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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 04.11.2002
Aktenzeichen: 19 U 67/02
Rechtsgebiete: HGB
Vorschriften:
HGB § 89 a |
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am 04.11.2002
In dem Rechtsstreit
hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 20. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, die Richterin am Oberlandesgericht Caliebe und die Richterin am Amtsgericht Mundorf
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Senates vom 05.07.2002 und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wird das am 04.12.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 85 O 131/01 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 116.201,28 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.04.2001 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten ihrer Säumnis, die weiteren Kosten der Berufung werden der Klägerin zu 85% und der Beklagten zu 15% auferlegt. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 83% und die Beklagte zu 17%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin klagt aus abgetretenen Recht ihres Ehemannes, der für die Beklagte zuletzt als alleinvertretungsberechtigter Handelsvertreter für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig war.
Im Jahre 1993 verkaufte der Ehemann der Klägerin das von ihm gegründete und aufgebaute Unternehmen, welches Werbetafeln auf Golfplätzen vermarktete, zum Preis von 1,4 Millionen DM an die Beklagte. Seit Juni 1993 war der Ehemann der Klägerin als Handelsvertreter für die Beklagte tätig und erhielt zu-nächst eine Provision von 20% für jeden neu vermittelten Werbevertrag. Nach längeren Verhandlungen schlossen der Ehemann der Klägerin und die Beklagte am 23.03.1995 mit Wirkung zum 01.01.1995 einen schriftlichen Handelsvertretervertrag, der für den Ehemann der Klägerin u.a. höhere Provisionen, ein Alleinvertretungsrecht für die gesamte Bundesrepublik Deutschland vorsah und folgendes regelte: Die Fälligkeit der Provisionen war abhängig von der Dauer der Laufzeit der vermittelten Verträge. Bei Aufträgen mit einer Grundmietdauer von bis zu 3 Jahren wurde die Provision nach Berechnung der ersten Jahresmiete fällig. Bei Aufträgen mit einer Grundmietdauer von mehr als 3 Jahren wurde die Provision für die ersten 3 Jahre nach Berechnung der ersten Jahresmiete und die Provision für die übrigen Jahre erst nach Berechnung der vierten Jahresmiete fällig. Darüber hinaus bestimmten § 6 IV für die Dauer des Vertrages:
"Verlängern sich Verträge nach der ersten fest vereinbarten Laufzeit (Grundmietdauer) automatisch um weitere Jahre, so steht H." (gemeint ist der Ehemann der Klägerin) "auch für diese Folgejahre die vereinbarte Provision zu."
und § 7 IV 3 für den Fall der Beendigung des Vertrages:
"Neue Aufträge und Vertragsverlängerungen, die erst nach dem Ende des Vertrages von W." (=Beklagte) "erteilt werden bzw. eintreten, sind nicht mehr provisionspflichtig."
Gem. § 9 I Satz 2 und 3 des Vertrages bedurften Änderungen und/oder Ergänzungen des Vertrages der Schriftform und auch ein etwaiger Verzicht auf dieses Schriftformerfordernis sollte nur schriftlich möglich sein. Wegen der nähere Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die vorgelegten Kopien (AH 2 - 6) Bezug genommen.
Ende 1999/Anfang 2000 plante die Muttergesellschaft der Beklagten, die W. Holding AG, eine Umstrukturierung der Beklagten, wonach u.a. der Handelsvertretervertrag mit dem Ehemann der Klägerin beendet und deren Sohn zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt werden sollte und auch bestellt wurde. Mit dem Ehemann der Klägerin folgten sodann Verhandlungen wegen einer einvernehmlichen Aufhebung des Handelsvertretervertrages. Die näheren Einzelheiten hierzu sind zwischen den Parteien streitig. Der Handelsvertretervertrag mit dem Ehemann der Klägerin wurde schließlich mit Schreiben der Muttergesellschaft der Beklagten vom 16.06.2000 zum 31.12.2000 gekündigt.
Die Klägerin hat behauptet, ihr stünden aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes ein Anspruch auf rückständige Provisionen in Höhe von DM 253.480,01 (= € 129.602,27) und ein Ausgleichsanspruch in Höhe DM 1.047.488,65 (= € 535.572,42) zu. Bei der geltend gemachten Provisionsforderung handele es sich um Provisionsansprüche ihres Ehemannes aus automatischen Vertragsverlängerungen für Verträge, die vor Abschluß des schriftlichen Handelsvertretervertrages zustande gekommen und erst danach verlängert worden seien. Zum Ausgleichsanspruch hat sie vorgebracht, ihr Ehemann habe in den Jahren 1996 bis 1999 eine durchschnittliche Jahresprovision in Höhe von DM 1.047.488,65 verdient.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 04.12.2002, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Klägerin behauptet jedoch nunmehr, ihr Ehemann habe sämtliche Kunden der Beklagten als Handelsvertreter geworben, so auch sämtliche in der Anlage K 4 aufgelistete Kunden (AH 9 - 40), die nach Ablauf der jeweils vereinbarten Grundmietzeit wahrscheinlich ihre Verträge verlängerten bzw. eine neue Werbung bestellten. Selbst bei vorsichtiger Schätzung betrage die Höhe der Neubestellungen ca. 95%. Durch die Beendigung des Vertrages habe ihr Ehemann Provisionen in Höhe von 1.730.000,-- DM verloren (GA 204).
Mit Schriftsatz vom 18.09.2002 bringt sie zudem vor, ihr Ehemann habe beispielsweise in den Jahren 1995 und 1996 insgesamt 343 neue Aufträge zu einer Grundmietdauer von 3 bzw. 5 Jahren vermittelt. Bei 61 dieser Verträge sei es zu einer Vertragsverlängerung um 1 Jahr, bei 11 um 2 Jahre, bei 5 um 3 Jahre gekommen und 62 Verträge liefen noch. Bei Zugrundelegung dieses Zahlenwerkes errechne sich als Folge der Kündigung des Vertrages ein Gesamtprovisionsverlust aus automatischen Vertragsverlängerungen in Höhe von insgesamt 348.657,63 € (GA 270, 271). Die Klägerin legt ferner eine Vielzahl von Provisionslisten und Tabellen vor, auf die sie zur näheren Begründung ihrer Forderungen Bezug nimmt.
Die Klägerin stützt ihre in der Hauptsache geltend gemachten Zahlungsansprüche nunmehr weiter u.a. auf einen angeblich zur Vertragsbeendigung geschlossenen Vergleich und behauptet hierzu: Anläßlich der Marketingmesse in S. sei es zwischen dem 09. und 12.04.2000 zu einer rechtsverbindlichen Einigung zwischen dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten (= Sohn der Klägerin und des Zedenten), dem Leiter der W. Unternehmensgruppe und Managing-Direktor der W. Holding AG (=Entscheidungsträger der Hauptgesellschafterin der Beklagten) Herrn P. Q. und dem Zedenten gekommen, wonach der Zedent seine Reisetätigkeit mit sofortiger Wirkung einstellen und an ihn zum Ausgleich hierfür ein in Raten zu zahlender Betrag in Höhe von 1.200.000,-- DM sowie an rückständigen Provisionen € 129.602,27 gezahlt werden solle (GA 210).
Die Beklagte ist der Auffassung, dem Zedenten stünden Provisionen für automatische Vertragsverlängerungen von Alt-verträgen, also solchen Verträgen, die vor dem schriftlichen Handelsvertretervertrag geschlossenen worden seien, nicht zu. Der Ausgleichsanspruch sei nicht schlüssig dargelegt. Im übrigen tätige der Durchschnittskunde lediglich ein Geschäft und verlängere seinen Vertrag nicht. Die Beklagte räumt jedoch mit Schriftsatz vom 12.09.2002 ein, daß 479 der insgesamt 2.395 durch den Zedenten akquirierten Verträge verlängert wurden, und zwar um durchschnittlich 1,83 Jahre (GA 233); das entspräche einem Provisionsverlust für 2001 in Höhe von ca. DM 103.562,42 (= € 52.950,62) und in 2002 in Höhe von € 52.231,58 jeweils netto (GA 237). Ein Ausgleichanspruch stehe der Klägerin gleichwohl nicht zu, da die Beklagte künftig auch die Provisionen für Vertragsverlängerungen bezahlen werde (GA 240). Die "Ankündigung" künftiger Provisionszahlungen erfolge zur Abwehr des Ausgleichsanspruches. Mit insoweit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 18.10.2002 behauptet sie nunmehr, bei den von ihr angegebenen Beträgen der angeblichen Provisionsansprüche aus Verlängerungen für 2001 und 2002 habe sie irrtümlich auch solche Verträge, die vor 1995 abgeschlossen gewesen seien, mit einbezogen sowie auch für 1995 und 1996 einen Provisionssatz von 28% statt 20% bzw. 25% zugrunde gelegt (GA 370).
Im Termin vom 5.7.2002 erging gegen die Klägerin ein Versäumnisurteil, durch das die Berufung zurückgewiesen wurde. Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Klägerin fristgerecht Einspruch eingelegt. Sie begehrt nunmehr ferner "hilfsweise" die Zahlung von 122.011,36,-- € an Provisionen für in den Jahren 2001 und 2002 verlängerte Verträge, sowie die Feststellung, daß ihr Provisionen in Höhe von 28% für ab dem 1.1.2001 verlängerte Verträge zustünden sowie die Erteilung eines Buchauszuges.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die formell unbedenkliche Berufung ist lediglich im zuerkannten Umfange begründet.
1.
Die Klägerin kann sich zur Begründung der geltend gemachten Provisions- und Ausgleichsansprüche nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr Ehemann habe anläßlich der Marketingmesse in S. mit dem hierzu bevollmächtigten Managing-Direktor der W. Holding AG mündlich einen Vergleich geschlossen, der diese Ansprüche regele.
Nach § 9 I Satz 2 und 3 des Handelsvertretervertrages vom 23.03.1995 bedurften Vertragsänderungen oder -ergänzungen der Schriftform. Auch dieses Formerfordernis selbst sollte mündlich nicht abbedungen werden können. Es kann offenbleiben, ob eine solche sogenannte qualifizierte Schriftformklausel nur durch eine schriftliche Vereinbarung abgeändert werden kann (so BGHZ 66, 378 (380) = NJW 1976, 1395 m. w. Nachw.; Förschler, in: Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 125, Rn. 77 unten) oder ob es die Parteien im Rahmen ihrer Autonomie in der Hand haben, auch formlos ihre frühere anderslautende Bindung wieder aufzuheben (so Erman-Brox, BGB, 8. Aufl., § 125, Rn. 8; Palandt-Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 125, Rn. 14). Denn das Vorbringen der Klägerin zu der angeblich Anfang April 2000 getroffenen Vereinbarung steht im Widerspruch u.a. zu dem von ihr überreichten Schreiben des Zedenten vom 1.6.2000 an Herrn W. G. (Verwaltungsratspräsident der W. Holding AG und "wirtschaftlicher Inhaber" der Beklagten), in dem der Zedent zunächst ausführt:
"... Wenn ich mit den Zahlen ein wenig unvorbereitet war, dann deshalb, weil ich davon ausging, daß wir uns in einer gegenseitigen großzügigen Art und Weise auseinandersetzen und auf einen Betrag einigen. Ich ging einfach davon aus, Erstjahresumsätze hochzurechnen.
Im Laufe unseres Gespräches kam jedoch heraus, daß Du Dich genau auf die gesetzlich vorgeschriebenen Paragraphen berufen möchtest. Dies ist Dein gutes Recht und ich habe hiergegen nichts einzuwenden. Deshalb heute die exakten Zahlen: ...."
und sodann seinen vermeintlichen Ausgleichsanspruch berechnet (AH 41). In diesem Schreiben hat der Zedent nicht - wie die Klägerin behauptet hat-, Herrn G. lediglich vor Augen geführt, daß der vereinbarte Betrag nicht völlig aus der Luft gegriffen sei, sondern geht selbst davon aus, daß eine Einigung noch nicht erzielt worden sei. Da die Klägerin diesen Widerspruch zwischen diesem von ihr in Bezug genommenen Schreiben und ihrem übrigen Vorbringen nicht aufklärt, ist ihr Vorbringen zur angeblichen Vereinbarung wegen Widersprüchlichkeit unbeachtlich. Die Klägerin macht auch nicht deutlich, daß die Vereinbarung zum Ausgleichsanspruch von den Vertragsparteien allein getroffen wurden. Rein rechtlich konnten der Zedent und sein Sohn als Geschäftsführer der Beklagten eine solche Vereinbarung treffen, ohne daß es der Zustimmung der Muttergesellschaft bedurfte. Davon geht aber der Zedent selbst nicht aus, denn er weist darauf hin, daß der Zeuge Q. als Leiter der W. als Managing Direktor der W. Holding AG Entscheidungsträger der Hauptgesellschafterin der Beklagten sich mit den Aufhebungskondiktionen einverstanden erklärt habe. Wenn es also nach der Vorstellung des Zedenten zur Wirksamkeit der Vereinbarung nicht nur der Zustimmung des Geschäftsführers der Beklagten bedurfte, sondern zusätzlich auch der Zustimmung eines Entscheidungsträgers der Hauptgesellschafterin, war für den Zedenten klar, daß die unterschiedlichen Vorstellungen über die Höhe des Anspruchs (5 Mio DM und 1,2 Mio DM - 12 GA) mit einem konkreten Zahlenwerk untermauert werden mußten und daß es zu dieser Vereinbarung trotz der behaupteten Vollmacht des Zeugen Q. der Zustimmung des Zeugen G. bedurfte. Dementsprechend ließ sich der Zedent mit dem Verwaltungspräsidenten der AG auf Verhandlungen über "exakte Zahlen" ein, ohne sich auf eine schon verbindlich getroffene Vereinbarung mit dem Geschäftsführer der Beklagten und auf eine Zustimmung des Zeugen Q. zu berufen. Wäre der Zedent selbst von einer wirksamen Vereinbarung ausgegangen, hätte nichts näher gelegen, erneute Verhandlungen unter Berufung auf die Vereinbarung abzulehnen.
2.
Der Klägerin steht auch nach dem neuen Vorbringen aus § 87 HGB kein Provisionsanspruch von 129.602,27 € aus abgetretenem Recht für solche Werbeverträge zu, die bereits vor dem 1.1.1995 abgeschlossenen wurden und sich danach mangels Kündigung automatisch verlängerten.
Die Klägerin behauptet nunmehr, in die Berechnung des Provisionsanspruches seien keine Kunden einbezogen worden, die im Jahre 1993 durch Verkauf seines damaligen Unternehmens der Beklagten übertragen worden seien, sondern die Berechnung enthalte lediglich die vom Zedenten als Handelsvertreter in den Jahren 1993 und 1994 vermittelten Verträge (GA 193, 194). Die Klägerin legt jedoch weder eine Provisionsabrechnung vor, noch gibt sie an, wie sich der von ihr geltend gemachte Provisionsanspruch berechnet, insbesondere wann, welche Verträge, mit welchem Mietzins verlängert wurden und welchen Provisionssatz sie ihrer Berechnung zugrunde gelegt hat. Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob dieses pauschale Vorbringen als hinreichend substantiiert angesehen werden kann. Denn die Klägerin bringt auf Bl. 6 und 7 ihres Schriftsatzes vom 18.07.2002 (GA 196, 197) vor:
"Provisionen aus automatischen Verlängerungen der Aufträge über Werbung ... sind erstmals im Jahre 2000 angefallen. ... Die von dem Zedenten in dem Zeitraum von 1993 bis 1994 akquirierten Kunden wurden nicht motiviert, die Verträge automatisch zu verlängern. Denn die in diesen Jahren geschlossenen Verträge beinhalteten lediglich ein Entgelt der Kunden in Höhe von DM 980,-- (und billiger) je Bahn jährlich. Mit Beginn des Handelsvertretervertrages ... wurde als Mietzins für die Kunden zwischen der Beklagten und dem Zedenten abgestimmt jährlich DM 1.600,-- pro Jahr und Bahn (und höher). .... Dem Zedent war diese Regelung sehr recht, denn er erhielt in den Jahren 1993 und 1994 lediglich Provisionen in Höhe von 20%. Der ab 01.01.1995 geltende Handelsvertretervertrag regelte demgegenüber Provisionen von zunächst 25% und später 28%, ... . Aus diesem Grunde bestand bei dem Zedenten und bei der Beklagten übereinstimmend das Interesse an dem Neuabschluß von Verträgen. Dies geschah in der Regel durch Neuakquisition, weil die mit dem Neuabschluß verbundenen Preiserhöhungen von 75% bei den damals bereits vorhandenen Kunden nicht durchzusetzen waren. ...
Nachdem im wesentlichen die mit den Altkunden seinerzeit geschlossenen Verträge auf Neukunden umgestellt waren, .... Die Umstellung der Verträge auf Neuabschlüsse mit Neukunden konnte somit bis zum Jahre 2000 durchweg erfolgreich praktiziert werden. ...".
Wurden jedoch die in den Jahren 1993 und 1994 von dem Zedenten akquirierten Verträge nicht oder ganz überwiegend nicht verlängert, - weil eben Neuabschlüsse bevorzugt wurden - so kann der Klägerin kein Provisionsanspruch in Höhe von 129.602,27 € für tatsächlich nicht erfolgte Verlängerungen dieser Verträge zustehen.
3.
Auch die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch hat die Klägerin nicht schlüssig vorgebracht.
Sie behauptet lediglich pauschal, sämtliche in der Anlage K4 (AH 9 - 40) aufgeführten Kunden seien von dem Zedenten nach 1995 neu geworben worden. Dies bestreitet die Beklagte (GA 178). Unstreitig hatte die Beklagte 1993 von dem Zedenten dessen Unternehmen erworben, und zwar für 1,4 Millionen DM. Dieser Preis macht deutlich, daß damit auch der damals vorhandene Kundenstamm abgegolten worden ist. Wenn aber die Beklagte schon einen offensichtlich nicht unbedeutenden Kundenstamm erworben hatte, obliegt es der Klägerin im Einzelnen vorzubringen, welche Kunden denn von dem Zedenten (oder einem seiner Untervertreter) wann geworben worden sind und dies unter Beweis zu stellen. Wenn die Beklagte bei Abschluß des Handelsvertretervertrages einen nennenswerten (und geldwerten) Kundenstamm hatte - ihr Unternehmen war bereits in den 80iger Jahren gegründet worden -, dann kann der Zedent auch nicht etwa als Mann der ersten Stunde angesehen werden, sondern die Klägerin hat die volle Darlegungs- und Beweislast für die Werbung eines jeden Neukunden. Dies steht auch nicht in Widerspruch zu den vorhergehenden Ausführungen, denn die Beklagte bestreitet, daß alle "Altkunden" vor 1995 verloren gegangen sind und die Behauptung der Klägerin, ab 1995 seien die höheren Preise der Beklagten bei Altkunden "in der Regel" nicht durchzusetzen gewesen, bedeutet eben nicht, daß alle Altkunden verloren gegangen sind. Hierzu hätte die Klägerin im einzelnen vortragen müssen.
Auch ist die Berechnung des Rohausgleiches nach dem Vorbringen der Klägerin nicht nachvollziehbar. Die mit den Kunden geschlossenen Verträge haben in der Regel eine Laufzeit von 3 bis 7 Jahren. Gem. § 7 Ziffer 6 bleiben Provisionsansprüche, die bei Vertragsende bereits entstanden sind, bestehen, insbesondere aus Aufträgen, für die erstmals eine Grundmietdauer vereinbart worden ist. Lediglich neue Aufträge und Vertragsverlängerungen, die erst nach Vertragsende erteilt werden bzw. eintreten, sind nach dieser Vertragsklausel nicht mehr provisionspflichtig. Der Ausgleichsanspruch setzt jedoch gem. § 89 b I Nr. 2 HGB voraus, daß der Handelsvertreter durch eine Vertragsbeendigung in einem überschaubaren Zeitraum Provisionsansprüche verliert. Soweit die Laufzeit von Verträgen und der Provisionsanspruch dafür jahrelang über das Vertragsende hinausläuft, verliert er in dieser Zeit keine Provisionsansprüche. Dem Vorbringen der Klägerin ist jedoch nicht zu entnehmen, daß und inwieweit ihr Ehemann für (konkret welche?) abgeschlossene Geschäfte mit mehrjähriger Laufzeit auch für einen Zeitraum nach Ende des Handelsvertretervertrages keinen Provisionsanspruch hatte oder hat und ab welchem Zeitpunkt ein Folgeauftrag oder eine Verlängerung überhaupt erst zur Diskussion stehe.
Auch das Vorbringen der Klägerin zu dessen voraussichtlichen Provisionsverlusten ist mangels Substantiierung unbeachtlich. Die Klägerin behauptet (GA 204) pauschal einen Provisionsverlust von 1.730.000,-- DM. Wie sich dieser errechnen soll, ist nicht nachzuvollziehen.
Bei der Berechnung der Provisionsverluste ist auf den Umsatz des Zedenten mit Mehrfachkunden im letzten Vertragsjahr abzustellen (s. OLG Köln, MDR 1996, 689, 690 m.w.N). Die hiernach anzustellende Prognose setzt also zumindest voraus, daß die Klägerin das Verhältnis zwischen Neukunden- und Mehrfachkunden nennt. Zur Erstellung der Zukunftsprognose ist wenigstens das Vorbringen erforderlich, wieviel Prozent des Umsatzes mit Mehrfachkunden erzielt werden. Trotz aller mitgeteilten Zahlenkolonnen ergibt das Vorbringen der Klägerin dies nicht.
Die Klägerin behauptet, die seit 1995 abgeschlossenen Verträge mit Kunden der Beklagten hätten - mit Ausnahme von ganz wenigen Vorgängen - eine Grundmietzeit von 5 Jahren gehabt, weshalb es erstmals im Jahre 2000 zu "automatischen" Vertragsverlängerungen um ein Jahr gekommen sei (GA 196, 198). Dieses Vorbringen steht im Widerspruch zu der von ihr selbst überreichten Anlage K4 (AH 9 ff.), die die Umsätze in den Jahren 1995 bis 2000 aus neu abgeschlossenen Verträgen wiedergeben soll und aus der sich beispielsweise für das Jahr 1996 ergibt, daß mehr als 40% der für dieses Jahr abgerechneten Verträge eine Grundmietzeit nicht von 5 sondern lediglich von 1 - 3 Jahren hatten (AH 9 - 13 und 28 -30).
Die Klägerin behauptet weiter 50% der Verträge würden automatisch verlängert (GA 209) und beruft sich als Beispiel auf die Werbung im Golfclub X. (GA 206). In der Zeit von 1987 - 1993 hätten 9 von 18 Kunden, die für Werbung auf diesem Clubgelände Verträge mit einer festen Laufzeit von 5 Jahren abgeschlossen hätten, nach deren Auslaufen Neuabschlüsse getätigt. Acht dieser Kunden werden namentlich aufgeführt.
Ob dieses Vorbringen zur Werbung in einem einzigen Golfclub den Schluß auf das Verhalten der Kundschaft insgesamt zuläßt, ist fraglich. Die Beklagte bestreitet dies und bringt zudem vor, daß der Golfclub X. der Heimatclub des Zedenten sei, der die meisten der Mitglieder persönlich kenne. Gegen eine Vergleichbarkeit spricht jedenfalls entscheidend, daß in den Jahren bis 1994 erheblich niedrigere Preise vereinbart worden waren, die für die Kunden eine Verlängerung interessanter machten, als später im Jahre 2000 die wesentlich höheren Preise, die seit 1995 verlangt wurden (s.o. UA 9).
Auch die Berechnung auf Bl. 6 des Schriftsatzes der Klägerin vom 18.07.2002 (GA 199), die lediglich die Provisionen aus Vertragsverlängerungen in der Zeit von Januar bis Mai 2000 ins Verhältnis setzt zu dem im selben Zeitraum angeblich erzielten "Provisionsumsatz Grundmietdauer" ist nicht geeignet, voraussichtliche künftige Provisionsverluste des Zedenten zu ermitteln. Es ist zudem unklar, was die Klägerin unter "Provisionsumsatz Grundmietdauer" versteht. Im Zeitraum Januar bis Mai 2000 sollen hierauf DM 97.238,35 angefallen sein. Ausweislich der Anlage K4 sollen die vom Zedenten in diesem Zeitraum selbst oder über seinen Sohn vermittelten Neuabschlüsse einen Provisionsanspruch von jedenfalls DM 276.485,-- (= DM 202.845,-- (AH 26, 27) zzgl. DM 10.520,-- zzgl. DM 63.120 (AH 40)) ergeben haben.
Demnach ist die pauschale Behauptung der Klägerin (GA 203), mindestens 50% der Kunden verlängerten ihre Verträge, mangels Substantiierung unbeachtlich.
Mit Schriftsatz vom 18.09.2002 bringt die Klägerin zwar vor, ihr Ehemann habe in den Jahren 1995 und 1996 insgesamt 343 neue Aufträge zu einer Grundmietdauer von 3 bzw. 5 Jahren akquiriert. Bei 61 dieser Verträge sei es zu einer Vertragsverlängerung um 1 Jahr, bei 11 um 2 Jahre, bei 5 um 3 Jahre gekommen und 62 Verträge liefen noch. Nicht nachvollziehbar ist jedoch der von der Klägerin bei Zugrundelegung dieses Zahlenwerkes behauptete Gesamtprovisionsverlust betreffend automatische Vertragsverlängerungen in Höhe von 348.657,63 € (GA 270, 271). Wie sich dieser im einzelnen berechnen soll, ist dem Klagevorbringen nicht zu entnehmen. Es ist auch weder dem Gericht noch der Beklagten zumutbar, sich das möglicherweise "Passende" aus den von der Klägerin eingereichten umfangreichen Unterlagen herauszusuchen (s. Zöller-Greger, 23. Aufl., § 130 ZPO, Rn. 2 m.w.N.).
Die Beklagte hat jedoch mit Schriftsatz vom 12.09.2002 nunmehr eingeräumt, daß 479 von insgesamt 2.395 von dem Zedenten akquirierter Verträge verlängert wurden, und zwar um durchschnittlich 1,83 Jahre (GA 233); das entspräche einem Provisionsverlust für 2001 in Höhe von ca. DM 103.562,42 (= € 52.950,62) und in 2002 in Höhe von € 52.231,58 jeweils netto. Mithin hat die Beklagte einen Provisionsverlust von jedenfalls € 105.182,20 zugestanden. Dieses Geständnis ist auch prozessual wirksam erklärt worden durch die Bezugnahme der Beklagten auf ihre schriftsätzlichen Erklärungen gemäß § 137 Abs. 3 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 1999, 1113). Durch die vorbehaltlose Antragstellung der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2002 erfolgte eine Bezugnahme auf den gesamten vorliegenden Inhalt des Verfahrens. In der Antragstellung und der anschließenden mündlichen Verhandlung zur Sache ist der Vortrag der schriftsätzlichen Bekundung enthalten, denn die mündliche Verhandlung erstreckt sich im Zweifel auf den gesamten bis zum Termin angefallenen Akteninhalt. Dieser Punkt ist im Termin mit den Parteien auch eingehend erörtert worden. In dem anschließenden streitigen Verhandeln ist daher eine konkludente Bezugnahme auf den bisherigen Akteninhalt zu erkennen (OLG Saarbrücken OLGR 2001, 209 m. w. N.).
Dieses Geständnis hat die Beklagte auch nicht wirksam widerrufen (§ 290 ZPO). Zwar behauptet sie mit insoweit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 18.10.2002, bei den von ihr angegebenen Beträgen der angeblichen Provisionsansprüche aus Verlängerungen für 2001 und 2002 habe sie sich geirrt und irrtümlich auch solche Verträge, die vor 1995 abgeschlossen gewesen seien, mit einbezogen sowie auch für 1995 und 1996 einen Provisionssatz von 28% statt 20% bzw. 25% zugrunde gelegt (GA 370). Um konkret welche Beträge sie sich geirrt haben will und wie hoch der tatsächliche Provisionsverlust des Zedenten sein soll, gibt sie jedoch nicht an.
Gemäß § 290 ZPO ist ein Widerruf nur wirksam, wenn die widerrufende Partei darlegt und beweist, daß das Geständnis nicht der Wahrheit entspricht und durch ein Irrtum veranlaßt worden ist. Hierfür ist die Beklagte jedoch jedenfalls beweisfällig geblieben. Zudem hätte es eines konkreten Sachvortrages bedurft, wie hoch der tatsächliche Provisionsverlust sein soll.
Zwar können die von der Beklagten zugestandenen Provisionsverluste für den Ausgleichsanspruch zugrunde gelegt werden. Die so ermittelte Ausgleichssumme ist jedoch noch abzuzinsen, da die Klägerin mit dem Ausgleich, der an die Stelle künftiger, mit der Vertragsbeendigung aber entfallender Provisionseinnahmen tritt, eine Zahlung erhält, die sich bei der Fortsetzung des Vertrages auf einen längeren Zeitraum verteilt hätte. Diese Abzinsung ist unabhängig davon vorzunehmen, zu welchem Zeitpunkt die Zahlung des Ausgleichs bewirkt wird oder daß sie erst nach langer Prozeßdauer erfolgt; denn der mit der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses entstehende Ausgleichsbetrag kann regelmäßig keine Veränderung dadurch erfahren, daß die tatsächliche Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt (so BGH MDR 1991, 502 = VersR 1991, 463; ablehnend: Küstner/von Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2, 6. Aufl., Rn. 662). Da der Ausgleichsbetrag vorliegend lediglich auf im Durchschnitt 1 Jahr abzuzinsen ist, legt der Senat hierfür die Abzinsungstabelle für Kapitalbarwerte zu Grunde, § 287 ZPO. (s. BGH Urteil vom 10. Juli 2002, Az.: VIII ZR 58/00). Dies ergibt bei 5 % folgende Berechnung:
Abzuzinsender Betrag x 0,952381
und angewandt auf vorliegenden Sachverhalt: € 105.182,20 x 0,952381 € 100.173,52,
zzgl. Mehrwertsteuer ergibt dies einen Ausgleichanspruch in Höhe von € 116.201,28.
Entgegen der Auffassung der Beklagten entfällt dieser Ausgleichanspruch nicht aufgrund ihrer Erklärung im Prozeß, sie werde - zum Ausschluß des Ausgleichsanspruches - auch nach Vertragsbeendigung die Provisionen für "automatische Vertragsverlängerungen" zahlen. Denn der einmal entstandene Anspruch des Handelsvertreters auf Ausgleich kann nicht einseitig durch den Prinzipal dadurch zunichte gemacht werden, daß er statt des Ausgleichs nach Vertragsbeendigung nicht mehr geschuldete Provisionen zahlt oder zahlen will. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters kann vielmehr gem. § 89 b IV HBG nach Vertragsbeendigung nur einvernehmlich ausgeschlossen oder herabgesetzt werden. Die Klägerin oder ihr Ehemann haben sich jedoch bislang nicht damit einverstanden erklärt, statt des Ausgleiches weiter Provisionen für automatische Vertragsverlängerungen zu erhalten. Die Klägerin macht vielmehr nach wie vor in erster Linie den Ausgleichsanspruch aus abgetretenem Recht geltend.
4.
Die in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträge sind zulässig, jedoch nicht begründet. Zwar kann in der Erklärung der Beklagten, sie werde auch nach Vertragsbeendigung Provisionen für Vertragsverlängerungen der von dem Zedenten vermittelten Verträge bezahlen, ein konstitutives Schuldanerkenntnis liegen, auch künftig zur Verlängerung kommende Verträge - abweichend vom Vertrag - zu verprovisionieren. Die Beklagte hat dieses Anerkenntnis jedoch zur "Abwehr" des Ausgleichsanspruches abgegeben. Mithin stand das Anerkenntnis unter der Bedingung, daß ein Ausgleichanspruch nicht zu zahlen sei bzw. statt des Ausgleiches diese Provisionen fortbezahlt werden sollten. Da diese Bedingung nicht eingetreten ist, ist das von der Beklagten erklärte Schuldanerkenntnis nicht wirksam geworden (§ 158 I BGB) und die Klägerin kann nunmehr nicht zusätzlich zum - wenn auch nur teilweise - zuerkannten Ausgleichsanspruch Provisionen für automatische Vertragsverlängerungen nach Beendigung des Handelsvertretervertrages geltend machen.
5.
Der zuerkannte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, §§ 284 ff, 288 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 97 Abs. 1, 344 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO n.F.
Die nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingegangenen, nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 25.09.2002, 24.10.2002 und 30.10.2002 rechtfertigen keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 543 II ZPO zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben; die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes.
Streitwert für das Berufungsverfahren: bis zu € 800.000,--.
Ende der Entscheidung
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