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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 29.08.2008
Aktenzeichen: 19 U 55/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 580 Nr. 7 b)
ZPO §§ 580 ff.
ZPO § 582
ZPO § 586 Abs. 1
ZPO § 586 Abs. 2
ZPO § 587
ZPO § 589 Abs. 1
ZPO § 589 Abs. 1 S. 1
ZPO § 589 Abs. 1 S. 2
ZPO § 589 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Restitutionsklage wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine inzwischen in Liquidation befindliche Bauträgergesellschaft, begehrt im Wege der Restitutionsklage die Wiederaufnahme des durch rechtskräftiges Urteil des Senats vom 14.09.2007 abgeschlossenen Verfahrens 19 U 66/07 (vorgehend: 7 O 378/05 LG Köln).

Die Klägerin hat den Beklagten im Vorprozess aus einer angeblichen Baukostengarantie, hilfsweise auf Schadensersatz wegen Baukostenüberschreitung in Anspruch genommen.

Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit Architektenvertrages vom 16.01.1997 (Anlage K 1, Bl. 26 ff. GA) mit den Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 für ein Objekt T-Straße in C (Errichtung von 4 Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage). Bereits unter dem 07.01.1997 hatte der Beklagte für das Bauvorhaben eine erste Kostenschätzung nach DIN 276 erstellt, die als gesamte reine Baukosten einen Betrag von 7.190.000,00 DM inkl. 15 % MWSt auswies. Nachdem der Prokurist der Klägerin, der Zeuge I U, diese Kostenschätzung handschriftlich auf 6.580.000,00 DM gekürzt hatte, erstellte der Beklagte unter dem 20.01.1997 eine weitere Grundlagenermittlung (Anlage K 3, Bl. 29 ff. GA). Die darin enthaltene Kostenschätzung nach DIN 276 führt für die Kostengruppe "Bauwerk - Baukonstruktion + Technische Ausrüstung" insgesamt 18 Kostenpositionen auf, die - als "gesamte reine Baukosten inkl. 15 % MWSt" bezeichnet - eine Gesamtsumme von 6.675.000,00 DM ergeben (Seite 6 der Grundlagenermittlung, Bl. 34 GA). Dieser Betrag findet sich in der Gesamtaufstellung auf Seiten 7 und 8 der Grundlagenermittlung (Bl. 35 f. GA) wieder, und zwar aufgeschlüsselt in 2 Positionen, Ziffer 3 (Kosten des Bauwerks: 6.600.000,00 DM) und Ziffer 6.3 (Mehrkosten der Entsorgung von Aushubmaterial: 75.000,00 DM). Die gesamten Gestehungskosten werden in Ziffer 8 der Aufstellung mit 9.710.000,00 DM inkl. 15 % MWSt. bzw. gerundet 9.750.000,00 DM angegeben.

Die Klägerin hat im Vorprozess erstinstanzlich behauptet, der Beklagte habe eine Baukostengarantie des Inhalts abgegeben, dass die Gesamtheit der von DIN 276 erfassten Baukosten den Betrag von 6.675.000,00 DM nicht überschreiten werde. Die Klägerin hat sich insoweit auf zwei Erklärungen vom 16.01.1997 (Anlage K 2, Bl. 28 GA) und vom 24.01.1997 (Anlage K 4, Bl. 37 GA) gestützt, die nach dem Vortrag der Klägerin vom Beklagen stammen sollen, was von diesem jedoch bestritten worden ist.

Die Klägerin hat außerdem behauptet, der Beklagte habe dem Prokuristen der Klägerin mündlich versichert, seine Kostenschätzung beziehe sich auf alle von der DIN 276 erfassten Baukosten, die zur Herstellung des gesamten Bauobjekts erforderlich seien.

Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen I U abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es sei der Klägerin nicht gelungen zu beweisen, dass der Beklagte eine mündliche Garantieerklärung dahin gehend abgegeben habe, dass die Kosten für das gesamte Bauvorhaben, d.h. alle Kostengruppen gemäß DIN 276, den Betrag von 6.675.000,00 DM nicht überschreiten würden. Die Aussage des Zeugen I U sei nicht glaubhaft. Des weiteren könne dahin gestellt bleiben, ob die Erklärungen vom 16. und 24.01.1997 vom Beklagten stammten, da die Klägerin aus diesen Schreiben keine Rechte herleiten könne. Die Erklärung vom 16.01.1997 gebe für die behauptete Garantiesumme von 6.675.000,00 DM nichts her. Das Schreiben vom 24.01.1997 beinhalte nicht die von der Klägerin behauptete Baukostengarantie für das gesamte Bauvorhaben (alle Kostengruppen nach DIN 276), sondern seinem Wortlaut nach nur eine Baukostengarantie für die reinen Baukosten, Kostengruppe 3 der DIN 276. Die damit von dem Beklagten allenfalls garantierte Baukostensumme für diese Kostengruppe sei nicht überschritten, da nach den Feststellungen des Landgerichts Baukosten der Kostengruppe 3 der DIN 276 nur in Höhe von 6.549.348,69 DM angefallen seien.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Erklärung vom 24.01.1997 sich nur auf Baukosten der Kostengruppe 3 der DIN 276 beziehe. Die Garantie gelte vielmehr für sämtliche auf Seite 6 der Grundlagenermittlung vom 20.01.1997 im Einzelnen aufgeführten 18 Gewerke, unabhängig davon, ob diese der Kostengruppe 3 zuzurechnen seien oder nicht. Die Kosten für diese 18 Gewerke hätten jedoch insgesamt die Baukostengarantie um den Betrag der Klageforderung überstiegen, wobei zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei, dass auch die Kosten der Außenanlagen, die Gebäudeeinmessung, das Leistungsverzeichnis und das Bauschild umfasst sein sollten.

Der Senat hat die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Die Klägerin habe mit der Berufungsbegründung klar gestellt, dass sich auch ihrer Ansicht nach aus dem Schreiben vom 24.01.1997 eine Garantie nur dafür ergebe, dass die Summe der Kosten für die in der Aufstellung auf Seite 6 der Grundlagenermittlung vom 20.01.1997 genannten 18 Gewerke den Betrag von 6.675.000,00 DM nicht übersteige. Bei verständiger Würdigung könne das Schreiben vom 24.01.1997 auch nicht anders verstanden werden. Ihre weitere Behauptung, der Zeuge I U und der Beklagte seien überein gekommen, dass auch die Kosten für die Außenanlagen, die Gebäudeeinmessung, das Leistungsverzeichnis und das Bauschild zu den von der Garantie umfassten Baukosten in Höhe von 6.675.000,00 DM gehören sollten, habe die Klägerin nicht bewiesen. Auf die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen U komme es insoweit nicht an, da sich aus seiner Aussage nicht konkret ergebe, dass die Parteien im vorgenannten Sinne "übereingekommen" seien. Ob die Kosten für das Leistungsverzeichnis und das Bauschild - wie von der Klägerin vorgetragen - unter die Position 17 "Sonstiges" auf Seite 6 der Grundlagenermittlung vom 20.01.1997 zu zählen seien, könne dahin stehen, da sich auch unter der Berücksichtigung dieser beiden Positionen keine Überschreitung der angeblich garantierten Baukosten ergebe. Die von der Klägerin schlüssig dargelegten tatsächlichen Baukosten beliefen sich nämlich auf höchstens 6.674.563,06 DM abzgl. eines 1-prozentigen Mehrwertsteueranteils, soweit die Kosten ab 1999 entstanden seien.

Zur Begründung ihrer am 25.03.2008 bei Gericht eingegangenen Restitutionsklage behauptet die Klägerin unter Vorlage einer eidesstattliche Versicherung ihres Prokuristen I U vom 25.03.2008 (Anlage LD 2, Bl. 513 f. GA), dieser habe am 25.02.2008 das als Anlage LD 1 (Bl. 511 f. GA) zur Restitutionsklageschrift eingereichte Schriftstück "Erweiterung/Ergänzung des Architektenvertrages Jan. 97 und der garantierten Baukosten vom 24.01.1997" vom 31.01.1997 aufgefunden, bei dem es sich um eine weitere Garantieerklärung des Beklagten handele.

Herr I U sei ursprünglich der Auffassung gewesen, alle Schriftstücke, aus denen sich die Garantieerklärungen des Beklagten in dem letztlich abgegebenen Umfang ergeben hätten, seien im Vorprozess vorgelegt worden. Er habe daher während des Ausgangsrechtsstreits keinen Anlass gehabt, nach einem weiteren Schriftstück zu suchen. Erst bei der Analyse des Urteils des Senats vom 14.09.2007 habe Herr U erklärt, dass das Urteil dem Fall nicht gerecht werde, da die Garantieerklärung des Beklagten weiter gefasst gewesen sei. Wenn sich dies aus den bislang vorgelegten Schreiben und Erklärungen nicht ergebe, dann müsse es noch eine weitere Erklärung geben. Dies habe Herrn U veranlasst, nach dem jetzt vorgelegten Schriftstück zu suchen. Dazu habe er die beiden Hausobjekte L-Straße 49, in dem sich die Geschäftsräume der Restitutionsklägerin bis vor kurzem befunden hätten, und L-Straße 51, in dem der Geschäftsführer und Liquidator der Restitutionsklägerin wohne und in dessen Souterrain sich nun das Büro der Klägerin befinde, durchforstet. Bei den Umzügen - Herr I U sei seinerseits von der L-Straße 51 in die L-Straße 49 gezogen - sei manches zunächst nicht wieder ausgepackt worden, sondern in Kartons verblieben und teils in "Rumpelkammern" verbracht worden. Im Rahmen einer systematischen Durchforstung aller in Betracht kommenden Kisten und Kammern sei dann die nunmehr vorgelegte Garantieerklärung vom 31.01.1997 aufgefunden worden. Die Klägerin habe den Beklagten seinerzeit um diese weitere Garantieerklärung gebeten, nachdem sich die von der Klägerin zur Finanzierung des Bauvorhabens angesprochenen Banken mit dem Inhalt der vom Beklagten am 24.01.1997 abgegebenen Garantie nicht zufrieden gegeben hätten.

Nur Herr I U sei auf Seiten der Klägerin in die damaligen Vorgänge involviert gewesen. Nur er habe deshalb ahnen können, dass es noch ein weiteres Schriftstück geben müsse und auch nur er habe danach suchen können. Der inzwischen 70 Jahre alte Prokurist sei jedoch schon seit dem Jahr 2001 gesundheitlich stark beeinträchtigt. Er sei schwer herzkrank und leide zudem unter den Folgen eines Schlaganfalls. Er erhalte im Rahmen einer Schmerztherapie Antidepressiva und Antikonvulsiva, die im Bereich des zentralen Nervensystems wirkten. Diese Medikamente könnten das Bewusstsein, die kognitive Leistungsfähigkeit und das Gedächtnis negativ beeinflussen; Gedächtnislücken als Nebenwirkung seien typisch. Zum Nachweis dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen beruft sich die Klägerin auf eine internistische Bescheinigung des Dr. med. P vom 23.06.2008 und ein amtsärztliches Gutachten vom 08.02.2006 (Anlagen LD 4 und 5, Bl. 556 ff. GA).

Ein Verschulden des Prokuristen ist nach Auffassung der Klägerin nicht gegeben, da dieser sich sicher gewesen sei, die Schriftstücke, auf die es ankomme, vorgelegt zu haben. Er sei sich sicher gewesen, alle diesbezüglichen Unterlagen seinem Prozessbevollmächtigten zur Verfügung gestellt zu haben. Dass bei den Vorgängen, die zu der betreffenden Zeit bereits mehr als 8 Jahre zurückgelegen hätten, eine der Garantieerklärungen nicht an den richtigen Ort gelangt sei und sich deshalb nicht in dem Ordner mit den an die Prozessbevollmächtigten übergebenen Geschäftsunterlagen befunden habe, habe Herr I U nicht gewusst und dies habe ihm auch nicht bewusst sein müssen. Insoweit seien auch der lange Zeitablauf und die krankheitsbedingten Erinnerungslücken des Prokuristen zu berücksichtigen. Zudem sei der Beklagte für verschiedene Bauvorhaben der Klägerin tätig gewesen und habe hierfür diverse Garantieerklärungen abgegeben. Hierüber habe niemand die Übersicht behalten können, sondern sich darauf verlassen müssen, dass sich die jeweiligen Erklärungen in den Ordnern, die für jedes Bauvorhaben getrennt geführt worden seien, befänden. Die Klägerin habe auch nicht bereits nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils wissen müssen, dass die Erklärungen des Beklagten vom 16. und 24.01.1997 nicht ausreichend seien, denn das Landgericht habe darauf nicht abgestellt.

Für die Echtheit der Unterschrift des Beklagten auf dem Schriftstück vom 31.01.1997 bezieht sich die Klägerin auf ein eingeholtes Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Handschriftenvergleich K V vom 16.03.2008 (Anlage LD 3).

Die Klägerin macht geltend, dass in dem vorangegangenen Rechtsstreit eine für sie günstigere Entscheidung ergangen wäre, wenn die Urkunde vom 31.01.1997 bereits dort vorgelegen hätte. Hierzu führt sie aus, dass nach der Erklärung vom 31.01.1997, wegen deren Inhalt auf die von der Klägerin eingereichte Ablichtung Bezug genommen wird, der Garantiebetrag von 6.675.000,00 DM nicht nur die reinen Baukosten gemäß Seite 6 der Kostenermittlung vom 20.01.1997 decke, sondern auch - als "Kosten der Außenanlagen" - die Kosten des "Freimachens der Grundstückfläche" in Höhe von 150.000,00 DM, die mit 60.000,00 DM ermittelten Kosten der Erschließung sowie die "Baunebenkosten" (Architektenkosten, Kosten für Statiker, Prüfstatiker, Vermesser, Baugenehmigung, Baugrunduntersuchung sowie allgemeine Baunebenkosten gemäß Anlage K 3 zur Klageschrift vom 18.08.2005).

Die Klägerin beantragt,

das Senatsurteil vom 14.09.2008 - 19 U 66/07 - aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Köln vom 05.08.2006 - 7 O 378/05 - in der Sache neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Restitutionsklage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Restitutionsklage bereits für unzulässig. Der Vortrag der Klägerin belege nicht, dass diese ohne ihr Verschulden nicht in der Lage gewesen sei, die angebliche Erklärung des Beklagten vom 31.01.1997 bereits in dem früheren Verfahren vorzulegen. Während des gesamten Prozesses seien Mittelpunkt des Verfahrens die von der Klägerin vorgelegten "Garantieerklärungen" des Beklagten gewesen. Der Klägerin habe spätestens nach der Entscheidung des Landgerichts klar sein müssen, dass ihre bislang vorgelegten angeblichen Erklärungen des Beklagten vom 16.01.1997 und vom 24.01.1997 nicht ausreichend gewesen seien, um ihren Anspruch zu beweisen. Die Klägerin habe wissen müssen, dass sie ihre gesamten Unterlagen nach besseren Beweisen habe durchsuchen müssen, selbst wenn das Schriftstück vom 31.01.1997 zunächst in Vergessenheit geraten sein sollte. Sie habe damit rechnen müssen, dass gerade durch die umzugsbedingte Unordnung wichtige Unterlagen möglicherweise in Abstellkammern oder Kartons verblieben seien. Im Übrigen zieht der Beklagte in Zweifel, dass überhaupt ein Umzug der Klägerin von Nr. 49 nach Nr. 51 stattgefunden habe.

Darüber hinaus bestreitet der Beklagte, das Schreiben vom 31.01.1997 anerkannt und/oder unterzeichnet zu haben. Er habe dieses Schriftstück noch nie gesehen. Sollte es sich bei der Unterschrift auf diesem Schriftstück tatsächlich um seine Unterschrift handeln, so habe er diese nicht in dieser Form unter dieses Schriftstück geleistet. Für die Annahme, dass der Beklagte das von der Klägerin vorgelegte Schreiben vom 31.01.1997 nicht unterzeichnet habe, spreche zunächst, dass auf den beiden Seiten des beweiserheblichen Schreibens unterschiedliche Schriftgrößen verwendet seien, was den Schluss nahe lege, dass die Seite, auf der sich die angebliche Unterschrift des Beklagten befinde, nicht zu der vorhergehenden, die eigentliche Garantieerklärung enthaltenden Seite gehöre. Ferner passe auch der Inhalt des Textes unmittelbar über der Unterschrift nicht zu dem Text der vorhergehenden Seite.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Restitutionsklage der Klägerin ist bereits unzulässig gemäß §§ 589 Abs. 1 S. 2, 582 ZPO.

1.

Zwar ist die Restitutionsklage als solche statthaft gemäß § 589 Abs. 1 S. 1 ZPO, denn die Klägerin hat schlüssig das Vorliegen eines Restitutionsgrundes im Sinne des § 580 Nr. 7 b) ZPO behauptet. Ob der behauptete Restitutionsgrund tatsächlich vorliegt, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern erst der Begründetheit der Restitutionsklage (vgl. Zöller/Greger, §589 Rz. 2).

Nach § 580 Nr. 7 b) ZPO findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei nachträglich eine Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand versetzt wird, die geeignet ist, ein der Partei günstigeres Prozessergebnis herbeizuführen.

Die Klägerin behauptet, dass ihr Prokurist die mit der Restitutionsklage eingereichte Erklärung vom 31.01.1997 erst am 25.02.2008 und damit nach rechtskräftigem Abschluss des Vorprozesses aufgefunden habe.

Ferner soll nach dem Vortrag der Klägerin der Beklagte diese Erklärung vom 31.01.1997 in Ergänzung der Garantieerklärung vom 24.01.1997 unterzeichnet haben.

Die maßgeblichen Passagen der Erklärung vom 31.01.1997 lauten:

"Nach Ihrer Garantie der Baukosten vom 24.01.1997 ist zu dem von Ihnen nach mehrfacher Korrektur ermittelten Betrag der Baukosten von 6.675.000 DM (sechsmillionensechshundertfünfundsiebzigtausend Deutsche Mark) die Baumaßnahme T-Straße bestehend aus 4 Häusern, einer Tiefgarage, Außenanlagen komplett fertigzustellen, wie Sie mir bereits mehrmals mündlich erklärten.

Damit sind die Baukosten ohne den Grundstückserwerb gemeint.

Es werden, damit es auch für den Laien verständlich ist, alle mit der Errichtung der Anlage verbundenen Baukosten und Nebenkosten erfasst, und die Richtigkeit von Ihnen garantiert."

Die Erklärung vom 31.01.1997 bestätigt damit nach ihrem Wortlaut die Behauptung der Klägerin, dass von der Baukostengarantie nicht nur die auf Seite 6 der Grundlagenermittlung vom 24.01.1997 angesetzten Kosten für die dort aufgeführten 18 Gewerke umfasst seien, sondern auch die von der Klägerin darüber hinaus in Ansatz gebrachten Kosten der Außenanlagen, die Kosten des Geräts (Beleuchtungskörper für die Außenbeleuchtung), die Kosten der Erschließung (Hausanschlüsse für Gas/Wasser/Strom, Kanalanschluss, Zuwegung) und die Baunebenkosten.

Nach dem Vortrag der Klägerin im Vorprozess sind beispielsweise allein für die Außenanlagen Kosten in Höhe von 201.919,52 DM (Anlage K 39, Bl. 117 ff. GA) und für Vermessungsarbeiten in Höhe von 47.722,49 DM (Anlagen K 40 - 42, Bl. 125 ff. GA) angefallen. Addiert man nur diese Beträge zu den Baukosten, die der Senat in seinem Urteil vom 14.09.2007 für die auf Seite 6 der Grundlagenermittlung aufgeführten Gewerke ermittelt hat (6.674.563,06 DM abzgl. eines 1%igen Mehrwertsteueranteils betreffend Rechnungen ab dem Jahr 1999), so gelangt man - unabhängig davon, dass der Beklagte gewisse Abzüge von den von der Klägerin geltend gemachten Kosten vornehmen will - jedenfalls zu einem über der behaupteten Baukostengarantie von 6.675.000,00 DM liegenden Gesamtbetrag.

Die Klägerin hat damit schlüssig dargelegt, dass die nunmehr vorgelegte Urkunde vom 31.01.1997 eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, wenn sie diese bereits im vorangegangenen Verfahren hätte vorlegen können.

2.

Ferner ist die Restitutionsklage auch form- und fristgerecht im Sinne der §§ 586, 587 ZPO eingelegt worden. Insbesondere ist durch die am 25.03.2008 bei Gericht eingegangene Klage die einmonatige Notfrist gemäß § 586 Abs. 1, 2 ZPO gewahrt worden, denn die Klägerin hat durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihres Prokuristen I U in gehöriger Form gemäß § 589 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht, dass die Erklärung vom 31.01.1997 erst am 25.02.2008 aufgefunden worden ist.

3.

Der Zulässigkeit der Klage steht aber § 582 ZPO entgegen.

Gemäß § 582 ZPO kann eine Restitutionsklage nur dann Erfolg haben, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Einspruch oder Berufung oder mittels Anschließung an eine Berufung, geltend zu machen. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 582 ZPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, WM 1974, 264), der sich der Senat anschließt, bereits auf der Ebene der Zulässigkeit der Restitutionsklage zu prüfen und nicht erst im Rahmen der Prüfung, ob diese begründet ist, ein Restitutionsgrund also tatsächlich vorliegt (so aber z.B. Zöller/Greger, § 582 Rz. 2); im Ergebnis ist dieser Streit nur von untergeordneter Bedeutung, da jedenfalls Einigkeit dahingehend besteht, dass die Voraussetzungen des § 582 ZPO von Amts wegen zu prüfen sind (vgl. MK/Braun, § 582 ZPO Rz. 2).

Zwar hat die Klägerin schlüssig vorgetragen, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, die Erklärung vom 31.01.1997 bereits im Vorprozess vorzulegen, denn sie behauptet, dass erst nach der Entscheidung des Senats vom 14.09.2007 bei ihrem Prokuristen der Verdacht aufgekommen sei, dass es - über die bereits vorgelegten Erklärungen vom 16. und 24.01.1997 hinaus - eine weitere Erklärung des Beklagten geben müsse, und er deshalb auch erst zu diesem Zeitpunkt eine umfassende Suche durchgeführt habe.

Der Klägerin, die insoweit die Beweislast trägt (Thomas/Putzo, § 582 Rz. 5), hat jedoch nicht darzulegen vermocht, dass sie an dem verspäteten Auffinden der Urkunde kein Verschulden im Sinne des § 582 ZPO trifft.

Wird eine Restitutionsklage gemäß § 580 Nr. 7 b) ZPO auf eine nachträglich aufgefundene Urkunde gestützt, so sind nach ständiger Rechtsprechung schon des Reichsgerichts, die vom Bundesgerichtshof fortgeführt worden ist (vgl. BGH, WM 1974, 264, 265 m.w.N.), an die Sorgfaltspflichten der betreffenden Prozesspartei strenge Anforderungen zu stellen. Eine auch nur leicht fahrlässige Pflichtverletzung schließt die Zulässigkeit der Restitutionsklage aus. Dieser strenge Maßstab ist gerechtfertigt durch die grundlegende Bedeutung der Rechtskraft für die Rechtssicherheit und die rasche Wiederherstellung des Rechtsfriedens und entspricht dem in §§ 580 ff. ZPO zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, nur in eng begrenzten Ausnahmefällen dem Betroffenen die Möglichkeit zu eröffnen, im Wege der Restitutionsklage die Rechtskraft einer auf fehlerhafter Grundlage beruhenden, ihn ohne sein Verschulden unbillig belastenden Entscheidung zu beseitigen. Ein Verschulden im Sinne des § 582 ZPO liegt deshalb regelmäßig vor, wenn eine Partei eine während des Rechtsstreits in ihrem Gewahrsam befindliche, aber infolge ungenügender Ordnung in ihren Geschäftsunterlagen oder infolge mangelhafter Nachforschung unbemerkt gebliebene Urkunde erst nachträglich vorlegt (BGH WM 1974, 264 f.; RGZ 99, 168 ff; MK/Braun, aaO, Rz. 7 m.w.N.).

Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ist die Erklärung vom 31.01.1997 nicht bereits im vorausgegangen Verfahren vorgelegt worden, weil diese sich nicht in dem Ordner betreffend das Bauvorhaben T-Straße befunden habe, sondern bei anderen Geschäftsunterlagen, die nach einem Umzug ungeordnet und unausgepackt in Kisten und Abstellkammern gelagert gewesen seien. Dies bedeutet, dass das verspätete Auffinden der Urkunde seine Ursache in einer zumindest in diesem Fall ungenügenden Ordnung der Geschäftsunterlagen der Klägerin hatte. Selbst wenn man hierin noch kein für § 582 ZPO relevantes Verschulden sehen wollte, weil sich letztlich auch in einem gut organisierten Unternehmen eine versehentliche Falschablage einzelner Unterlagen nie mit Sicherheit ausschließen lässt, so ist der Klägerin doch jedenfalls der Vorwurf zu machen, nicht frühzeitig ihr unausgepacktes Umzugsgut auf möglicherweise entscheidungserhebliche Schriftstücke durchgesehen zu haben.

Für die Klägerin war bereits aufgrund des Umstandes, dass das Landgericht durch Vernehmung des Prokuristen über eine etwaige mündliche Garantiezusage des Beklagten Beweis erhoben hat, zu erkennen, dass schon das erstinstanzlich mit dem Vorverfahren befasste Gericht den Erklärungen vom 16. und 24.01.1997 keine Baukostengarantie des von der Klägerin behaupteten Umfangs zu entnehmen vermochte. Spätestens nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils, in dem entgegen dem Vortrag der Klägerin genau dies festgestellt worden ist, musste die Klägerin damit rechnen, dass die von ihr bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Erklärungen ihrer Klage auch zweitinstanzlich nicht zum Erfolg verhelfen würden. Dass die Klägerin dieses Risiko tatsächlich auch erkannt hat, ist ihrer Berufungsbegründung zu entnehmen. Im Berufungsverfahren vor dem Senat hat sie nämlich selbst nicht mehr daran festgehalten, dass die Erklärung vom 24.01.1997 sämtliche Baukosten einschließlich Außenanlagen etc. umfasse, sondern nur noch geltend gemacht, dass von dieser Erklärung nicht allein die Baukosten nach Kostengruppe 3, sondern alle in der Grundlagenermittlung vom 20.01.1997 aufgeführten 18 Gewerke umfasst seien. Da die Klägerin aber andererseits an ihrer Klageforderung festhielt, hätte spätestens in dieser Situation für sie Veranlassung bestanden, den genauen Ablauf der Ereignisse im Zusammenhang mit der Abgabe einer Baukostengarantie durch den Beklagten zu rekonstruieren und sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob sich nicht möglicherweise in dem nicht ausgepackten Umzugsgut weitere entscheidungserhebliche Unterlagen befinden. Der Vortrag der Klägerin lässt jedoch nicht erkennen, dass sie sich im Verlauf des Rechtsstreits überhaupt mit dieser Frage beschäftigt hat. Erst nach Verkündung des zweitinstanzlichen Urteils soll der Prokurist der Klägerin erkannt haben, dass es wohl eine weitere Erklärung geben müsse. Dies ist um so überraschender als die Baukostengarantie nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin für die Finanzierung des Bauvorhabens von Bedeutung war und deshalb nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass eine tatsächlich erteilte Garantie auch schriftlich dokumentiert wird. Jedenfalls durfte die Klägerin unter diesen Umständen nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass sie ihrem Prozessbevollmächtigten alle Unterlagen vorgelegt hatte.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen schlechten Gesundheitszustand und daraus resultierende Erinnerungslücken ihres Prokuristen berufen. Der Zeuge U mag schon während des Vorprozesses unter den geschilderten Krankheitssymtomen gelitten haben. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der Zeuge U durchgängig in der Wahrnehmung seiner Aufgaben beeinträchtigt war und deshalb während des sich über mehrere Jahre erstreckenden Rechtsstreits nicht Gelegenheit gehabt hätte, sich mit der Frage auseinander zu setzen, ob dem Prozessbevollmächtigten alle für eine erfolgversprechende Geschäftsführung erforderlichen Unterlagen übergeben worden waren. Darüber hinaus vermag eine etwaige Gesundheitsbeeinträchtigung ihres Prokuristen die Klägerin auch deshalb nicht zu entlasten, da es jedenfalls dem Geschäftsführer der Klägerin oblegen hätte, durch eigene Maßnahmen oder durch Einschaltung Dritter sicher zu stellen, dass dem Prozessbevollmächtigten alle Unterlagen zur Verfügung standen. Gerade der Umstand, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ein Teil der Geschäftsunterlagen nicht ohne weiteres zugänglich, sondern unausgepackt in Kisten und Rumpelkammern gelagert war, musste aus Sicht des Geschäftsführers eine entsprechende Nachforschung gerade dann erforderlich machen, wenn er sich aufgrund des Krankheitsbildes des ursprünglich in der Angelegenheit federführend tätigen Prokuristen nicht darauf verlassen konnte, dass dieser sich zuverlässig an alle Einzelheiten erinnerte. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihr Geschäftsführer nicht "vom Fach" sei. Der Geschäftsführer einer GmbH ist aufgrund seiner Organstellung zur Wahrnehmung der Interessen der Gesellschaft verpflichtet (Baumbach/Hueck-Zöllner/Noack, GmbH-Gesetz, § 35 Rz. 33). Fehlt ihm allgemein oder in einzelnen Punkten die Sachkunde, muss er durch Einschaltung geeigneter Mitarbeiter sicher stellen, dass die Interessen der Gesellschaft wahrgenommen werden, und bei deren Erkrankung für Vertretung sorgen. Es ist für den Senat schließlich auch nicht nachvollziehbar, dass nur der Zeuge U in der Lage gewesen sein soll, die Erklärung vom 31.01.1997 zu finden. Aus Überschrift und Inhalt der von der Klägerin vorlegten Erklärung ergibt sich auch für eine nicht mit den Einzelheiten des Bauvorhabens vertraute Person ohne weiteres, dass das Schriftstück eine Baukostengarantie des Beklagten für das Objekt T-Straße betrifft.

Da die Klägerin ihren Sorgfaltspflichten im Sinne des § 582 ZPO nicht in hinreichendem Maße nachgekommen ist, war ihre Restitutionsklage gemäß § 589 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht zu entscheiden.

Streitwert für das Restitutionsverfahren : 268.194,03 EUR

Ende der Entscheidung

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