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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.07.1999
Aktenzeichen: 19 U 193/98
Rechtsgebiete: BGB, StVG


Vorschriften:

BGB § 823
StVG § 7
StVG § 17
StVG § 18
Indizien für gestellten Unfall

BGB § 823; StVG §§ 7, 17, 18

Aus dem Umstand, daß der Schädiger bei einem seinem ganzen Erscheinungsbild nach gestellten Verkehrsunfall ein Schleudertrauma erleidet und eine Woche lang eine Schanz'sche Krawatte tragen muß, ergibt sich nicht zwingend, daß der Unfall unfreiwillig war.

- 19 U 193/98 - Urteil vom 09.07.1999 - rechtskräftig.


OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

011

19 U 193/98 21 O 524/95 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 09.07.1999

Verkündet am 09.07.1999

Kutz, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 18.06.1999 durch die Richter am Oberlandesgericht Pütz und Gedig sowie die Richterin am Amtsgericht Wester

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28.09.1998 - 21 O 524/95 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 28.09.1998 ist zulässig insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht Schadensersatzansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfallereignis vom 12.12.1994 gegen die Beklagten zu 1) und 2) aus §§ 7, 17, 18 StVG in Verbindung mit § 823 BGB, für welche die Beklagte zu 3) gemäß § 3 Pflichtversicherungsgesetz gesamtschuldernisch haften würde, verneint.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht es als bewiesen angesehen, dass es sich um einen gestellten Verkehrsunfall gehandelt hat. Auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird vollinhaltlich Bezug genommen.

Handelt es sich nämlich um einen gestellten Verkehrsunfall, ist damit die Einwilligung des Klägers in die Beschädigung seines Fahrzeugs verbunden. Hierbei scheiden dann sowohl deliktische als auch Ansprüche aus Gefährdungshaftung aus (BGH VersR 78, 662; OLG Köln VersR 1996, 1252; Geigel, Haftpflichtprozess, 22. Auflage 1997 Kapitel 25 Rn. 10 m.w.N.). Es entspricht einhelliger Rechtsprechung, dass es bei gestellten Unfällen Sache des Schädigers und seiner Versicherung ist, die Freiwilligkeit des Unfallgeschehens zu beweisen (BGHZ 71, 339, 346 ff.). Häufen sich hierbei in auffälliger Weise Merkmale, die für gestellte Unfälle typisch sind, und bestehen gewichtige Verdachtsgründe, so sind an den Indizienbeweis keine zu strengen Anforderungen zu stellen (OLG Köln, VersR 1993, 1373; 1996, 1252). Aufgrund der Indizien muss zur Überzeugung des Gerichts ein Unfallhergang festgestellt sein, der nur auf eine vorsätzliche Schädigung hindeutet (BGH VersR 89, 637). Dabei kommt es nicht darauf an, ob einzelne Gesichtspunkte für sich genommen nicht unbedingt gegen den Kläger sprechen. Einzelne Indizien können vielmehr ein Mosaik bilden, welches im Gesamtbild unzweideutig erkennen lässt, dass der Schädiger den Unfall konstruiert hat (OLG Köln VersR 96, 1292).

Dieses Gesamtbild ergibt sich hier. Das Landgericht hat zu Recht folgende Indizienkette zugrunde gelegt:

- außergewöhnlicher Unfallverlauf

- Übernahme der Verantwortung durch die Beklagten

- große Wertdifferenz zwischen Kläger- und Beklagtenfahrzeug

- sämtliche Unfallbeteiligten wohnen in H., Kläger und Beklagter zu 1) haben die gleiche Grundschulklasse besucht

- das Aussageverhalten des Beifahrers, des Zeuge P., der sich an kein Fahrtziel erinnern konnte,

- widersprüchlicher Sachvortrag des Klägers zur Kenntnis von Vorschäden.

Der Unfallverlauf war tatsächlich ungewöhnlich. Der Beklagte zu 1) ist auf ein stehendes Fahrzeug gefahren und dies mit solcher Wucht, dass ein bloßes Verschätzen im Kurvenradius zur Erklärung des Unfalls nicht ausreicht. So ist nach dem Sachverständigengutachten D. durch den Aufprall der hintere Bereich des vorderen linken Kotflügels, die Fahrertür auf ihrer gesamten Längenausdehnung tiefgradig und der Vorderbereich des hinteren linken Seitenteiles eingebeult worden. Auch will der Kläger bei dem Unfall ein Schleudertrauma erlitten haben. Auf eine Sichtbehinderung durch parkende Fahrzeuge haben sich die Beklagten zu 1) und 2) im übrigen erstmals im Prozess berufen. Auf ihrer Schadenanzeige nebst Skizze ist hierzu nichts vermerkt. Diese liest sich vielmehr so, als sei der Unfall allein von den Beklagten zu vertreten. Auch die Wertdifferenz der beschädigten Fahrzeuge hat das Landgericht zutreffend als Indiz für ein gestelltes Unfallgeschehen gewertet. Unabhängig davon, ob ein BMW M 3 Coupé mit Sonderausstattung, Erstzulassung 18.03.1993, bereits als Fahrzeug der Luxusklasse zu bezeichnen ist, liegt eine auffällige Wertdifferenz zwischen dem Fahrzeug des Klägers und dem Beklagtenfahrzeug vor. Die Wertangabe des Beklagten zu 3) für den beschädigten BMW des Klägers mit einem Neupreis von 83.000,00 DM ist unstreitig. Demgegenüber war das Fahrzeug der Beklagten zu 1) und 2) praktisch wertlos.

Schließlich ist der Sachvortrag des Klägers zur Kenntnis der Vorschäden widersprüchlich. Auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil wird verwiesen. Diese Widersprüche sind auch in der Berufungsinstanz nicht behoben worden. Die Erklärung, bei dem Vortrag handele es sich um ein ganz offensichtliches Missverständnis in der Informationserteilung, welches vermutlich darauf beruhe, dass die Angelegenheit bei den erstinstanzlich tätigen Prozessbevollmächtigten zunächst von Herrn Rechtsanwalt Dr. J. und anschließend von Herrn Rechtsanwalt Pe. bearbeitet wurde, vermag den Senat nicht zu überzeugen, da sämtliche erstinstanzlichen Schriftsätze von Rechtsanwalt Pe. gefertigt wurden. Die mit der Berufungsbegründung nunmehr vorgetragene Version, der Kläger habe nicht bemerkt, dass die gesamte Bodengruppe beschädigt gewesen sei, stellt ersichtlich eine Anpassung des Sachvortrages auf das bisherige Beweisergebnis dar. Es ist zudem nicht nachzuvollziehen, wie dem Kläger bei der von ihm behaupteten umfangreichen Reparatur im Wert von 14.000,00 DM der Schaden der Bodengruppe nicht aufgefallen sein soll, zumal der Kläger als Gebrauchtwagenhändler über eigene Sachkunde verfügt.

Soweit der Kläger nunmehr in der Berufungsinstanz erstmals vorträgt, er sei bei dem Unfall nicht unerheblich verletzt worden, habe ein Schleudertrauma erlitten und habe eine Woche lang eine SchanzŽsche Krawatte tragen müssen, ergibt sich hieraus kein anderes Bild. Es ist allgemein bekannt, wie leicht bei einem Zusammenprall im Straßenverkehr ein Schleudertrauma entstehen kann. Eine solche Folge ist zwar nicht vorherzusehen, aber auch nicht auszuschließen. Einen zwingenden Rückschluss auf die Unfreiwilligkeit des Geschehens ergäbe sich hieraus keinesfalls.

Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kläger seinerzeit über ein regelmäßigen Einkommen von etwa DM 3.000,00 netto verfügt haben will und angibt, auch keine Schulden gehabt zu haben und nicht vorbestraft gewesen zu sein. Die festgestellten Indizien wiegen so stark, dass auch ein ansonsten unauffälliges Erscheinungsbild des Klägers dies nicht zu erschüttern vermag.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.736,58 DM

Ende der Entscheidung

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