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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 18.01.2002
Aktenzeichen: 19 U 56/01
Rechtsgebiete: BGB,


Vorschriften:

BGB §§ 1373 ff.
ZPO § 91
ZPO § 92
ZPO § 97
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 56/01

Anlage zum Protokoll vom 18.01.2002

Verkündet am 18.01.2002

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 12.12.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger und die Richterinnen am Oberlandesgericht Göhler-Schlicht und Caliebe

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.01.2001 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 20 O 535/00 - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 87.500,00 DM (44.738,04 EUR) nebst 4 % Zinsen seit dem 18.01.2000 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 48.350,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die jeweils zu leistende Sicherheit durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu erbringen.

Tatbestand:

Die Parteien sind Eheleute. Sie heirateten am 19.12.1990. Vor Beginn der Ehe schenkte der Kläger der Beklagten 175.000,00 DM. Er ließ einen Tag vor der Eheschließung folgenden Text öffentlich beglaubigen:

"Hiermit bestätige ich, dass ich meiner Ehefrau (...) aus Anlass unserer Eheschließung am 19.12.1990 den Erlös aus dem Verkauf meiner Eigentumswohnung (...) im Betrage von DM 175.000,00 DM zum Geschenk gemacht habe."

Das Geld floss in den Erwerb eines Hausgrundstücks, das in alleinigem Eigentum der Klägerin stand. Es wurde von den Parteien gemeinschaftlich bis zu ihrer Trennung im März 1999 bewohnt. Derzeit ist beim Amtsgericht Köln ein Scheidungsverfahren anhängig, in dem beide Parteien einer Scheidung zustimmen. Außerdem macht der Kläger einen Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend, über den noch nicht entschieden ist.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse ihm die 175.000,00 DM zurückzahlen. Er hat behauptet, das Geschenk habe als Grundlage die Ehe gehabt. Ihm sei es - so die Meinung des Klägers - nach dem Scheitern der Ehe nicht mehr zuzumuten, den Vorteil der Beklagten zu überlassen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 175.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Sie hat behauptet, der Kläger habe ihr den Betrag lediglich deswegen geschenkt, weil er kein gutes Verhältnis zu seinem Sohn habe. Er habe das Geld seinem Sohn im Erbfall nicht zukommen lassen wollen. Somit habe er in reiner Benachteiligungsabsicht gehandelt. Ihr selbst sei der Betrag zur freien Verfügung übertragen worden. Auch sei das Scheitern der Ehe allein auf die Verhaltensweisen des Klägers zurückzuführen.

Mit Urteil vom 24.01.2001, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage für die voreheliche Zuwendung ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Zuwendung zustehe.

Gegen dieses ihr am 30.01.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 28.02.2001 bei Gericht eingegangem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Fristverlängerung bis zum 30.04.2001 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie weist insbesondere darauf hin, dass das Landgericht nicht berücksichtigt habe, dass im Zugewinnausgleichsverfahren der Wert des Hauses im Endvermögen der Beklagten mit dem vollen Wert (einschließlich der vorehelich gezahlten 175.000,00 DM) enthalten sei, was nicht richtig sein könne, wenn diese Summe rechtlich dem Kläger zustehen würde. Allenfalls stünden dem Kläger 73.657,39 DM zu, wie sie im einzelnen berechnet (GA 212).

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 24.01.2001 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung seine Klageforderung um 50 % reduziert und beantragt nunmehr,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass nur ein Betrag von 87.500,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.01.2000 begehrt werde.

Er ist der Ansicht, dass ihm für die Zuwendung vor der Ehe ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch zustehe, der neben den güterrechtlichen Ausgleich trete, so dass ihm jedenfalls die Hälfte des zugewandten Betrages zustehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch für die voreheliche Zuwendung lediglich in Höhe von 87.500,00 DM zu.

Mit zutreffender Begründung, der sich der Senat voll inhaltlich anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH (FamRZ 1992, 160 ff.) dem Kläger für die voreheliche Zuwendung einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zuerkannt. Die hiergegen gerichtete Angriffe der Beklagten rechtfertigen hinsichtlich des grundsätzlichen Bestehens dieses Ausgleichsanspruchs keine abweichende Entscheidung. Selbst wenn der Kläger bei der Schenkung der 175.000,00 DM - auch - beabsichtigt haben sollte, seinem Sohn das Erbe zu entziehen, ändert dies nichts daran, dass die Zuwendung jedenfalls ebenfalls ihren Grund in der Eingehung der Ehe und der Anschaffung der ehelichen Wohnung gehabt hat. Diese Geschäftsgrundlage ist mit dem Scheitern der Ehe weggefallen.

Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht jedoch in dessen Ansicht, dem Kläger stünde der volle Betrag der Schenkung, d. h. 175.000,00 DM zu. Zwar ist es grundsätzlich dem Kläger als dem Zuwendenden nicht zuzumuten, dass die voreheliche Leistung, die im Hinblick §§ 1373 ff. BGB nicht dem ehelichen Zugewinn unterfällt, bei der Zuwendungsempfängerin, hier der Beklagten, im vollem Umfang verbleibt. Andererseits liegt aber, wie der BGH a. a. O. zutreffend entschieden hat, kein Grund vor, den Kläger gegenüber dem (gedachten) Fall, dass die Zuwendung erst nach der Eheschließung erfolgt wäre, besser zu stellen. Dem schließt sich der Senat an. Der ergänzende Ausgleichsanspruch des Klägers ist daher danach zu bemessen, was er an Mehr als Zugewinn erhalten würde, wenn aus dem Anfangsvermögen der Beklagten der Betrag von 175.000,00 DM herausgerechnet würde und sodann unterstellt würde, der Kläger habe nach Eheschließung der Beklagten diesen Betrag zum Erwerb der Ehewohnung auf ihren Namen zugewandt. In diesem Fall wäre im Hinblick auf die hälftige Beteiligung der Parteien an dem Zugewinn (§ 1378 BGB) der Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers rechnerisch um 87.500,00 DM höher als im Falle der Hinzurechnung der Schenkung zum Anfangsvermögen. Nur insoweit steht daher dem Kläger ein ergänzender Ausgleichsanspruch zu.

Die weitergehende Klage war mangels Zustimmung der Beklagten zu der vom Kläger erklärten (teilweisen) Klagerücknahme abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 175.000,00 DM (89.476,08 EUR)

Wert der Beschwer für beide Parteien: 87.500,00 DM (44.738,04 EUR).

Ende der Entscheidung

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