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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.01.2002
Aktenzeichen: 19 U 205/00
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 73
HOAI § 68 Nr. 1
HOAI § 4
BGB § 631
BGB § 242
ZPO § 91
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 205/00

Anlage zum Protokoll vom 18.01.2002

Verkündet am 18.01.2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 09.11.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, Richterin am Oberlandesgericht Caliebe und Richter am Amtsgericht Berghaus

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.07.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 21 O 342/98 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 27.300,00 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die jeweils zu leistende Sicherheitsleistung durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Diplom-Ingenieur und betreibt ein Planungsbüro für Haus-technik, der Beklagte ist als Architekt Gesellschafter der Architektengemeinschaft BVS - W. + J., einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Architektengemeinschaft hatte von Herrn Notar Dr. v.d.L. den Auftrag erhalten, umfangreiche Planungsarbeiten hinsichtlich des Umbaus und der Sanierung sowie eines Teilneubaus des Hauses J.straße 6 in D. zu leisten. Für die dabei zu erbringenden Ingenieurleistungen bezog der Beklagte den Kläger ein, der der Architektengemeinschaft mit Schreiben vom 24.10.1994 ein Angebot machte, das sowohl für die Sanierung am Bestand als auch für den Neubauteil sämtliche Leistungsphasen des § 73 HOAI für die Gewerke Elektro, Heizung, Sanitär und Raumlufttechnik umfaßte und mit einem Honorar in Höhe von 103.530,60 DM abschloß. Mit Schreiben vom 10.12.1994 unterbreitete die Architektengemeinschaft nach mehren Gesprächen mit dem Kläger diesem ein Angebot auf der Grundlage eines Pauschalpreises von 80.000,00 DM brutto, das von beiden Gesellschaftern der Architektengemeinschaft, nicht aber vom Kläger unterschrieben wurde. Auf der Basis dieses Angebots nahm der Kläger seine Tätigkeit auf, für die er in den Jahren 1995 und 1996 vier à-conto-Zahlungen in Höhe von insgesamt 75.999,76 DM brutto erhielt. Unter dem 22.01.1997 erstellte der Kläger eine Schlussechnung über 274.199,20 DM, die nach Abzug der à-conto-Zahlungen einen Betrag von 198.199,44 DM auswies. Dieser Betrag war Gegenstand der Klage, nachdem der Kläger mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 20.11.1997 den Beklagten, der den Zugang dieses Schreibens bestreitet, unter Fristsetzung zum 05.12.1997 erfolglos zur Zahlung aufgefordert hatte.

Der Kläger hat vorgetragen, die Schlußrechnung, mit welcher die Mindestsätze der HOAI berechnet worden seien, sei prüffähig. Von einem formal wirksam zustandegekommenen Pauschalpreisvertrag könne nicht ausgegangen werden. Eine wirksame Pauschalpreisbeschränkung auf 80.000,00 DM scheide auch wegen der damit einhergehenden Unterschreitung der Mindestsätze aus. Zudem sei der Pauschalvertrag durch die nachträglich vereinbarten Vertragserweiterungen hinfällig, da ein Festhalten an der Pauschale nicht zumutbar sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 198.199,44 DM nebst 11,5 % Zinsen seit dem 06.12.1997 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, er habe, was dem Kläger bekannt gewesen sei, mit dem Bauherrn ebenfalls nur einen Pauschalhonorarauftrag vereinbart, so dass der Kläger an die Pauschalvereinbarung vom 10.12.1994 gebunden sei. Ferner sei der Kläger nicht mit 94 % sondern nur mit 66 % des Leistungsbildes des § 73 HOAI beauftragt worden, von denen aber lediglich 51,9 % tatsächlich erbracht worden seien. Für Leistungen der Anlagegruppe 1 des § 68 Nr. 1 HOAI sei überhaupt kein Auftrag erteilt worden. Ein Umbauzuschlag könne nicht in Ansatz gebracht werden, da der Umbau lediglich einen geringen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen habe. Darüber hinaus sei die Honorarforderung auch nicht fällig, da die Rechnung nicht prüffähig sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 14.10.1999 (GA 178 f.) durch Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.05.2000 (GA 194 ff.) Bezug genommen.

Durch Urteil vom 27.07.2000, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelnheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger habe nicht bewiesen, dass er in dem geltend gemachten Umfang von 94 % des Leistungsbildes des § 73 HOAI von der Architektengemeinschaft beauftragt worden und damit für ihn ein Festhalten am Pauschalvertrag unzumutbar sei mit der Folge, dass er gemäß den beauftragten Leistungen Anpassung verlangen könne.

Gegen dieses ihm am 21.08.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 18.09.2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach zweifacher Fristverlängerung bis letztlich zum 20.12.2000 mit einem am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger nimmt das Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, wonach er lediglich mit 66 % des Vollleistungsbildes beauftragt worden sei, in der Berufungsinstanz hin und berechnet mit seiner in der Berufungsinstanz erstellten vierten und fünften Schlussrechnung seine Klageforderung neu. Er beruft sich weiterhin auf die Unwirksamkeit der Pauschalhonorarabrede und wiederholt und vertieft im übrigen sein erstinstanzliches Vorbringen.

Nachdem der Kläger zunächst angekündigt hatte zu beantragen,

auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.07.2000, Aktenzeichen 21 O 342/98 abgeändert und der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 78.205,89 nebst 11,5 % Zinsen hieraus seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen.

beantragt er nunmehr,

auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Köln vom 27.07.2000, Aktenzeichen 21 O 342/98, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 68.425,19 DM nebst 11,5 % Zinsen hieraus seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft ebenfalls sein erstinstanzliches Vorbringen insbesondere hinsichtlich der Bindungswirkung der Pauschalhonorarabrede und beanstandet im übrigen die (neuen) Schlussrechnungen als weiterhin fehlerhaft, was er im einzelnen ausführt.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 20.07.2001 (GA 353) durch Vernehmung der Zeugin J.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.11.2001 (GA 366 f.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Resthonorar wegen der von ihm erbrachten Leistungen gemäß § 631 BGB zu, da er bis auf den Sicherheitseinbehalt, der derzeit noch nicht fällig ist, das mit dem Beklagten (der Architektengemeinschaft) vereinbarte Pauschalhonorar für seine Leistungen bereits erhalten hat, seine Ansprüche aus dem Architektenvertrag somit, soweit fällig, bereits erfüllt sind. An die Pauschalhonorarabrede in Höhe von brutto 80.000,00 DM ist der Kläger gebunden, da es ihm gemäß § 242 BGB verwehrt ist, sich auf die Unwirksamkeit dieser Vereinbarung gemäß §§ 4 HOAI, 134 BGB wegen mangelnder Schriftlichkeit bzw. Unterschreitung der Mindesthonorarsätze zu berufen.

Aufgrund des Ergebnisses der vom Landgericht und vom Senat durchgeführten Vernehmung der Zeugin J. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger bei Abschluss der Pauschalhonorarvereinbarung, an die er sich selbst bis zu seiner letzten Abschlagsrechnung gebunden gefühlt hat, wusste, dass die Architektengemeinschaft ihrerseits eine Pauschalhonorarabrede mit dem Bauherren getroffen hatte, die für die GbR nur kalkulierbar und vertretbar war, wenn die vom Kläger zu erbringenden Leistungen in dieses Pauschalhonorar mit einer Summe von lediglich 80.000,00 DM einflossen. Die Zeugin J. hat im einzelnen in überzeugender Weise geschildert, dass der Kläger von ihr detailiert über die Verhandlungen mit dem Bauherrn informiert worden ist, und ihm von ihr deutlich gemacht worden ist, dass er den Auftrag hinsichtlich der Leistungen gemäß § 73 HOAI seitens der GbR im Hinblick auf die Honorarvorgaben des Bauherrn nur bekommen könne und werde, wenn er sich mit einem Pauschalhonorar in Höhe von brutto 80.000,00 DM einverstanden erkläre. Hierzu war der Kläger nach den Angaben der Zeugin J. gerade auch deshalb bereit, weil ihm im Hinblick auf seine, der Zeugin J. bekannte, fachliche Kompetenz zugleich konkrete weitere Aufträge seitens der GbR in Aussicht gestellt wurden, was aus seiner Sicht eine Kompensation für ein geringeres Honorar bei dem hiesigen Bauvorhaben darstellte. Wenn sich der Kläger unter diesen Umständen mit dem sicheren Wissen, dass seine Auftraggeber, Architekten wie er selbst, eine Abrechnung seines Honorars nach Mindestsätzen nicht an den Bauherrn würden weitergeben können, zu der Ausführung der beauftragten Leistungen zu einem (unwirksamen) Pauschalhonorar bereit erklärt, so verhält er sich widersprüchlich und verstösst daher gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn er entgegen den getroffenen Absprachen nachträglich nach Mindestsätzen abrechnet.

Zwar hat der Kläger nach seiner letzten Schlussrechnung bislang nur netto 66.086,23 DM auf das vereinbarte Honorar erhalten. Der Beklagte hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, dass mit dem Kläger vereinbart worden sei, dass an ihn genauso gezahlt werde, wie mit dem Bauherrn seitens der GbR abgerechnet werden könne. Da mit dem Bauherrn ein 5 %iger Sicherheitseinbehalt vereinbart worden sei, der bislang an den Beklagten/die GbR noch nicht ausgezahlt worden sei, hat entsprechend dieser zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung der Kläger derzeit ebenfalls noch keinen Anspruch auf Auszahlung des Sicherheitseinbehalts.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren bis zum 07.03.2001: 78.205,89 DM (39.986,04 EUR) danach (zugleich Wert der Beschwer für den Kläger): 68.425,19 DM (34.985,24 EUR).

Ende der Entscheidung

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