Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 15.12.2006
Aktenzeichen: 19 U 92/06
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 89 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

19 U 92/06

Anlage zum Protokoll vom 15.12.2006

Verkündet am 15.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 29.09.2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Ketterle, den Richter am Oberlandesgericht Conzen und den Richter am Amtsgericht Heider

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.05.2006 verkündete Grund-Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 83 O 259/05 - abgeändert und, wie folgt, neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht nach Beendigung eines Tankstellenpachtvertrages gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch geltend.

Der Kläger war zunächst auf Grund des "Miet- und Agenturvertrages" vom 25./30.01.1995 für die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Firma C Deutschland GmbH, als Pächter und Betreiber der Tankanlage "U" in G tätig. Der Tankstelle angeschlossen war ein vom Kläger betriebenes Restaurant.

Die Anlage ist im Jahre 2003 durch die Beklagte übernommen worden. Durch den "Tankstellenvertrag" vom 29.12.2003/ 22.02.2004 haben die Parteien die wechselseitigen Rechte und Pflichten mit Wirkung zum 01.01.2004 neu geregelt. Darin ist eine im Vergleich zu den bis dahin geltenden Konditionen deutlich niedrigere Provision für den Verkauf von Kraftstoffen vereinbart worden. Der Kläger, der zuvor im Hinblick auf den insgesamt defizitären Betrieb der Anlage Kostenzuschüsse von jährlich durchschnittlich 120.000 € in Anspruch genommen hatte, erhielt von der Beklagten jedoch auf Grund des "Nachtrags zum Tankstellenvertrag" vom 29.12.2003/ 03.02.2004 bis einschließlich 31.12.2004 monatliche Zahlungen in Höhe von 44.500 € netto. Bereits Ende 2003 hatte er darüber hinaus eine Sonderleistung von 25.000 € erhalten.

Die Gewährung von Betriebskostenzuschüssen war in dem von der Beklagten erstellten und mit dem Kläger erörterten Geschäftsplan für das Jahr 2005 indes nicht mehr vorgesehen. Im Jahre 2004 wurde zudem der Betrieb des Restaurants eingestellt. Stattdessen betrieb der Kläger ab Herbst 2004 nach entsprechenden, von der Beklagten finanzierten Umbauarbeiten im Tankstellengebäude ein sogenanntes "Bistro".

Nachdem sich ab Januar 2005 mit Auslaufen der Zuschusszahlungen beim Kläger Verluste eingestellt hatten, kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des wirtschaftlichen Betriebs der Tankstelle und weiterer finanzieller Zugeständnisse der Beklagten. Die Parteien erzielten insoweit keine Einigung. Mit Schreiben vom 08.04.2005 erklärte der Kläger unter Hinweis auf die schlechte finanzielle Lage des Betriebs die außerordentliche fristlose Kündigung des Tankstellenvertrages zum 30.04.2005, hilfsweise die ordentliche Kündigung zum 31.01.2006. Dieses Verhalten nahm die Beklagte zum Anlass, ihrerseits mit Schreiben vom 22.04.2005 die fristlose Kündigung des Vertrages zu erklären.

Der Kläger hat in erster Instanz die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihm gegenüber eine unangemessen niedrige, nicht auskömmliche Provisionsvereinbarung getroffen. Ferner habe sie die Schließung des bis dahin mit Gewinn betriebenen Restaurants mehr oder weniger einseitig verfügt. Schließlich sei auf Grund der seit Januar 2005 eingetretenen Lage der weitere Betrieb der Tankstelle in keiner Weise mehr wirtschaftlich gewesen. Er sei daher, nachdem die Beklagte zu keinen Zugeständnissen bereit gewesen sei, zur fristlosen Kündigung des Tankstellenvertrages, jedenfalls aber zur Beendigung gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB, berechtigt gewesen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung des Ausgleichsanspruchs durch den Kläger wird auf den Inhalt der Klageschrift Bezug genommen.

Die Beklagte hat die vom Kläger angeführten Gründe für die Beendigung des Tankstellenvertrages als unberechtigt angesehen und ihn auf sein unternehmerisches Risiko als Kaufmann verwiesen. Ein Fehlverhalten sei ihr nicht vorzuwerfen, da sie den Betrieb des Klägers vielmehr überobligationsmäßig gefördert habe und auch weiteren wirtschaftlichen Zugeständnissen nicht abgeneigt gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch am 11.05.2006 verkündetes Grundurteil, auf das in vollem Umfang Bezug genommen wird, festgestellt, dass der Klageantrag dem Grunde nach gerechtfertigt sei. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass der Betrieb der Tankstelle für den Kläger ohne finanzielle Zugeständnisse der Beklagten ab 2005 nicht mehr wirtschaftlich gewesen sei. Der Kläger habe zwar keinen Anspruch auf Weiterzahlung der Betriebskostenzuschüsse gehabt, er habe aber aufgrund der Umstände darauf vertrauen dürfen, dass diese Leistungen durch die Beklagten (möglicherweise gekürzt) auch im Jahre 2005 erfolgen würden. Die Kündigung der Beklagten aus wichtigem Grund sei nicht gerechtfertigt gewesen, weil der Kläger seinerseits gemäß § 89 a Abs. 1 HGB berechtigt gewesen sei, das Vertragsverhältnis fristlos zu beenden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe den Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht nicht ausgeschöpft und rechtlich unzutreffend gewürdigt. Entgegen der Auffassung der Kammer sei der Kläger weder zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt gewesen noch lägen die Voraussetzungen für eine ausgleichserhaltene Eigenkündigung vor. In diesem Zusammenhang rügt die Beklagte, dass das Landgericht ihren erstinstanzlichen Vortrag in mehreren Beziehungen nicht hinreichend gewürdigt habe. So habe sich die Kammer etwa darüber hinweggesetzt, dass das vom Kläger betriebene Restaurant zuletzt zwar mit einem hohen Kostenaufwand von jährlich 600.000 € (im Jahre 2003), aber gleichwohl deutlichen Gewinnrückgängen betrieben worden sei. Stattdessen habe das Landgericht bei der Annahme der Unwirtschaftlichkeit der weiteren Führung des Betriebes einseitig den Vortrag des Klägers übernommen, ohne auf dessen eigene Verantwortlichkeit einzugehen. Zwischen den Parteien seien bereits frühzeitig Gespräche geführt worden, um die Umstrukturierungsmaßnahmen zu planen. Diese seien - insbesondere die Schließung des Restaurants und die Eröffnung des Bistros - jeweils einvernehmlich mit dem Kläger beschlossen und umgesetzt worden. Zwar habe der Geschäftsplan für 2005 weitere Betriebskostenzuschüsse nicht mehr vorgesehen, dennoch sei die Beklagte bereit gewesen, die Vorgaben auch weiterhin zur Diskussion zu stellen. So habe sie - was unstreitig ist - für das erste Quartal 2005 gänzlich auf Pachtzahlungen verzichtet. Der Kläger habe allerdings nicht darauf vertrauen können, dass die Unterstützungszahlungen auch in 2005 in voller Höhe weiter geleistet würden. Vielmehr habe er bis zum Ende des Vertragsverhältnisses keinerlei Bereitschaft gezeigt, an einer effektiven Kostenreduzierung insbesondere im Hinblick auf seine Eigengeschäfte mitzuwirken. Er habe nicht abgewartet, bis die erst Ende 2004 abgeschlossenen Umstrukturierungsmaßnahmen Früchte gezeigt hätten.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und weist darauf hin, dass auch sein Nachfolger als Pächter der Tankstelle von der Beklagten - was als solches ebenfalls unstreitig ist - Zuschüsse und Vergünstigungen erhalte. Zutreffend habe das Landgericht bei der Beurteilung im Übrigen darauf abgestellt, dass die Beklagte tatsächlich nicht bereit gewesen sei, über den von ihr erstellten Geschäftsplan für das Jahr 2005 weitere Gespräche zu führen. Das gesamtes Verhalten der Beklagten habe dagegen gesprochen. Die mangelnde Bereitschaft zum weiteren finanziellen Engagement habe schließlich - wie die Geschäftsanalyse für den Monat April 2005 ausweise - zu einem Verlust in Höhe von 71.022 € innerhalb der ersten 4 Monate des Jahres 2005 geführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das angefochtene Urteil ist abzuändern und die Klage abzuweisen, weil dem Kläger gegen die Beklagte ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b Abs. 1 HGB nicht zusteht. Ein solcher Anspruch ist im Hinblick auf die vom Kläger mit Schreiben vom 08.04.2005 erklärte Eigenkündigung des Vertragsverhältnisses ausgeschlossen. Soweit das Landgericht von einer den Ausgleichsanspruch erhaltenden Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgegangen ist, hat es die Vorschrift des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB unzutreffend angewendet. Erst recht liegen die von der Kammer zugunsten des Klägers ebenfalls bejahten Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Tankstellenvertrages gemäß § 89 a Abs. 1 HGB nicht vor. Der Kläger hat ein Verhalten der Beklagten, welches ihn zur sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses unter Erhaltung seines Ausgleichsanspruches berechtigt hätte, bereits nicht dargelegt, so dass die dazu angebotenen Beweise nicht zu erheben waren. Vielmehr war er es, der das Vertragsverhältnis bereits verhältnismäßig kurze Zeit nach dem Eintritt von Gewinn- und Umsatzeinbußen und damit nach den gesamten Umständen jedenfalls erheblich verfrüht beendet hat. 1.

Der Senat führt zur Begründung im Einzelnen Folgendes aus:

Nach dem Leitgedanken des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB entfällt bei der Eigenkündigung des Handelsvertreters grundsätzlich sein Ausgleichsanspruch. Ihm ist deswegen kein billigenswertes Interesse an einer finanziellen Entschädigung zuzuerkennen, weil die Beendigung des Vertragsverhältnisses auf seinem eigenen freien Willensentschluss beruht. Der Anspruch bleibt ihm nur dann erhalten, wenn ein Verhalten des Unternehmers zur Vertragsbeendigung begründeten Anlass gegeben hat. An die Feststellung eines solchen Anlasses sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zuletzt Urteil vom 07.01.2005 - 19 U 82/04; OLG Düsseldorf, OLGR 2000, 406 ff.) geringere Anforderungen zu stellen als an einen wichtigen Grund im Sinne des § 89 a HGB. Der Prinzipal braucht sich weder vertragswidrig noch schuldhaft verhalten zu haben. Der Grund zur Kündigung kann sich auch aus einer Gesamtschau einzelner Umstände ergeben. Begründeter Anlass für die Beendigung des Vertrages ist dann gegeben, wenn der Handelsvertreter durch ein Verhalten des Unternehmers in eine für ihn nach Treu und Glauben nicht haltbare Lage gekommen ist (BGH NJW-RR 2006, 755 f.; vgl. auch: Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Auflage, § 89 b Rn. 57 m. w. N.). Dies wird in der Regel allerdings dann nicht anzunehmen sein, wenn sich der Prinzipal lediglich vertragskonform verhalten hat und ihm die Situation des Handelsvertreters nicht zuzurechen ist (vgl. Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, Band 1, § 89 b Rdn. 52).

Gemessen an diesen Maßstäben war der Kläger nicht zur Kündigung berechtigt.

a)

Soweit der Kläger zunächst auf die Konditionen des mit der Beklagten geschlossenen Tankstellenvertrages abstellt, rechtfertigt dies nicht die Annahme eines zur Kündigung berechtigenden Verhaltens des Prinzipals. Der Handelsvertreter ist bezüglich des Abschlusses und des Inhalts der von ihm getroffenen Vereinbarungen frei. Er hat die wirtschaftlichen Konsequenzen seines Handelns grundsätzlich selbst zu tragen. Es entspricht nicht dem Gesetzeszweck des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB, das Risiko der unternehmerischen Tätigkeit des Handelsvertreters einseitig auf den Unternehmer zu verlagern. Daher kann der neue Pachtvertrag mit der Beklagten für sich genommen, auch wenn dieser zu Ungunsten des Klägers geringere Provisionen enthielt, keinen Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses darstellen. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die großzügige Subventionierung des Tankstellenbetriebes durch ihre Rechtsvorgängerin ungeschmälert fortzuführen. Sie war nach der Übernahme der Tankanlage in ihren Bestand vielmehr berechtigt, ihre eigenen unternehmerischen Interessen in angemessener Weise zu verfolgen.

Dass das mit dem Kläger geschlossenen Vertragswerk im Vergleich zu anderen Tankstellenbetreibern der Beklagten objektiv benachteiligende Regelungen enthielt, macht der Kläger selbst nicht geltend. Ungeachtet dessen steht es bei einer Gesamtbetrachtung auch nicht fest, ob die vereinbarten Konditionen im Vergleich mit dem zuvor bestehenden Agenturverhältnis deutlich schlechter waren. Zwar hat der Kläger eine geringere Provision pro Liter verkauften Treibstoffs zu beanspruchen gehabt, indes haben die Parteien jedenfalls für das Geschäftsjahr 2004 mit einem Betriebskostenzuschuss von 44.500 € monatlich eine deutlich höhere finanzielle Unterstützung des Klägers vereinbart, als dies zuvor der Fall gewesen ist. Mit der Umstellung der Tankstelle von einer sogenannten "A-Marke" auf eine "B-Marke" - der Kläger verkaufte das Benzin zuletzt unter der Bezeichnung "T" - sollte im Übrigen eine deutliche Absatzsteigerung einhergehen, die der Kläger jedenfalls im Grundsatz auch nicht in Abrede gestellt hat. Auch sollte der Kläger durch deutliche Kostenreduzierungen insbesondere im Restaurantbereich mittelfristig eine günstigere Ertragslage erzielen. Ob diese Erwartung berechtigt war, kann infolge der Kündigung nicht mehr beurteilt werden.

b)

Soweit der Kläger der Beklagten vorwirft, diese habe im Jahre 2004 die Schließung des Restaurants "oktroyiert", stellt auch dieser Umstand keinen hinreichenden Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses dar. Zwar mag diese Maßnahme von der Beklagten ausgegangen sein, gleichwohl handelte es sich um eine von beiden Parteien gemeinsam getragene unternehmerische Entscheidung. Die Beklagte allein wäre auf der Grundlage des Vertragswerks nicht in der Lage gewesen, die Schließung des Restaurants und die Einrichtung des Bistros gegen den Willen des Klägers durchzusetzen. Ob die Umstrukturierungsmaßnahme, deren Kosten von der Beklagten getragen worden sind, "sinnlos und unwirtschaftlich" gewesen ist, wie der Kläger behauptet, steht nicht fest. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang den unwidersprochenen Vortrag der Beklagten unbeachtet gelassen, dass auch das vom Kläger betriebene Restaurant zuletzt einen deutlichen Umsatz- und Gewinnrückgang zu verzeichnen hatte. Während der Kläger im Jahre 2002 noch einen Gewinn von 38.000 € erzielt hatte, lag dieser im Jahre 2003 nur noch bei 13.000 €. Dass diese Einbußen mit dem Betrieb des Bistro nicht ohne zeitlichen Vorlauf würden kompensiert werden können, liegt auf der Hand. Soweit der Kläger sich auf rückläufige Umsätze innerhalb seines Shop-Betriebes beruft, hat er im Übrigen insoweit nur die Zahlen von Herbst 2003 mit denen des Herbstes 2004 verglichen. Im Herbst 2004 ist die Tankstelle aber umgebaut worden. Zu diesem Zeitpunkt konnten demzufolge nicht die Umsätze des Vorjahres erzielt werden. Was den (künftigen) Bistro Betrieb anbetrifft, so hat die Beklagte - ebenfalls unwidersprochen - deutlich geringere Personalkosten gegenüber dem Restaurantbetrieb vorgetragen. Diese Entwicklung wäre zunächst abzuwarten gewesen.

c)

Die Kündigung des Klägers im Sinne von § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB war auch nicht aufgrund des Verhaltens der Beklagten zur Jahreswende 2004/2005 und in den ersten drei Monaten des Jahres 2005 berechtigt. Der Kläger hat weder dargelegt, dass er wesentliche und dauerhafte Gewinneinbußen zu verzeichnen hatte, die auf ein Verhalten der Beklagten zurückzuführen oder zumindest ihrer unternehmerischen Sphäre zuzurechnen gewesen wären, noch dass sie sich entgegen ihrer allgemeinen vertraglichen Verpflichtung zur Rücksichtnahme (vgl. etwa § 4 Nr. 5 des Vertrages) keinerlei Entgegenkommen bzw. die Bereitschaft zu Verhandlungen gezeigt hätte. Die Beklagte hat sich vielmehr vertragsgerecht verhalten.

Bezüglich der Betriebskostenzuschüsse, die in den Jahren zuvor durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten unstreitig sehr großzügig gehandhabt worden waren, hatten die Parteien vor der Umstellung des Vertragsverhältnisses eine klare Absprache getroffen. Im Schreiben vom 05.12.2003 (Anlage B 3) heißt es wörtlich:

"Es besteht zwischen ihnen und uns Einigkeit, dass Sie als selbstständiger Unternehmer das Risiko der Geschäftsentwicklung selbst zu tragen haben. Dessen ungeachtet gewähren wir Ihnen auf der Grundlage des gegenwärtigen Geschäftsplans freiwillig und ohne jede Präjudiz einen monatlichen Betriebskostenzuschuss von EUR 44.500,--

Der Betriebeskostenzuschuss wird zunächst monatlich vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 gezahlt. Sollte sich der im Geschäftsplan errechnete Betriebsgewinn im oben genannten Zeitraum positiv verändern, so behalten wir uns vor, die Zahlung des Betriebskostenzuschusses in der Höhe anzupassen oder auszusetzen."

In der Vereinbarung 29.12.2003 (Anl. B 2), in der die Parteien auf die kurz zuvor erfolgte Zahlung weiterer 25.000 € Bezug genommen haben, heißt es:

"Zwischen dem Partner und der Deutsche C AG wurde im Juni 2002 eine Vereinbarung getroffen, dass dem Partner unter bestimmten Umständen (Gewinn unter 180.000 DM) für die Jahre 2003 und 2004 ein Betriebskostenzuschuss von jeweils 100.000 Euro (netto) zusteht.

In Kenntnis diese Umstandes treffen die Parteien folgende Vereinbarung:

1.

Die Parteien sind sich einig, dass der Partner aufgrund der zwischen den Parteien im Rahmen der Vertragsunterzeichnung des neuen P Vertrages getroffenen Vereinbarungen keinen Anspruch auf die Erfüllung der bisherigen Unterstützungszusage gegenüber P hat bzw. diesen nicht geltend machen wird.

2.

Sollte seitens der Deutschen C AG eine Zahlung für das Geschäftsjahr 2004 erfolgen, so wird der Partner einen ihm von P im Dezember 2003 gewährten Zuschuss in Höhe von 25.000 Euro (netto) an P zurückzahlen."

Worauf sich angesichts dieser Regelungen das berechtigte Vertrauen des Klägers gründen sollte, dass im Jahre 2005 die Gelder ungekürzt oder geschmälert weiter gezahlt würden, haben weder der Kläger noch das Landgericht im angefochtenen Urteil überzeugend dargelegt. Der Senat vermag eine solche Erwartung jedenfalls nicht nachzuvollziehen. Soweit der Kläger behauptet, es sei bei den Vertragsverhandlungen "völlig unstreitig" gewesen, dass die reduzierten Provisionen für Kraftstoffverkäufe durch entsprechende Betriebskostenzuschüsse kompensiert werden würden, hat die Beklagte dieser Notwendigkeit durch die zitierten Vereinbarungen Rechnung getragen. Dem Vorbringen des Klägers ist indes nicht zu entnehmen, dass die Beklagte über den eindeutigen Wortlaut der geschlossenen Verträge hinaus bereit gewesen wäre, die Zusage bezüglich der Betriebskostenzuschüsse über Jahre hinaus aufrechtzuerhalten und auf diese Weise einen defizitären Tankstellenbetrieb zu subventionieren. Im Gegenteil sollte der Betriebskostenzuschuss nach den Planungen der Beklagten bereits im September 2004 - offenbar auf Grund seinerzeit verbesserter Umsatzergebnisse - gekürzt werden. Zwar hat die Beklagte davon wieder Abstand genommen. Dieser Umstand begründet allerdings kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers im Hinblick auf eine Fortzahlung der Zuschüsse auch über den 31.12.2004 hinaus. Darauf hat der Senat im Verhandlungstermin vom 29.09.2006 im Einzelnen hingewiesen. Soweit der Kläger mit Rücksicht auf diese Erörterungen im Schriftsatz vom 31.10.2006 ergänzend Stellung genommen hat, vermögen seine Ausführungen eine für ihn günstigere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Sie geben dem Senat insbesondere keinen Anlass zur Durchführung einer Beweisaufnahme bezüglich des behaupteten Inhalts der Vereinbarungen und Gespräche im Dezember 2003. Der vage Vortrag des Klägers, es sei ihm über die (erstmals benannte) Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin W, nach Rücksprache mit dem damals zuständigen Vertriebsleiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten mitgeteilt worden, er müsse sich keine Sorgen machen, er würde auch weiterhin Unterstützungsleistungen zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit des Tankstellenbetriebs erhalten, lässt, selbst wenn dies zutreffend sein sollte, erkennbar keinen Rückschluss auf die Dauer der zugesagten Subventionierung zu. Der Kläger bleibt auch jetzt eine Erklärung dafür schuldig, warum die Parteien sich schriftlich anders, nämlich im Sinne einer zeitlich begrenzten Zahlung, geeinigt haben. Der weiter vom Kläger angeführte Umstand, dass an ihn im Dezember 2003 eine Sofortzahlung von 25.000 € geleistet worden ist, ist unstreitig. Dem mag die unter Zeugenbeweis des Steuerberaters L gestellte Erwartung zugrundegelegen haben, dass die Tankstelle zu üblichen Konditionen nicht wirtschaftlich geführt werden konnte und auf Unterstützungsleistungen angewiesen war, zugrundegelegen haben. Auch das ändert aber nichts daran, dass die Parteien diesen Umstand nicht zum Anlass für die Vereinbarung einer eine dauerhaften Subventionierung (zu welchen Bedingungen und in welcher Höhe?) genommen haben.

d)

Soweit der Kläger den Inhalt des Geschäftsplanes für das Jahr 2005 beanstandet, vermag der Senat der vorgelegten Unterlage zu entnehmen, dass für das Planjahr 2005 bei den Kraft- und Schmierstoffen eine Umsatzerhöhung von ca. 60.000 € auf 76.000 € vorgesehen war, während sich die Beklagte eine signifikantere Steigerung offenbar im Hinblick auf das sogenannte "Shop-Geschäft" vorgestellt hat. Sie hat dort Umsätze in Höhe von 1.365.000 € (anstatt wie im Vorjahr 787.996 €) vorgesehen. Insgesamt sollte der Umsatz des Klägers von 2.068.807 € in 2004 auf 1.518.475 € in 2005 sinken. Es ist nicht erkennbar, dass diese Zahlen aus damaliger Sicht unrealistisch waren oder den Kläger unangemessen benachteiligten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass zwar erstmals Pachtzahlungen, und zwar in Höhe von 93.000 € jährlich, vorgesehen waren. Diese sind indes von der Beklagten bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht erhoben worden. Auch dies spricht gegen die Behauptung des Klägers, die Beklagte sei ihm finanziell nicht entgegengekommen und habe dies auch nicht vorgehabt. Was schließlich die untragbare finanzielle Situation in 2005 anbetrifft, genügt der Vortrag des Klägers ebenfalls nicht den im Hinblick auf § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB zu stellenden Anforderungen. Er hat zunächst in der Klageschrift einen Verlust für den Monat Januar in Höhe von 8.263 € behauptet und diesen für das erste Quartal 2005 auf insgesamt 40.000 € fortgeschrieben. Ohne Mitteilung der konkreten Einnahmen- und Ausgabensituation des Betriebes sind die vom Kläger behaupteten Zahlen nicht aussagekräftig. Verluste im laufenden Geschäft können unterschiedliche Ursachen haben; die Beklagte hat beispielhaft zwei genannt, nämlich das Halten eines Geschäftsfahrzeuges Porsche Carrera durch den Kläger sowie die Zahlung eines vergleichsweise sehr großzügigen Gehalts an seine Ehefrau. In diesem Zusammenhang ist auch nicht ersichtlich, mit welcher Berechtigung der Kläger bei einem Verlust in einer Größenordnung von 8.000 € von der Beklagten bereits im Januar 2005 die ungeschmälerte Zahlung des Betriebskostenzuschusses in Höhe von 44.500 € gefordert hat. Diese Zahlung hätte ihm einen Rohgewinn von 36.237,00 € verschafft und das unternehmerische Risiko einseitig auf die Beklagte verlagert. Der Kläger hat im Februar 2005 weitere Hilfe angemahnt. Eine definitive Absage bezüglich weiterer finanzieller Unterstützungsleistungen der Beklagten hat er in diesem Zusammenhang nicht dargetan, sondern er hat, nachdem die von seinem Prozessbevollmächtigten gesetzte Frist bis zum 08.03.2005 verstrichen war, bereits am nächsten Tag fristlos gekündigt. Dieses Verhalten erweckt nicht nur den Eindruck einer gewissen Zielgerichtetheit, der Kläger hat damit auch "die Flinte zu früh ins Korn geworfen". Es wäre ihm zuzumuten gewesen, die weitere Geschäftsentwicklung abzuwarten. Dass es insgesamt wieder aufwärts ging, belegen die von ihm selbst vorgelegten Umsätze mit Kraftstoffen gemessen in Litern. Für das Jahr 2004 errechnet sich ein Schnitt von ca. 390.000 Litern pro Monat, während die ersten vier Monate des Jahres 2005 einen Schnitt von ca. 447.000 Litern pro Monat ausweisen. Die Umsätze im "Tankstellenshop" waren in der Tat im Jahre 2005 rückläufig. Das mag seinen Grund aber auch in der - insbesondere im April - schwindenden Einsatzbereitschaft des Klägers gefunden haben. Im Übrigen sind die Umsatzzahlen als solche auch nicht aussagekräftig, da sie die Ausgabensituation unberücksichtigt lassen. Die Beklagte hat - darauf hat der Senat bereits hingewiesen - unwidersprochen vorgetragen, dass sich die Kostenstruktur im Personalbereich durch den Betrieb des "Bistro" im weiteren Verlauf erheblich günstiger gestaltet hätte.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Klägers: 318.270,97 €

4.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung nicht vorliegen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist auch nicht im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

Zurück