Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 31.10.2008
Aktenzeichen: 19 W 17/08
Rechtsgebiete: ZPO, HGB


Vorschriften:

ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 767
ZPO § 793
ZPO § 887 Abs. 2
ZPO § 892
HGB § 87 a Abs. 1 Satz 2
HGB § 92 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 13.03.2008 -14 O 14/01 SH - in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 03.04.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Gläubiger auferlegt.

Gründe:

Die fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht erkannt, dass der von der Schuldnerin erteilte Buchauszug mit Ausnahme der sich aus dem Tenor zu Ziffer 1 der angefochtenen Entscheidung ergebenen Einschränkungen als Erfüllung der ihr durch das rechtskräftige Urteil des Senats vom 28.05.2004 -19 U 143/01, 19 U 175/01- auferlegten Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszuges über die seit dem 01.01.1998 bis zum 08.11.2000 vermittelten Geschäfte anzusehen ist.

Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass im Verfahren zur Vollstreckung einer Verurteilung, einen Buchauszug zu erteilen, der Einwand des Schuldners zu prüfen ist, er habe den titulierten Anspruch bereits erfüllt. Ist ein Buchauszug formal unvollständig, kann der Schuldner die Ergänzung des Buchauszuges verlangen (BGH MDR 2005, 426 ff.; BGH WM 2007, 1418 ff.). Für die Entscheidung, ob der titulierte Anspruch erfüllt ist, ist der Vollstreckungstitel maßgeblich, nicht die materielle Rechtslage. Dabei hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass angesichts des Zwecks der Erteilung eines Buchauszuges, dem Handelsvertreter eine umfassende Überprüfung seiner Ansprüche zu ermöglichen, bestimmte Angaben auch durch andere ersetzt werden können, sofern sie denselben Zweck in gleicher Weise erfüllen. Denn der Buchauszug ist kein Selbstzweck; der Handelsvertreter kann sich daher auch im Vollstreckungsverfahren nicht auf einzelne im Tenor des Urteils genannte Angaben, auf die der Buchauszug sich zu erstrecken hat, berufen, wenn diese etwa deshalb nicht erforderlich sind, weil andere vom Unternehmer gemachte Angaben gleichwertig sind (Senat im Beschluss vom 09.02.2004 -9 W 2/04; Senat im Urteil in dieser Sache).

Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag auch der Senat nach dem Gutachten des Sachverständigen E. vom 14.03.2007 und dem Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 04.12.2007 nicht zu erkennen, dass der Schuldner seiner Verpflichtung aus dem Tenor zu Ziffer I.1. des Urteils des Senats vom 28.05.2004 mit Ausnahme der zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs noch erforderlichen Angaben gemäß Ziffer 1 des Tenors des angefochtenen Beschlusses nicht nachgekommen ist. Das Landgericht hat im Einzelnen ausgeführt, welche Angaben nach dem Erstgutachten des Sachverständigen E. fehlen bzw. unvollständig, jedoch zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs erforderlich sind, und zu diesen Angaben eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen eingeholt. Soweit das Landgericht zu den nach dem Ergänzungsgutachten noch offen Angaben zu Ziffer 5, 6 und 8 des Urteilstenors des Senats ausgeführt hat, diese unvollständigen Angaben hinderten die Gläubigerin nicht an der Berechnung des Ausgleichsanspruchs und sie seien deshalb auch nicht zu ergänzen, ist dies aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Ziffer 5 hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 28.05.2004 (dort S. 21) darauf hingewiesen, dass die Schuldnerin auch durch die Angabe, es bestünden keine Sondervereinbarungen, ihrer Auskunftsverpflichtung genügt hat. Soweit der Gläubiger im Beschwerdeschriftsatz vom 01.04.2008 ausdrücklich die Rechtsfehlerhaftigkeit des angefochtenen Beschlusses an Ziffer 6 des Tenors festmachen will, bleibt auch dies ohne Erfolg. Zwar hat der Senat in seinem Urteil vom 28.05.2004 (dort S. 21) ausgeführt, dass der Gläubiger die Angabe der Fälligkeit und des Eingangs der Erstprämie im Hinblick auf die Bestimmung des § 92 Abs. 4 HGB verlangen kann. Da die Parteien nach dem Handelsvertretervertrag vom 18./23.09.1997 eine gemäß § 87 a Abs. 1 Satz 2 HGB abweichende Vereinbarung dergestalt getroffen haben, dass sich die Provision ausschließlich nach der für den Vertrag berechneten Bewertungssumme und zwar unabhängig davon errechnet, in welcher Höhe und wann die Prämien eingehen, ist, wie auch der Sachverständige E. in seinem Ergänzungsgutachten vom 04.12.2007 festgestellt hat, die Angabe des Eingangs der Prämie im Buchauszug zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht erforderlich. Hier kommt wieder der vom Senat anerkannte Grundsatz zum Tragen, dass der Buchauszug in dem zuvor beschriebenen Sinne keinen Selbstzweck darstellt. Zu Ziffer 6 hat der Senat im seinem Urteil vom 28.05.2004 bereits darauf hingewiesen, dass die Angabe über die Summen der eingegangenen Prämien entbehrlich ist, wenn die einzelnen Beträge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgelistet sind. Diesem Erfordernis genügt nach den Ausführungen des Sachverständigen im Ergänzungsgutachten der vorgelegte Buchauszug. Schließlich bedarf es auch keiner Ergänzung des Buchauszuges zu Ziffer 8 gemäß dem Tenor des Senatsurteils vom 28.05.2004. Die Angabe der Versicherungssumme ist nämlich entbehrlich, weil nach Ziffer 2.1 des Handelsvertretervertrages vom 18./23.09.1997 der Provisionsanspruch an der Jahresprämie und der vereinbarten Vertragslaufzeit anknüpft. Diese Daten, die gerade den Zweck des Buchauszuges, den Ausgleichsanspruch berechnen zu können, erfüllen, sind in der Anlage AG 4 enthalten.

Auch der Auskunftsanspruch gemäß Ziffer I.2. des Tenors des Senatsurteils vom 28.05.2004 hinsichtlich der Dynamikprovisionen aus den in der Zeit vom 01.01.1998 bis zum 08.11.2000 vermittelten Lebensversicherungsverträgen mit Dynamikklauseln ist erfüllt. Zu Spalte 4 (Noten-Nummer) ergibt sich die Handhabung aus dem Schriftsatz der Schuldnerin vom 27.05.2005 (Bl. 39 GA). Das Tarifkennzeichen -Punkt 7- ergibt sich aus der Anlage 1 -Vereinbarungen zu den Lebensversicherungs-Bewertungsbestimmungen- des von den Parteien geschlossenen Handelsvertragesvertrages vom 18./23.09.1997. Aus den Kürzeln folgen nach den Ausführungen des Sachverständigen E. in seinem Ergänzungsgutachten verständliche Angaben zum Tarif der Lebensversicherung, sodass eine Ergänzung reiner Formalismus wäre. Mit Schriftsatz vom 28.05.2004 (Bl. 40 GA) hat die Schuldnerin die in der Spalte 10 festgehaltenen Zahlungsschlüssel für die jeweilige Zahlungsweise erläutert (1=jährlich, 2= halbjährlich etc.), sodass Zweifel an der Verständlichkeit der Angaben nicht ersichtlich sind. Soweit die Schuldnerin Eintragungen in den Spalten 12, 17 und 20 nicht vermerkt hat und unwidersprochen mit Schriftsatz vom 21.02.2008 (Bl. 390) vorgetragen hat, dass Besonderheiten, nicht ausgezahlte Anteile des Gesamtprovisionsanspruchs vor Auszahlung der Rate und ratierliche Auszahlungen der Abschlussprovision nicht angefallen sind, ist auch dies eine vollständige Auskunft.

Nach alledem entsprichen der erteilte Buchauszug und die Abrechnung der Dynamikprovisionen unter Berücksichtigung gleichwertiger Angaben aus den beiden Parteien bekannten Vertragsunterlagen und den Ergänzungen der Schuldnerin im Vollstreckungsverfahren formal den Anforderungen des Urteilsausspruchs des Senats und ist daher auch erfüllt. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Buchauszuges, wie sie von dem Gläubiger auch im Beschwerdeverfahren vorgetragen worden sind, ändern daran jedoch nichts (BGH WM 2007, 1418 ff. m. w. Nachw.).

2.

Die Bemessung des gemäß § 887 Abs. 2 ZPO beantragten Kostenvorschusses durch das Landgericht mit 15.000,00 € ist nicht zu beanstanden. Für die Bemessung eines Vorschusses nach § 887 Abs. 2 ZPO ist auf die Maßnahmen abzustellen, die erforderlich sind, um die im Ermächtigungsbeschluss titulierten Ergänzungen des Buchauszuges vornehmen zu können. Mit Rücksicht darauf, dass der Buchauszug lediglich hinsichtlich der Angaben 9 bis 11 der Ziffer I.1. des Tenors des Senatsurteils vom 28.05.2004 zu ergänzen ist, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass das Landgericht in seinem angefochtenen Beschluss bei einem Ansatz von maximal 70 Stunden und einem Stundensatz des Steuerberaters nach Maßgabe des Gläubigervortrags (Bl. 14 GA) von 150,00 € das ihm zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat.

3.

Die sofortige Beschwerde bleibt auch insoweit ohne Erfolg, als das Landgericht in Ziffer 4 des Tenors erkannt hat, dass die Vollstreckung aus dem Ermächtigungsbeschluss entfällt, sobald der Schuldnerin ihrer Ergänzungsverpflichtung nachgekommen ist. Mit Ziffer 4 hat das Landgericht ersichtlich nur die selbstverständliche Rechtsfolge einer Erfüllungshandlung der Schuldnerin in dem Sinne zum Ausdruck gebracht, dass in diesem Fall eine Vollstreckung aus dem Ermächtigungsbeschluss nicht mehr stattfindet. Der Gläubiger ist durch Ziffer 4 des Tenors nicht beschwert, da er an der Vollstreckung des Beschlusses bis zur Erfüllung nicht gehindert ist und die Schuldnerin den Einwand der Erfüllung mit der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO geltend machen muss.

4.

Schließlich hat das Landgericht zu Recht den Antrag des Gläubigers zu Ziffer 3) aus dem Schriftsatz vom 14.03.2005 zurückgewiesen. Nach § 892 ZPO dient die beantragte Zwangsmaßnahme dazu, einen Widerstand der Schuldnerin zu beseitigen. Mit Rücksicht darauf, dass es sich dabei um einen grundrechtsrelevanten Eingriff handelt, können bloße Verdachtsmomente den Erlass einer Durchsuchungsanordnung nicht rechtfertigen. Ein vorsorglicher Durchsuchungsbeschluss sogleich für den Vollstreckungsbeginn ist unzulässig. Vielmehr kann eine Durchsuchungsanordnung grundsätzlich nur erlassen werden, wenn die Durchsuchung bereits verweigert wurde oder wenn konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass der Schuldner die Einwilligung zur Durchsuchung verweigern wird (Stöber in Zöller, ZPO 25. Aufl., § 758 a Rn. 19/20). Derartige Anhaltspunkte fehlen hier indes. Mögliche Verzögerungen der Schuldnerin bei der Erteilung des Buchauszuges, rechtfertigen jedenfalls nicht die Annahme, sie werde nach Erlass des Ermächtigungsbeschlusses einem Beauftragten des Gläubigers das Betreten und Durchsuchen ihrer Geschäftsräume verweigern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück