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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.02.2003
Aktenzeichen: 19 W 22/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

19 W 22/02

In der Zwangsvollstreckungssache

pp.

hat der 19. Senat des Oberlandesgerichts Köln am 05.02.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Jaeger, die Richterin am Oberlandesgericht Caliebe und den Richter am Oberlandesgericht Conzen

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 12.06.2002 - 20 O 279/01 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.

Gründe:

Die Gläubiger betreiben gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil des Landgerichts Köln vom 26.09.2001 - 20 O 279/01 - . Danach hatte der Schuldner als Geschäftsführer der GbR L I-Straße 59/60 den Gläubigern über die Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft Rechenschaft abzulegen sowie Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren. Eine Abrechnung erfolgte unter dem 26.12.2001. Streitig ist zwischen den Parteien, ob der Schuldner hiermit seiner Verpflichtung vollumfänglich nachgekommen ist. Das Landgericht Köln setzte auf entsprechenden Antrag der Gläubiger am 12.06.2002 gegen den Schuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,- €, ersatzweise Zwangshaft hinsichtlich der Verpflichtung zur Rechnungslegung fest.

Gegen den am 26.06.2002 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 08.07.2002. Er vertritt die Ansicht, sein Erfüllungseinwand habe im Rahmen der Entscheidung über die Zwangsmaßnahme berücksichtigt werden müssen. Zudem sei er nicht mehr Geschäftsführer der GbR L I-Straße 59/60, so dass ihm die Erfüllung unmöglich sei.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners ist nach §§ 567ff., 793 ZPO zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die angefochtene Zwangsmaßnahme, die ihren Rechtsgrund in § 888 ZPO findet, ist zu Recht ergangen. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner von der Entscheidung des Landgerichts abweichenden Beurteilung.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätte der materiell-rechtliche Einwand der Erfüllung allerdings ausnahmsweise im Rahmen der §§ 888, 891 ZPO geprüft werden müssen, da dem Gericht die Abrechnung vom 26.12.2001 vorlag. Der Schuldner war insoweit nicht auf die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zu verweisen.

Die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit des Erfüllungseinwandes ist sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung stark umstritten (vgl. nur die Darstellung bei Zöller/Stöber, ZPO, 23.Aufl., § 887 Rn.7 sowie OLG München, NJW-RR 2002, 1034 f. mwN.). Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass der Erfüllungseinwand zu berücksichtigen ist, wenn die Erfüllung unstreitig oder liquide beweisbar ist (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1988, 1212 f.; 1989, 188 f.; MDR 1993, 579). Aus der Systematik des Gesetzes - insbesondere der Regelung der Vollstreckungsgegenklage im Allgemeinen und deren Präklusionsvorschriften im Besonderen - ergibt sich, dass im Interesse einer zügigen Durchführung der Zwangsvollstreckung materielle Einwendungen regelmäßig dem Erkenntnisverfahren vorbehalten bleiben. Lediglich die Vorschrift des § 775 Nr. 4 und 5 ZPO gestattet dem Vollstreckungsorgan in eng gefassten Einzelfällen die Berücksichtigung der vom Schuldner dargelegten Erfüllung. Diesen Fällen ist gemeinsam, dass der Schuldner durch Vorlage entsprechender Urkunden einen qualifizierten Leistungsnachweis erbringt. Der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz, nach dem die Vollstreckung jedenfalls bei offensichtlich erfolgter, mithin liquide bewiesener Erfüllung zu unterbleiben hat, kann uneingeschränkt auf das Verfahren des § 888 ZPO übertragen werden. Demgegenüber ist eine generelle Berücksichtigung des Erfüllungseinwandes außerhalb der Vollstreckungsgegenklage abzulehnen. Insbesondere prozessökonomische Erwägungen stehen dem nicht entgegen. Zum einen müsste das Gericht ebenso wie bei der Vollstreckungsgegenklage Beweis über die Erfüllung erheben. Zum anderen eröffnete man dem Schuldner die Möglichkeit, das Verfahren durch die wiederholte Behauptung der Erfüllung beliebig hinauszuzögern. Zwar ist diese Gefahr auch bei der Vollstreckungsgegenklage nicht vollständig ausgeschlossen, da das Gericht gemäß § 769 ZPO die Zwangsvollstreckung bis zum Erlass des Urteils einstellen kann (so OLG Jena 15.5.2000, 6 W 243/00). Insoweit hat der Schuldner allerdings wesentlich höhere Hürden - nicht zuletzt auch in kostenrechtlicher Hinsicht - zu überwinden. Diese sind in der Regel geeignet, rechtsmissbräuchliches Vorbringen sowie die damit einhergehende Verfahrensverschleppung zu verhindern.

Der Senat hatte somit die sich bei den Akten befindende Abrechnung vom 26.12.2002 auf ihre Ordnungsgemäßheit zu überprüfen. Danach hat der Schuldner nicht die zur Erfüllung seiner Verpflichtung erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Wie das Landgericht in seinem Urteil vom 26.09.2001 bereits ausgeführt hat, erfordert die Rechenschaftslegung eine übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben. Die Gläubiger hätten dementsprechend in die Lage versetzt werden müssen, die bestehenden Ansprüche auf Aktiv- und Passivseite nach Grund und Höhe ohne fremde Hilfe zu überprüfen. Insbesondere die von den Gläubigern im Schriftsatz vom 05.06.2002 (GA Bl. 105 ff.) bemängelten fehlenden Auskünfte über den Grund der Geldbewegungen lassen eine eigenständige Überprüfung durch die Gläubiger jedoch nicht zu. Bereits aus diesem Grund greift der Erfüllungseinwand des Schuldners nicht durch.

Das Zwangsgeld durfte auch ungeachtet der Einwendung des Schuldners, er sei nicht mehr Geschäftsführer der GbR L I-Straße 59/60, festgesetzt werden.

Die Zulässigkeit einer Zwangsmaßnahme nach § 888 ZPO setzt voraus, dass die vorzunehmende Handlung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt. Wird die Handlung unmöglich, so kann der Erfolg auch durch Zwangsmaßnahmen nicht mehr herbeigeführt werden. Eine weitere Vollstreckung wäre unzulässig. Unmöglich ist die Erfüllung jedoch nur dann, wenn der Schuldner weder persönlich in der Lage ist, seiner Verpflichtung nachzukommen, noch sich Dritter hierzu bedienen kann. Der titulierte Anspruch wird somit nicht vollständig entwertet sondern reduziert sich lediglich auf die Verpflichtung des Schuldners, alle zumutbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Erfolg herbeizuführen (vgl. Stein-Jonas, ZPO, § 888 Rn.13, 15 mwN.). Dementsprechend obliegt dem Schuldner - sollte er tatsächlich nicht mehr die Tätigkeit des Geschäftsführers ausüben - jedenfalls die Pflicht, auf die neue Geschäftsführung einzuwirken, um den Gläubigern weitestgehend zu ihren Rechten zu verhelfen. Für die Erfolglosigkeit dieser Bemühungen trägt der Schuldner eine erweiterte Darlegungslast, der er jedoch nicht nachgekommen ist. Seine Behauptung, er sei weder in der Lage, Einsicht in die Unterlagen zu gewähren, noch könne er eine erneute Rechnung legen, genügt nicht, um die Festsetzung der Zwangsmittel auszuschließen. Erforderlich gewesen wäre vielmehr ein substantiierter und mit Beweisantritten versehener Vortrag, der von den Gläubigern hätte überprüft werden können (OLG Celle, MDR 1998, 923f.; MünchKomm, ZPO, 2.Aufl., § 888 Rn.8 mwN.). Angesichts des unterschiedlichen Kenntnisstandes in Bezug auf die Einzelheiten der Schuldnersphäre wäre einem Schuldner andernfalls stets die Möglichkeit eröffnet, durch pauschales Bestreiten weiterer Handlungsalternativen die Zwangsvollstreckung zu unterlaufen. Dem Schuldner hätte somit zumindest die Darlegung oblegen, dass und aus welchen Gründen ihm die Einsichtnahme der erforderlichen Unterlagen zwecks ordnungsgemäßer Rechnungslegung von der neuen Geschäftsführung verweigert worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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