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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 06.06.2003
Aktenzeichen: 19 U 217/02
Rechtsgebiete: HGB, LBauONW, BGB, BRAGO, DÜG, ZPO


Vorschriften:

HGB § 241 II
LBauONW § 59a III
LBauONW § 59a III Satz 2
BGB § 286
BGB § 284
BGB § 285
BGB § 252
BGB § 284 III
BGB § 631 I aF
BRAGO § 118 II
DÜG § 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 531
ZPO § 543 II
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 217/02

Verkündet am 6.6.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 16.5.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, die Richterin am Oberlandesgericht Eickmann-Pohl und den Richter am Landgericht Knechtel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das am 26.7.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 87 O 155/00 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wird unter Hinweis darauf, daß das als Anlage K 18 vorgelegte, an die Klägerin gerichtete Schreiben des Planungsbüros E (Bl. 48 AH) das Datum des 30.7.1999 (nicht wie dort offenbar versehentlich angegeben: des 30.6.1999) trägt, Bezug genommen. Im Berufungsverfahren rügt die Beklagte eine fehlerhafte Rechtsanwendung des Landgerichts und macht darüber hinaus nunmehr hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht wegen angeblicher Mängel und wegen des von der Klägerin verweigerten Abschlusses eines Wartungsvertrages geltend.

II.

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht der Klage stattgegeben, indem es kein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten angenommen und die im Wege der Aufrechnung sowie der Widerklage erhobenen Gegenansprüche der Beklagten verneint hat.

1.

Der Klägerin steht der zu Grund und Höhe unbestritten gebliebene Anspruch in der geltend gemachten Höhe von 123.741,12 EUR gemäß § 631 I BGB aF zu, da die Forderung auf Zahlung dieses restlichen Werklohnes seit der am 29.5.2000 erfolgten Abnahme fällig ist (§ 640 BGB aF). Ein Zurückbehaltungsrecht (§§ 320, 273 BGB aF) steht der Beklagten nicht zu.

aa) Das von der Beklagten in erster Instanz zwischenzeitlich geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wegen der behaupteten fehlenden Inventursicherheit/Testierfähigkeit der Software besteht jedenfalls jetzt nicht mehr, da die Beklagte selbst mit Schriftsätzen vom 7.8.2001 (Bl. 254 d.A.) und 12.2.2003 (Bl. 327 d.A.) vorgetragen hat, dieses "Softwareproblem" sei seit dem 13.7.2001 durch die Klägerin gelöst. Der Werklohnanspruch der Klägerin ist daher fällig. Im übrigen vermag der Senat in der angeblich fehlenden Inventursicherheit keinen Mangel zu erkennen.

Daß die eingesetzte Software eine Einlagerungsinventur (vgl. Hense/Philipps in BeckŽscher Bilanzkommentar, 5. Auflage 2003, § 241 Rn. 35; Wiedmann, Bilanzrecht, 1999, § 241 Rn. 14; Ballwieser in MüKo zum Handelsrecht, 2001, § 241 Rn. 14, 15; jeweils unter Hinweis auf IDW HFA 1/1990) ermöglichen sollte, haben die Parteien vertraglich weder aufgrund des Angebotes noch nach Maßgabe des Pflichtenheftes (dort zu Punkt B 7 "Lagerrechner") vereinbart. Unter der dortigen Ziffer 1.10 sind die Funktionen des Lagerrechners aufgeführt, ohne daß hier von einer Möglichkeit der Einlagerungsinventur die Rede ist. Für eine Inventur steht danach eine Liste gemäß Ziffer 4.6.1.3. zur Verfügung.

Eine Zusicherung der Testierfähigkeit der Anlage ergibt sich jedoch aus der von dem Zeugen I im Rahmen seiner Vernehmung am 5.7.2001 bestätigten Behauptung der Beklagten, daß zugesichert worden sei, daß das Programm die Anforderungen an die Testierfähigkeit erfüllen solle. Dies ist von dem Zeugen dahingehend konkretisiert worden, daß eine Inventur jederzeit möglich und Manipulationen dergestalt ausgeschlossen sein sollten, daß sie, falls sie passierten, durch Protokollierung der Änderung aufgezeigt werden.

Diesen Anforderungen genügt die Anlage aber. Der Beklagten stand die Möglichkeiten offen, auch das "4-Augen-Prinzip" durch das Festlegen differenzierter Zugangsberechtigungen (Ziff. 4.1.3.3.1.) sowie durch einen den Anforderungen an die Dokumentation genügenden Protokollausdruck von Lagerbewegungen, bei Eingriffen und bei Störfällen sicherzustellen, der - nach ihrer Wahl - von mehreren zeichnungsberechtigten Mitarbeitern zu unterschreiben wäre. Damit wäre den entsprechend § 241 II HGB zu stellenden Anforderungen Genüge getan, da auf diese Weise gesichert ist, daß der Bestand der Vermögensgegenstände nach Art, Menge und Wert auch ohne eine körperliche Bestandsaufnahme festgestellt werden kann.

bb) Der Beklagten steht ferner kein Zurückbehaltungsrecht wegen der nicht vorgelegten Fachbauleitererklärung zu. Aus den vorgelegten vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergibt sich nicht, daß die Klägerin gegenüber der Beklagten zur Vorlage einer solchen Erklärung nach § 59a III LBauONW verpflichtet wäre. Es ist schon nicht ersichtlich, daß überhaupt gem. § 59a III Satz 2 LBauONW spezielle Erfahrungen und Kenntnisse erforderlich sind, die - wie zum Beispiel bei schwierigen Bauausführungen wie Tiefgründungen, Verbundbauten, Flächentragwerken, Lüftungsanlagen oder besonderen Brandschutzanlagen (vgl. Gädtke/Temme/Heintz, Landesbauordnung NW, 10. Auflage 2003, § 59a Rn. 20) - die Hinzuziehung eines Fachbauleiters notwendig machten. Diese Hinzuziehung eines Fachbauleiters hätte der Bauleiter, mithin das von der Beklagten beauftragte Ingenieurbüro E oder der Architekt U veranlassen müssen. Darüber hinaus ist auch der Vortrag der Klägerin unbestritten geblieben, daß trotz der Aufforderung der Stadt zur Vorlage einer solchen Erklärung gleichwohl die Abnahme auch seitens der Stadt Z erfolgt ist, ohne daß sich aus der fehlenden Erklärung irgendwelche negative Auswirkungen ergeben hätten. Ein Zurückbehaltungsrecht scheidet also auch deshalb aus, weil die Beklagte aus der Nichtvorlage durch die Klägerin keine Nachteile erlitten hat und solche auch nicht mehr drohen.

cc) Ein Zurückbehaltungsrecht ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der Beklagten, daß "zwischenzeitlich erkennbar gewordene Mängel der Anlage" bestünden. Sie behauptet insoweit, daß die (Innen- und Außen-)Räder des Regalbediengerätes in den Kurven dieselbe Geschwindigkeit hätten, so daß es zu Motor- und Getriebeschäden gekommen sei. Dieser Vortrag ist bezüglich des Zeitpunktes und zu Art und Umfang der behaupteten Schäden nicht hinreichend konkretisiert. Er ist überdies nicht mehr zuzulassen, da offenbleibt, seit wann dieser angebliche Mangel bemerkt worden ist, so daß die Voraussetzungen der Zulassung dieses neuen Verteidigungsvorbringens (§ 531 ZPO) nicht vorliegen. Überdies ist die aufgrund Ziffer A 4.2. des Angebotes vereinbarte Gewährleistungszeit von 2 Jahren, die mit der mängelfreien Abnahme am 29.5.2000 begonnen hat, abgelaufen, so daß der Beklagten ein Gewährleistungsanspruch im Hinblick auf die von der Klägerin einredeweise geltend gemachte Verjährung nicht mehr zusteht. Mängelanzeigen vor Ablauf der Gewährleistungszeit hat die Beklagte nicht behauptet.

dd) Schließlich ergibt sich ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten auch nicht daraus, daß die Klägerin nicht zum Abschluß eines Wartungsvertrages bereit ist. Einen solchen schuldet die Klägerin, soweit dies aus den vorgelegten vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ersichtlich ist, nicht. Auch aus nach- oder nebenvertraglichen Gesichtspunkten ergibt sich nicht, daß die Klägerin zum Abschluß eines Wartungsvertrages verpflichtet sein könnte. Sie hat unwidersprochen dargelegt, detaillierte Schulungen der Mitarbeiter der Beklagten in den Bereichen Betrieb und Wartung durchgeführt und der Beklagten sogar den Quellcode der eingesetzten Software überlassen zu haben, so daß auch andere Fachfirmen zu gegebenenfalls erforderlich werdenden Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten in der Lage sind.

2.

Der Beklagten stehen auch keine Ansprüche auf Ersatz verzugsbedingter Schäden zu, so daß sie mit der Aufrechnung und der Widerklage keinen Erfolg haben kann.

a) Dabei geht der Senat abweichend vom Landgericht, das einen Verzugsbeginn am 1.1.2000 zugrundegelegt hat, davon aus, daß es bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen eines Schuldnerverzuges i.S.d. §§ 286, 285, 284 BGB aF fehlt, der eine schuldhafte Nichtleistung trotz Fälligkeit und Mahnung verlangt.

aa) Fällig geworden ist die Wiederaufnahme der Arbeiten nach der unstreitig erfolgten Unterbrechung der Montagetätigkeit infolge des Brandereignisses vom 12.2.1999 erst mit Zugang des Schreibens des Ingenieurbüros E vom 30.7.1999. Mit diesem Schreiben ist die Klägerin darüber informiert worden, daß die Stromversorgung des neuen Hochregallagers inzwischen durch den Bauherrn wieder hergestellt worden sei; gleichzeitig ist sie zur Wiederaufnahme der Restarbeiten zur Inbetriebnahme der Fördertechnik aufgefordert und um Mitteilung eines entsprechenden Termines gebeten worden. Dieses Schreiben stellt die erste Reaktion der Beklagten bzw. des von ihr beauftragten Planungsbüros auf die mehrfachen Schreiben der Klägerin seit dem 12.2.1999 dar, mit denen die Klägerin nachdrücklich auf den zur Fortsetzung und Beendigung ihrer Arbeiten benötigten Stromanschluß hingewiesen hatte. Von einer früheren Fälligkeit kann daher nicht ausgegangen werden. Insbesondere oblag es nicht der Klägerin selbst, sich den für den Abschluß der restlichen Montagearbeiten und insbesondere für die Inbetriebnahme unter Echtbedingungen erforderlichen Strom (400 V) irgendwo zu besorgen; vielmehr war sowohl die Gestellung des notwendigen Baustroms als auch des für die Versorgung des Regallagers erforderlichen Stroms aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen (Pos. A 1.2 und 1.3 des Angebotes und Ziff. 4 der Auftragsbestätigungen) von der Beklagten sicherzustellen. Die Beklagte kann sich insbesondere nicht darauf berufen, daß bereits wenige Tage nach dem Brandereignis ein Stromanschluß in dem von ihr bezogenen Bürogebäude direkt neben dem Hochregallager zur Verfügung gestanden habe. Weder hat sie die Klägerin - nach ihrem eigenen Vortrag - hiervon informiert, noch war die Klägerin, nachdem sie die entsprechende Behinderung angezeigt hatte, verpflichtet, von sich aus nach Möglichkeiten für eine Zufuhr von Strom in ausreichender Dimensionierung zu suchen. Hierbei benötigte sie - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch 400V-Strom, der zum einen (gerichtsbekannt) zur Durchführung umfangreicherer Schweißarbeiten als auch zum anderen für die Inbetriebnahme des Lagers notwendig war.

Mit dieser Fälligkeit der Wiederaufnahme ihrer Arbeiten war die Klägerin indes nicht zur sofortigen Fertigstellung ihrer Arbeiten und insbesondere nicht zur sofortigen Inbetriebnahme des Hochregallagers verpflichtet. Die Wiederaufnahme ihrer Arbeiten umfaßte vielmehr zunächst lediglich die Verpflichtung, in angemessener Frist unter Berücksichtigung der weiteren, von ihr auszuführenden Arbeiten für andere Kunden eine Neudisposition der erforderlichen Arbeiten vorzunehmen und diese sodann zur Ausführung zu bringen. Wie die Klägerin mit Schreiben vom 4.8.1999 der Beklagten mitgeteilt hat, konnte sie - anders als für die restlichen Montagearbeiten geringeren Umfangs - für die arbeitsintensiven Anpassungsarbeiten der Software im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der Anlage keinen genauen Zeitpunkt nennen. Zu einer sofortigen Fertigstellung der Anlage war sie auch nicht verpflichtet. Denn es ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, daß sie nicht verpflichtet war, monatelang auf die von ihr mehrfach angemahnte Mitteilung, daß wieder Strom zur Verfügung stehe, zu warten, um sodann unter Hintanstellung anderweitiger Aufträge sofort wieder für die Beklagte tätig werden zu können und sich damit gegebenenfalls Schadensersatzforderungen der anderen Kunden auszusetzen. Vielmehr ist der Klägerin eine ausreichende Zeitspanne einzuräumen, binnen derer sie die Arbeiten wieder einplanen und sodann vornehmen konnte. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, daß - wie die Klägerin vorgetragen hat - für die Inbetriebnahme der Anlage ein Zeitraum von rund 3 Monaten in Ansatz zu bringen ist, während dessen die entsprechende Software exakt auf die örtlichen Gegebenheiten angepaßt und ein intensiver Probelauf der Anlage unter Echtbedingungen vorgenommen werden muß. Auch diese Erfordernisse sind dem Senat aus vergleichbaren Fällen bekannt. Zusätzlich zu diesem grundsätzlich zu gewährenden Zeitrahmen ist die angespannte Auftragslage der Klägerin zu berücksichtigen, die sie mit Schreiben vom 2.9.1999 anführt. Neben dieser "normalen" Notwendigkeit der neuerlichen Dispositionen ist auch die von der Klägerin vorgetragene Belastung mit Arbeiten im Zusammenhang mit der anstehenden Jahr-2000-Problematik zu berücksichtigen; es ist dem speziell mit der Bearbeitung von Softwareangelegenheiten befaßten Senat aus der Gerichtspraxis und aus zahllosen Pressemitteilungen in den Jahren 1999 und 2000 bekannt, daß die in diesem Bereich tätigen Softwarefirmen gerade im Jahr 1999 eine Vielzahl hiermit und mit der Eurofähigkeit von Programmen zusammenhängender Aufträge zu bearbeiten hatten.

bb) Ist die Wiederaufnahme der Arbeiten der Klägerin mithin Anfang August 1999 fällig geworden, kann die Fälligkeit der Fertigstellung ihrer Arbeiten frühestens nach Ablauf weiterer drei Monate eingetreten sein. Das von der Beklagten schon unter dem 10.8.1999 verfaßte "Mahn"-Schreiben, mit dem die Klägerin aufgefordert wurde, das Objekt in abnahmefähigem Zustand bis spätestens 3.9.1999 zu übergeben, ist daher weit vor der entsprechenden Fälligkeit verfaßt worden, so daß es für die Fertigstellung der Anlage nicht verzugsbegründend wirken kann. Es beinhaltet überdies eine unangemessen kurze Frist. Diese läßt nämlich bereits den Umstand außer acht, daß die Beklagte selbst zuvor während eines Zeitraums von nahezu 6 Monaten nicht willens oder in der Lage war, die Stromversorgung zu gewährleisten (clean hands), und daher von der Klägerin nicht deren sofortige Leistungserbringung erwarten durfte. Es trägt aber auch nicht der berechtigten Stellungnahme der Klägerin in dem der Mahnung vorausgehenden Schreiben vom 4.8.1999 Rechnung. Mit diesem wies die Klägerin darauf hin, daß sie die restlichen Montagearbeiten zwar innerhalb der nächsten Wochen erledigen werde, hingegen für die angesprochenen Softwarearbeiten kein exakter Termin für deren Beginn mitgeteilt werden könne, da die Abteilungen stark überbelastet seien und die anstehenden Arbeiten nun neu terminlich eingeplant werden müßten. Dies waren, wie dargelegt, zu berücksichtigende Aspekte.

Da die Mahnung im Schreiben vom 10.8.1999 weit vor Fälligkeit der Fertigstellung der Anlage erfolgt ist, ist auch für die Bemessung einer an die Stelle der zu kurzen Frist tretenden angemessenen Frist, die auf die erforderlichen Dispositionen und anderweitigen Verpflichtungen der Klägerin Rücksicht nehmen müßte, kein Raum. Dasselbe gilt für das Schreiben der Beklagten vom 22.9.1999, mit dem um Übermittlung eines verbindlichen Zeitplans für die Erledigung der Restarbeiten sowie die Inbetriebnahme im Laufe des Monats Oktober gebeten wird. Das Schreiben der Klägerin vom 2.9.1999, mit dem sie ankündigt, trotz der aufgezählten Schwierigkeiten mit den Arbeiten Anfang Oktober 1999 beginnen zu wollen, stellt keine "Selbstmahnung" dar, da diese Ankündigung ausdrücklich unter dem Vorbehalt erfolgt ist, daß ein geplanter Fertigstellungstermin derzeit noch nicht genannt werden könne. Daß dies, wie dort ausgeführt, u.a. mit der "erstmaligen Erprobung" der eingesetzten Software zusammenhänge, ist nicht dahin zu verstehen, daß die Software insgesamt noch nicht fertiggestellt oder nicht erprobt wäre, sondern vor dem Hintergrund zu sehen, daß die grundsätzlich vorhandene Software an die örtlichen Gegebenheiten angepaßt werden mußte. Dies ergibt sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 15.11.1999, in dem sie darauf verweist, daß die Software bereits im Februar fertiggestellt gewesen sei und nur noch die Installation und Inbetriebnahme durchzuführen seien, sowie ferner aus der vom Landgericht vorgenommenen Beweisaufnahme.

Eine etwaige Mahnung hätte schließlich aufgrund der am 11.2.2002 von den Parteien übereinstimmend getroffenen Vereinbarung eines Fertigstellungstermins "ca. Ende März 2000" ihre Wirkung verloren.

Eine erneute Mahnung der Beklagten erfolgte sodann erst mit Anwaltsschreiben vom 6.4.2000 unter Fristsetzung zum 16.4.2000. Diese wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 10.4.2000 als zu kurz bemessen zurückgewiesen, woraufhin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 12.4.2000 die Frist bis zum 25.4.2000 verlängerte. Aber auch ab diesem frühestmöglichen Verzugszeitpunkt fehlt es an dem für einen Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens vorausgesetzten Verschulden der Klägerin:

cc) Denn die Klägerin hat die noch nicht erfolgte Fertigstellung weder im Jahr 1999 noch in der Zeit bis zur Abnahme im Mai 2000 zu vertreten (§ 285 BGB aF). Dabei gelten zunächst die vorstehenden Erwägungen, nach denen der Klägerin nach der Information über den wieder zur Verfügung gestellten Strom ein entsprechender Zeitrahmen für die erforderliche Neudisposition und die Anpassung der Software im Rahmen der Inbetriebnahme zur Verfügung zu stellen war. Aber auch die Tatsache, daß die Anlage in der Folgezeit bis April 2000 nicht fertiggestellt wurde, beruht nicht auf einem Verschulden der Klägerin. Am 18.10.1999 teilte das Planungsbüro E der Klägerin mit, daß die Zusammenarbeit mit der Beklagten beendet sei, so daß die Klägerin sich unmittelbar an diese wenden solle. Gleichwohl kam es in der Folgezeit zu Unklarheiten über die Tätigkeit des Büros E, das von der Klägerin unter dem 15.11.1999 erneut angeschrieben wurde (Anlage K 14, Bl. 60 AH) u.a. unter Hinweis auf eine in den Pufferbereich hineinragende, den Betrieb der Anlage störende Leiter. Nachdem dieses Schreiben von dem Büro E an die Klägerin zurückgesandt wurde, bat die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 24.11.1999 (Anlage K 25, Bl. 63 AH) um eine Entscheidung zu den angesprochenen technischen Fragen bis zum 3.12.1999. An die Erledigung erinnerte die Klägerin mit Faxschreiben vom 19.1.2000 (Anlage K 26, Bl. 64 AH) und vom 26.1.2000 (Anlage K 27, Bl. 65 AH) unter Hinweis darauf, daß sie ohne die erbetenen Anworten nicht weiter arbeiten könne. Da die Beklagte auch hierauf nicht reagierte, liegt kein Verschulden der Klägerin vor, die zur Fortsetzung der Arbeiten auf die Mitwirkung und Entscheidung der Beklagten angewiesen war.

Im Gespräch der Parteien am 11.2.2000 wurde sodann ein Fertigstellungstermin von ca. Ende März 2000 vereinbart, wie dies die Klägerin mit Schreiben vom 29.3.2000 (Anlage K 28, Bl. 66 AH) bestätigt. In diesem wies die Klägerin darauf hin, nunmehr aufgrund längerer Erkrankung zweier Mitarbeiter mit der Übergabe ca. Mitte Mai 2000 zu rechnen.

Mit Anwaltsschreiben vom 12.4.2000 verlängerte die Beklagte die zuvor gesetzte Frist bis zum 25.4.2000. Unter dem 26.4.2000 wies die Klägerin auf fehlerhaft montierte Sprinklerdüsen hin und kündigte die zum 28.4.2000 mögliche Abnahme an (soweit die Sprinkleranlage die Funktionsfähigkeit nicht behindere). Diese Abnahme wurde von der Beklagten jedoch mit Schreiben vom 27.4.2000 als nicht erwünschte Teilabnahme zurückgewiesen. Die fehlerhafte Montage von Teilen der Sprinkleranlage ist indes nicht von der Klägerin zu vertreten. Da die Beklagte überdies ihrerseits angesichts einer weiteren Abklärung mit der hierfür zuständigen Firma eine Abnahme noch nicht wünschte, fehlt es bis zur schließlich dann am 28.5.2000 erfolgten Abnahme an einem Verschulden der Klägerin.

b) Fehlt es nach alldem bereits an den Voraussetzungen eines Verzuges, so stimmt der Senat mit dem Landgericht darin überein, daß die Beklagte darüber hinaus nicht hinreichend dargelegt bzw. nachgewiesen hat, daß ihr aus von der Klägerin zu vertretenden Gründen ein (bezifferbarer) Schaden entstanden ist.

aa) Ansprüche aus behauptetem Mietausfall bestehen nicht. Wie das Landgericht in Würdigung der durchgeführten Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, ergibt sich aus den Aussagen der vernommenen Zeugen nicht, daß die Drittfirmen auch zu einem späteren Zeitpunkt an einer Anmietung von Regalflächen konkret interessiert gewesen wären. Seit welchem genauen Zeitpunkt das "Logistikkonzept" der Beklagten tatsächlich umgesetzt wird, ist auch in der Berufungsbegründung offengeblieben. Insbesondere hat die Beklagte nicht näher dargetan, wann denn die verbundenen oder die anderen Drittfirmen an einer Anmietung konkret wieder interessiert gewesen sein sollen; der Vortrag, daß mit den jeweiligen Geschäftsführern der beteiligten Firmen abgesprochen gewesen sei, daß die Umsetzung des Logistikkonzeptes und die Anmietung der Stellplätze "schnellstmöglich" erfolgen solle, sobald das Hochregallager zur Verfügung stehe, genügt angesichts der von der Beklagten zu verantwortenden zeitlichen Verschiebungen und im Hinblick auf andere mietvertragliche Bindungen der Firmen nicht, die - wie die Beklagte selbst ausführt - anderweitige Lagermöglichkeiten hatten suchen oder weiter nutzen müssen.

Daß eine Vermietung an der bis zum 13.7.2001 fehlenden Testierfähigkeit scheiterte, ist gleichfalls nur pauschal in den Raum gestellt; konkrete Aussagen der betreffenden Firmen oder entsprechende Korrespondenz, die solche erhobenen Forderungen der Firmen belegen könnten, sind nicht dargetan. Da es sich bei der als fehlend beanstandeten automatischen Einlagerungsinventur nach den vorstehenden Ausführungen überdies gar nicht um einen Mangel des Werkes (und mithin auch nicht um einen zur Vermietung notwendigen gebrauchsgemäßen Zustand, § 535 BGB) handelte, scheidet ein Schadensersatzanspruch aus.

Die Beweiserleichterung des § 252 BGB kommt der Beklagten entgegen ihrer Ansicht nicht zugute, da gerade nicht davon ausgegangen werden kann, daß sie Umstände vorgetragen hat, aufgrund derer es nach dem gewöhnlichen Gang der Dinge zu einem Ausfallschaden gekommen ist.

bb) Soweit die Beklagte die Aufrechnung vor dem Hintergrund verfolgt hat, daß ihr wegen der nicht möglichen Selbstnutzung von Stellplätzen ein Zinsschaden entstanden sei (= entgangene Verzinsung des in das Hochregallager investierten Eigenkapitals in Höhe von 101.654,83 DM), hat sich das Landgericht hiermit tatsächlich - wie von der Beklagten beanstandet - nicht befaßt. Einen Rechtsfehler stellt dies indes nicht dar, da sich die Beklagte in der Abrechnung ihrer Ansprüche (Bl. 232 d.A.) eine solche Aufrechnung ausdrücklich nur "vorbehalten", damit eine Aufrechnung aber gerade nicht - auch nicht hilfsweise - geltend gemacht hat. Ein anspruchbegründender Verzug der Klägerin liegt nicht vor. Darüber hinaus ist der Vortrag der Beklagten zur Höhe des Anspruchs aber auch inhaltlich nicht ausreichend. Sie macht geltend, daß das eingesetzte Eigenkapital in der Zeit des Verzuges der Klägerin quasi nutzlos war und statt dessen zinsbringend hätte angelegt werden können. Der auf die nicht erfolgte Selbstnutzung der Stellplätze abzielende Vortrag ist aber widersprüchlich, weil zunächst (Bl. 56 d.A.) von 4.700, später aber von 7.000 (Bl. 507 und 539 d.A.) Stellplätzen die Rede ist. Schließlich ist es nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagten den gesamten Betrag der entgangenen Zinsen zugrundelegt, ohne diesen in ein Verhältnis der selbst genutzten zu den zu vermietenden Plätzen zu stellen und dabei konkret darzutun, daß/welche Plätze denn jetzt tatsächlich von ihr genutzt werden.

cc) Mit dem ferner zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch wegen der auf Blatt 69 d.A. berechneten Rechtsanwaltskosten hat sich das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht befaßt. Ein Anspruch besteht - unabhängig von dem fehlenden Verzug - aber im Hinblick auf § 118 II BRAGO nicht, da es sich bei den geltend gemachten Geschäftsgebühren um anrechenbare Gebühren im Hinblick auf den inneren und äußeren Zusammenhang der vorgerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwaltes mit dem jetzt anschließenden Verfahren um "denselben Streit" handelt. Hierfür reicht es grundsätzlich aus, daß nur ein Teil des Anspruchs oder nur einer von mehreren Ansprüchen gegen denselben Gegner zum Rechtsstreit führt (Hartmann, Kostengesetze, 23. Auflage 2003, § 118 BRAGO, Rn. 90; Gerold/Schmidt, BRAGO, 14. Auflage, § 118 BRAGO Rn. 25). Ausweislich der Anwaltsschreiben vom 6.4.200 (Bl. 64 d.A.) und 12.4.2000 (Bl. 68 d.A.) ging es bei der anwaltlichen Tätigkeit um die Leistungserfüllung der Klägerin sowie um Verzug und die daraus resultierenden Schäden, mithin um im Zusammenhang mit dem jetzigen Verfahren stehende Fragen.

3.

Der Zinsanspruch besteht in der vom Landgericht zuerkannten Höhe. Insbesondere steht die bis zum 13.7.2001 fehlende Inventursicherheit der Fälligkeit der Klageforderung und dem Verzug der Beklagten nicht entgegen, da - wie ausgeführt - sich hieraus kein Zurückbehaltungsrecht ergibt. Die der fälligkeitsbegründenden Abnahme vom 29.5.2000 folgende Rechnung vom 30.5.2000 führt zur Anwendbarkeit des § 284 III BGB in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, da die Fälligkeit nach dem Stichtag des 1.5.2000 eingetreten ist, so daß zutreffend vom Verzugsbeginn am 1.7.2000 und Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG ausgegangen worden ist.

4.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

5.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 524.949,61 EUR (Klage + Widerklage)

Ende der Entscheidung

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