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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 20.10.2000
Aktenzeichen: 19 U 43/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 43/00 21 O 445/98 LG Köln

Anlage zum Protokoll vom 20.10.2000

Verkündet am 20.10.2000

Schmitt, JS. z.A. als Urkundsbeamter der Geschäftstelle

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, den Richter am Oberlandesgericht Gedig und die Richterin am Oberlandesgericht Göhler-Schlicht

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Januar 2000 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 21 O 445/98 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht das Versäumnisurteil aufrechterhalten, durch das die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 28.800,-- DM nebst 11,75 % Zinsen seit dem 4.2.1998 zu zahlen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus der zwischen den Parteien wirksam getroffenen und nach wie vor bestehenden Vereinbarung vom 17.10.1997.

1./

Durch die Vereinbarung vom 17.10.1997 hat sich die Beklagte wirksam verpflichtet, an den Kläger für den Ankauf einer "Einbauküche mit Granitabdeckung, zwei Markisen auf der Terrasse, Wandbeleuchtung im Bad, Wandschränke im Kellergang, ca. 10 schwenkbare Einbauleuchten mit Dimmer im Wohn-/Essbereich" einen Betrag von 28.800,-- DM in monatlichen Raten à 300,-- DM zu zahlen. Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt diese Vereinbarung nicht gegen § 4 a Abs. 2 S. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz.

Nach § 4 a Abs. 2 S. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz ist bei einem Vertrag über den Erwerb einer Einrichtung oder eines Inventarstücks von dem bisherigen Mieter durch den neuen Mieter die Vereinbarung über das Entgelt unwirksam, soweit dieses in einem auffälligen Mißverhältnis zum Wert der Einrichtung oder des Inventarstücks steht. Ein solches auffälliges Mißverhältnis ist dann zu bejahen, wenn das vereinbarte Entgelt den objektiven Wert der Einrichtung oder des Inventarstücks um mehr als 50 % überschreitet. Insoweit gilt nach der Rechtsprechung des BGH derselbe Maßstab wie ihn die Rechtsprechung zum Mietwucher entwickelt hat (BGH NJW 1997, 1845, 1846). Dabei führt eine Überschreitung von mehr als 50% allerdings nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung, vielmehr bleibt diese mit dem rechtlichen unbedenklichen Teil aufrechterhalten (BGH aaO).

Auch wenn der Wert der einzelnen Einbauten und Einrichtungsgegenstände zwischen den Parteien streitig ist, steht nach der Auffassung des Senats bereits auf Grund der zu einzelnen Einrichtungsgegenständen vorgelegten Rechnungen und Unterlagen fest, dass ein solches auffälliges Mißverhältnis zwischen dem Wert der Gegenstände und dem vereinbarten Kaufpreis vorliegend nicht gegeben ist. Denn die übernommenen Gegenstände haben schon nach den vorgelegten Unterlagen und den unstreitigen Tatsachen einen Wert von sicherlich 19.200,00 DM, so dass die 50 %-Grenze nicht erreicht ist.

Allein die übernommene Küche dürfte jedenfalls einen Wert von 19.200,00 gehabt haben. Dabei kommt es, wie der Senat jüngst in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem es ebenfalls um die Übernahme einer Einbauküche ging, entschieden hat, auf den objektiven Wert der den Räumlichkeiten angepassten eingebauten Küche und nicht darauf an, welchen Preis sie in ausgebauten Zustand auf dem Markt bei einem Verkauf erzielen würde (Senatsurteil vom 23.06.2000, 19 U 137/99). Ausgehend hiervon ist von einem Wert allein für die Granitabdeckplatte in der Einbauküche inklusive Tischplatte und Spiegel von brutto 15.214,50 DM auszugehen (vgl. Auftragsbestätigung Kölner Marmorwerke vom 15.11.1995, GA 138). Dass die Granitplatte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits knapp zwei Jahre alt gewesen ist, rechtfertigt allenfalls einen geringen Abzug alt für neu, da wertmindernde Verschleißerscheinungen angesichts des Materials ausgeschlossen und Beschädigungen nicht vorgetragen sind. Dass die Einbaumöbel der Firma I. sowie Herd, Spüle, Geschirrspüler und Kühlschrank (GA 131, 138) insgesamt einen Zeitwert von erheblich mehr als 4.000,00 DM gehabt haben, ist aus der Sicht des Senats auch ohne die Vorlage weiterer Urkunden nicht zweifelhaft. Aus den Maßen der Arbeitsplatte (5 qm, 63 cm tief) folgt, dass allein die Unterschränke einschließlich unterbauter Geräte laufende 7,9 m betrugen. Damit dürfte aber der Betrag von 4.000,00 DM allein für die Einbauschränke anzusetzen sein, so dass der Wert der Elektrogeräte und der Spüle mit Anschlüssen und Armaturen noch zu addieren ist. Auch die beiden Markisen über der Terrasse dürften einen Zeitwert von sicher mehr als 1.000 DM gehabt haben. Auf die weiteren Kosten für Schränke und Beleuchtung kommt es insoweit nicht einmal an. Deshalb bedarf auch der Sinn der Regelung in Ziffer 6 der Vereinbarung ("In den Verkaufspreis ist eingerechnet, dass Frau Schröder-Huth die Wohnung von Herrn Schneider unrenoviert in aktuellem Zustand übernimmt") und die Frage nach dem Wert einer solchen "Einbeziehung in den Verkaufspreis", die von den Parteien auch nicht angesprochen worden ist, keiner näheren Erörterung. Denn auch bei Annahme eines etwas höheren Kaufpreises (der dann wegen des unrenovierten Zustandes einer allerdings vor kurzem vollständig sanierten Wohnung auf 28.800,00 DM reduziert worden ist), würde dieser den Wert der übernommenen Gegenstände mit Sicherheit nicht um 50 % übersteigen. Insoweit ist auch zu bedenken, dass die Einräumung einer Ratenzahlung bis zum 31.12.2005 ohne Zinsverpflichtung im Gegenzuge eine entsprechende Abzinsung des Kaufpreises rechtfertigt.

2./

Darauf, welche Erklärungen der Kläger über den Wert und die Qualität der Einbauten und Einrichtungsgegenstände abgegeben hat, kommt es nicht an. Etwaige unwahre Erklärungen des Klägers rechtfertigten allenfalls eine Anfechtung des Kaufvertrages wegen Fehlens zugesicherter Eigenschaften oder arglistiger Täuschung. Eine Anfechtung ist aber nicht rechtzeitig erklärt worden. Da die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag im November, spätestens Dezember 1997 Kenntnis der für eine Anfechtung maßgeblichen Umstände hatte, war die Anfechtung unverzüglich und, soweit auf arglistige Täuschung gestützt, binnen Jahresfrist zu erklären. Die Beklagte hat zwar die Anfechtung durch Anwaltsschreiben vom 23.12.1997 erklärt. Sie hat aber den notwendigen Zugang der Erklärung beim Kläger, den dieser bestritten hat, nicht nachgewiesen. Sie hat trotz des Hinweises im landgerichtlichen Urteil insbesondere nicht den in dem Schreiben erwähnten "Rückschein" vorgelegt und auch sonst keine Beweismittel benannt. Die Vorlage des Anfechtungsschreibens und die Wiederholung der Anfechtung erst im Einspruchsschreiben vom 25.2.1999 ist danach verspätet.

3./

Eine nachträgliche Aufhebung des Kaufvertrages hat die Beklagte nicht darzutun vermocht. Aus dem von ihr geschilderten Gespräch "etwa um den 10.11.1997" ergibt sich eine solche Vertragsaufhebung nicht. Anlass des Gesprächs soll das Rücktrittsschreiben der Beklagten vom 26.10.1997 (GA 47) gewesen sein, in dem diese den Rücktritt wegen Nichtvorlage von Rechnungsbelegen und Bedienungsanleitungen erklärt hat. Die Reaktion des Klägers auf die Androhung der Beklagten, mit ihrer eigenen Küche einzuziehen, mit Wut, Brüllen und schließlich der Bemerkung, er werde seine Sachen mitnehmen, ihm bleibe nichts anderes übrig, konnte bei verständiger Sicht nicht bedeuten, dass der Kläger die Beklagte aus dem schriftlichen Vertrag entlassen wollte. Dass die Beklagte dies auch nicht so verstanden hat, zeigt das Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 27.12.1997, in dem von einer solchen Aufhebungsvereinbarung mit keinem Wort die Rede ist. Ihr vorheriges Schreiben vom 26.10.1997 macht vielmehr deutlich, dass sie bereits das Nichtvorliegen von Rechnungen und Bedienungsanleitungen (vor Einzug) zum Anlass nehmen wollte, sich - offensichtlich aus Kaufreue - vom Vertrag zu lösen. Auch die nachfolgenden Schreiben des Klägers vom 28.11. und 1.12.1997, mit denen er der Beklagten die Bedienungsanleitungen und Rechnungskopien übersandt hat, sprechen eindeutig dagegen, dass die Parteien sich "um den 10.11.1997" auf eine Aufhebung des Vertrages geeinigt hätten.

4./

Darauf, dass die Rechnungen für die Einrichtungsgegenstände auf den Hauseigentümer B. ausgestellt worden sind, kommt es für die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Kaufpreises an den Kläger nicht an. Die Beklagte hat nicht behauptet, hieraus ergebe sich etwa, dass nicht der Kläger, sondern B. Eigentümer der Küche und der sonstigen Einbauten gewesen und der Kläger daher nicht in der Lage sei, ihr das Eigentum zu verschaffen. Offensichtlich ist sie auch von dem Eigentümer nicht in Anspruch genommen worden. Ob B. oder der Kläger die Rechnungen bezahlt haben und welche Verabredungen sie hierzu im Innenverhältnis getroffen haben, ist für die Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Beklagte ohne Belang.

5./

Die Zinsverpflichtung der Beklagten folgt aus der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung. Danach war der Kläger berechtigt, ab der zweiten ausbleibenden Ratenzahlung, die bis zum 3.2.1998 fällig gewesen wäre, Bankzinsen in aktueller Höhe für die Überziehung von Girokonten zu zahlen (GA 14). Ausweislich der Zinsbescheinung der Deutschen Bank 24 hat der Kläger ab dem 1.4.1998 einen Sollzinssatz von mindestens 11,75 % gezahlt (GA 142). Nach der Bescheinigung GA 128 betrugen die Überziehungszinsen bei einem Sollzinssatz von 11,75 % sogar 16,25 % . Es bestehen daher keine Bedenken, auch für die beiden Monate Februar und März 1998 von einem Überziehungszinssatz vom mindestens 11,75 % auszugehen.

6./

Schließlich beanstandet die Beklagte zu Unrecht die Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils, soweit die Parteien wegen des Klageantrags zu 1), dem Kläger den Namen und die Anschrift ihres Arbeitgebers bekannt zu geben, den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die darauf gerichtete Klage war begründet, weil sich die Beklagte in Ziffer 3 Satz 2 der Vereinbarung vom 17.10.1997 verpflichtet hat, ihren Arbeitgeber dem Kläger auf Verlangen bekannt zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 28.800,00 DM.

Ende der Entscheidung

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