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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 01.06.2004
Aktenzeichen: 2 U 19/04
Rechtsgebiete: InsO


Vorschriften:

InsO § 134
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN Beschluss

2 U 19/04

Köln, den 1. Juni 2004

in Sachen

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten vom 16. Februar 2004 gegen das am 6. Januar 2004 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 31/03 - durch einstimmigen Beschluß gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 18. Juni 2004 Stellung zu nehmen.

Gründe:

1.

Die Berufung des Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat zu Recht dem Klageantrag stattgegeben. Die hiergegen mit der Berufung, insbesondere gegen die vorgenommene Beweiswürdigung, erhobenen Einwendungen rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Der klagende Insolvenzverwalter kann von dem Beklagten gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292, 989, 990 BGB, § 134 InsO Wertersatz in Höhe der Klageforderung verlangen. Die Sicherungsübereignung des Fahrzeuges der Marke Ferrari durch die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten stellt eine (teilweise) unentgeltliche Leistung dar, soweit diese nicht der Absicherung des Darlehens in Höhe von 62.000,00 DM diente.

Ein Leistung ist als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Gegenleistung gegenübersteht, dem Verfügenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll (BGHZ 113, 98 [101] = NJW 1991, 560 [561]; BGHZ 113, 393 [395 f.] = NJW 1991, 1610 [1611]; BGH, NJW 1999, 1549 [1550]). Soweit - wie hier - dritte Personen in den Zuwendungs- oder den Gegenleistungsvorgang eingeschaltet sind, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Insolvenzschuldner selbst für die von ihm getätigte Verfügung einen Ausgleich erhalten hat. Zu fragen ist vielmehr, ob der Empfänger - hier der Beklagte - seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hatte (BGH, NJW 1992, 2421 [2422] = ZIP 1992, 1089 [1091]; BGH, NJW 1999, 1549 [1550]).

Dies folgt aus dem in § 134 InsO, sowie auch schon in § 32 KO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, daß ein Erwerb, für den der Empfänger ein ausgleichendes Vermögensopfer nicht zu erbringen hatte, geringeren rechtlichen Schutz verdient. In diesem Fall ist es gerechtfertigt, daß der Empfänger die Leistung, für die er nichts aufzubringen hatte, im Falle der Insolvenz an die Masse zurückgewährt. Hat dagegen der Empfänger eine ausgleichende Gegenleistung an den Zuwendenden erbracht oder verpflichtet er sich dem Schuldner gegenüber, eine solche Leistung an einen Dritten zu erbringen, so liegt keine unentgeltliche Leistung vor (BGH, NJW 1992, 2421 [2423] = ZIP 1992, 1089 [1092]; BGH, NJW-RR 1993, 1379 [1381]; BGH, NJW 1999, 1549 [1550]).

Die Sicherung einer fremden Schuld stellt regelmäßig eine unentgeltliche Verfügung zugunsten des Sicherungsnehmers dar, wenn der Sicherungsgeber zur Bestellung der Sicherheit nicht aufgrund einer entgeltlich begründeten Verpflichtung gehalten war. In diesem Falle hat der Gläubiger die Verstärkung seiner Forderung gegen den Dritten durch die vom Insolvenzschuldner gestellte Sicherheit nicht ohne weiteres zu beanspruchen (BGH, NJW 1983, 1679 [1680] = ZIP 1983, 32 [33]; BGH, NJW 1992, 2421 [2422] = ZIP 1991, 1089 [1092]; OLG Köln [16. Senat], ZInsO 2000, 156 [157]; HK/Kreft, InsO, 3. Auflage 2003, § 134 Rn 12; MünchKomm/Kirchhof, InsO, 2002, § 134 Rn 33). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Gläubiger und der Insolvenzschuldner die Sicherung vor oder bei Begründung der gesicherten Verbindlichkeit vereinbart haben, sowie, wenn der Gläubiger für die Sicherung dem Insolvenzschuldner einen eigenen ausgleichenden wirtschaftlichen Vorteil erbringt (RGZ 60, 259 [265]; BGH, NJW 1992, 2421 [2423]; MünchKomm/Kirchhof, a.a.O., § 134 Rn 33).

Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich die Gewährung der streitbefangenen Sicherheit als unentgeltliche Leistung dar. Der Beklagte hat hierdurch weder das der H. GmbH ausgereichte Darlehen als getilgt angesehen, noch hat er dieser Firma aufgrund der Sicherheitsbestellung durch die Insolvenzschuldnerin einen neuen Kredit gewährt, sondern er hat zusätzlich für seine bestehende Forderung gegen die C.H.V. GmbH ein Sicherungsmittel erhalten, ohne hierfür etwas aufwenden zu müssen.

Das Landgericht ist auf der Grundlage des unstreitigen Vorbringens der Parteien, den zu den Akten gereichten Unterlagen (Darlehensverträge, Auszüge aus den Kassenbüchern, Quittungen, Sicherungsübereignungsverträge etc.) sowie des Ergebnisses der durchgeführten Beweiserhebung zu der Feststellung gelangt (§ 286 ZPO), daß das Darlehen über 100.000,00 DM am 7. Januar 2000 ohne Sicherungsübereignung des PKWs der Marke Ferrari an die Firma C.H.V. H. Verwaltungs- und Beteiligungs mbH (nachfolgend H. GmbH) gewährt und ausbezahlt worden ist. Die Bestellung der Sicherheit erfolgte erst nachträglich mit der Gewährung eines weiteren Darlehens am 17. Oktober 2000 an die Schuldnerin über 62.000,00 DM. Diese dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen des Landgerichts sind für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend.

Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Soweit der Beklagte die Berufung jetzt darauf stützt, daß der Kfz-Brief bereits am 7. Januar 2000 an seine Ehefrau übergeben worden sei, und er hierzu Beweis anbietet, beruft sich der Beklagte erstmals in zweiter Instanz auf einen völlig neuen Sachverhalt. Hierauf kann die Berufung nicht gestützt werden. Zu Unrecht macht die Berufung geltend, die Voraussetzungen für eine Zulassung des neuen Vorbringens in der Berufungsbegründungsschrift seien gegeben. Eine Zulassung nach der allein hier in Betracht kommenden Vorschrift des § 531 Abs. 1 Nr. 3 ZPO scheitert schon daran, daß der Beklagte nicht aufzeigt, daß ihn hinsichtlich des neuen Vortrages keine Nachlässigkeit trifft. Sollte der Beklagten, wie er mit der Berufungsschrift geltend macht, im August 2003 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen sein, rechtfertigt dieser Umstand nicht die Annahme einer fehlende Nachlässigkeit im erstinstanzlichen Verfahren. Die Klageschrift ist dem Beklagten bereits im Juni 2003 zugestellt worden, nachdem er bereits am 3. Januar 2003 im Rahmen des Prozeßkostenhilfebewilligungsverfahrens von der beabsichtigten Klage Kenntnis erlangt hatte. Bis zu dem nunmehr vorgetragenen Auszug aus der ehelichen Wohnung bestand für den Beklagten somit hinreichend Gelegenheit, zu den Umständen der von ihm bereits mit Schriftsatz vom 2. April 2003 und nochmals mit der Klageerwiderung vom 21. Juli 2003 behaupteten Sicherungsübereignung die gebotenen Ermittlungen bei seiner Ehefrau oder aber auch bei dem Zeugen H. anzustellen. Dies gilt umsomehr, da der Beklagte bereits vorprozessual mit Schriftsatz vom 13. Mai 2002 und damit zeitnaher zu der streitbefangenen Sicherungsübereignung zur Zahlung aufgefordert worden ist.

Zu den vorgetragenen Darlehensverträgen und dem Abschluß der Sicherungsübereignungsvereinbarung hat das Landgericht die erforderlichen Beweise erhoben und gesichert. Die insoweit von den Parteien benannten Zeugen sind eingehend gehört worden. Das Ergebnis der jeweiligen Beweiserhebung ist umfassend und vollständig protokolliert worden. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist gründlich, nachvollziehbar und rechtsfehlerfrei. Nach eingehender Abwägung der unterschiedlichen Schilderungen der Zeugen, der vorgelegten Unterlagen sowie der Gesamtumstände ist der Einzelrichter zu dem Ergebnis gelangt, daß keine Zweifel bestehen, daß sich die Sicherungsübereignung erst mit Vertrag vom 17. Oktober 2000 auf das zuvor gewährte Darlehen vom 7. Januar 2000 erstreckte. Dieses Ergebnis und die nachvollziehbare Darlegung der hierzu führenden Beweiswürdigung ist aus der Sicht des Senats aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Entscheidungserhebliche Rechtsfehler im Sinne der §§ 513 Abs. 1 1. Alt. i.V.m. § 546 ZPO, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO werden von der Berufung nicht hinreichend dargetan. Auch der Senat vermag keine Rechtsfehler zu erkennen. Insbesondere weist die Beweiswürdigung des Landgerichts weder Widersprüchlichkeiten noch beachtliche Lücken oder Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze auf (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 24. Auflage 2004, § 529 Rn 3 f.; § 546 Rn 13 m.w.N.). c) Die Annahme der Berufung des Beklagten ist trotz fehlender Erfolgsaussicht auch nicht aus einem der Gründe des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO gegeben. Der vorliegende Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats ist ebensowenig zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die maßgeblichen Rechtsfragen zur Unentgeltlichkeit der nachträglichen Besicherung einer fremden Schuld sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Zudem basiert die Beurteilung des Streitfalls auf einer Würdigung der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls.

Gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gibt der Senat dem Beklagten Gelegenheit, zu der beabsichtigten Zurückweisung des Rechtsmittels innerhalb der in der Beschlußformel bezeichneten Frist Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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