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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 18.08.2008
Aktenzeichen: 19 W 24/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 263
ZPO § 264
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 568 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
ZPO § 571
ZPO § 793
ZPO § 810
ZPO § 811
ZPO § 811 Abs. 1 S. 1
ZPO § 811 Abs. 1 S. 2
ZPO § 883
ZPO § 887
ZPO § 887 Abs. 2
ZPO § 888
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Das Verfahren wird gemäß § 568 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO auf den Senat zur Entscheidung übertragen.

II. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 28.12.2007 - 30 O 46/06 - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1) Die Gläubigerin wird ermächtigt, die der Schuldnerin nach dem Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Köln vom 24.7.2007 - 30 O 46/06 - obliegende Verpflichtung, der Gläubigerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Geschäfte im Bereich Naturstein mit dem Unternehmen C. AG sowie mit dem Unternehmen U./S. im Zeitraum vom 1.8.2005 bis 31.10.2005 geschlossen wurden, bezüglich der die Filiale der C. AG in E. betreffenden Auskunft auf Kosten der Schuldnerin im Wege der Ersatzvornahme durch die Gläubigerin selbst oder durch einen von ihr beauftragten, zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten vornehmen zu lassen.

Es wird angeordnet, dass die Schuldnerin die im Wege der Ersatzvornahme notwendigen Maßnahmen zu dulden, der Gläubigerin oder dem von ihr be-auftragten Dritten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen in der T.-Straße XX in XXXXX F. zu gewähren und die erforderlichen Unterlagen, wozu auch elektronische Datenträger gehören können, zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen hat.

Die Schuldnerin wird verurteilt, einen Kostenvorschuss in Höhe von 800,- € an die Gläubigerin vorauszuzahlen.

2) Gegen die Schuldnerin wird zur Erzwingung der in dem vorbezeichneten Teil-Anerkenntnisurteil niedergelegten Verpflichtung, die schriftlichen Bestellungen zu den im Bereich Naturstein mit dem Unternehmen C. AG sowie mit dem Unternehmen U./S. im Zeitraum 1.8.2005 bis 31.10.2005 geschlossenen Geschäften vorzulegen, die in der Weise zu erfüllen ist, dass die Unterlagen der Gläubigerin für angemessene Zeit ausgehändigt werden, ein Zwangsgeld von 3.000,- € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise für je 100,- € ein Tag Zwangshaft, zu vollstrecken an dem jeweiligen Geschäftsführer der Schuldnerin, festgesetzt.

3) Die Kosten des Verfahrens werden der Schuldnerin zu 2/3 und der Gläubigerin zu 1/3 auferlegt.

Gründe:

I. Durch Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts Köln vom 24.7.2007 - 30 O 46/06 - ist die Schuldnerin verurteilt worden, der Gläubigerin, die u.a. Provisionsansprüche im Wege der Stufenklage verfolgt, Auskunft darüber zu erteilen, welche Geschäfte im Bereich Naturstein mit dem Unternehmen C. AG sowie mit dem Unternehmen U./S. im Zeitraum vom 1.8. bis 31.10.2005 geschlossen wurden und die schriftlichen Bestellungen hierüber vorzulegen. Die Schuldnerin hat in der Folge Auskünfte erteilt, nicht jedoch über die mit der Filiale der C. AG in E. geschlossenen Geschäfte. Hinsichtlich der Bestellungen hat sie der Gläubigerin angeboten, diese im Original bei ihr - der Beklagten - einzusehen, und eine Übersendung der Bestellungen abgelehnt.

Die Schuldnerin hat beantragt, gegen die Schuldnerin zur Erzwingung der in dem o.g. Teil-Anerkenntnisurteil niedergelegten Verpflichtung ein Zwangsgeld festzusetzen. Das Landgericht hat durch den im Tenor bezeichneten Beschluss den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach Auslegung des Urteilstenors unter Hinzuziehung des Parteivortrags ergebe sich, dass eine Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft über die C. -Filiale E. nicht bestehe. Auch bestehe keine titulierte Verpflichtung der Schuldnerin des Inhaltes, der Klägerin die Bestellungen zu übersenden.

Gegen den der Gläubigerin am 22.1.2008 zugestellten Beschluss hat sie mit Schriftsatz vom 31.1.2008, bei Gericht eingegangen am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 5.6.2008 - bis auf eine Korrektur des Rubrums - nicht abgeholfen. Mit Schriftsatz vom 29.7.2008 hat die Gläubigerin beantragt, hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes für unzulässig hält, 1. die Gläubigerin zu ermächtigen, die der Schuldnerin nach dem o.g. Teil-Anerkenntnisurteil obliegende vertretbare Handlung, nämlich der Gläubigerin Auskunft über die mit der C. -Filiale in E. im Zeitraum 1.8. bis 31.10.2005 geschlossenen Geschäfte zu erteilen und die schriftlichen Bestellungen hierüber und über alle Geschäfte im Bereich Naturstein mit dem Unternehmen C. AG und U./S. im vorbezeichneten Zeitraum vorzulegen, auf Kosten der Schuldnerin im Wege der Ersatzvornahme durch die Gläubigerin oder einen von ihr beauftragten Dritten vornehmen zu lassen, sowie 2. anzuordnen, dass die Schuldnerin die im Wege der Ersatzvornahme notwendigen Maßnahmen, nämlich die Einsichtnahme in sämtliche Geschäfts- und Buchhaltungsunterlagen betreffend die Geschäfte im Bereich Naturstein mit den Unternehmen C. AG und U./S. im Zeitraum vom 1.8. bis 31.10.2005 zu dulden hat und dass die Gläubigerin bzw. der von ihr beauftragte Dritte das Grundstück der Schuldnerin in der T.-Straße XX in G. betreten kann und die entsprechenden Unterlagen sowie die elektronischen Datenträger zur Einsicht und Mitnahme zur Verfügung gestellt werden, sowie 3., die Schuldnerin zu verurteilen, an die Gläubigerin für die durch die nach Ziffer 1 vorzunehmende Ersatzvornahme einen Kostenvorschuss von 1.000,- € zu zahlen.

II. Die fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache überwiegend Erfolg.

1) Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung liegen vor. Die Gläubigerin hat auf Nachfrage mitgeteilt, sie habe mit Schriftsatz vom 12.10.2007 die vollstreckbare Ausfertigung des Teil-Anerkenntnisurteils vom 24.7.2007 - 30 O 46/06 - nebst Zustellbescheinigung zu den Akten gereicht. Dies hat sich durch eine Nachfrage bei der Geschäftsstelle der 30. Zivilkammer des Landgerichts Köln, die danach über ein Aktenretent verfügt, dem die vollstreckbare Ausfertigung beiliegt, als zutreffend bestätigt.

2) Mit dem Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Köln vom 24.7.2007 - 30 O 46/06 - sind zwei Verpflichtungen tituliert worden. Diese folgen in der Zwangsvollstreckung unterschiedlichen Regeln.

a) Hinsichtlich des titulierten Anspruchs auf Erteilung einer Auskunft darüber, welche Geschäfte im Bereich Naturstein mit dem Unternehmen C. AG sowie mit dem Unternehmen U./S. im Zeitraum 1.8. bis 31.10.2005 geschlossen wurden, liegen in Bezug auf eine Auskunft über die von der Schuldnerin in dem vorbezeichneten Zeitraum geschlossenen Geschäfte mit der Filiale der C. AG in E. die besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO nicht vor und ist der diesbezügliche Antrag der Gläubigerin zurückzuweisen. Die Voraussetzungen einer Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO sind hingegen erfüllt.

aa) Nach § 888 ZPO zu vollstrecken wäre die titulierte Auskunftsverpflichtung nur, wenn es sich hierbei um eine unvertretbare Handlung handelte. Unvertretbar ist eine Handlung, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann, die also ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig ist (BGH NJW 2006, 2706, 2707; Zöller/Stöber § 888 ZPO Rn. 2). Eine Auskunft zur Provisionsabrechnung oder aus Geschäftsunter-lagen kann durchaus ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig sein (s. Zöller/Stöber § 888 Rn. 3 s.v. Auskunft, mit zahlreichen Nachweisen), so beispielsweise die Erstellung einer Abrechnung, wenn sie verbindliche Erklärungen des Schuldners aufgrund seiner besonderen Kenntnisse voraussetzt (BGH NJW 2006, 2706, 2707; OLG Köln MDR 2002, 294; BayObLG NJW-RR 2002, 1381, 1382; Schuschke/Walker, Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 887 Rn. 7). Im Regelfall ist die Provisionsabrechnung jedoch eine vertretbare Handlung im Sinne von § 887 ZPO, weil sie von einem Dritten, einem geeigneten Beauftragten des Gläubigers anhand der vorliegenden Bücher und Geschäftsunterlagen vorgenommen werden kann. Nur ausnahmsweise ist nach § 888 ZPO zu vollstrecken, wenn beispielsweise Bücher gänzlich fehlen oder so unzulänglich sind, dass sie von einem Dritten nicht ausgewertet werden können, oder bezüglich der Auskunft eine besondere Vollständigkeitserklärung abzugeben ist (OLG Köln, NJW-RR 1996, 100; 2003, 33; MDR 2002, 294; OLG Hamm, NJW-RR 1994, 489; BayObLG NJW-RR 2002, 1381, 1382; Baumbach/Hopt § 87c HGB Rn. 12; Schuschke/Walker, a.a.O.). Die Frage, ob eine Auskunftserteilung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängig ist oder auch durch einen Dritten vorgenommen werden kann, lässt sich mithin nicht generell und nicht ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beantworten.

Vorliegend hat die Gläubigerin, der Gelegenheit gegeben worden ist, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, nicht dargetan, dass die besonderen Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO gegeben sind. Besonderer Kenntnisse, über die nur die Schuldnerin verfügt, bedarf es zu der Auskunftserteilung nicht. Angesichts des vorgetragenen Umfangs der Geschäftsbücher - 15 bzw. 47 Aktenordner - besteht zudem jedenfalls derzeit kein Anlass, an der Vollständigkeit der Geschäftsunterlagen zu zweifeln, so dass jeder Dritte, der über diese Unterlagen verfügt, zur Erteilung der begehrten Auskunft in der Lage sein wird. Die einzig erforderliche Mitwirkungshandlung der Schuldnerin besteht mithin darin, der Gläubigerin bzw. ihrem Beauftragten die Einsichtnahme in die betreffenden Unterlagen zu ermöglichen.

Der Antrag auf Anordnung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO war daher bezüglich der Auskunftsverpflichtung zurückzuweisen.

bb) Der erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellte Hilfsantrag, die Gläubigerin zur Ersatzvornahme nach § 887 ZPO zu ermächtigen, ist zulässig und begründet.

aaa) Die Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz ist zulässig. Soweit die Gläubigerin anstelle einer Vollstreckung nach § 888 ZPO eine solche hilfsweise nach § 887 beantragt, hat sie sich nicht lediglich auf ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von § 571 ZPO gestützt, sondern vielmehr die Form des Angriffs selbst verändert. Nach - soweit ersichtlich - allgemeiner Auffassung sind Änderungen und Erweiterungen des Antrags in der Beschwerdeinstanz entsprechend den Grundsätzen der §§ 263, 264 ZPO zulässig (BGHZ 91, 154, 159 f.; OLG Stuttgart, OLGZ 1968, 446), solange der Bezug zum Ausgangsantrag und zum Ausgangsverfahren erhalten bleiben (Zöller/Gummer § 571 Rn. 4).

Dies ist vorliegend der Fall. Die im Hilfsantrag bezeichnete Rechtsfolge - Ermächtigung zur Ersatzvornahme -, anhand derer der Streitgegenstand nach herrschender Auffassung (auch) zu definieren ist (vgl. Zöller/Vollkommer Einl. 71), ist zwar eine andere als die mit dem Hauptantrag verfolgte Festsetzung von Zwangsmitteln. Die Umstellung des auf die Festsetzung von Zwangsmitteln gerichteten Antrags in einen Antrag zur Ermächtigung zur Ersatzvornahme entspricht gleichwohl einer nicht als Klageänderung zu behandelnden Erweiterung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 ZPO. Der Verfahrensgegenstand ist in sachlicher Hinsicht insoweit derselbe geblieben, als es der Gläubigerin um die Durchsetzung desselben titulierten Auskunftsanspruchs geht. Gleich geblieben ist auch die Verfahrensart, denn nach wie vor begehrt die Gläubigerin eine Entscheidung des Prozessgerichts des ersten Rechtszugs bzw. des für dieses zuständigen Rechtmittelgerichts und nicht etwa die Vornahme einer Vollstreckungshandlung eines anderen Vollstreckungsorgans wie beispielsweise des Gerichtsvollziehers. Nach Auffassung des Senats ist die Lage daher vergleichbar mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschiedenen Fällen, in denen ein Kläger seinen Zahlungsantrag in einen Freistellungsantrag oder umgekehrt umwandelt und in denen in der Änderung des Klageantrags lediglich eine Klageerweiterung im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO gesehen worden ist, da beide Ansprüche lediglich unterschiedliche Ausprägungen ein und desselben Anspruchs seien (vgl. BGH NJW 1994, 944, 945). Darüber hinaus ist die Antragsumstellung vorliegend auch sachdienlich im Sinne von § 263 ZPO, da hierdurch ein neues Verfahren über den identischen Verfahrensstoff vermieden wird.

bbb) Der Hilfsantrag ist begründet. Es bedarf der beantragten Ermächtigung zur Ersatzvornahme, da die Schuldnerin der ihr obliegenden titulierten Verpflichtung nicht nachgekommen ist.

[1] Zum Umfang der titulierten Verpflichtung, die Gegenstand des Teil-Anerkenntnis-urteils des Landgerichts Köln vom 24.7.2007 ist, gehört entgegen der von dem Landgericht in dem angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung auch die Erteilung einer Auskunft über die von der Beklagten mit der Filiale der C. AG in E. abgeschlossenen Geschäfte. Eine Beschränkung der Verpflichtung zur Auskunftserteilung dergestalt, dass die C. -Filiale in E. von der alle anderen Filialen der C. AG betreffenden Auskunftsverpflichtung ausgenommen wäre, ist dem Tenor nicht zu entnehmen. Zwar sind, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, Inhalt und Reichweite einer titulierten Verpflichtung unter Heranziehung der in den Entscheidungsgründen enthaltenen Ausführungen zu ermitteln; und wenn diese fehlen sind zur Auslegung auch die Parteierklärungen und der diesbezügliche Parteivortrag heranzuziehen (OLG Köln NJW-RR 1993, 1407). Dem Vortrag der damaligen Klägerin zu 1) ist indes deutlich zu entnehmen, dass sie - wenngleich die Filiale der C. AG in E. in der Vertragsurkunde vom 19.7.2005 ausdrücklich ausgenommen ist - gleichwohl Provisions- und Auskunftsansprüche auch bezüglich der mit der C. -Filiale in E. geltend macht. Auf Seite 5 der Klageschrift vom 28.1.2006 hat die Gläubigerin nämlich ausgeführt, ihr stehe ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch bezüglich dieser Filiale zu, da der Ausschluss dieser Filiale im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ausschließlich formal im Hinblick auf die leitende Stellung, die der vormalige Kläger zu 2) vormals in dieser Filiale gehabt habe, erfolgt sei und er nicht als Lieferantenvertreter habe auftreten wollen, wenngleich aber auch hier eine Bearbeitung durch den Kläger zu 2) erfolgt sei. Diese auch die Filiale in E. erfassende Forderung hat die Schuldnerin im Termin vom 29.5.2007 ohne Einschränkungen anerkannt.

Ohne Erfolg beruft sich die Schuldnerin in dem vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren darauf, eine Verpflichtung zu Provisionszahlungen und mithin eine Auskunftsverpflichtung bezüglich der C. -Filiale in E. bestehe nicht. Materiellrechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch können in dem formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren nicht geprüft werden (BGH NJW 1994, 460, 461; Zöller/Stöber Rn. 14 vor § 704 ZPO, § 766 Rn. 7; Schuschke/Walker, Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 887 Rn. 14). Anhaltspunkte dafür, dass die Durchsetzung der titulierten Forderung, deren Nichtbestehen nicht offenkundig ist, rechtsmissbräuchlich wäre, sind nicht dargetan oder sonst ersichtlich.

[2] Unstreitig hat die Schuldnerin die ihr obliegende Auskunftsverpflichtung bezüglich aller Filialen, nicht aber bezüglich der Filiale der C. AG in E. erfüllt.

Zwar besteht im Falle einer fehlerhaften und/oder unvollständigen Auskunftserteilung grundsätzlich kein Anspruch auf Nacherfüllung, sondern lediglich auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung; eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist jedoch dann zu machen, wenn - wie hier - der Schuldner einen Teil der Aufstellung weggelassen hat und die Angaben erkennbar unvollständig sind (Palandt/Heinrichs, 67. Aufl., § 261 Rn. 22; OLG Köln NJW-RR 1996, 100, 101).

ccc) Nach alledem ist die Gläubigerin entsprechend ihrem Hilfsantrag gemäß § 887 ZPO zu ermächtigen, die der Schuldnerin obliegende titulierte Verpflichtung, Auskunft auch über die mit der Filiale der C. AG in E. geschlossenen Geschäfte zu erteilen, auf Kosten der Schuldnerin im Wege der Ersatzvornahme durch die Gläubigerin selbst oder durch einen von ihr beauftragten, zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten - die Ersatzvornahme durch sonstige Dritte ist der Schuldnerin nicht zuzumuten - vornehmen zu lassen. Darüber hinaus ist zur Ermöglichung der Umsetzung der Ermächtigung anzuordnen, dass die Schuldnerin die im Wege der Ersatzvornahme notwendigen Maßnahmen zu dulden, der Gläubigerin oder dem von ihr beauftragten Dritten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen zu gewähren und die erforderlichen Unterlagen, wozu auch elektronische Datenträger gehören können, zur Einsicht zur Verfügung zu stellen hat. Schließlich ist die Schuldnerin auf den Antrag der Gläubigerin gemäß § 887 Abs. 2 ZPO zu verurteilen, einen Kostenvorschuss vorauszuzahlen.

Nachdem die Gläubigerin nicht nachvollziehbar dargelegt hat, wie hoch die Kosten der Ersatzvornahme sein werden, schätzt der Senat den notwendigen Betrag unter Berücksichtigung dessen, dass zwar der zu überprüfende Zeitraum überschaubar und nur die Geschäftsbeziehung zu einer einzelnen Filiale nachzuvollziehen ist, die Geschäftsunterlagen aber gleichwohl umfangreich sind und die Einschaltung von zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten mit relativ hohen Kosten verbunden ist, auf 800,- €.

Vorsorglich sei mit Rücksicht auf die zu erwartende Vorlage der Bestellungen, zu denen auch die der C. -Filiale in E. gehören werden, darauf hingewiesen, dass nur notwendige Kosten der Ersatzvornahme zu erstatten sind.

b) Bezüglich der mit dem Teil-Anerkenntnisurteil vom 24.7.2007 titulierten Verpflichtung zur Vorlage der schriftlichen Bestellungen hat die Vollstreckung nach § 888 ZPO zu erfolgen.

aa) Nach dem Wortlaut des Teil-Anerkenntnisurteils hat die Schuldnerin die Bestellungen zu den (wie zu ergänzen ist: von der Schuldnerin) mit den Unternehmen C. AG und U./S. im Zeitraum 1.8. bis 31.10.2005 geschlossenen Geschäfte im Bereich Naturstein "vorzulegen". Für die Frage, wie weit die Verpflichtung zur "Vorlage" reicht und ob die Schuldnerin dieser Verpflichtung durch ihr Angebot, die Unterlagen in ihren Geschäftsräumen einzusehen, nachgekommen ist, bedarf es wiederum der Auslegung des Titels nach den oben bereits dargestellten Grundsätzen sowie entsprechend den Rechtsgedanken der §§ 810, 811 BGB.

Nach § 811 Abs. 1 S. 1 BGB hat die Vorlegung einer in fremdem Besitz befindlichen Urkunde, in die - wie hier - wegen eines rechtlichen Interesses nach § 810 BGB Einsicht genommen werden darf, an dem Ort zu erfolgen, an dem sich die vorzulegende Urkunde befindet. Die Vorlegung an einem anderen Ort kann nur verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, § 811 Abs. 1 S. 2 BGB. Ein wichtiger Grund für die Vorlage an einem anderen Ort kann sich aus der Beschaffenheit einer Urkunde ergeben. Insbesondere dann, wenn - wie hier - umfangreiche Unterlagen gesichtet, aufgelistet, verglichen und kopiert werden müssen, kann eine Vorlage an einem anderen Ort dem Schuldner zumutbar und der Inhalt eines Vergleichs - oder Urteilstenors - dahin auszulegen sein, dass die Unterlagen auf angemessene Zeit auszuhändigen sind (OLG Köln, NJW-RR 1996, 382; Staudinger/Marburger (2002), § 811 BGB Rn. 3).

Vorliegend ist den Ausführungen der Gläubigerin in der Klageschrift zu entnehmen, dass die Bestellungen als Teil der zu erteilenden Auskunft über die mit den bezeichneten Unternehmen abgeschlossenen Geschäfte vorgelegt werden sollen, mit der Zielrichtung, anhand der Auskunft im Rahmen einer Stufenklage einen Leistungsantrag auf Zahlung von Provisionen vorzubereiten. Zur Durchsetzung des Leistungsantrages wird es erforderlich sein, zu dem Inhalt jeder einzelnen Bestellung detailliert vorzutragen. Die 15 oder gar 47 Aktenordner umfassenden Unterlagen werden daher zu sichten sowie alle relevanten Vorgänge - auch in Details - festzuhalten sein. Inzwischen ist es allgemein üblich, den Text solcher Unterlagen nicht abzuschreiben, sondern sich hierfür eines Kopiergerätes oder anderer technischer Möglichkeiten zu bedienen. Soweit tenoriert ist, dass die Bestellungen "vorzulegen" seien, ist dies aufgrund des Umfangs der Unterlagen und des mit der Vorlage der Unterlagen verfolgten Zwecks dahin auszulegen, dass die Bestellungen der Gläubigerin für eine angemessene Zeit auszuhändigen sind, um ihr die Möglichkeit einzuräumen, hiervon Kopien anzufertigen. Anhaltspunkte für die Besorgnis, dass die Unterlagen nicht ordnungsgemäß zurückgegeben würden, bestehen nicht.

bb) Der ihr obliegenden titulierten Verpflichtung ist die Schuldnerin mithin nicht dadurch nachgekommen, dass sie der Gläubigerin die Einsichtnahme in die Unterlagen sowie einen Raum angeboten hat, in dem sie die Sichtung der Unterlagen vornehmen kann. Die Nutzung eines Kopiergerätes hat sie in diesem Zusammenhang nicht angeboten.

Die Vollstreckung dieser titulierten Verpflichtung kann entgegen der von der Schuldnerin vertretenen Auffassung nicht im Wege der Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO erfolgen. Zwar wird in der Regel die Verpflichtung zur - auch nur vorübergehenden - Vorlage von Urkunden nach § 883 ZPO vollstreckt (vgl. OLG Köln NJW-RR 1996, 382 mit Nachweisen; Staudinger/Marburger (2002) Rn. 10 vor § 809 BGB). Ist die Vorlegung indes Teil einer umfassenden, auf Auskunftserteilung oder Rechnungslegung lautenden Verpflichtung, ist § 888 ZPO anwendbar, dies insbesondere, wenn - wie auch hier - die Herausgabevollstreckung schon deshalb ausscheidet, weil die vorzulegenden Urkunden nicht im Einzelnen bezeichnet sind (OLG Köln NJW-RR 1996, 382; Schuschke/Walker, Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 888 Rn. 2). Diese Erwägungen treffen auch auf den vorliegenden Fall zu. Welche Unterlagen von der titulierten Verpflichtung erfasst sind, vermag ein Gerichtsvollzieher nach dem Inhalt des Teil-Anerkenntnisurteils, das die vorzulegenden - bestimmbaren - Urkunden nicht im Einzelnen bezeichnet, nicht sicher zu beurteilen.

Demnach sind gegen die Schuldnerin entsprechend dem Hauptantrag der Gläubigerin Zwangsmittel nach § 888 ZPO festzusetzen. Bei der Bemessung des Zwangsgeldes ist dem Verfassungsgebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Welches Zwangsgeld festzusetzen ist, richtet sich insbesondere nach dem Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung der titulierten Forderung und nach der Hartnäckigkeit, mit der der Schuldner die Erfüllung der Verbindlichkeit unterlässt. Richtschnur für das Vollstreckungsinteresse bildet dabei der Streitwert für das Hauptsacheverfahren (OLG München NJW-RR 2000, 1312).

In Anbetracht des von der Gläubigerin geschätzten Wertes des Leistungsantrages, dem die Auskunftsansprüche dienen sollen, und des Umstandes, dass die Schuldnerin die titulierte Verpflichtung bereits teilweise erfüllt hat, erscheint die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe eines Teilbetrags des geschätzten Leistungsinteresses - 3.000,- € - als angemessen und ausreichend. Für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ist Ersatzhaft festzusetzen, wobei auf je 100,- € ein Tag Ersatzhaft entfällt.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891, 97, 92 Abs. 1 ZPO.

Wert des Beschwerdegegenstandes:

800,- € (entsprechend § 25 Abs. 1 Nr. 3 ZPO geschätzt auf der Grundlage eines Bruchteils des in der Klageschrift angegebenen Wertes des Auskunftsanspruchs)

Ende der Entscheidung

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