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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 19 U 44/08
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 195 n.F.
BGB § 196
BGB § 197 a.F.
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 4 n.F.
BGB § 198 a.F.
BGB § 201 S. 1
BGB § 203
BGB § 204
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 218 Abs. 1 S. 1
BGB § 218 Abs. 1 S. 2 a.F.
BGB § 242
BGB § 320
BGB § 902
BGB § 902 Abs. 1 S. 2
EGBGB Art. 229 § 6
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1
ZPO § 167
ZPO § 522
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.2.2008 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 421/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche auf Erbbauzinsen geltend. Sie ist Eigentümerin eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks in L. An diesem Erbbaurecht erwarb der Beklagte zum Zweck der Kapitalanlage Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an einer zu einer größeren Wohnanlage gehörenden Wohnung. Grundlage der vertraglichen Beziehung sind u.a. ein von der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossener und in der Folge mehrfach geänderter Erbbaurechtsvertrag vom 22.12.1993 (Anlage K 1, Bl. 48 ff. GA), die Teilungserklärung vom 1.8.1995 nebst Anlagen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 22.9.2008, Anlagenschiene) sowie der Vertrag über die Übertragung eines Wohnungserbbaurechts vom 31.8.1995 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 28.10.2008, Bl. 311 ff. GA). Die Ansprüche der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin auf Erbbauzinsen sind sowohl als dinglicher Anspruch als auch als schuldrechtliche Verpflichtung vereinbart (Ziffer III.2 des Erbbaurechtsvertrages vom 22.12.1993). In § 4.6 des notariell beurkundeten Übertragungsvertrages vom 31.8.1995 heißt es, jeder Erwerber unterwerfe sich dem jeweiligen Grundstückseigentümer gegenüber wegen der Zahlung des Erbbauzinses in seiner jeweiligen Höhe der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamten Vermögen. Bis zur mündlichen Verhandlung vom 28.11.2008 ist hingegen unstreitig gewesen, dass eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nicht erfolgt sei.

Die Wohnung des Beklagten war wie viele andere anfangs von einer Generalmieterin angemietet und verwaltet worden, die im Rahmen der üblichen Verwaltertätigkeit zugleich auch die Erbbauzinsen, zunächst 122,42 €, ab März 2002 134,76 € pro Monat, für die jeweiligen Erbbauverpflichteten an den jeweiligen Eigentümer zahlte. Die Erbbauzinszahlungen dienten zugleich auch als Wohngeldzahlungen (Teilungserklärung v. 1.8.1995, § 11 Abs. 1 und 3 [Anlagenschiene]). Nach der Insolvenz der Generalmieterin erfolgten durch den Beklagten wie auch durch andere Erbbauzinsverpflichtete zeitweise keine Zahlungen. Die Klägerin verfolgte mit einem am 27.12.2004 beantragten und am 11.1.2005 von dem Amtsgericht Coburg erlassenen Mahnbescheid die Zahlung von seit Februar 2001 offenen Erbbauzinsraten. Der Mahnbescheid konnte nicht zugestellt werden. Ein unter dem 27.12.2005 beantragter weiterer Mahnbescheid, der zu dem vorliegenden Verfahren geführt hat, wurde am 9.1.2006 von dem Amtsgericht Coburg erlassen. Nachdem der Klägerin mit Verfügung 30.1.2006 mitgeteilt worden war, dass der Mahnbescheid, wie zuvor, nicht unter der angegebenen Anschrift in H hatte zugestellt werden können, beantragte die Klägerin am 3.2.2006 die Neuzustellung des Mahnbescheides, die am 10.2.2006 gelang.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten wegen offener Erbbauzinsraten ab Februar 2001 zu verurteilen, an sie 8.733,75 € nebst Zinsen zu zahlen. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat gegen die Forderung eingewandt, der Erbbauzins sei sittenwidrig überhöht, und die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat der Klage überwiegend entsprochen und u.a. ausgeführt, die von dem Beklagten geltend gemachte Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB liege nicht vor. Abgewiesen hat das Landgericht die Klage bezüglich der rückständigen Erbbauzinsen für das Jahr 2001 mit der Begründung, die Forderung sei verjährt. Maßgebend sei das alte Recht, das eine vierjährige Verjährung festlege, da das neue Recht gemäß § 196 BGB von einer 10-jährigen Verjährung ausgehe und nach Art. 229 § 6 EGBGB die kürzere Frist gelte. Durch den Mahnbescheid vom 9.1.2006 sei die Verjährung nicht gehemmt worden.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung einen Anspruch auf Erbbauzinsen für den Zeitraum Februar bis Dezember 2001 weiter. Sie ist der Ansicht, die Verjährung richte sich nach § 197 BGB (a.F.). Die Verjährungsfrist für die rückständigen Erbbauzinsen aus 2001 habe daher am 31.12.2005 geendet, aber deren Ablauf sei nach §§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, 167 ZPO durch Zustellung des Mahnbescheides vom 9.1.2006 sowie gemäß § 203 BGB gehemmt worden. Sie behauptet, zwischen den Parteien habe es nach der Insolvenz des von dem Beklagten beauftragten Generalmieters bis mindestens März 2003 Verhandlungen gegeben, denn es habe geklärt werden müssen, welcher Erbbauberechtigte welche Beträge gezahlt habe. Dies stelle einen Meinungsaustausch über die tatsächliche Grundlage der Forderung dar. Darüber hinaus vertritt sie die Ansicht, die Verzögerung bei der Zustellung des Mahnbescheides vom 9.1.2006 sei dem Beklagten auch deswegen zuzurechnen, weil er Dritten, nicht aber der Klägerin die neue Anschrift mitgeteilt habe. Eine Berufung auf die Einrede der Verjährung sei rechtsmissbräuchlich, weil der Beklagte verpflichtet gewesen sei, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen. Im Hinblick auf einen Hinweisbeschluss des Senats vom 10.7.2008, in dem der Senat darauf hingewiesen hat, dass er beabsichtige, die Berufung nach § 522 ZPO zurückzuweisen, da die geltend gemachte Forderung gemäß § 195 BGB (n.F.). verjährt sei, macht sie geltend, die in dem Beschluss zur Begründung angeführten Literaturstellen bezögen sich sämtlich auf den dinglichen und nicht auf den schuldrechtlich vereinbarten Erbbauzins.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten in Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 27.2.2008, Az. 18 O 421/06, zu verurteilen, an die Klägerin 8.733,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils monatlich 122,42 € ab dem Elften eines jeden Monats bis zum 10.7.2006 für die Monate Februar 2001 bis Februar 2002, aus jeweils monatlich 134,76 € ab dem Elften eines jeden Monats bis zum 10.7.2006 für die Monate März 2002 bis Juni 2006 sowie aus 8733,75 € seit dem 11.7.2006 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Anspruch der Klägerin auf Erbbauzinsen für den Zeitraum Februar bis Dezember 2001 aus dem zwischen den Parteien unstreitig bestehenden Erbbaurechtsvertrag, der aus den in dem angefochtenen Urteil dargelegten und insoweit nicht angegriffenen Gründen nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, ist verjährt.

1) Die Verjährung der gegenständlichen Ansprüche auf Erbbauzinsen richtet sich nach § 195 BGB (n.F.). Für die Verjährung maßgeblich sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung, Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB nimmt hiervon die Fälle aus, in denen die Verjährungsfrist nach altem Recht kürzer als die nach neuem Recht ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.

a) aa) Nach dem bis zum 1.1.2002 geltenden Recht verjährte der Anspruch auf Erbbauzinsen als wiederkehrende Leistung gemäß § 197 BGB (a.F.) in vier Jahren beginnend mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Fälligkeit der jeweiligen Rate eingetreten ist (vgl. BGH U. v. 24.11.1995, V ZR 174/94 - juris). Verjährung der in der Berufung gegenständlichen Ansprüche wäre demnach - ungeachtet einer möglichen Hemmung - mit Ablauf des 31.12.2005 eingetreten.

bb) Die Verjährung des Anspruchs der Klägerin auf Erbbauzinsen aus dem Jahr 2001 nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1.1.2002 geltenden Fassung ist hingegen bereits mit Ablauf des 31.12.2004 eingetreten.

aaa) Nach allgemeiner Auffassung, der sich der Senat anschließt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Erbbauzinsen um einen Anspruch auf wiederkehrende (Einzel-) Leistungen im Sinne des § 902 Abs. 1 S. 2 BGB, der gemäß §§ 902 Abs. 1 S. 2, 195 BGB (n.F.) der dreijährigen Verjährung unterliegt (vgl. v. Oefele, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl., § 9 ErbbauVO Rn. 13; Staudinger/Rapp, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch [2002], § 9 ErbbVO, Rn. 36; v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 4. Auflage, Rn. 6.15, 6.120; Palandt/Bassenge, BGB, 47. Aufl., § 9 ErbbRVO Rn. 7; Erman/Grziwotz, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., § 9 ErbbauRG, Rn. 2). Für den dinglichen Erbbauzins erhebt die Klägerin hiergegen auch keine Einwände.

bbb) Aus dem Umstand, dass die Parteien vorliegend den Anspruch auf Erbbauzinsen gemäß Ziffer III.2 des Erbbaurechtsbestellungsvertrages auch als schuldrechtliche Verpflichtung vereinbart haben, ergibt sich entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung im Ergebnis nichts hiervon Abweichendes. Auch der schuldrechtliche Anspruch auf Erbbauzinsen unterliegt der Regelverjährung gemäß § 195 BGB (n.F.) und nicht der Sondervorschrift des § 196 BGB (n.F.).

Nach § 196 BGB verjähren Ansprüche auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sowie auf Begründung, Übertragung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück oder auf Änderung des Inhaltes eines solchen Rechts sowie die Ansprüche auf die Gegenleistung in zehn Jahren. Bei dem Erbbaurecht als solches handelt es sich um ein Recht an einem Grundstück im Sinne von § 196 BGB (n.F.) (Erman/Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 196, Rn. 3; Staudinger/Peters, a.a.O., [2004], § 196 Rn. 5).

"Gegenleistung" im Sinne des § 196 BGB (n.F.) versteht sich in einem weiten Sinne. Für die Abgrenzung ist auf die Wechselbezüglichkeit der Ansprüche unabhängig von deren Grund abzustellen (BGH U. v. 25.1.2008, V ZR 118/07, Rn. 20 f. - juris; Staudinger/Peters, a.a.O., Rn. 11; Erman/Schmidt-Räntsch, a.a.O., Rn. 4). Gegenleistung für die Bestellung des Erbbaurechts ist zunächst dessen Belastung mit der Erbbauzinsreallast. Die Frage, ob Erbbauzinsen ebenfalls "Gegenleistung" im Sinne von § 196 BGB n.F. sind, ist nicht geklärt. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 8.8.2008 Literatur und Rechtsprechung zitiert, in der der Erbbauzins als "Gegenleistung" bezeichnet worden ist, verhalten sich die zitierten Passagen nicht zu § 196 BGB (n.F.) oder sie erschöpfen sich in der Feststellung, dass der Erbbauzins "Gegenleistung" im Sinne von § 196 BGB (n.F.) sei, ohne dass dies näher begründet würde (so LG Limburg an der Lahn, U. v. 15.11.2006, 2 O 19/06; LG Darmstadt, U. v. 6.3.2007, 9 O 366/06; AG Köln, U. v. 28.6.2006 144 C 28/06). In der oben zu § 902 BGB zitierten Literatur, in der die Auffassung vertreten wird, dass der Anspruch auf Erbbauzinsen einer dreijährigen Verjährung unterliege, wird eine Unterscheidung zwischen dem dinglichen und einem zeitgleich vereinbarten schuldrechtlichen Anspruch nicht vorgenommen. Ob in Anbetracht dessen, dass die Vereinbarung auch eines schuldrechtlichen Erbbauzinsanspruchs im Rahmen von Erbbaurechtsbestellungen nicht unüblich ist, dem Umstand, dass in der Literatur eine Differenzierung zwischen schuldrechtlichem Anspruch und dinglichem Erbbauzins nicht erfolgt, zu entnehmen ist, dass unterschiedslos auch für als schuldrechtliche Verpflichtung vereinbarte Erbbauzinsen die dreijährige Frist gelten soll, ist unklar.

Die Deutung, dass der schuldrechtliche Erbbauzinsanspruch § 196 BGB unterfällt, liegt nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht fern, da die Erbbauzinsen dem Erbbauberechtigten im Hinblick auf das Erbbaurecht gezahlt werden, sie mithin wechselbezügliche Leistung und insoweit "Gegenleistung" sind. Bedenken gegen diese Auslegung ergeben sich jedoch daraus, dass die in dieser Vorschrift aufgezählten Geschäfte einmalige Übertragungsakte sind. Die einmaligen wechselseitigen Übertragungsakte sind bei der Erbbaurechtsbestellung die Übertragung des Stammrechtes sowie die Belastung mit der Erbbauzinsreallast. Ansprüche im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses, das zwar auch den Übertragungsakt voraussetzt, aber wesentlich davon geprägt ist, dass eine einmal eingeräumte Befugnis auf Dauer aufrecht erhalten bleibt und dafür ein Entgelt gezahlt wird, erscheinen an dieser Stelle hingegen in systematischer Hinsicht fremd.

Die teleologische Auslegung der Vorschrift des § 196 BGB (n.F.) führt zu dem Ergebnis, dass der vorliegende schuldrechtliche Anspruch auf Erbbauzinsen nicht von ihr erfasst wird. Mit der Zehnjahresfrist des § 196 BGB soll den Besonderheiten von Verträgen Rechnung getragen werden, die Grundstücke bzw. Rechte an Grundstücken zum Gegenstand haben und die darin bestehen, dass Zeitverzögerungen von erheblicher Dauer eintreten können, die den Gläubiger nicht dazu zwingen sollen, voreilig gegen den leistungsbereiten Schuldner vorzugehen. Im Fall der stehengelassenen Grundschuld soll dem Sicherungsgeber eine ausreichende Zeitspanne eingeräumt werden, damit er entscheiden kann, wie er mit der Grundschuld verfahren will (BT-Drucksache 14/6040, S. 105). Zudem soll durch die Einbeziehung der Gegenleistung vermieden werden, dass der Grundstücksverkäufer, dessen Kaufpreisanspruch bereits nach drei Jahren verjährt, die Einrede des § 320 BGB erhebt und der Kaufvertrag nicht beendet werden kann (BT-Drucksache 17/7052, S. 179). Diese Erwägungen treffen für den schuldrechtlichen Anspruch auf Erbbauzinsen bei zur Zeit der Fälligkeit der Forderung bereits vollzogenem Grundstücksgeschäft sämtlich nicht zu. Die Zeitverzögerungen, die den Gesetzgeber zu der Ausnahmeregelung veranlasst haben, können bei der Bestellung eines Erbbaurechtes allenfalls in einer kurzen Anfangsphase eine gewisse Rolle spielen, aber nicht mehr nach Vollzug des Grundstücksgeschäfts. Entsprechendes gilt für die Erwägung, die Verträge könnten bei unterschiedlichen Fristen nicht zu Ende geführt werden, wenn der Grundstücksverkäufer die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebt. Zur Herbeiführung einer "verjährungsrechtlichen Waffengleichheit", der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei der Bestimmung der "Gegenleistung" größere Bedeutung zukommen soll als dogmatischen Erwägungen (vgl. BGH U. v. 25.1.2008, V ZR 118/07 - juris), ist eine Verjährungsfrist von 10 Jahren gemäß § 196 BGB in Anbetracht der langen Laufzeit von Erbbaurechtsverträgen ohnehin nicht geeignet. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift des § 196 BGB dient zudem der Vereinfachung bzw. Vereinheitlichung des Verjährungsrechtes, die eines der mit der Reform des Verjährungsrechtes verfolgten Ziele war (vgl. BT Drucks. 14/6040, S. 104), indem nicht nur der Kreis der Ausnahmetatbestände zu der Regel des § 195 BGB eng gefasst wird, sondern hierdurch auch ein Gleichklang zu der Verjährung des dinglichen Erbbauzinsanspruchs gemäß §§ 902 Abs. 1 S. 2, 195 BGB hergestellt wird.

Dem gegenüber ist ein Grund, der dafür spräche, einen dinglichen Anspruch auf rückständige Erbbauzinsen einer kürzeren Verjährung unterliegen zu lassen als einen schuldrechtlichen, nicht erkennbar. Insbesondere hat der Gesetzgeber bei der Neuordnung des Verjährungsrecht bezüglich der Bestellung von Erbbaurechten nicht die Probleme gesehen, die Anlass für die Sonderverjährung des § 196 BGB (n.F.) waren, denn für Rückstände wiederkehrender Leistungen aus eingetragenen Rechten wird in § 902 Abs. 1 S. 2 BGB gerade nicht auf die Sonderregelung § 196 BGB verwiesen.

In Anbetracht der vorstehenden Überlegungen und in Anlehnung an eine in der Literatur vertretene, allerdings nicht auf den Anspruch auf Erbbauzinsen bezogene Auffassung, wonach eine teleologische Reduktion von § 196 BGB vorzunehmen sei, wenn wegen bereits erfolgter Erfüllung der Leistungspflicht durch den Gläubiger der Gegenleistung der Grund für dessen Privilegierung entfallen ist (Grothe, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 4. Aufl., § 196, Rn. 4), hält es der Senat jedenfalls dann für geboten, schuldrechtliche Ansprüche auf regelmäßig wiederkehrend zu zahlende Erbbauzinsen von der Sonderregelung des § 196 BGB auszunehmen und dem Regeltatbestand des § 195 BGB zu unterstellen, wenn - wie hier - die Bestellung des Erbbaurechtes für den Schuldner bereits erfolgt ist.

Ausgehend von diesen allgemeinen Überlegungen besteht auch unter Betrachtung der zwischen den Parteien getroffenen Regelungen kein Anlass, den Begriff der "Gegenleistung" in einem weiteren Sinne auszulegen. Nachdem es in § 3.1 des Übertragungsvertrages vom 31.8.1995 heißt, der Erwerber habe keine Gegenleistung für die anteilige Übertragung des Erbbaurechtes zu erbringen, da diese bereits im Generalübernehmerwerklohn berücksichtigt sei, erscheint es bereits fraglich, ob die Vereinbarung schuldrechtlicher Erbbauzinsen aus dem Erbbaurechtsvertrag vom 22.12.1993 mit dem Übertragungsvertrag überhaupt fortgeführt worden ist oder an deren Stelle eine Schuldmitübernahme hinsichtlich des Unternehmerwerklohns erfolgt ist, auf die erbbauzinsähnliche Raten zu zahlen sind. Dies kann jedoch dahin stehen. Die vertragliche Konstruktion steht jedenfalls einer restriktiven Auslegung des Begriffes der "Gegenleistung" nicht entgegen. Gegen die Einordnung der Erbbauzinszahlungen als Gegenleistung für die Übertragung des Erbbaurechts spricht darüber hinaus der Umstand, dass nach der Vereinbarung der Parteien die Erbbauzinsraten Bestandteil des Wohngeldes sind (vgl. § 11 Abs. 1 und 3 der Teilungserklärung vom 1.8.1995, Anlagenschiene).

Die Verjährungsfrist gemäß den seit dem 1.1.2002 geltenden Vorschriften ist demnach kürzer als nach altem Recht, so dass gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB die kürzere Frist gilt, die von dem 1.1.2002 an zu berechnen ist. Die Frist des § 195 BGB (n.F.) lief mithin Ende des Jahres 2004 ab.

b) Eine Verjährung nach Ablauf von mehr als drei Jahren ergibt sich auch nicht im Hinblick auf eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung wegen der Zahlung des Erbbauzinses aus einer notariellen Urkunde. Zwar ist entgegen dem insoweit übereinstimmenden und von dem Landgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Vorbringen der Parteien in erster Instanz, wonach der Beklagte sich nicht der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen habe, nunmehr zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte sich wegen der Zahlung des Erbbauzinses der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde des Notars Dr. I, UK-Nr. xxx/1995 vom 31.8.1995 unterworfen hat. Die Wirksamkeit der Unterwerfungserklärung als Vollstreckungstitel gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unterstellt, ergibt sich daraus gleichwohl keine längere als eine dreijährige Verjährungsfrist.

aa) Gemäß § 218 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB (a.F.) verjährte ein Anspruch aus einer vollstreckbaren Urkunde zwar in dreißig Jahren. Hiervon ausgenommen waren aber gemäß Absatz 2 dieser Vorschrift regelmäßig wiederkehrende und erst künftig fällig werdende Leistungen. Diese unterlagen gemäß § 197 BGB (a.F.) der vierjährigen Verjährung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 58. Auflage, § 218 Rn. 4 und 5), beginnend gemäß §§ 201 BGB S. 1, 198 BGB (a.F.) mit dem Schluss des Jahres, in dem die Fälligkeit eingetreten ist. Zu den der vierjährigen Verjährung gemäß § 197 BGB (a.F.) unterliegenden Ansprüchen gehörten auch die künftig fällig werdenden Erbbauzinsraten (vgl. BGH U. v. 24.11.1995, V ZR 174/94 - juris). Diese verjährten demnach Ende des Jahres 2005.

bb) Nach dem seit dem 1.1.2002 geltenden Recht verjähren Ansprüche aus vollstreckbaren Urkunden gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB (n.F.) in 30 Jahren, sofern sie nicht Ansprüche auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand haben, wozu, wie bereits ausgeführt, der Anspruch auf Erbbauzinsen gehört. Diese verjähren nach Absatz 2 dieser Vorschrift in der regelmäßigen Frist, mithin gemäß § 195 BGB nach drei Jahren (vgl. Staudinger/Rapp, a.a.O., Rn. 36; Erman/Grziwotz, a.a.O., § 9 ErbbauRG, Rn. 2). Somit verjährten die Erbbauzinsansprüche aus dem Jahr 2001 nach dem neuen Recht Ende 2004 und mithin früher als bei Anwendung des Rechtes in der bis zum 1.1.2002 geltenden Fassung. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB ist maßgeblich das neue Recht, wobei die dreijährige Frist vom 1.1.2002 an berechnet wird. Diese lief - ebenfalls - am 31.12.2004 ab.

2) Der Ablauf der Verjährung zum 31.12.2004 ist nicht gehemmt worden.

a) Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist die Verjährung nicht gemäß § 203 BGB (n.F.) gehemmt worden bzw. ist dem Beklagten - soweit für die Hemmung der Verjährung das Recht in der bis zum 1.1.2002 geltenden Fassung anzuwenden ist - die Berufung auf die Einrede der Verjährung nicht nach § 242 BGB verwehrt. Nach § 203 BGB ist die Verjährung gehemmt und wird daher der entsprechende Zeitraum gemäß § 209 BGB nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben. Die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, dass und in welchem Zeitraum zwischen den Parteien Verhandlungen im Sinne von § 203 BGB (n.F.) geschwebt hätten.

Der Begriff der Verhandlungen ist weit auszulegen. Er setzt einen Meinungsaustausch über den Anspruch und seine rechtlichen Grundlagen voraus. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Schuldner Verhandlungsbereitschaft in Aussicht stellt. Vielmehr genügen Erklärungen, die den Gläubiger zu der Annahme berechtigen, der Schuldner lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs ein. (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 203 Rn. 2). Vorliegend hat die Klägerin dem Beklagten mit einem Serienbrief vom 13.3.2003, der nur hinsichtlich des Namens des Schuldners und der Höhe des Zahlungsrückstandes auf das konkrete Vertragsverhältnis angepasst war, ihre damals bestehenden Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Forderungshöhe erläutert, einen Kontoauszug für das Jahr 2002 übersandt und Verhandlungsbereitschaft bekundet (Anlage K 2, Bl. 68 f. GA). Dass diesem Serienbrief eine Anfrage seitens des Beklagten vorangegangen oder auf dieses Schreiben eine Reaktion des Beklagten erfolgt wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ein ohne jede Reaktion gebliebenes Verhandlungsangebot stellt jedoch auch bei der gebotenen weiten Auslegung dieses Begriffes keine Verhandlung dar. Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte müsse sich von der - nicht benannten - Generalmieterin geführte Verhandlungen zurechnen lassen, ist dem nicht zu entnehmen, wer wann Verhandlungen welchen Inhaltes geführt haben und woraus sich eine Bevollmächtigung des Verhandelnden zum Führen von Verhandlungen für den Beklagten ergeben haben soll. Aus dem Umstand, dass die ursprüngliche Generalmieterin von dem Beklagten mit der Geschäftsbesorgung beauftragt worden war, für den Beklagten Zahlungen in im voraus festgelegter Höhe auszuführen, erschließt sich eine Vollmacht zur Abgabe sonstiger rechtsgeschäftlicher Erklärungen nicht. Hinzu kommt, dass bei der hier vorliegenden vertraglichen Konstruktion der Generalmieter bzw. Verwalter jedenfalls zunächst von dem jeweiligen Grundstückseigentümer und Erbbaurechtsberechtigten vorgeben worden (vgl. die Erklärung über die Aufteilung in Wohnungs- und Teilerbbaurechte vom 8.8.1995 Abschnitt II sowie Anlage A [Gemeinschaftsordnung], § 14, Anlagenschiene) und daher eher dessen Lager als dem des Beklagten zuzuordnen war, so dass die vorgenommene Zuordnung der Zahlungen zu den einzelnen Erbbauverpflichteten letztlich der Herstellung der Ordnung der Bücher der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin gedient haben dürften. Dem Beklagten zurechenbare Erklärungen im Sinne eines Meinungsaustausches über die gegenständlichen Forderungen sind nach alledem nicht erkennbar. Darüber hinaus ist auch nicht dargetan, wann und wie lange die angeblichen Verhandlungen geschwebt haben sollen, so dass sich nicht erschließt, für welchen Zeitraum die Verjährung gehemmt gewesen sein soll. Das Vorbringen, wonach bis ins Jahr 2003 Verhandlungen geschwebt (Schriftsatz vom 7.11.2007) bzw. die Aufarbeitung der Zahlungen bis ins Jahr 2003 und 2004 gedauert habe (Schriftsatz 24.11.2006), lässt eine Berechnung des Zeitraums, um den sich die Verjährungsfrist verlängert haben könnte, nicht zu.

b) Die Verjährung ist auch nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB durch gerichtliche Geltendmachung gehemmt worden. Eine Hemmung der bereits Ende des Jahres 2004 ablaufenden Verjährungsfrist durch den erst im Dezember 2005 beantragten Mahnbescheid vom 9.1.2005 kommt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht. Die Verjährung ist auch nicht durch den am 27.12.2004 beantragten und am 11.1.2005 erlassenen Mahnbescheid gehemmt worden. Zwar tritt die Wirkung einer Hemmung nach § 204 BGB gemäß § 167 ZPO mit der Beantragung des Mahnbescheides ein, wenn dessen Zustellung "demnächst" erfolgt ist, so dass die Beantragung des Mahnbescheides im Jahr 2004 hätte geeignet sein können, die Verjährung zu hemmen. Da eine Zustellung dieses Mahnbescheides aber nicht erfolgt ist, fehlt einer Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 167 ZPO jede Grundlage.

Dem Beklagten ist es nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die nicht erfolgte Zustellung zu berufen. Der Grundsatz von Treu und Glauben erlegt den Parteien sowohl im materiellen wie auch im Prozessrecht die Pflicht zu redlichem Verhalten auf. Die Anwendung der Generalklausel zur Korrektur arglistig herbeigeführter Rechtslagen ist im Zivilprozess wie auch in der Regel im materiellen Recht subsidiärer Natur, mithin auf die Sachverhalte begrenzt, für die spezielle Regelungen für einen sachgerechten Interessenausgleich aller Beteiligten fehlen (BGH NJW 1978, 426). Nach dieser Maßgabe ist es zur Herbeiführung eines angemessenen Ausgleichs unter Rückgriff auf § 242 BGB nicht geboten, dem Beklagten die Berufung auf die nicht erfolgte Zustellung zu versagen. Dafür, dass der Beklagte die Zustellung des Mahnbescheides vom 11.1.2005 arglistig vereitelt hätte, ist schon nichts ersichtlich. Hinzu kommt, dass eine im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigende besondere Schutzbedürftigkeit der Klägerin nicht dargetan ist. Es ist nicht erkennbar, dass und in welcher Weise sich die Klägerin um die Ermittlung der Anschrift zur Ermöglichung der Zustellung des Mahnbescheides vom 11.1.2005 bemüht und beispielsweise bei einem Verwalter der Wohnung Erkundigungen eingezogen hätte. Auch ist nicht dargetan, dass die Erkenntnisquellen, die der Klägerin dazu verholfen haben, im Februar 2006 die aktuelle Anschrift des Beklagten binnen drei Tagen zu ermitteln, im Jahre 2005 nicht zur Verfügung gestanden hätten.

Die Forderung ist mithin verjährt. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

3) Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen. Die Rechtssache hat über den Einzelfall hinausgehende, nicht nur unwesentliche Bedeutung. Darüber hinaus erfordern die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der Klägerin: 1.346,63 €

Ende der Entscheidung

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