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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 04.06.2007
Aktenzeichen: 19 W 26/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2 | |
ZPO § 569 | |
ZPO § 917 | |
ZPO § 917 Abs. 1 | |
ZPO § 922 |
Tenor:
1.
Das Verfahren wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache auf den Senat übertragen.
2.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 08.05.2007 gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 26.04.2007 - 1 O 163/07 - wird zurückgewiesen.
3.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 08.05.2007, bei Gericht eingegangen am 10.05.2007, ist gemäß §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569, 922 ZPO statthaft und auch im übrigen in formeller Hinsicht unbedenklich. Die zulässige Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass eines dinglichen Arrestes zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden und für den Standpunkt der Antragstellerin günstigeren Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
Es fehlt nach wie vor an dem erforderlichen Arrestgrund im Sinne des § 917 Abs. 1 ZPO. Bei objektiver Würdigung der gesamten Umstände ist derzeit nicht die Besorgnis dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ohne die Arrestanordnung die künftige Vollstreckung des Anspruchs der Antragstellerin zumindest wesentlich erschwert wird. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände rechtfertigen noch nicht die Besorgnis, dass eine Verschlechterung der Zugriffsmöglichkeiten der Antragstellerin auf Vermögen der Antragsgegner in einer für die Anordnung eines Arrestes notwendigen Intensität droht.
Gemäß § 917 ZPO findet der dingliche Arrest statt, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Der Arrest soll vor einem unlauteren Verhalten des Schuldners schützen, weshalb im Regelfall das Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen oder die Verschleierung seiner Vermögensverhältnisse die tatsächlichen Voraussetzungen eines Arrestgrundes erfüllen. Allein dadurch, dass die Antragstellerin eine Straftat oder eine unerlaubte Handlung der Antragsgegner gegen ihr Vermögen behauptet, wird ein Arrestgrund nach herrschender Meinung, der auch der Senat folgt, hingegen nicht angenommen. Vielmehr ist auch dann in jedem Einzelfall unter Abwägung der vorgeworfenen Tat und der sonstigen Umstände zu prüfen, ob die Wiederholung unerlaubter Handlungen, die zu einer Vereitelung oder Erschwerung der Vollstreckung führen könnten, zu befürchten ist. Eine andere Entscheidung rechtfertigt sich nach Auffassung des Senats auch nicht in Hinblick auf den von der Antragstellerin angeführten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24.03.1983 (WM 1983, 614 f.). Das OLG Düsseldorf hat bereits in seinem Beschluss vom 09.06.1986 (NJW-RR 1986, 1192; s. auch OLG Bremen, Beschluss vom 11.03.1993 - 1 W 17/93 -, abrufbar bei juris) darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 11.03.1975 (WM 1975, 641 ff.), auf die er sich im Beschluss vom 24.03.1983 ausdrücklich bezog, ausgeführt hatte, dass es immer darauf ankomme, ob nach den Umständen des Einzelfalles das Verhalten des Schuldners die ernsthafte Befürchtung einer Wiederholung vertragswidriger und betrügerischer Maßnahmen rechtfertige. Nur dann sei die Gefährdung der Vollstreckung zu besorgen. Nichts anderes besagen auch die Stimmen in Schrifttum und Rechtsprechung, die auf den ersten Blick allgemein ein bewusstes vertragswidriges oder betrügerisches Verhalten des Schuldners als ausreichenden Arrestgrund bezeichnen. Die Praxis verlangt indessen mit Recht konkrete Anhaltspunkte für die Besorgnis, dass der Schuldner über die - sei es auch im zivilrechtlichen Sinne arglistige - Verletzung seiner Vertragspflichten gegenüber dem Gläubiger hinaus auch sein Vermögen dem drohenden Zugriff des Gläubigers entziehen werde. Mit einem allgemeinen "Erfahrungssatz", wonach derjenige, der einmal unredlich gewesen sei, das auch in Zukunft sein werde, ist es nicht getan (vgl. BGH WM 1975, 641, 642 f.). Vor diesem Hintergrund bedeutet die Feststellung des Bundesgerichtshofes in seinem Beschluss vom 24.03.1986, es bestehe regelmäßig ein Arrestgrund, wenn das vorsätzlich vertragswidrige Verhalten des Schuldners mit einer gegen den Gläubiger gerichteten strafbaren Handlung zusammenfalle, auch nach Einschätzung des Senats nicht, dass es in einem solchen Fall nicht mehr darauf ankommt, ob nach den Umständen des Einzelfalles das Verhalten des Schuldners die ernsthafte Befürchtung einer Wiederholung vertragswidriger und betrügerischer Maßnahmen rechtfertigt. Soweit dem Senatsbeschluss vom 31.03.2000 (19 U 205/99; OLGR 2000, 360 f.) anderes zu entnehmen sein sollte - wobei darauf hinzuweisen ist, dass der Senat auch in seiner damaligen Entscheidung das Vorliegen eines Arrestgrundes nicht nur deshalb angenommen hatte, weil der damalige Arrestkläger die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllenden Tatsachen glaubhaft gemacht hatte, sondern weil im konkreten Fall zudem noch weitere Umstände hinzukamen, die die Voraussetzungen an das Vorliegen eines Arrestgrundes erfüllten -, hält der Senat daran nicht mehr fest.
Anhaltspunkte für die Annahme einer drohenden Vollstreckungserschwerung oder Vollstreckungsvereitelung, die sich nicht schon aus der den Antragsgegnern vorgeworfenen strafbaren Handlung ergeben, hat die Antragstellerin jedoch weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren aufzuzeigen vermocht. In Anbetracht dessen, dass für die B GmbH bereits am 23.01.2007 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde und am 27.03.2007 über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, ist die Befürchtung der Antragstellerin, die Antragsgegner hätten bereits damit begonnen, der GmbH verbliebene Vermögenswerte zu entziehen, nicht nachvollziehbar. Sie wird von der Antragstellerin auch nicht näher belegt. Gleiches gilt für den in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwand, die Antragsgegner hätten "sämtliche Möglichkeiten, mittels der GmbH erschwindeltes Kapital aus dieser abzuziehen". Zudem geht es in dem hier zu entscheidenden Fall nicht um das Vermögen der GmbH oder dessen Sicherung für einen Vollstreckungszugriff der Antragstellerin, sondern um eine etwaige Vereitelung oder Erschwerung einer Vollstreckung in das persönliche Vermögen der Antragsgegner, die allenfalls dann angenommen werden könnte, wenn die Antragsgegner tatsächlich Maßnahmen unternommen hätten, Vermögen der GmbH zu verschieben. Allein die subjektive Befürchtung solcher Manipulationen reicht für die Annahme eines Arrestgrundes indessen nicht aus. Auch der von der Antragstellerin dargelegte vermeintliche Versuch der Antragsgegner, sie "hinzuhalten", rechtfertigt weder für sich noch im Zusammenhang mit dem früheren Verhalten der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin einen Arrestgrund. Denn auch damit ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine der Antragstellerin ungünstige, nicht unerhebliche Veränderung der Vermögensverhältnisse der Antragsgegner bevorsteht (vgl. OLG Köln, OLGR 2002, 469 f.). Immerhin haben die Antragsgegner sich durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt innerhalb der ihnen gesetzten Frist gemeldet. Dessen Bitte um Fristverlängerung wegen Urlaubsabwesenheit der Antragsgegnerin zu 2) als Geschäftsführerin der B GmbH kann in Hinblick darauf, dass auch die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin einige Zeit benötigten, um sich in "das einigermaßen komplizierte, zwischen der Antragstellerin und der B GmbH vereinbarte Geschäftsmodell sowie die chronologischen Abläufe" einzuarbeiten, ebenfalls nicht zwingend die Besorgnis einer Vollstreckungsvereitelung oder -erschwerung erwecken. Dies gilt um so mehr als die Antragstellerin offen gelassen hat, ob die Antragsgegner innerhalb der von ihrem Bevollmächtigten selbst gesetzten Frist noch reagiert haben.
Weitere Umstände, die hier die Besorgnis rechtfertigen würden, dass ohne die Arrestanordnung die künftige Vollstreckung des Anspruchs der Antragstellerin zumindest wesentlich erschwert wird, hat die Antragstellerin nicht dargetan und glaubhaft gemacht.
Damit war die nach alledem erfolglose Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Beschwerdewert: bis 7.920,00 €
Ende der Entscheidung
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