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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 30.09.2005
Aktenzeichen: 19 U 67/05
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 86 a Abs. 1
HGB § 89 a Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 67/05

Anlage zum Protokoll vom 30.09.2005

Verkündet am 30.09.2005

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 09.09.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Ketterle, die Richterin am Oberlandesgericht Eickmann-Pohl und den Richter am Amtsgericht Kremer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 08.03.2005 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln (85 O 194/04) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte nach gekündigtem Versicherungsvertretungsverhältnis im Wege der Feststellungsklage Schadensersatzansprüche und im Wege der Leistungsklage einen Rückzahlungsanspruch geltend. Er rügt eine fehlende Kündigungsberechtigung der Beklagten aus Altersgründen und begehrt die Erstattung von Nutzungsentgelt für ein IT-Programm.

Der am 23.09.1941 geborene Kläger war aufgrund eines Agenturvertrages vom 16.05.1973 als Versicherungsvertreter zunächst für die M Allgemeine Versicherungs-AG sowie die M Lebensversicherungs-AG und seit der Verschmelzung vom 20.09.1999 für die Beklagte sowie die B Lebensversicherung AG tätig.

Gemäß der ergänzenden Vereinbarung zum Vertretervertrag vom 21.05.1996 schloss sich der Kläger gegen Zahlung eines monatlichen Betrages in Höhe von 210,08 DM dem D-PC-System der M Versicherung an. Mit Rundschreiben vom 04.11.1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass im Bereich der dynamischen Lebensversicherungen keine Kopien der Dynamik-Nachträge mehr versendet würden und für Auskünfte D zur Verfügung stehe. Vor diesem Hintergrund bat der Kläger mit Schreiben vom gleichen Tag die Beklagte, ab Januar 2000 auf das für die Nutzung von D vereinbarte Entgelt zu verzichten.

Ab dem Jahre 1998 war es zu Umsatzeinbußen im Geschäft des Klägers gekommen, was die Beklagte zum Anlass nahm, den Kläger mit Schreiben vom 25.10.2002, 04.11.2002 und 05.12.2002 auf seine Verpflichtungen aus dem Agenturvertrag hinzuweisen. Mit Schreiben vom 18.12.2002 erklärte die Beklagte die Kündigung des Agenturvertrages zum 31.12.2003 und entband den Kläger mit sofortiger Wirkung von jeder weiteren Tätigkeit. Weiter heisst es in dem Schreiben: "Der Vertreter ist berechtigt, sich zu jeder Zeit ... von diesem Vertrag und dem Wettbewerbsverbot loszusagen." Mit Schreiben vom 13.02.2003 wies der von dem Kläger eingeschaltete BVK (= Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V.) die Beklagte darauf hin, dass diese sich nicht an die von der M Versicherung erteilte Zusage halte, wonach Hauptberufsvertretern, die mehr als 25 Jahre tätig seien, nach dem 55. Lebensjahr nicht ohne triftigen Grund gekündigt werden sollte. Damit hat es folgende Bewandtnis:

Auf der 74. Sitzung der HVN (= Hausvereinigung der hauptberuflichen Ausschließlichkeitsvertreter der M Versicherungs-Gesellschaften) vom 29./30.05.1995 hatte die Geschäftsleitung der M Versicherungen erklärt, diese werde sich selbstverständlich an das zwischen dem BVK und dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft vereinbarte Schutzabkommen für ältere hauptberufliche Vertreter - so genannte Seefelder Maximen - halten. Danach soll in der Versicherungswirtschaft eine Empfehlung des Inhalts bestehen, dass Versicherungsvertreter, die mehr als 25 Jahre tätig und älter als 55 Jahre sind, nicht ohne triftigen Grund gekündigt werden sollen. Auf Anregung des Klägers wurde diese Erklärung in das Protokoll der 75. Sitzung der HVN vom 18./19.09.1995 aufgenommen.

Die Beklagte hielt mit Schreiben vom 14.03.2003 an ihrer Kündigung fest und führte dazu aus, in der Versicherungswirtschaft bestehe zwar eine derartige Empfehlung, hieraus ergebe sich aber kein Rechtsanspruch; eine entsprechende Zusage des M-Vertriebs vom 30.05.1995 sei ihr nicht bekannt. Daraufhin teilte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 20.06.2003 unter dem "Betr.: Kündigung meines Agenturvertrages durch B - Ihr Schreiben vom 18. Dez. 2002" mit, dass er sich vom Agenturvertrag mit B und dem Wettbewerbsverbot zum 31. Juli 2003 lossage. In der Folgezeit erhielt der Kläger seinen Ausgleichsanspruch mit 103.385,53 € vergütet.

In der Klageschrift vom 19.10.2004 hat der Kläger auch die B Lebensversicherung AG als beklagte Partei aufgeführt, ihr ist die Klage indes nicht zugestellt worden. Neben der Feststellung, dass die Beklagte aufgrund der vorzeitigen Beendigung des Vertretungsverhältnisses verpflichtet sei, ihm gemäß § 89a Abs. 2 HGB den bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Lebensjahren entstehenden Schaden zu ersetzen, begehrt der Kläger die Rückzahlung der von ihm ab Januar 2000 für die Nutzung des D-Systems entrichteten Monatsbeträge in Gesamthöhe von 3.805,08 €. Einen weiteren Antrag auf Zahlung von 174.039,38 € als Schadensersatz für entgangene Provisionen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25.01.2005 zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl 96ff GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage in dem angefochtenen Urteil insgesamt abgewiesen. Im Hinblick auf den Feststellungsantrag hat es zur Begründung ausgeführt, es dürfte schon das Feststellungsinteresse fehlen, da der Kläger in der Lage sei, seinen Provisionsausfall zu beziffern. Dem Kläger stehe ein auf § 89a Abs. 2 HGB gestützter Schadensersatzanspruch aber auch in der Sache nicht zu, denn sein Schreiben vom 20.06.2003 enthalte keine fristlose Kündigungserklärung. Zudem habe der Kläger am 20.06.2003 wegen Zeitablaufs auch gar nicht mehr fristlos kündigen können. Ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 3.805,08 € scheitere jedenfalls daran, dass die Kenntnisnahme der Dynamiknachträge nur einen marginalen Anteil an der Gesamtnutzung des D-PC-Systems darstelle, dessen Umfang mangels näherer Angaben nicht schätzbar sei. Wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf Bl. 98ff GA Bezug genommen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung verfolgt der Kläger seine Klageanträge in vollem Umfang weiter. Der Kläger rügt insbesondere, dass das Landgericht sein Schreiben vom 20.06.2003 zu unrecht nicht als fristlose Kündigungserklärung ansehe. Weiterhin habe das Landgericht Sinn und Zweck der kündigungsrechtlichen Verfristungs- und Verwirkungsregelungen sowie die zu seinen Gunsten bestehende Schutzwirkung der sog. Seefelder Maximen verkannt. Letztlich habe das Landgericht das D-PC-System rechtsirrig nicht insgesamt unter den Begriff der ihm gemäß § 86a Abs. 1 HGB kostenlos zur Verfügung zu stellenden Unterlagen gefasst. Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 09.05.2005 (Bl 133ff GA) und den Schriftsatz vom 23.08.2005 (Bl 176ff GA) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des LG Köln vom 08.03.2005 (AZ: 85 O 194/04) aufzuheben,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den Schaden zu ersetzen, der ihm infolge der Kündigung des Agenturvertrages vor dessen Ablauf mit Erreichen der Altersgrenze von 65 Lebensjahren entstanden ist,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.805,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.11.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags und betont insbesondere, durch die sog. Seefelder Maximen nicht in ihrer Kündigungsberechtigung eingeschränkt gewesen zu sein. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beklagtenvorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 23.06.2005 (Bl 150ff GA) sowie den Schriftsatz vom 05.09.2005 (Bl 183ff GA) Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zurecht die Klage abgewiesen. Diese ist zwar insgesamt zulässig (1.), aber sowohl im Hinblick auf den Feststellungsantrag (2.), als auch im Hinblick auf den Rückzahlungsanspruch (3.) unbegründet.

1.

Soweit das Landgericht Zweifel an dem für den Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse des Klägers geäußert hat, beruht dies darauf, dass der Kläger zunächst neben dem Feststellungsantrag einen zusätzlichen Leistungsantrag in Höhe von 174.039,38 € angekündigt und im Rahmen der Klageschrift eine Schadensberechnung in dieser Höhe aufgestellt hatte. Nachdem der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25.01.2005 den Leistungsantrag zurückgenommen hat, ist im Hinblick auf den weiter verfolgten Feststellungsantrag maßgeblich, dass dem Kläger eine abschließende Bezifferung des ihm angeblich entstehenden Schadens noch nicht möglich ist. Die Schadensentwicklung ist derzeit nicht abgeschlossen, da der Kläger die Altersgrenze von 65 Jahren erst am 23.09.2006 erreichen wird. Soweit dem Kläger eine konkrete Schadensberechnung bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits möglich ist, ergibt sich daraus für ihn keine Verpflichtung, im laufenden Berufungsverfahren den Feststellungsantrag teilweise auf eine Leistungsklage umzustellen (vgl. BGH NJW 1978, 210).

2.

Der Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet, da dem Kläger im Zusammenhang mit der vorzeitigen Vertragsbeendigung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht.

a) Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 89a Abs. 2 HGB wegen schuldhafter Veranlassung einer berechtigten außerordentlichen Kündigung scheitert bereits daran, dass der Kläger keine außerordentliche Kündigung erklärt hat. Zurecht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht festgestellt, dass das Schreiben des Klägers vom 20.06.2003 nach Maßgabe aller Verständnismöglichkeiten ersichtlich keine eigene Kündigungserklärung enthält. Als "Betreff" des Schreibens ist die "Kündigung meines Agenturvertrages durch B - Ihr Schreiben vom 18. Dez. 2002" genannt. Damit wird der Gegenstand des Schreibens vom 20.06.2003 präzise dahingehend festgeschrieben, dass es (allein) um die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung geht. Dieser Überschrift entsprechend wird folgerichtig an keiner Stelle des Schreibens auch nur ansatzweise erwähnt, dass eine eigene Kündigung ausgesprochen werden soll. Eine Kündigungserklärung ist insbesondere auch nicht konkludent in der Lossagung vom Agenturvertrag zu sehen. Der Kläger greift vielmehr mit der Formulierung, dass er sich "vom Agenturvertrag mit B und dem Wettbewerbsverbot zum 31. Juli 2003 lossage", wörtlich deckungsgleich das in dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 18.12.2002 enthaltene Angebot "Der Vertreter ist berechtigt, sich zu jeder Zeit ... von diesem Vertrag und dem Wettbewerbsverbot loszusagen." auf und nimmt damit nur auf die Abwicklung des auslaufenden Vertragsverhältnisses gestalterisch Einfluss.

Weiterhin hat das LG zurecht darauf hingewiesen, dass der Kläger am 20.06.2003 auch aufgrund Zeitablaufs nicht mehr zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen wäre. Die außerordentliche Kündigung eines Handelsvertretervertrages muss innerhalb angemessener Frist nach Kenntnisnahme von dem Kündigungsgrund ausgesprochen werden. Bereits ein zweimonatiges Zuwarten kann in der Regel nicht mehr als angemessene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhaltes und zur Überlegung der Folgerungen angesehen werden, weil es darauf hindeutet, dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Teil bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre (vgl. BGH NJW 1994, 722, 723). Der Zeitraum von sechs Monaten zwischen dem Kündigungsschreiben der Beklagten vom 18.12.2002 und dem Schreiben des Klägers vom 20.06.2003 überschreitet die Überlegungsfrist bei weitem. Selbst wenn man auf den zwischenzeitlichen Briefwechsel vom 13.02./14.03.2003 abstellt, hat der Kläger, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 14.03.2003 ihr Festhalten an der Kündigung deutlich zum Ausdruck gebracht hatte, weitere 3 Monate bis zu seinem Schreiben vom 20.06.2003 verstreichen lassen. Die Ansicht des Klägers, der durch die Beklagtenkündigung geschaffene vertragswidrige Zustand habe fortdauernde Wirkungen gehabt, so dass die 2-Monats-Frist durch sein Schreiben vom 20.06.2003 eingehalten worden sei, verkennt, dass Anknüpfungspunkt für das geforderte zeitnahe Handeln das konkrete, die Kündigung auslösende Ereignis - hier: die ordentliche Kündigungserklärung der Beklagten - ist und nicht der durch dieses Ereignis geschaffene Zustand des auslaufenden Vertragsverhältnisses.

b) Auch eine entsprechende Anwendung von § 89a Abs. 2 HGB kommt nicht in Betracht. Ob allgemein in Fällen, in denen zwar ein Grund zur außerordentlichen Kündigung besteht, diese aber nicht erklärt, sondern die Vertragsbeendigung auf anderem Wege herbeigeführt wird, in analoger Anwendung des § 89a Abs. 2 HGB ein Schadensersatzanspruch besteht (vgl. BGHZ 44, 271, 274 für die einvernehmliche Vertragsaufhebung), und ob die hier erfolgte vorzeitige Lossagung zum 31.07.2003 diese Voraussetzungen erfüllt, bedarf keiner Entscheidung. Wenn eine entsprechende Anwendung des § 89a HGB nicht formal auf die äußere Form der Vertragsbeendigung, sondern inhaltlich auf die innere Beendigungsberechtigung abstellt, sind zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen gegenüber der unmittelbaren Anwendung der Norm für die Beurteilung, ob eine solche Kündigungsberechtigung bestand, die zur außerordentlichen Kündigung entwickelten Interessensregeln heranzuziehen. Der vorstehend unter a) dargestellte Zeitablauf schließt eine Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung und damit auch eine entsprechende Anwendung von § 89a Abs. 2 HGB aus.

c) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich ferner nicht aus dem Gesichtspunkt einer positiven Forderungsverletzung wegen einer vermeintlich unwirksamen ordentlichen Kündigung. Nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ist hier noch das Schuldrecht in der vor dem 01.01.2002 geltenden Fassung anwendbar, denn der Kündigungsausspruch erfolgte vor dem 01.01.2003. Eine unberechtigte ordentliche Kündigung, die grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung auslösen kann (vgl. BGH NJW 1967, 248, 250; Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl. § 89a Rdnr. 40), hat die Beklagte mit der Kündigung vom 18.12.2002 indes nicht ausgesprochen.

Es kann dahingestellt bleiben, welche Tragweite den so genannten Seefelder Maximen zugemessen wird. Der Senat hat bereits im Ausgangspunkt Bedenken, ob jene Erklärungen ein verbindliches Kündigungsverbot beinhalten. Die Erklärungen der M Versicherung AG als Rechtsvorgängerin der Beklagten in der Sitzung des HVN am 29./30.05.11995 begründen keine Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger, den Vertrag aufgrund der Vertragsdauer und des Lebensalters des Klägers nicht ohne triftigen Grund zu kündigen. Den Erklärungen fehlt ein sich auf den Kläger unmittelbar erstreckender Bindungswille der Beklagten bereits deshalb, weil er nicht Adressat der Erklärung war.

Durch die Protokollerklärung vom 18./19.09.1995 wird der Kläger auch nicht als Dritter mittelbar begünstigt. Sofern die M Versicherung AG bei ihrer Erklärung überhaupt einen Verpflichtungswillen hatte, hat sie damit ersichtlich weder einen Vertrag zugunsten Dritter noch einen überhaupt nur erwägenswerten Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgeschlossen. Ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kann bereits im Ansatz nicht angenommen werden, da hier nicht der Bereich der Schadenshaftung betroffen ist, sondern die Frage einer Kündigungsberechtigung. Eine Einbeziehung des Klägers in den Schutzbereich einer von der Rechtsvorgängerin der Beklagten angeblich erteilten Zusage dürfte überdies auch an der mangelnden Erkennbarkeit der angeblich geschützten Dritten scheitern, denn zum Zeitpunkt der Äußerung war der Personenkreis, auf den sich diese Kündigungsbeschränkung im Laufe der Jahre erstrecken würde, nicht überschaubar, und damit waren die Auswirkungen der Erklärung nicht eingrenzbar.

Diese Gesichtspunkte bedürfen jedoch keiner abschließenden Beurteilung. Der Kläger kann sich bereits aufgrund seines der Kündigung nachfolgenden Verhaltens nicht auf die angebliche Unwirksamkeit der Kündigung berufen. Der Kläger selbst hat sich mit seinem Schreiben vom 20.06.2003 von dem noch bis zum 31.12.2003 andauernden Vertragsverhältnis einseitig und vorzeitig zum 31.07.2003 losgesagt. Er hat nach dem Ausspruch der Kündigung am 18.12.2002 auch nicht die Kündigung angegriffen und die Beklagte entsprechend § 615 BGB in Annahmeverzug gesetzt. Insbesondere liegt ein Anbieten der eigenen Leistung nicht unter dem Gesichtspunkt vor, dass er eindeutig der Kündigung widersprochen hätte (vgl. BGH NJW 1967, 248, 250). Zwar hat der Kläger durch das Schreiben des BVK vom 13.02.2003 zunächst eingewandt, die Beklagte habe einen Kündigungsschutz älterer Versicherungsvertreter zugesagt. Nachdem die Beklagte an der Kündigung mit Schreiben vom 14.03.2003 festhielt, hat der Kläger seinen Standpunkt nicht aufrecht erhalten und weiterverfolgt, sondern sich mit Schreiben vom 20.06.2003 vom Vertrag losgesagt. Einen eindeutigen Kündigungswiderspruch konnte die Beklagte diesem Verhalten nicht entnehmen, vielmehr konnte sie ihrerseits nach Treu und Glauben von einer einverständlichen Abwicklung des gekündigten Vertragsverhältnisses ausgehen.

3.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Rückzahlung der von ihm ab Januar 2002 gezahlten Vergütung für die Nutzung des D-PC-Systems in Gesamthöhe von 3.805,08 €, da zum einen die Beklagte nicht rechtsgrundlos bereichert ist und zum anderen die Anspruchshöhe nicht substantiiert dargelegt ist.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte nicht deshalb ohne Rechtsgrund bereichert, weil sie ihm das D-PC-System nach der Umstellung der Dynamiknachtragsmitteilungen gemäß § 86a Abs. 1 HGB kostenfrei zur Verfügung hätte stellen müssen. Zu den nach § 86a Abs. 1 HGB dem Versicherungsvertreter kostenfrei zu überlassenden Unterlagen sind die Gegenstände zu rechnen, die notwendig sind, damit der Vertreter das Produkt bei der Kundschaft anpreisen kann; davon abzugrenzen sind der allgemeine Geschäftsbedarf wie Büroeinrichtung und Büromaterial, für den der Vertreter als selbständiger Gewerbetreibender selbst aufkommen muss (Heymann, HGB, § 86a Rdnr. 3f; Ebenroth/Baujong/Joost-Löwisch, HGB, § 86a Rdnr. 14f). In Bezug auf die mit dem D-PC-System überlassene Hard- und Software ist insoweit zu unterscheiden, da sich entgegen der Ansicht des Klägers das Computersystem zwanglos in Hard- und Softwarekomponenten aufteilen lässt:

Die Computerhardware ist zu den Büro-Hilfsmitteln zu zählen (vgl. Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 1, Rdnr. 608), denn sie gestattet im Interesse des Vertreters die Abwicklung des gesamten Schriftverkehrs, die Archivierung von Daten und den Zugang zum E-mail-Verkehr. Auch die Softwarekomponenten, die diese Funktionen ermöglichen und unterstützen, gehören zum allgemeinen Geschäftsbedarf, der von dem Vertreter selbst zu tragen ist und dem Kläger somit von vornherein keinen Erstattungsanspruch gibt.

Hingegen gehören die speziellen Komponenten der Software, die dem Vertreter einen Zugang zu dem Datenbestand der Beklagten und damit insbesondere zu den aktuellen Vertragsdaten seiner Kunden ermöglichen, nach dem Wegfall von in Papierform übersandten Dynamiknachtragsmitteilungen zu dem Bereich der die Produktwerbung unterstützenden Sachmittel. Ohne Kenntnis des aktuellen Vertragsstandes konnte der Kläger nicht auf die speziellen Anliegen und Bedürfnisse seiner Kunden eingehen und daher nicht für neue Produkte werben. Insoweit ist also ein Erstattungsanspruch des Klägers begründet, der sich jedoch im Kern nicht gegen die Beklagte, sondern gegen die nicht am Verfahren beteiligte B Lebensversicherung AG richtet, denn die Dynamiknachträge betreffen nur diesen Versicherungszweig.

Selbst wenn man darauf abstellt, dass allein die Beklagte Vertragspartnerin des Nutzungsvertrages vom 21.05.1996 geworden ist, da dieser allein von der M Allgemeine Versicherungs-AG geschlossen wurde und die Beklagte im Wege der Verschmelzung deren Rechtsnachfolgerin geworden ist, hat der Zahlungsantrag des Klägers keinen Erfolg. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung bereits darauf hingewiesen, dass mangels ausreichender Schätzgrundlagen eine Berechnung der dem Kläger zustehenden anteiligen Forderung nach § 287 Abs. 2 ZPO nicht möglich ist. Auch im Berufungsverfahren hat der insoweit darlegungspflichtige Kläger keine für eine Schätzung verwertbaren Angaben gemacht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Gegenstand des Rechtsstreites waren überwiegend Tatsachenfragen. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, waren nicht zu entscheiden.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer: 139.992,52 €

Ende der Entscheidung

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