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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 13.10.2003
Aktenzeichen: 19 W 50/03
Rechtsgebiete: GKG, WEG


Vorschriften:

GKG § 5 Abs. 2
GKG § 8
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1
GKG § 8 Abs. 2
WEG § 45 Abs. 2
WEG § 43 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
19 W 50/03

OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Richter am Oberlandesgericht Conzen als Einzelrichter

am 13. Oktober 2003

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 0 556/99 - vom 9. April 2003 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beklagte veräußerte der Klägerin und deren Ehemann ein Grundstück mit einer mittlerweile fertiggestellten Eigentumswohnung nebst Garage in T. Die Klägerin hat mit der im August 1996 erhobenen Klage die Beklagte auf Zahlung von Minderungsbeträgen wegen angeblicher Mängel des Objekts - im Wesentlichen waren dies behauptete Schallschutzmängel am Gemeinschaftseigentum - in Anspruch genommen. Das Landgericht hat zu den im Prozess behaupteten Mängeln Beweis, u.a. durch Einholung von Sachverständigengutachten, erhoben. Der Rechtsstreit ist durch Beschluss der Kammer vom 7. August 2000 im Hinblick auf das seinerzeit von der Klägerin und ihrem Ehemann gegen andere Wohnungseigentümer betriebene Wohnungseigentumsverfahren (6 II 32/97 AG Eschweiler/2 T 8/00 LG Aachen) ausgesetzt worden. Nach Fortsetzung des Rechtsstreits ist die Klage durch am 19. Februar 2002 verkündetes Urteil abgewiesen worden. Dabei hat die Kammer bezüglich der Mängel am Gemeinschaftseigentum auf die fehlende Prozessführungsbefugnis der Klägerin abgestellt. Die gegen diese Entscheidung von der Klägerin eingelegte Berufung ist mit Schriftsatz vom 23. Mai 2002 zurückgenommen worden.

Mit Schriftsatz vom 25. März 2002 hat die Klägerin über ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beantragt, die Gutachterkosten und Zeugenauslagen gemäß § 8 GKG niederzuschlagen, da die Beweisaufnahme nach der getroffenen Entscheidung nicht erforderlich gewesen sei. Durch Beschluss vom 9. April 2003 hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Rechtsfehler des Gerichts, welcher zu einer Niederschlagung der Kosten berechtigen würde, nicht vorgelegen habe. Gegen diese Entscheidung richtet sich die "sofortige Beschwerde" der Klägerin, welche durch Schriftsatz vom 14. August 2003 näher begründet worden ist. Das Landgericht hat dem Rechtsmittel durch Beschluss vom 8. September 2003 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Das gemäß §§ 8 Abs. 2 , 5 Abs. 2 GKG als einfache Beschwerde statthafte Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zunächst vollinhaltlich Bezug nimmt, hat das Landgericht das Begehren der Klägerin abgelehnt. Ein Fehler des erkennenden Gerichts, der dazu verpflichten würde, die Verfahrenskosten in dem von der Klägerin begehrten Umfang niederzuschlagen, ist weder hinreichend dargetan noch aus den Akten ersichtlich.

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Der Senat geht mit der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne der Vorschrift nur dann zu bejahen ist, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Vorschriften verstoßen hat und dieser Verstoß offen zu Tage tritt oder wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt. Dagegen ist es nicht Sinn und Zweck des § 8 GKG, eine Sachentscheidung des Gerichts im nachhinein auf ihre Richtigkeit oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Daher rechtfertigen nicht schon eine irrtümliche Beurteilung eines Sachverhalts oder die Änderung einer ursprünglichen Rechtsauffassung die Anwendung dieser Vorschrift (vgl. OLG Düsseldorf, JurBüro 1995, 45, OLG München, MDR 1998, 1437; Hartmann, KostG, 32.Aufl., § 8 GKG Rdnr. 8 ff. m. w. N.). Handelt es sich bei der beanstandeten bzw. unterlassenen Prozesshandlung des Gerichts um eine in dessen pflichtgemäßem Ermessen liegende verfahrensleitende Maßnahme, so ist für § 8 GKG nur ein sehr enger Anwendungsbereich eröffnet. Eine im Sinne der Vorschrift unrichtige Sachbehandlung kommt in diesen Fällen nur dann in Betracht, wenn ein Ermessensmissbrauch oder -fehlgebrauch anzunehmen ist. Eine von diesen Grundsätzen abweichende Auffassung hinsichtlich der Voraussetzungen des § 8 GKG wird entgegen der Beschwerdebegründung auch nicht in der Kommentierung von Makl/Meyer (GKG, 4. Aufl., § 8 Rdnr. 7 ff.) vertreten.

1.

Die Beschwerdeführerin wirft dem Landgericht vor, es habe den Rechtsstreit im Hinblick auf das seinerzeit schwebende Wohnungseigentumsverfahren früher als durch den Beschluss vom 7. August 2000 aussetzen müssen. Dann wären bei Zugrundelegung des von der Kammer im Urteil eingenommenen Rechtsstandpunktes bezüglich der Prozessführungsbefugnis durch die Beweisaufnahme verursachte Kosten jedenfalls teilweise vermieden worden. Dieser Vorwurf greift aus folgenden Erwägungen nicht: Zwar ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass eine gemäß § 8 GKG unrichtige Sachbehandlung grundsätzlich auch in einer nach dem Sach- und Streitstand offensichtlich überflüssigen Beweisaufnahme erblickt werden kann (vgl. OLG München MDR 1998, 1437). Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend aber nicht gegeben.

Gemäss § 45 Abs. 2 WEG kann das Prozessgericht den anhängigen Rechtsstreit aussetzen (und damit gegebenenfalls auch eine ansonsten notwendig werdende Beweisaufnahme vermeiden), wenn dessen Entscheidung vom Ausgang eines Verfahrens gemäß § 43 Abs. 1 WEG abhängt. Bei der Vorschrift handelt es sich (ebenso wie bei der allgemeinen Norm des § 148 ZPO) um eine Ermessenvorschrift. Das Gericht hat sich bei der Frage der Aussetzung von den Gesichtspunkten der Prozessökonomie sowie der billigenden abwägenden Rücksichtsnahme auf die Interessen der Parteien bestimmen zu lassen (vgl. Zimmermann, ZPO, 6. Aufl., § 148 Rdnr. 2). Gemessen an diesen Maßstäben ist die Vorgehensweise des Prozessgerichts nicht zu beanstanden. Die Kammer hat in ihrer damaligen Einzelrichterbesetzung - diese hat im Verlauf des sich über mehrere Jahre hinziehenden Rechtsstreits mehrfach gewechselt - offenbar die Auffassung vertreten, dass die Frage der Prozessführungsbefugnis der Klägerin vom Ausgang des Wohnungseigentumsverfahrens abhängig sei und daher den Rechtsstreit durch Beschluss vom 7. August 2000 ausgesetzt. Diese Entscheidung war im Hinblick auf den von der Kammer später im Urteil - dann wiederum in anderer richterlicher Besetzung - eingenommenen Rechtsstandpunkt sachgerecht. Die Aussetzung geschah gegen den ausdrücklichen Willen der Klägerin, welche die Frage der Vorgreiflichkeit des WEG-Verfahrens verneint und sich noch in der abschließenden mündlichen Verhandlung auf den Rechtsstandpunkt gestellt hat, sie sei jedenfalls berechtigt, verjährte Werklohnforderungen der übrigen Wohnungseigentümer im eigenen Namen geltend zu machen. Angesichts des eigenen Prozessverhaltens der Klägerin ist der jetzt erhobene Vorwurf der (grob) unrichtigen Sachbehandlung daher bereits wenig nachvollziehbar. Er ist auch nicht berechtigt. Das Landgericht war unabhängig von der Frage, ob überhaupt auszusetzen war, jedenfalls nicht gehalten, über diese Frage zu einem früheren Zeitpunkt zu befinden. Allein auf der Grundlage des zuvor erfolgten allgemeinen Bestreitens der Prozessführungsbefugnis der Klägerin durch die Beklagte war eine solche Entscheidung nicht veranlasst. Die Entscheidung gem. §§ 45 Abs. 2 WEG/148 ZPO setzt neben der Existenz des anderweitigen Verfahrens die genaue Kenntnis des Verfahrensgegenstandes und des Verfahrensstandes voraus. Die erkennende Kammer ist entgegen den Angaben in der Beschwerdebegründung erst durch den Schriftsatz der Beklagten vom 4. Juli 2000 auf das zwischenzeitlich eingeleitete Wohnungseigentumsverfahren hingewiesen worden, welches zu diesem Zeitpunkt erst kurz zuvor in erster Instanz abgeschlossen worden war. Sind aber erst durch die Mitteilung der Beklagten diejenigen Verfahrenstatsachen aktenkundig geworden, die Anlass gaben, über eine Aussetzung des Verfahrens zu befinden, so kann der Zeitpunkt der Entscheidung nicht beanstandet werden.

2.

Soweit das Landgericht die Klage wegen der von der Klägerin behaupteten Mängel an ihrem Sondereigentum abgewiesen hat, liegen die Voraussetzungen des § 8 GKG ersichtlich nicht vor. Die Beweisaufnahme war insoweit ohne Zweifel berechtigt. Die Ausführungen des Sachverständigen Q in dessen Gutachten sind in der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts verwertet worden.

3.

Eine Kosten- und Auslagenentscheidung im Beschwerdeverfahren ist wegen § 5 Abs. 6 GKG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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