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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 29.10.1999
Aktenzeichen: 19 U 94/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 469
BGB § 477 Abs. 1
BGB § 469 S. 2
BGB § 477
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
19 U 94/99 8 O 342/97 LG Aachen

Anlage zum Protokoll vom 29. Oktober 1999

Verkündet am 29. Oktober 1999

Kutz, JS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 1999 durch die Richter am Oberlandesgericht Pütz und Gedig und die Richterin am Oberlandesgericht Caliebe

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 27.1.1999 - 8 O 342/97 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 32 %, der Beklagte zu 68 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die zulässige Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin haben keinen Erfolg.

Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen einen Wandlungsanspruch der Klägerin hinsichtlich der vom Beklagten gelieferten Software bejaht und hinsichtlich der Hardware verneint. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen (§ 543 ZPO).

Insbesondere vermag der Beklagte mit seiner Ansicht, der Anspruch der Klägerin sei deshalb verjährt, weil nicht die Klägerin, sondern die Fa. V. Vertragspartnerin sei und diese erst in verjährter Zeit ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten habe, nicht durchzudringen. Ein schriftlicher Vertrag, aus dem die Vertragsparteien ersichtlich wären, existiert nicht. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist aber nach den Bekundungen des Zeugen R., wie schon das Landgericht festgestellt hat, nicht zweifelhaft. Hiernach ist bei den Vertragsverhandlungen am 6.2.1997 ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass die Klägerin die Hard- und Software privat erwerbe, weil sie im Gegensatz zur Fa. V. über liquide Mittel verfügte und die Ware dann an die beiden von ihr betriebenen Unternehmen vermieten wollte. Was der Beklagte hiergegen an Indizien vorbringt, hat schon das Landgericht erörtert und aus zutreffenden Erwägungen, die der Senat teilt, für nicht stichhaltig angesehen. Dass der nachfolgende Schriftverkehr als Adressat teilweise die Fa. V., teilweise die Klägerin aufweist, zeigt allenfalls, dass auch der Beklagte nicht scharf zwischen Erwerber und Nutzer unterschieden hat, ist aber nicht geeignet, den Wahrheitsgehalt der Aussage des Zeugen in Frage zu stellen. Der Beklagte behauptet auch selbst nicht, den Kaufpreis von der V. erhalten zu haben, wie er auch unstreitig keine Rechnung an die V. ausgestellt hat. Geliefert worden ist zuletzt am 27.3.1997 (Bl. 10, 11 d.A.), so dass die Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 BGB bei Klageerhebung am 6.8.1997 oder Zustellung am 13.8.1997 noch nicht abgelaufen war.

Dass die Software nicht fehlerfrei war, ergibt sich aus dem überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G. (Bl. 253 ff. d.A.), der sein Gutachten anläßlich seiner Anhörung erläutert und bekräftigt hat (Bl. 320 d.A.). Die vom Sachverständigen festgestellten Fehler sind schon für sich allein, insbesondere aber in ihrer Gesamtheit als so gravierend anzusehen, dass die Software als zum vertragsgemäßen Gebrauch ungeeignet angesehen werden muss. Der Senat verweist auch insoweit auf die Ausführungen des Landgerichts, das sich ausführlich mit den einzelnen, vom Sachverständigen festgestellten Fehlern auseinandergesetzt hat. Der Hinweis des Beklagten auf Updates, die er der Klägerin übersandt, die diese aber nicht aufgespielt habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung; die Klägerin hat eine Standardsoftware erworben, die selbstverständlich in der gekauften Version den vertraglichen Anforderungen zu entsprechen hatte. Das gilt auch in Bezug auf die Programmsperre. Zwar ist nach der Rechtsprechung eine eingebaute Programmsperre nicht stets als Mangel der Software anzusehen. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, insbesondere auf die Schutzbedürftigkeit des Programms und die Möglichkeit des Benutzers zur ungehinderten vertraglichen Verwendung (BGH CR 1987, 358 ff.; BGH NJW 1981, 2684 = WM 1981, 954 = ZIP 1981, 868; OLG Düsseldorf, OLGR 1992, 137; Senat NJW 1996, 733 ff.). Gerade diese war der Klägerin aber nicht möglich, wie auch der Sachverständige festgestellt hat. Die Klägerin konnte ohne neue, ihr vom Beklagten zur Verfügung zu stellende Systemdisketten bei Aktivierung der Programmsperre nicht weiterarbeiten. Soweit der Beklagte die Schwierigkeiten des Sachverständigen, Programmfunktionen abzurufen, damit erklären möchte, ihm wären nicht vorhandene finanztechnische Kenntnisse abverlangt worden, übersieht sie, dass der Sachverständige Prof. Dr. G. gerade als Sachverständiger im kaufmännisch-administrativen Bereich tätig ist, somit sicher über die Kenntnisse verfügt, die der Beklagte auch bei der Klägerin voraussetzt. Insoweit ist aber unstreitig, dass der Beklagte der Klägerin erklärt hat, mit seiner Software ohne besondere Anleitung und Schulung arbeiten zu können (Bl. 508, 520 d.A.). Wenn sich die gewünschten und vertraglich geschuldeten Funktionen gleichwohl nicht darstellen ließen, lässt das dann nur den auch vom Sachverständigen gezogenen Schluss auf Fehler im Programm zu, die die Klägerin zur Wandlung berechtigten, ohne dass es auf die weitere Frage, ob der Beklagte der Klägerin auch ein zur gelieferten Version passendes Handbuch übersandt hat, noch entscheidend ankäme. Als bewiesen anzusehen ist dies nicht, wobei neben den vom Landgericht erörterten Gesichtspunkten auch anzumerken ist, dass der Beklagte selbst nicht behauptet, das Handbuch zusammen mit der Hard- und Software ausgeliefert zu haben, was an sich geboten war, wie er auch dem Sachverständigen kein Handbuch zur Verfügung stellen konnte. Auch wird Übersendung per "UPS" an die Fa. V. behauptet, nicht aber an die Klägerin als Vertragspartnerin.

Zutreffend hat das Landgericht auch festgestellt, dass die Klägerin wegen der Mängel der Software nicht auch die beim Beklagten gekaufte Hardware wandeln kann. Die Vorschrift des § 469 BGB setzt den Verkauf mehrerer Sachen voraus. Ist dies der Fall, gilt selbst dann der Grundsatz der Einzelwandlung, wenn bei dem Verkauf ein Gesamtpreis für alle Sachen festgesetzt worden ist. Sind mehrere Sachen als zusammengehörend verkauft worden, wird dieser Grundsatz nach § 469 S. 2 BGB nur dann durchbrochen und ist eine Gesamtwandlung nur möglich, wenn die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachteil von den übrigen getrennt werden können (vgl. BGH NJW-RR 1996, 1008; Senat, Urteil v. 18.12.1998 - 19 U 81/98 -). Unteilbarkeit läge vor, wenn die von der Beklagten geschuldete Gesamtleistung technisch unteilbar wäre (§ 93 BGB). Das ist schon deshalb zu verneinen, weil die alleinige Benutzung der gelieferten Teile möglich ist. Auf subjektive Umstände, wie den von der Klägerin verfolgten Verwendungszweck und ihrem Wunsch nach einer Gesamtlösung kommt es dabei nicht an (BGH WM 1990, 987 ff.). Ein Recht zur Wandlung des gesamten Vertrages wäre auch zu bejahen, wenn die Gesamtleistung nach dem Willen der Parteien als unteilbar anzusehen wäre. Eine ausdrückliche Absprache dieses Inhalts hat die Klägerin selbst nicht behauptet. Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Vermutung zu ihren Gunsten berufen. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs "die Zusammenfassung zweier Vereinbarungen über den Kauf eines Computers (Hardware) und die zeitlich nicht begrenzte Überlassung von Software (als Lizenzvertrag) in ein und derselben Vertragsurkunde eine Vermutung dafür begründen, dass ein einheitlicher Vertrag mit gleichen Folgewirkungen bei Störungen in einem der Teilbereiche abgeschlossen werden sollte". Sie ist aber widerlegt, "wenn sich der Vertrag auf den Kauf eines handelsüblichen Computers und auf die Überlassung von Standard-Software bezieht. Ist in einem solchen Falle der Softwarevertrag rückgängig zu machen, wird der Hardwarevertrag davon nicht berührt" (so BGH NJW 1987, 2004 - 2008 = BB 1987, 1277 ff.). So liegt es hier.

Wandlungsansprüche wegen des defekten Druckers sind verjährt. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Der Wandlungsanspruch ist erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 23.10.1998 rechtshängig gemacht worden, als die Verjährungsfrist des § 477 BGB unstreitig bereits abgelaufen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Beschwer für beide Parteien: unter 60.000,-- DM

Streitwert für das Berufungsverfahren (Berufung u. Anschlussberufung): 17.000,- DM

Ende der Entscheidung

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