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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 09.07.2008
Aktenzeichen: 2 U 100/07
Rechtsgebiete: BGB, HöfeO


Vorschriften:

BGB § 2325
BGB § 2328
BGB § 2329
HöfeO § 12
HöfeO § 12 Abs. 2
HöfeO § 16 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. September 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 21 O 372/05 - teilweise geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO)

Die zulässige Berufung ist auch in der Sache begründet. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin nicht zu, so dass das teilweise stattgebende Urteil des Landgerichts insoweit abzuändern war.

Als Anspruchsgrundlage gegenüber der Beklagten als Beschenkte, die nicht zugleich Miterbin ist, kommt allein § 2329 BGB in Betracht. Dieser hat neben den allgemeinen Anforderungen des Pflichtteilsergänzungsanspruches bei Schenkungen aus § 2325 BGB zusätzlich zur Voraussetzung, dass der Erbe als primär zur Pflichtteilsergänzung Verpflichteter diese nach § 2328 BGB verweigern kann, weil ihm ansonsten sein eigener (ergänzter) Pflichtteil nicht verbliebe.

Bei Einbeziehung des Hofwertes und der an die Klägerin gezahlte Abfindung steht der Klägerin ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegenüber der Beklagten als Beschenkten nicht zu, weil entweder bereits die Voraussetzungen des § 2325 BGB nicht vorliegen oder es an den besonderen Voraussetzungen des § 2329 BGB fehlt.

In die Berechnung des Nachlassbestandes zum Zwecke der Ermittlung eines eventuellen Pflichtteilergänzungsanspruches ist der Wert des durch Vertrag vom 29. April 1985 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragenen Hofes einzubeziehen. Ebenso hat sich die Klägerin den in diesem Vertrag in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 18. Juni 1991 festgelegten Herauszahlungsbetrag in Höhe von 45.000,- DM anrechnen zu lassen.

Ein Hof im Sinne der Höfeordnung bildet mit dem hoffreien Vermögen einen einheitlichen Nachlass (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Höfeordnung, 10. Aufl. § 4 Rdnr. 7f.). Bei der Berechnung des Pflichtteils und eines Pflichtteilsergänzungsanspruches sind der Wert des Hofes und des hoffreien Vermögens zusammenzurechnen (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, a.a.O., § 12, Rdnr. 115; § 16 Rdnr. 64). Gleiches gilt dann, wenn der Hof nicht durch Erbfall, sondern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge durch einen Hofübergabevertrag übertragen wurde. Bei dem Hofübergabevertrag handelt es sich zwar um ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, dem gleichwohl erbrechtliche Wirkung zukommt. Die Bestimmung einer Abfindung oder eines Ausgleichsanspruches im Hofübergabevertrag zugunsten der weichenden Erben hat die Bedeutung einer letztwilligen Verfügung (vgl. BGH, MDR 62, 206; OLG Celle RdL 76, 246). Dementsprechend darf durch den Betrag der Abfindung nach § 12 HöfeO der Pflichtteil eines weichenden Erben nicht beschnitten werden (vgl OLG Celle, a.a.O.). Umgekehrt hat ein weichender Erbe - hier die Klägerin - einen im Hofübergabevertrag festgelegten Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen bei der Frage, ob ihm ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht. Dass eine solche Anrechnung hier ausgeschlossen sein sollte, ist dem Hofübergabevertrag, der die Übergabe ausdrücklich im Wege der vorweggenommenen Hoferbfolge vorsah, nicht zu entnehmen.

Hier hat die Klägerin schon nicht dargelegt, wie hoch der Wert des ihrem Bruder übertragenen Hofes unter Berücksichtigung der Berechnungsvorschriften §§ 12 Abs. 2, 16 Abs. 2 HöfeO ist, so dass auch keine Berechnung des ihr zustehenden Anspruchs erfolgen kann. Dabei kann allerdings dahinstehen, ob es der Klägerin - über die erfolglos gebliebene Anfrage bei dem zuständigen Finanzamt hinaus - möglich gewesen wäre, den zuletzt festgestellten Einheitswert beispielsweise durch Einsichtnahme in die Grundakten oder die Akten des Landwirtschaftsgerichts, das über die Genehmigung des Hofübergabevertrages zu entscheiden hatte, zu ermitteln. Denn schon rechnerisch ist kein Hofeswert denkbar, auf dessen Grundlage der Anspruch gegenüber der Beklagten bestünde. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Geht man fiktiv von einem Hofeswert aus, bei welchem der Klägerin genau der ihr - auch unter Berücksichtigung der Schenkungen - zustehende Pflichtteil durch die Abfindung abgedeckt worden wäre, ergibt sich folgende Berechnung:

Die Abfindung der Klägerin betrug - bezogen auf den der Erblasserin zuzurechnenden Hälfteanteil am Ehegattenhof - (45.000 : 2) = 22.500,- DM; dies entspricht 11.504,07 €. Der Pflichtteil der Klägerin von 1/4 wäre somit durch die Abfindung genau gedeckt, wenn der Wert des gesamten fiktiven Nachlasses (11.504,07 x 4 =) 46.016,28 € betragen hätte. In diesem Fall würden nach Abzug der Schenkungen und des realen Bestandes des Nachlasses auf den der Erblasserin zuzurechnenden Anteil am Hof noch ein Betrag von (46.016,28 - 19.937,12 - 117,46 =) 25.961,70 € entfallen. Dem Bruder der Klägerin wäre somit nach Abzug der an die Klägerin auszuzahlenden Abfindung aus der Hofübergabe ein Nachlasswert in Höhe von (25.961,70 - 11.504,07 =) 14.457,63 € verblieben. Dies ist mehr als seinem Pflichtteil entspräche, der ebenso wie der Pflichtteil der Klägerin 11.504,07 € betrüge.

Sofern nun der tatsächliche Wert des Hofes höher liegen sollte als der oben angenommene Wert, hätte der Bruder der Klägerin erst recht durch die Hofübergabe mehr als seinen Pflichtteil erhalten. Er könnte daher einem Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerin nicht die Einrede des § 2328 BGB entgegenhalten mit der weiteren Folge, dass der nur subsidiäre Anspruch gegenüber der Beklagten entfällt. Liegt der tatsächliche Wert des Hofes dagegen niedriger als der oben angesetzte fiktive Wert, so stünde der Klägerin schon kein Anspruch auf eine Pflichtteilsergänzung zu, da sie mit der Abfindung bereits mehr als 1/4 des Nachlasswertes erhalten hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision sind im Streitfall nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert : € 4.954,92

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