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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.08.2007
Aktenzeichen: 2 U 46/07
Rechtsgebiete: ZPO, InsO, BGB, HGB


Vorschriften:

ZPO § 522 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
ZPO § 522 Abs. 2 Satz 2
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 129
InsO § 130
InsO § 131
InsO § 133 Abs. 1
BGB § 667
BGB § 675
HGB § 355 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers vom 5. April 2007 gegen das am 2. März 2007 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 7 O 345/07 - durch einstimmigen Beschluß gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 17. September 2007 Stellung zu nehmen.

Gründe:

1.

Das Oberlandesgericht Köln ist zuständig. Die Voraussetzungen für die vorsorglich beantragte Abgabe der Sache an das Oberlandesgericht Düsseldorf als Kartellgericht sind nicht gegeben. Für die vom Senat zu treffende Entscheidung sind keine kartellrechtlichen Normen heranzuziehen, nachdem die Frage der Wirksamkeit der Pfandrechtsbestellung rechtskräftig durch das Landgericht entschieden worden ist.

2.

Die zulässige Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dem Kläger steht der hier verfolgte Zahlungsanspruch in Höhe von 473.406,84 € nicht zu.

a)

Es kann vorliegend dahinstehen, inwieweit sich der Insolvenzverwalter wegen der im Kontokorrent vorgenommenen Verrechnungen auf eine Unwirksamkeit der jeweiligen Aufrechnungslage nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO berufen kann (vgl. dazu allgemein BGHZ 159, 388 [393]; BGH, ZIP 2004, 620 [621]; BGH, ZIP 2005, 181 [182]; BGH, NZI 2007, 222 [223]; BGH, Urteil vom 12. Juli 2007, IX ZR 120/04). Zwar verweist der Kläger in seiner Klageschrift auf eine Anfechtung der "von der Beklagten zu 1) vorgenommenen Verrechnungen". Indes wird die Klage nicht auf einen entsprechenden Anspruch gestützt. Insbesondere begründet der Kläger seinen Zahlungsanspruch nicht damit, die Beklagte zu 1) habe nach Abschluss der jeweiligen Rechnungsperiode die eigenen Forderungen gegen die spätere Insolvenzschuldnerin mit einem rechnerischen Überschuss verrechnet und hierdurch ein bereits bestehendes Kontosaldo zurückgeführt.

Vielmehr hat der Kläger als Anlage K 5 zur Klageschrift eine Vielzahl von Kontoauszügen vorgelegt, nämlich vom 28. Februar 2002 (Bl. 42 f. d.GA.), 7. März 2002 (Bl. 44 ff. d.GA.), 15. März 2002 (Bl. 47 ff. d.GA.), 22. März 2002 (Bl. 49 f. d.GA.), 31. März 2002 (Bl. 51 f. d.GA.); 22. April 2002 (Bl. 53 ff. d.GA.), 30. April 2002 (Bl. 57 f. d.GA.), 7. Mai 2002 (Bl. 59 f. d.GA.), 15. Mai 2002 (Bl. 61 f. d.GA.), 22. Mai 2002 (Bl. 63 d.GA.), 31. Mai 2002 (Bl. 64 f. d.GA.), 7. Juni 2002 (Bl. 66 f. d.GA.), 15. Juni 2002 (Bl. 68 d.GA.), 22. Juni 2002 (Bl. 69 f. d.GA.), 30. Juni 2002 (Bl. 71 f. d.GA.), 7. Juli 2002 (Bl. 73 d.GA.), 15. Juli 2002 (Bl. 74 ff. d.GA.), 22. Juli 2002 (Bl. 77 f. d.GA.), 31. Juli 2002 (Bl. 79 f. d.GA.), 7. August 2002 (Bl. 81 f. d.GA.), 15. August 2002 (Bl. 83 ff. d.GA.), 22. August 2002 (Bl. 86 ff. d.GA.), 31. August 2002 (Bl. 91 d.GA.), 7. September 2002 (Bl. 92 f. d.GA.), 15. September 2002 Bl. 94 d.GA.), 22. September 2002 (Bl. 95 d.GA.), 30. September 2002 (Bl. 96 f. d.GA.), 7. Oktober 2002 (Bl. 98 d.GA.), 15. Oktober 2002 (Bl. 99 f. d.GA.), 22. Oktober 2002 (Bl. 101 d.GA.), 31. Oktober 2002 (Bl. 102 d.GA.), 7. November 2002 (Bl. 104 f. d.GA.), 15. November 2002 (Bl. 106 d.GA.), 22. November 2002 (Bl. 107 f. d.GA.), 30. November 2002 (Bl. 109 f. d.GA.), 7. Dezember 2002 (Bl. 111 f. d.GA.), 15. Dezember 2002 (Bl. 113 f. d.GA.), 22. Dezember 2002 (Bl. 115 f. d.GA.), 31. Dezember 2002 (Bl. 117 d.GA.), 7. Februar 2003 (Bl. 118 d.GA.) und 7. Dezember 2003 (Bl. 119 ff. d.GA.), die jeweils keinen selbstständigen Rechnungsabschluss ausweisen.

Auf der Grundlage dieser Kontoauszüge begehrt der Kläger - ohne Berücksichtigung der Sollbuchungen und damit der Forderungen der späteren Insolvenzschuldnerin sowie ohne Beachtung der sich aus einem Kontokorrentverhältnis ergebenden Besonderheiten - die Erstattung sämtlicher zugunsten der früheren Vertragshändlerin der Beklagten zu 1) berücksichtigten Habenbuchungen. Entsprechend führt der Kläger nochmals in dem Schriftsatz vom 2. November 2005 aus, dass Gegenstand der vorliegenden Klage gegen die Beklagte zu 1) "die einzelnen Forderungen sind, die in das Kontokorrentverhältnis eingestellt wurden".

Insoweit scheidet indes eine Anfechtung aus. Es wird bereits übersehen, dass ein Anspruch auf Auskehrung der in der Zeit vom Dezember 2001 bis Dezember 2003 erteilten einzelnen Gutschriften aus dem Kontokorrentvertrag gem. §§ 667, 675 BGB schon deshalb nicht besteht, weil es sich bei den einzelnen Forderungen nur um Rechnungsposten handelt, die mit dem jeweiligen Rechnungsabschluss gemäß § 355 Abs. 1 HGB getilgt worden sind und damit zugleich ihre Selbstständigkeit verloren haben (vgl. nur BGH, NJW 2002, 1722, 1723). Entsprechend wurde von den Parteien der Kontokorrentabrede verfahren. "Die beiderseitigen Ansprüche und Leistungen wurden" - hierauf weist die Berufung ausdrücklich hin - "in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des sich für den einen oder anderen Teil ergebenden Überschusses durch Banküberweisung ausgeglichen". Das nach der letzten Saldoziehung ergebende Schlussguthaben war dann Gegenstand eines weiteren zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) vor dem LG Frankfurt/Main (2/03 O 74/06) geführten Rechtsstreits.

Der Kläger kann sich ebenso wenig darauf berufen, die Beklagte zu 1) habe jeden einzelnen Rechnungsposten anfechtbar in das Kontokorrent eingestellt. Es liegen bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen der § 133 Abs. 1 bzw. §§ 130, 131 InsO nicht vor. So fehlt es hinsichtlich der einzelnen "Habenbuchung" an einer Darlegung der nach § 133 Abs. 1 InsO konstitutiven Rechtshandlung des Schuldners. Hierzu heißt es in der Klageschrift lediglich, dass "die Verrechnung der beiderseitigen Ansprüche eine Rechtshandlung darstelle, da es genüge, dass die spätere Insolvenzschuldnerin an der Rechtshandlung mitgewirkt habe." Worin eine Mitwirkung der späteren Schuldnerin an der "einzelnen Buchung" bestand, wird nicht dargetan. Ebenso substanzlos sind die Ausführungen des Klägers in dem Schriftsatz vom 2. November 2005, dass die "Verrechnung der beiderseitigen Ansprüche zwischen der Y GmbH und der Beklagten zu 1) im Rahmen der Kontokorrentabrede eine Rechtshandlung der Y GmbH als spätere Insolvenzschuldnerin i.S.d. §§ 129, 133 Abs. 1 InsO darstellt."

Letztlich stellt die Buchung von Gutschriften ein kontokorrentgebundenes Schuldversprechen der Beklagten zu 1) gegenüber der späteren Insolvenzschuldnerin dar (vgl. BGH, NJW 2002, 1722, 1723). Damit handelt es sich nur um eine Rechtshandlung der Beklagten zu 1), die zudem, da diese auch nach dem Prozessvortrag des Klägers der bestehenden Kontokorrentabrede entsprach, kongruent war und die spätere Insolvenzschuldnerin nur begünstigte.

b)

Soweit ein Insolvenzverwalter die einzelnen Rechtsgeschäfte, die als Habenposten im Kontokorrent gebucht sind, selbstständig anfechten kann (vgl. dazu MünchKomm/Hefermehl, HGB, 2001, § 355 Rdnr. 109), bedarf es für jeden Buchungsvorgang einer näheren Darlegung des zugrundeliegende Vertragsverhältnisses. Hieran fehlt es. So werden bereits die "aus einer Vielzahl von Rechtsgründen entstandenen Gegenansprüche der Beklagten zu 1) beispielsweise wegen zu erbringender Garantieleistungen, Verkaufs- und Zulassungsprämien, Werbekostenzuschüsse, Verkaufsförderungsprämien u.a." nicht weiter aufgezeigt. Ebenfalls fehlt ein konkreter Prozessvortrag, dass für jeden einzelnen Fall die Tatbestandsvoraussetzungen einer Anfechtungsvorschrift erfüllt sind. So müsste der Kläger beispielsweise für die unter dem 25. Dezember 2001 mit der Bezeichnung "X" zugunsten des Autohauses erfolgte Verbuchung von 624,00 € substantiiert aufzeigen und gegebenenfalls zudem unter Beweis stellen, dass dieser Gutschrift eine Rechtshandlung der späteren Insolvenzschuldnerin zugrunde lag und diese von ihr - in Kenntnis der Beklagten zu 1) - gerade mit dem Vorsatz erfolgt ist, ihre Gläubiger zu benachteiligen.

3.

Die Annahme der Berufung des Klägers ist trotz fehlender Erfolgsaussicht ebenso wenig aus einem der Gründe des § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO gegeben. Der vorliegende Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die vorstehend von dem Senat herangezogenen Entscheidungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im übrigen basiert die Beurteilung des Streitfalls auf einer Würdigung der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls.

Gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gibt der Senat dem Kläger Gelegenheit, zu der beabsichtigten Zurückweisung des Rechtsmittels innerhalb der in der Beschlußformel bezeichneten Frist Stellung zu nehmen.

Ende der Entscheidung

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