teilte die Beklagte der Sparkasse L. mit, die Ansprüche aus dem Kaufvertrag einschließlich derjenigen aus der Bürgschaft seien an sie abgetreten worden, und nahm die Sparkasse als Bürgin in Anspruch. Beigefügt war ein Schreiben der Zeugin K., in dem diese der Beklagten mitteilte, die Klägerin komme ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nach. Die Klägerin forderte die Sparkasse auf, die Bürgschaft nicht einzulösen, weil die zweite Kaufpreisrate nicht fällig sei. Nachdem ein Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte erfolglos geblieben war (20 O 220/98 LG Köln = 19 W 16/98 OLG Köln), überwies die Sparkasse L. der Beklagten am 06.05.1998 700.000,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 26.950,00 DM. Der Gesamtbetrag wurde der Klägerin mit Wertstellung vom selben Tag belastet. Am 04.05.1998 hatte die Klägerin gegenüber der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 200.000,00 DM die Aufrechnung erklärt.

Hierzu hat die Klägerin behauptet, im Erdreich des von der Zeugin K. erworbenen Grundstücks seien massive Fundamente, Mauerreste, Reste von Brennöfen und Kaminen sowie andere Baukörperreste aus Ziegeln vorhanden gewesen; dabei handele es sich um Überreste des auf dem Grundstück bis 1935 betriebenen Stellawerkes, einer Fabrik für feuerfeste Produkte. Diese Altlasten seien der Zeugin K. beim Verkauf des Grundstücks bekannt gewesen, deren Eltern das Grundstück 1962 von der Stadt B.G. erworben und darauf in der Folgezeit Betriebsgebäude errichtet hatten. Diese Altlasten habe ihr die Zeugin K. als Verkäuferin des Grundstücks arglistig verschwiegen. Ihre Beseitigung werde Kosten in Höhe von 188.186,00 DM verursachen, von denen die Klägerin zu Lasten der Verkäuferin und der Beklagten als Zessionarin 165.000,00 DM zuzüglich 16 % MWSt geltend gemacht hat, abgerundet 191.000,00 DM. Soweit die Klägerin die Aufrechnung in Höhe eines Betrages von 200.000,00 DM erklärt hat, hat sie vorgetragen, bei der Differenz von 9.000,00 DM handele es um einen derzeit (Mai 1998) noch nicht bezifferbaren Betrag. Es fehlten noch Rechnungen für Aushubarbeiten, die sich bis Mitte 1999 erstrecken würden.

Für angeblich zuviel berechnete Zinsen hat die Klägerin weitere 10.851,00 DM von der Beklagten verlangt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 201.851,00 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 07.05.1998 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie einen Betrag zu erstatten, der ihr über einen Schaden von 191.000,00 DM hinaus dadurch entsteht, dass sie auf dem Grundstück Sch.straße 4 in B.G. Baureste des früheren Stellawerkes entsorgen muss, höchstens jedoch bezüglich eines weiteren Betrages vom 9.000,00 DM zuzüglich 9 % Zinsen seit dem 07.05.1998.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe die Bürgschaftsforderung zu Recht eingezogen; insbesondere sei die zweite Kaufpreisrate fällig gewesen. Mit Nichtwissen hat sie bestritten, dass die Verkäuferin des Grundstücks die Altlasten gekannt habe; diese habe sie daher nicht arglistig verschwiegen. Im Übrigen habe die Stadt B.G. die Beklagte zu Händen ihres Architekten vor Abschluss des Kaufvertrages darauf hingewiesen, dass sich das Grundstück in einer Altlastenverdachtsfläche befinde und das anfallende Aushubmaterial ordnungsgemäß zu entsorgen sei. Die Höhe des geltend gemachten Schadens hat die Beklagte bestritten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und auch rechtzeitig begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter. Nachdem die Sparkasse L. ihr "sämtliche Ansprüche, die uns, gleich aus welchem Rechtsgrund, aufgrund unserer Zahlung auf die Bürgschaft ... vom 09.07.1997 gegenüber der Kreissparkasse Köln zustehen könnten" mit Erklärung vom 19.10.1998 abgetreten hat, leitet die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagte aus zwei Gründen her: Zum einen stehe ihr in Höhe von 191.000 DM gegen die Verkäuferin (Zedentin) ein Schadensersatzanspruch zu, weil diese ihr bei den Vertragsverhandlungen arglistig verschwiegen habe, dass im Erdreich des verkauften Grundstücks massive Fundamente, Mauerreste, Reste von Brennöfen und Kaminen sowie andere Baureste aus Ziegeln vorhanden seien, die von dem bis in die dreißiger Jahre dort betriebenen Stellawerk herrührten. Insofern will sie mit dem Feststellungsantrag noch einen möglichen Spitzenbetrag sichern. Zum anderen habe die Beklagte die Bürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommen, obwohl der verbürgte Teil des Kaufpreises noch nicht fällig gewesen sei. In diesem Zusammenhang habe sie an Zinsen 10.851 DM zuviel berechnet und bei der Bürgin eingezogen. Insoweit hat der Senat durch rechtskräftiges Teilurteil vom 18.06.1999 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen, soweit darüber nicht schon durch das Teilurteil entschieden worden ist.

Die Beklagte beantragt,

gegnerische Berufung zurückzuweisen;

Sie bestreitet, dass die Verkäuferin, die Zeugin K., und deren Ehemann, der Zeuge A. K., Kenntnis von den Altlasten des früheren Stellawerkes gehabt hätten und trägt hierzu im Einzelnen vor. Ferner wendet sie sich weiterhin gegen die Höhe des geltend gemachten Anspruchs.

Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat gemäß den Beschlüssen vom 18.06.1999 und vom 25.02.2000 in Verbindung mit dem Beschluss vom 26.11.1999 Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 29.10.1999 und vom 25.02.2000 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet, soweit sie nicht durch das Teilurteil vom 18.06.1999 zurückgewiesen worden ist. Der verbliebene Schadensersatzanspruch ist jedenfalls dem Grunde nach gerechtfertigt. Da zur Höhe des Anspruchs der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif ist, hat der Senat über den Anspruchsgrund vorab entschieden (§ 304 ZPO) und die Sache zur Entscheidung über die Anspruchshöhe und über die Feststellungsklage an das Landgericht zurückverwiesen (§ 538 I Nr. 3 ZPO).

1. Hat die Beklagte zu Unrecht die Bürgin (Sparkasse L.) in Anspruch genommen, dann steht der Klägerin, die ihrerseits von der Sparkasse belastet worden ist, ein eigener Rückforderungsanspruch zu. Aus Inhalt und Zweck der Sicherungsabrede folgt die Verpflichtung des Gläubigers, hier der Verkäuferin und der Beklagten als Zessionarin, die Sicherung zurückzugewähren, sobald feststeht, dass der Sicherungsfall nicht mehr eintreten kann. Hat die Beklagte die ihr als Sicherheit geleistete Bürgschaft zu Unrecht verwertet, so hat sie der Klägerin, die ihrerseits die Bürgin befriedigt hat, die erhaltene Zahlung zu erstatten (BGH, NJW 1999, 55 = DB 1998, 2413 m.w.N.). Das gilt hier jedenfalls insoweit, als die Klägerin die Aufrechnung gegenüber der gesicherten Kaufpreisforderung in Höhe der Klageforderung erklärt hat. Die vom Senat in dem Beschluss vom 26.06.1998 (19 W 16/98) angenommene Unzulässigkeit der Aufrechnung bezog sich auf den damit begründeten Einwand gegen die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Gegenüber dem Rückforderungsanspruch der Klägerin gilt das nicht mehr. Die Aufrechnung war auch zur Zeit der Inanspruchnahme der Bürgin bereits erklärt, und zwar sowohl gegenüber der Beklagten als Zessionarin als auch gegenüber der Verkäuferin, wie dem Anwaltsschreiben der Klägerin vom 24.04.1998 an die Bürgin zu entnehmen ist (vgl. Bl. 22 AH). Gegenüber der Beklagten war sie nach § 406 BGB wirksam, die dort genannten Ausnahmen liegen nicht vor.

2. Darüber hinaus liegt nun auch die vom Landgericht vermisste Abtretung etwaiger Ansprüche der Bürgin (Sparkasse L.) gegen die Beklagte an die Klägerin vor. Die von der Beklagten nicht näher erläuterten Bedenken gegen die Wirksamkeit teilt der Senat nicht. Dass die Klägerin die Abtretung angenommen hat, ergibt sich schon aus der Vorlage der Urkunde im Prozess. In einem Rückforderungsprozess könnte sich die Bürgin gegenüber dem Gläubiger zur Begründung ihres Anspruchs aus § 812 BGB (BGH NJW 1988, 2610; Palandt/Sprau, BGB 57. Aufl., Einf. v. § 765 Rn. 14) darauf berufen, dass die Hauptforderung durch Aufrechnung erloschen sei. Die im Vorprozess vom Senat geäußerten Bedenken gegen deren Zulässigkeit gelten auch im Rückforderungsprozess des Bürgen und, nach Abtretung von dessen Ansprüchen, der Klägerin nicht mehr.

3. Die Beklagte kann also zur Rückzahlung von 191.000 DM an die Klägerin entweder aufgrund deren eigenen Rückforderungsanspruchs (s.o. 1.) und aufgrund des abgetretenen Anspruchs der Bürgin wegen ungerechtfertigter Bereicherung verpflichtet sein, wenn die Klägerin gegen die Verkäuferin einen Schadensersatzanspruch hat. Dieser kann sich aus § 463 S. 2 BGB ergeben, wenn die Verkäuferin eine erhebliche Belastung des Grundstücks arglistig verschwiegen hat. Dann ist auch der Gewährleistungsausschluss in Abschnitt III.1. des notariellen Kaufvertrages unwirksam (§ 476 BGB). Aus dem Schreiben der Stadt B.G. an die Verkäuferin vom 14.03.1989 (Bl. 25 AH) ergibt sich entgegen der Meinung der Klägerin nicht zwingend, dass damals schon über die hier wesentlichen Belastungen gesprochen worden ist. Es ging um erhöhte Schwermetallgehalte, ebenso wie in dem Gutachten vom Oktober 1992 (Bl. 27 ff. AH), das der Verkäuferin im übrigen unstreitig nicht bekannt war. Auf diese Belastung des Grundstücks stützt sich die Klägerin aber nicht. Indessen hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Verkäuferin des Grundstücks, der Zeugin K., und ihrem Ehemann, dem Zeugen A. K., im Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrags am 23.01.1997 die im Boden befindlichen massiven Fundament-, Mauer-, Brennofen- und Kaminreste im wesentlichen, wenn auch möglicherweise nicht in allen Einzelheiten, bekannt waren. Diese baulichen Altlasten des früheren Stellawerkes sind aber unter III.1. des Kaufvertrages nicht erwähnt worden. Dort geht es vielmehr nur um Überbleibsel des zunächst von den Eltern der Zeugin K. und später von dieser geführten Betriebes. Von weit zurückliegenden baulichen Altlasten und insbesondere von dem früher auf dem Grundstück betriebenen Stellawerk ist nicht die Rede. Darauf bezieht sich deshalb auch nicht die Feststellung, die Beschaffenheit des Grund und Bodens seien dem Käufer bekannt.

Wie zunächst der Zeuge S., der Architekt der Klägerin, bekundet hat, wurden auf dem Grundstück im Boden in allen Abschnitten, in denen die Klägerin insgesamt vier Baukörper errichten ließ, Fundamentreste und Reste von Ziegelmauerwerk, Brennöfen und Kaminen gefunden sowie außerdem in einer Tiefe von etwa 2 bis 3 m waagerechte Schachtbauwerke, nämlich halbrund gemauerte Schächte mit einem Durchmesser von etwa 2 m und einer Höhe von ca. 1,5 m. Die Fundamentteile mussten mit einem schweren Bagger herausgebrochen und dann mit einem am Bagger befestigten Pressluftmeißel zerkleinert werden. Entsprechendes hat auch der Zeuge T., Prokurist der Klägerin geschildert, der hinzugefügt hat, die gesamte Fläche sei "dicht an dicht mit Fundamenten überzogen" gewesen. Während diese beiden Zeugen immerhin der Klägerin nahe stehen, gilt dies nicht für den Zeugen H., der im Jahre 1990 für die Fa. GEOS im Auftrag des Rheinisch-Bergischen Kreises im gesamten Bereich des früheren Stellawerkes Bohrungen durchführte. Nach seiner Darstellung konnten (auch) auf dem verkauften Grundstück etliche Bohrungen nicht bis ins anstehende Erdreich vorgetrieben werden, weil zu hoher Bohrwiderstand auftrat; in einer Tiefe von 1 m bis 1,50 m blieb die Sonde im Ziegelmauerwerk stecken. Wenn es sich nur um Bauschutt gehandelt hätte, wäre die Bohrung nach Angaben des Zeugen fortgesetzt worden. Diesen Aussagen entspricht die des Zeugen L., der schon als Kind vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände der ehemaligen Stellafabrik gespielt hat und dieses Gelände auch aus der Zeit um 1960 kannte, bevor es die Eltern der Zeugin K. im Jahre 1962 erwarben. Der Zeuge erinnerte sich an offene Tunneleingänge und hat als Kind noch in den dahinter liegenden Tunnels gespielt; das Gelände sei auch nicht eben, sondern "wie Berg und Tal" gewesen.

Diesen Befund haben die Eheleute K. bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags gekannt, wenn auch beide bestrebt waren, den Umfang ihrer Kenntnisse zu verkleinern. Immerhin haben beide als Zeugen eingeräumt, den äußeren Zustand des Grundstücks zur Zeit des Erwerbs durch die Eltern der Zeugin K. im Jahre 1962 gekannt und auch gewusst zu haben, dass in diesem Bereich das alte Stellawerk gestanden hatte. Es spricht viel dafür, dass damals im Familienkreis auch darüber gesprochen worden ist, um welche Art Fabrik es sich gehandelt hat. Beide Zeugen wollen aber bei Ausschachtungsarbeiten zunächst für noch von den Eltern der Zeugin K., später dann von den Eheleuten K. selbst errichtete Betriebsanlagen von im Boden befindlichen Fundamenten größeren Umfangs und sonstigen massiven Bauresten nichts erfahren haben. Dass dort im Auftrag des Kreises Bodenuntersuchungen wegen des Verdachts der Kontaminierung durch den früheren Fabrikbetrieb vorgenommen wurden, wussten die Zeugen allerdings. Aufgrund der Aussagen der Zeugen Le. und H. ist der Senat überzeugt, dass die Zeugen K. ihre wahren Kenntnisse zu verbergen gesucht haben, in Wirklichkeit aber über die Belastung des Erdreichs mit massiven Bauresten des früheren Stellawerkes unterrichtet waren.

Der Zeuge Le., der u.a. gelegentlich Grundstücksgeschäfte macht und auch später für die Klägerin im Boden vorgefundene Fundamente zerkleinert hat, kam um die Jahreswende 1996/97, jedenfalls vor Abschluss des Kaufvertrages zwischen der Zeugin K. und der Klägerin, mit dem Zeugen K. auf dem Grundstück ins Gespräch, als er von dort aus das Nachbargrundstück inspizieren wollte, an dem er aufgrund eines Hinweises des Zeugen T. interessiert war. Im Laufe des Gesprächs, das zunächst um Bodenverunreinigungen durch Chemikalien ging, fragte der Zeuge Le. auch, "was früher auf dem Gelände gewesen sei." Daraufhin berichtete ihm der Zeuge K. über ein Werk, dessen Namen der Zeuge Le. nicht mehr in Erinnerung hatte, das aber Ton und Keramik produziert und das Material gebrannt habe; es seien Schornsteine vorhanden gewesen, deren Fundamente sich noch metertief "quer durch bis ins Nachbargrundstück" zögen. Obwohl der Zeuge Le. den Zeugen T. kennt, durch ihn auf das Nachbargrundstück hingewiesen und später mit der Zerkleinerung der Fundamente beauftragt worden ist, hat der Senat keine Bedenken, der Aussage zu folgen. Dem Zeugen ging es erkennbar nicht darum, der Klägerin behilflich zu sein, vielmehr schien es ihm eher lästig, in dieser Angelegenheit zum Gericht kommen zu müssen. Unwiderlegt hat er dem ihm besser bekannten Bruder des Zeugen T. auch erst von seinem Gespräch mit dem Zeuge K. erzählt, nachdem dieser ihm gesagt hatte, der Geschäftsführer der Klägerin sei wegen der Bodenverunreinigung "auf 180". Vor allem aber wird seine Aussage durch die des Zeugen H. im Kern bestätigt. Dieser führte 1990 die schon erwähnten Bohrungen auf dem Gelände des Stellawerkes durch, darunter auch auf dem an die Klägerin verkauften Grundstück. Als die Bohrungen in einer Tiefe von 1,00 m bis 1,50 m in Ziegelmauerwerk stecken blieben und deshalb nicht in das anstehende Erdreich vorgetrieben werden konnten, war dies nach der Bekundung des Zeugen H. für den Zeugen K. nichts Neues. Dieser habe erklärt, im Erdreich gebe es Ziegelmauerwerk und Fundamente. Das veranlasste den Zeugen H., die Bohrung an diesen Stellen abzubrechen, was nicht notwendig gewesen wäre, wenn es sich nur um Bauschutt gehandelt hätte. Die Bohrpunkte waren u.a. nach der Lage der alten Kamine festgelegt worden, so dass es nach Meinung des Zeugen "nicht verwunderlich war, dass dort Fundamente waren." Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen H. gibt es keine ersichtlichen Bedenken. Wenn in dem Gutachten des Rheinisch-Bergischen Kreises von Oktober 1992 (Bl. 27 ff. AH) von Fundamenten nicht die Rede ist, dann kann dies zwanglos damit erklärt werden, dass es dort um chemische Verunreinigungen der "Verdachtsfläche" ging und, wie der Zeuge H. erwähnt hat, abgebrochene Bohrungen überhaupt nicht erwähnt wurden.

Aus diesen beiden Aussagen ergibt sich, dass dem Zeugen K. massive Fundamentreste der Stellawerke im Erdreich des verkauften Grundstücks vor Vertragsschluss bekannt waren. Soweit der Zeuge K. die von beiden Zeugen bekundeten Äußerungen bestritten hat, ist dies angesichts deren übereinstimmender Bekundungen nicht glaubhaft, umso weniger, als die Zeugen Le. und H. in keiner Verbindung zueinander stehen und über völlig unterschiedliche Zeiträume ausgesagt haben. Es spricht nichts dafür, dass die Zeugin K. als seine Ehefrau und Eigentümerin des Grundstücks diese Kenntnisse nicht auch gehabt hat. Darüber hinaus muss sie sich die Kenntnisse ihres Ehemannes auch anrechnen lassen, weil dieser unstreitig für sie die Verhandlungen mit der Klägerin geführt hat (§ 166 I BGB). Ihre Kenntnisse hat die Verkäuferin - und als ihr Vertreter der Zeuge K. - der Klägerin bei Vertragsschluss arglistig verschwiegen (§ 463 S. 2 BGB). Sie wäre verpflichtet gewesen, derart schwerwiegende und kostenträchtige Belastungen des Erdreichs der Käuferin mitzuteilen. Diese hatte davon keine anderweitige Kenntnis. Der Zeuge S., der an vier Vorgesprächen vor Vertragsschluss teilgenommen hat, hat den Zeugen K. seinerzeit ausdrücklich gefragt, was im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit zu erwarten sei; daraufhin hat der Zeuge K. nur von Bauschutt gesprochen und hat dies bei der Beurkundung auf Fragen des Notars wiederholt. Die vermuteten Altlasten, deretwegen der Kreis das Gelände hatte untersuchen lassen, waren chemischer Natur und gaben keinen Hinweis auf die massiven Überreste der alten Fabrikbauten. Insgesamt musste die Klägerin zwar mit dem von den Gebäuden der Fa. W. (K.) einschließlich Unterkellerung stammenden Bauschutt rechnen, nicht aber mit den massiven und umfangreichen Fundamenten des früheren Stellawerkes. Die sich daraus ergebende Schadensersatzverpflichtung der Verkäuferin kann die Klägerin, wie oben ausgeführt, der Beklagten entgegenhalten.

4. Der Höhe nach ist die Leistungsklage noch nicht zur Entscheidung reif. Der Aufwand, den die Klägerin zur Beseitigung der Fundamente tatsächlich gehabt hat, ist durch Beweisaufnahme zu klären. Deshalb hat der Senat das Betragsverfahren nach § 538 I Nr. 3 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen. Die Zurückverweisung betrifft auch die anhängige Feststellungsklage. Entgegen der vom BGH (NJW 1994, 3295, 3296) vertretenen Ansicht hält der Senat es in einem Fall wie hier aus Gründen der Prozessökonomie und auch im Interesse der Parteien an der Erhaltung zweier Tatsacheninstanzen für zulässig und sachgerecht, den Rechtsstreit insgesamt an das Landgericht zurückzuverweisen. Er schließt sich insoweit der überzeugenden Begründung des OLG Hamm im Beschluss vom 28.06.1995 - 12 U 184/94 - (OLGR 1995, 249, 250 mit zahlr. Nachw. aus Rspr. u. Lit.) ) an. Wie im dort zu entscheidenden Fall hängt es auch hier von der in erster Instanz zu klärenden Höhe des Schadens ab, ob auch das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet ist. Die vom BGH (NJW 1988, 1984, 1985) genannte Möglichkeit, einen der Prozesse zeitweilig nicht zu betreiben, um eine Zersplitterung der Prozessführung zu vermeiden, dient den wohlverstandenen Interessen der Parteien nicht.

5. Die Kostenentscheidung war dem Schlussurteil des Landgerichts vorzubehalten.

Wert der Beschwer der Beklagten: 200.000 DM

Ende der Entscheidung

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