Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Urteil verkündet am 12.11.2003
Aktenzeichen: 2 U 77/03
Rechtsgebiete: InsO, AO, ZPO, StGB, BGB, EGBGB


Vorschriften:

InsO § 17 Abs. 2 Satz 2
InsO § 129 Abs. 1
InsO § 130 Abs. 2
InsO § 131 Abs. 2 Satz 1
InsO § 132 Abs. 3
InsO § 133
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 1 Satz 2
InsO § 143 Abs. 1
AO § 252
ZPO § 286
StGB § 266 a
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 77/03

Anlage zum Protokoll vom 12.11.2003

Verkündet am 12.11.2003

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie die Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. Februar 2003 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 25/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 40.943,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten beider Instanzen des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird das Recht eingeräumt, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

(Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 20. Juni 2001 vor dem Amtsgericht Köln eröffneten Insolvenzverfahren (74 IN 22/00) über das Vermögen der Firma S Malerwerkstätten GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte im Wege der Insolvenzanfechtung auf Zahlung von 40.943,51 € (= 80.078,55 DM) in Anspruch.

Die Schuldnerin betrieb ein Malerunternehmen, war ausweislich der Feststellungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ausschließlich als Subunternehmerin für die Firma B Malerbetrieb GmbH in M tätig und hatte von dieser verschiedene umfangreiche Aufträge erhalten, die zum Teil noch nicht vollständig abgearbeitet und auch nicht endgültig abgerechnet worden waren. Die Beklagte, vertreten durch das zum damaligen Zeitpunkt noch bestehende Hauptzollamt L, war seit August 1998 mit Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Schuldnerin befasst. Der Vollstreckung lagen u. a. bestandskräftige Bescheide der C Ersatzkasse Köln sowie der U-Krankenkasse zugrunde. Aufgrund der sich bei der Schuldnerin zuspitzenden wirtschaftlichen Krisensituation schaltete diese, vertreten durch den Zeugen J als Geschäftsführer, die Unternehmensberatungs-gesellschaft X & Partner GmbH ein, deren Geschäftsführer der Zeugen H war. Zum Zuge der Sanierungsbemühungen schloss die Schuldnerin mit dem Zeugen H persönlich am 5. Februar 1999 einen "Abtretungs- und Treuhandvertrag" (Bl. 82 ff. d.A.). In diesem Vertrag wurden zum einen verschiedene Gläubiger mit einzelnen Beträgen aufgeführt - u. a. das Hauptzollamt L in Höhe eines Betrages von 88.000,00 DM - . Zum anderen wurden fällige Forderungen der Schuldnerin gegen die Firma B Malerbetrieb aufgelistet, die sich insgesamt auf 180.534,18 DM beliefen (28.641,40 DM, 69.197,02 DM sowie 82.795,76 DM). Nach dem Vertrag oblag es dem Zeugen H, die Forderungen der Schuldnerin einzuziehen und die Gläubiger zu befriedigen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen. Durch Schreiben vom 2. März 1999 (Bl. 252 d.A.) wandte sich der Zeuge H im Rahmen seiner Sanierungsbemühungen auch an das Hauptzollamt L. Zuständige Sachbearbeiterin für die Durchführung der Zwangsvollstreckung war hier die Zeugin E. Dem Schreiben war der Abtretungs- und Treuhandvertrag vom 05. Februar 1999 als Anlage beigefügt. In dem Schreiben heißt es wörtlich u. a. wie folgt:

"Ich bitte Sie, den Vertrag zu lesen und mich dann zu informieren, ob die C-EK dieser Vorgehensweise zustimmen würde. Ich werde in den nächsten Tagen bei Ihnen anrufen.

Ohne diese Vorgehensweise müsste wegen der zur Zeit bestehenden Zahlungsunfähigkeit ein Konkursantrag gestellt werden. Ich bin jedoch der Meinung, dass für alle beteiligten Gläubiger dieser von mir vorgeschlagene Weg wirtschaftlich am günstigsten ist."

Durch Schreiben vom 19. März 1999 (Bl. 95 d.A.), auf das wegen seiner Einzelheiten verwiesen wird, teilte die Zeugin E dem Zeugen H mit, dass der von ihm beabsichtigten Vorgehensweise nicht zugestimmt werde. Der Vorschlag enthalte nach Auffassung der C-EK, mit der Rücksprache genommen worden sei, keinen genauen Zeitplan bzw. Zeitpunkt, wann genau die Forderung getilgt bzw. wann mit der Tilgung begonnen werden solle. Die C-EK sehe auch eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die Firma B, für die die Vollstreckungsschuldnerin als Subunternehmerin tätig sei. Mit Schreiben vom 28. Juni 1999 (Bl. 67 d.A.) forderte der Zeuge H den Zeugen J auf, dem Finanzamt B1 die 6. a-conto-Forderung B und dem Hauptzollamt L - Frau E - die 7. a-conto-Anforderung B zu nennen. Das Schreiben ist überschrieben mit "Betreff: Pfändungen folgender Forderungen". Daraufhin übersandte der Zeuge J der Zeugin E unter dem 30. Juni 1999 (Bl. 66 d. A.) ein Telefaxschreiben. In dem Schreiben heißt es wörtlich u. a. wie folgt:

"Pfändung nachfolgender Forderung

Sehr geehrte Frau E,

unsere Forderung aus der Rechnung an die Firma B Malerbetrieb GmbH, M vom 03.05.1999 über DM 136.458,17 treten wir Ihnen zur Verrechnung auf obiges Firmenkonto hiermit ab."

Am 1. Juli 1999 gab der Zeuge J für die Schuldnerin die eidesstattliche Versicherung ab. Die Beklagte erließ am 2. Juli 1999 sowie am 12. Juli 1999 Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegen die Firma B Malerbetrieb GmbH. Den Vollstreckungsmaßnahmen lagen Forderungen der C-Ersatzkasse Köln (C-EK) in Höhe von 120.930,46 DM (Bl. 79 d.A.) und von 6.795,96 DM (Bl. 81 d.A.) sowie der U-Krankenkasse in Höhe von 1.891,05 DM (vgl. Bl. 80 d.A.) zugrunde. Die Vollstreckungsmaßnahmen führten am 10. April 2001 zur Zahlung der Drittschuldnerin in Höhe von 80.078,55 DM (= 40.943,51 €). Mit Schreiben vom 4. September und 27. November 2001 verlangte der Kläger von der Beklagten die Zahlung dieses Betrages und setzte ihr eine Zahlungsfrist bis zum 3. Dezember 2001 (Bl. 72 d.A.).

Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin habe mit der Mitteilung der fraglichen Forderung gegen die Firma B an die Beklagte die übrigen Gläubiger vorsätzlich benachteiligen wollen. Der Beklagten sei der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auch bekannt gewesen, so dass die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 40.943,51 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4.12.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, sie sei aufgrund der ihr bekannten Gesamtumstände stets davon ausgegangen, dass die Schuldnerin sämtliche Gläubiger vollständig würde befriedigen können und wollen.

Das Landgericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen J, H und E erhoben und die Klage sodann durch das mit der Berufung angefochtene, am 25. Februar 2003 verkündete Urteil abgewiesen. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme sei bereits zweifelhaft, ob die Schuldnerin Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehabt habe. Auf jeden Fall scheide die Anfechtung gemäß § 133 InsO deshalb aus, weil die Beklagte von einer etwaigen Gläubigerbenachteiligungsabsicht auf Seiten der Schuldnerin keine Kenntnis gehabt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angegriffene Urteil Bezug genommen. Gegen dieses ihm am 10. März 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 10. April 2003 beim Oberlandesgericht eingegangen Schriftsatz vom gleichen Tage Berufung eingelegt, die er durch einen am 7. Mai 2003 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. Mai 2003 begründet hat.

Der Kläger tritt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages der Entscheidung entgegen. Das Landgericht habe zu Unrecht die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten hiervon verneint.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils vom 25. Februar 2003 - 5 O 25/02 - zu verurteilen, an ihn 40.943,51 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen zu diesen Schriftsätzen Bezug genommen. Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Juli 2003 (Bl. 255 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

1. Der von dem Kläger in der Hauptsache geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 40.943,51 € findet seine rechtliche Grundlage in § 143 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 133 Abs. 1 InsO. Dass die Beklagte unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 252 AO für diesen Anspruch passivlegitimiert ist, wird von ihr im Berufungsverfahren nicht mehr in Abrede gestellt.

a) Bei den Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 2. Juli und 12. Juli 1999 handelt es sich um Rechtshandlungen der Schuldnerin im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO. Dem steht nicht entgegen, dass diese Vollstreckungsmaßnahmen durch die Beklagte durchgeführt wurden. Eine im Rahmen oder aus Anlass einer Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung ist gemäß § 133 InsO anfechtbar, wenn dazu zumindest auch Rechtshandlungen des Schuldners beigetragen haben (vgl. BGH, ZInsO 2003, 764). Dies ist unter anderem dann zu bejahen, wenn der Schuldner den Gläubiger erst auf vollstreckbare Gegenstände hingewiesen hat (vgl. HK-Kreft, 2. Auflage 2001, § 133 Rn. 6 m. w. N.). So liegt der Fall hier, da die Schuldnerin aufgrund des Schreibens vom 30. Juni 1999 die Beklagte auf das Bestehen einer Forderung gegen die Firma B aufmerksam gemacht hatte. Diese Rechtshandlung hat auch eine - gemäß § 129 Abs. 1 InsO für jede Anfechtung konstitutive - gläubigerbenachteiligende Wirkung. Aufgrund der Zahlung der Firma B in Höhe eines Betrages von 80.078,55 DM = 40.943,51 € hat sich die Aktivmasse entsprechend reduziert. Ohne die angefochtene Handlung hätten sich deshalb die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger entsprechend günstiger gestaltet.

b) Entgegen der von dem Landgericht geäußerten Bedenken, die allerdings für die angegriffene Entscheidung nicht tragend gewesen sind, steht auch unter Berücksichtigung der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass die Schuldnerin den Vorsatz hatte, ihre Gläubiger zu benachteiligen.

aa) Für den Benachteiligungsvorsatz reicht - auch bei kongruenten Deckungsgeschäften - die Feststellung aus, dass der Schuldner sich eine Benachteiligung der Gläubiger als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen hat, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (vgl. BGH, NZI 2003, 533 [535] = ZInsO 2003, 764 [766]). Hiernach genügt für die Verwirklichung der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO bereits bedingter Vorsatz, ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Schuldner und Gläubiger ist demgegenüber nicht erforderlich (vgl. BGH ZIP 2003, 1799 [1800] unter Aufhebung der die Gegenansicht vertretenden Entscheidung des OLG Stuttgart, OLGR Stuttgart 2003, 249 [252]; siehe auch OLG Dresden, ZInsO 2003, 659 [660 f.]).

bb) Es kann dahinstehen, ob die Schuldnerin, vertreten durch den Zeugen J, zu Beginn ihrer finanziellen Schwierigkeiten im August 1998 oder auch noch im Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungs- und Treuhandvertrages vom 5. Februar 1999 davon ausgegangen ist, die Gläubiger noch vollständig befriedigen zu können. Auch hieran bestehen auch und gerade unter Berücksichtigung der Bekundung des Zeugen H Bedenken. Hiernach ist die Schuldnerin im Zeitpunkt seiner - des Zeugen - Beauftragung zahlungsunfähig gewesen. Der Geschäftsführer der Schuldnerin, der Zeuge J, hat die Schwierigkeiten der Schuldnerin dahingehend beschrieben, dass zwar noch möglicherweise Forderungen gegen die Firma B bestanden hätten, diese Forderungen jedoch jedenfalls nicht zeitnah zu realisieren gewesen seien. Vor diesem Hintergrund wurde der Abtretungs- und Treuhandvertrag vom 5. Februar 1999 geschlossen. Insoweit kann als zutreffend und wahr unterstellt werden, dass die Zeugen H und J davon ausgegangen sind, dass die Forderungen der Schuldnerin nominell ihre Verbindlichkeiten deutlich überstiegen. Aus den Bekundungen und auch aus den übrigen Umständen lässt sich indessen nicht entnehmen, welche realistischen Chancen bestanden, derartige Forderungen gegen die Firma B auch zeitnah zu realisieren. Die bloße, wenn auch gut gemeinte Absicht, die Forderungen einzuziehen, ist nicht gleichzusetzen mit der begründeten Erwartung, dass dies auch gelingt (vgl. auch BGH, ZInsO 2003, 764 [766]). Ein von einem Schuldner in Angriff genommener Sanierungsversuch kann nur dann dem Vorliegen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes entgegenstehen, wenn aufgrund konkret benennbarer Umstände eine positive Prognose nachvollziehbar und vertretbar ist (vgl. nur Kreft a. a. O., § 133 Rn. 18).

cc) Spätestens zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des 2. Juli bzw. 12. Juli 1999 kann von einer derart begründeten Prognose nicht mehr ausgegangen werden. Zum einen hatte der Geschäftsführer der Schuldnerin einen Tag zuvor, am 1. Juli 1999, für die Schuldnerin die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Zum anderen mussten die Sanierungsbemühungen des Zeugen H jedenfalls zu diesem Zeitpunkt als gescheitert angesehen werden. Zumindest die Beklagte hatte durch Schreiben vom 19. März 1999 eindeutig den von Herrn H gemachten Vorschlag abgelehnt. Der Zeuge H selbst hat in seiner Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, er sei davon ausgegangen, dass mit der Begleichung der Außenstände "innerhalb weniger Monate zu rechnen" gewesen sei. Konkret habe ein Zeitraum bis spätestens Ende März 1999 in Rede gestanden. Diese Erwartung bzw. Hoffnung hatte sich jedoch nicht erfüllt. Wenn die Schuldnerin bei dieser Sachlage die Beklagte durch Schreiben vom 30. Juni 1999 von einer Forderung gegen die Firma B unterrichtete, ist ihr die Privilegierung der Beklagten und damit einhergehend die Benachteiligung der anderen Gläubiger bekannt gewesen. Hierauf hat auch bereits der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in dem dem Rechtsstreit vorangegangenen Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren in seinem Beschluss vom 18. Juli 2002 - 22 W 27/02 - zutreffend hingewiesen.

dd) Das Landgericht hat diesen Überlegungen in der angegriffenen Entscheidung lediglich entgegen gehalten, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 1. Juli 1999 stehe "nicht zwingend" im Widerspruch dazu, dass zu diesem Zeitpunkt nach wie vor nicht realisierte Forderungen gegen die Firma B bestanden hätten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass auf die Realisierung eine realistische Chance bestand, werden aber auch von dem Landgericht nicht dargelegt. Eine mögliche "Hoffnung" der Schuldnerin (vgl. insoweit die Bekundungen des Zeugen J im Rahmen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, Bl. 130 d.A.) kann insoweit keineswegs ausreichen (vgl. in diesem Sinne auch BGH, ZInsO 2003, 764 [766]). Einer erneuten Vernehmung der Zeugen H und J bedurfte es nicht. Selbst wenn ihre Aussagen als zutreffend zugrundegelegt werden, ergibt sich aufgrund dieser Aussagen und der unstreitigen Gesamtumstände eindeutig, dass die Schuldnerin, vertreten durch den Zeugen J, Kenntnis von der durch die Pfändung und Einziehung erfolgten Gläubigerbenachteiligung hatte.

c) Die Ausführungen des Landgerichts vermögen auch insoweit nicht zu überzeugen, als es - insoweit tragend - die Anfechtung deshalb als unbegründet angesehen hat, weil die Zeugen E als Vertreterin der Beklagten keine Kenntnis von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt habe. Diese Kenntnis wird vorliegend gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet. Die Beklagte hat die gegen sie streitende Vermutung nicht widerlegt. Die Bekundungen der von dem Senat erneut vernommenen Zeugen E rechtfertigen keine andere Beurteilung.

aa) Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird die Kenntnis von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte (§ 18 Abs. 2 InsO) und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. War dem Gläubiger die drohende Zahlungsunfähigkeit bekannt, weiß er in der Regel auch, dass die anderen Gläubiger keine volle Deckung für ihre fälligen Forderungen erlangen werden (vgl. OLG Dresden, ZInsO 2003, 659 [661]). Für die Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit spricht wiederum eine tatsächliche Vermutung, wenn der Anfechtungsgegner derartige Umstände positiv kennt, die zwingend auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen lassen (vgl. BGH, ZIP 2003, 1799 [1801]; Kreft, a. a. O, § 133 Rn. 10, § 130 Rn. 22, 26 m. w. N.; siehe auch BGH, NJW 1995, 2103 zum alten Recht). Zwar stellt § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO - anders als §§ 130 Abs. 2, 132 Abs. 3 und 131 Abs. 2 Satz 1 InsO - keine entsprechende Rechtsvermutung auf. Das hindert jedoch nicht, im Rahmen des § 286 ZPO insoweit von einer (allerdings widerleglichen) tatsächlichen Vermutung auszugehen (vgl. BGH, ZIP 2003, 1799 [1801]).

bb) Vorliegend waren der Beklagten, vertreten durch die Zeugin E, derartige Umstände bekannt. So kannte sie zunächst die allgemeine schlechte Finanzlage der Schuldnerin aus vorangegangenen Vollstreckungen. Darüber hinaus ging es um die Vollstreckung von Sozialversicherungsbeiträgen. Beitragsrückstände gegenüber Sozialversicherungsträgern haben im Allgemeinen eine erhebliche Bedeutung für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Vor dem Hintergrund, dass die Nichtabführung von Beitragsanteilen der Arbeitnehmer regelmäßig zur Strafbarkeit des Arbeitgebers nach § 266 a StGB führt, stellt die Nichtzahlung (vgl. BGH, ZInsO 2003, 755 [757]; OLG Celle, ZInsO 2002, 979) oder aber auch die erst im Wege der Zwangsvollstreckung realisierte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz dafür dar, dass sich ein Unternehmen in einer sehr schlechten finanziellen Verfassung befindet. Angesichts der partiellen Strafbewehrtheit seiner Forderungen muss sich gerade einem Sozialversicherungsträger die allgemeine Erfahrung aufdrängen, dass seine Ansprüche oft vorrangig vor anderen befriedigt werden, deren Nichterfüllung für den insolvenzreifen Schuldner weniger gefährlich ist (vgl. BGH, ZInsO 2003, 764 [766]). Es bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, ob schon allein die Zwangsvollstreckung wegen ausstehender Sozialversicherungsbeiträge den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zulässt. Der Beklagten - in Gestalt der Zeugin E - lagen zusätzliche Kenntnisse über die Vermögensverhältnisse der Schuldnerin vor. Der Zeuge H hatte die Zeugin E über die von ihm angestrengten Sanierungsbemühungen unterrichtet. Dem Schreiben vom 2. März 1999 hatte er den "Abtretungs- und Treuhandvertrag" vom 5. Februar 1999 beigefügt. Hiernach bemühte sich die Schuldnerin, vertreten durch den Zeugen H darum, eine Verständigung mit einzelnen Gläubigern zu erzielen und diese zu einer Zurückstellung/Stundung ihrer Forderungen zu bewegen. In dem erwähnten Schreiben vom 2. März 1999 weist der Zeuge H unmissverständlich darauf hin, dass ohne diese Vorgehensweise "wegen der zur Zeit bestehenden Zahlungsunfähigkeit ein Konkursantrag gestellt werden" müsse. Die Zeugin E lehnte jedoch den Vorschlag des Zeugen H nach Rücksprache mit der C-EK durch Schreiben vom 19. März 1999 ab. In dem Schreiben werden auch Zweifel hinsichtlich der Forderungen der Schuldnerin gegenüber der Firma B angemeldet. Es ist von einer "gewissen Unsicherheit" und von einem möglichen Konkursrisiko und dem daraus folgenden Forderungsausfall die Rede.

Bei den der Zeugin E bekannten und nach der Ablehnung ersichtlich gescheiterten Sanierungsbemühungen handelt es sich um Umstände, die zu der Zwangsvollstreckung wegen nicht rechtzeitig gezahlter Sozialversicherungsbeiträge hinzu treten. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vermutet wird, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Zahlungseinstellung ist wiederum ein nach außen hervortretendes Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er wegen eines voraussichtlich dauernden Mangels an Zahlungsmitteln seine fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann (vgl. BGH, ZInsO 2003, 180). Demnach wird die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vorliegend nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Schuldnerin an die Beklagte - mehr oder weniger vollständig - Zahlungen erbrachte. Die Zeugin E wusste aufgrund des Schreibens des Zeugen H vom 2. März 1999, dass es noch weitere Gläubiger der Schuldnerin gab, während auf der anderen Seite die Realisierung der in dem Treuhandvertrag aufgeführten Forderungen ausweislich des eigenen Schreibens der Zeugin E vom 19. März 1999 als ungewiss zu bezeichnen war. Nach diesem Schreiben sind von Seiten der Schuldnerin ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Aufstellung (Bl. 270 d.A.) lediglich noch am 25. Mai 1999 Zahlungen von 825,16 €, 4.968,58 €, 7.310,32 € sowie 924,10 € eingegangen. Hieraus konnte die Beklagte jedoch bereits deshalb nicht den Schluss auf eine wiedererlangte Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin ziehen, weil es sich um bloße Teilleistungen handelte (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch BGH, ZInsO 2003, 180). Unabhängig davon war es für die Beklagte bzw. die Zeugin E offensichtlich, dass die Verbindlichkeiten der gewerblich tätigen Schuldnerin gegenüber den Sozialversicherungsträgern, deren Forderungen die Beklagte beitrieb, nicht annähernd die einzigen waren (vgl. BGH, ZInsO 2003, 764 [766]).

Hiernach kannte die Zeugin E im Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Einziehungs- und Pfändungsverfügungen vom 2. Juli und 12. Juli 1999 solche Tatsachen, an die jedermann mit seiner Verkehrserfahrung verständigerweise die Erwartung knüpft, dass der Schuldner wesentliche Zahlungen so gut wie sicher nicht wird erbringen können. Demnach ist die Kenntnis der (drohenden) Zahlungseinstellung und der Gläubigerbenachteiligung zu vermuten. Hieraus folgt zugleich auch die Vermutung der Kenntnis der Beklagten von dem Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen.

cc) Durch die erstinstanzlichen und auch die zweitinstanzlichen Bekundungen der Zeugen E wird die hiernach bestehende Vermutung der Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin nicht widerlegt. Die Zeugin hat zwar bekundet, sie sei im Zeitpunkt der Ausbringung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung davon ausgegangen, dass es sich bei der Firma S (der Schuldnerin) um eine zahlungsfähige Schuldnerin gehandelt habe. Die Zeugin folgert aber die Zahlungsfähigkeit schlicht aus dem Umstand, dass die Schuldnerin die von der Beklagten im Wege der Zwangsvollstreckung geltend gemachten Forderungen im Großen und Ganzen beglichen habe. Hieraus lässt sich jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Schuldnerin auch bereit und in der Lage war, alle übrigen Gläubiger in angemessener Zeit zu befriedigen. Dass es weitere Gläubiger gab, war der Zeugin E aufgrund des Schreibens des Zeugen H vom 2. März 1999 bekannt. Insoweit ist auch nicht auszuschließen, dass die Zeugin E den Begriff der Zahlungsunfähigkeit in seiner Bedeutung nicht voll erfasst hat. Für sie scheint ein Schuldner bereits dann zahlungsfähig zu sein, wenn er die Forderungen der Beklagten bedient. Im Rahmen des § 133 InsO wird jedoch eine genaue Kenntnis der rechtlichen Zusammenhänge nicht vorausgesetzt. Es genügt, wenn der Anfechtungsgegner aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners in natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss zieht, dass der Schuldner wesentliche Teile seiner ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten im Zeitraum etwa des nächsten Monats nicht wird tilgen können (vgl. BGH, ZInsO 2003, 755 [757]; BGH, NJW 1995, 2103 ff.). Die Zeugin E hat indessen nicht bekundet, dass sie davon ausgegangen sei, dass die Schuldnerin auch die übrigen Gläubiger, die in dem Treuhandvertrag aufgeführt waren, in angemessener Zeit befriedigen würde. Sollten die Bekundungen der Zeugin gleichwohl dahingehend zu verstehen sein, dass sie positiv von einem hinreichenden Finanzvolumen bei der Schuldnerin ausgegangen ist, das zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichte, hält der Senat eine solche Bekundung für unglaubhaft. Angesichts der der Zeugin bekannten Umstände, die oben im einzelnen dargelegt wurden, ist nicht nachvollziehbar, worauf sich diese Prognose stützen ließ.

2. Der von dem Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB in Verbindung mit Artikel 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB begründet. Der Kläger hatte der Beklagten unstreitig durch Schreiben vom 4. September sowie 27. November 2001 eine Zahlungsfrist bis zum 3. Dezember 2001 gesetzt, so dass Verzugsbeginn der 4. Dezember 2001 ist.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht erfüllt. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Vielmehr sind die hier maßgeblichen Rechtsfragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt, wie sich aus den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergibt. Zudem beruht die Entscheidung lediglich auf einer Würdigung der konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalls.

Berufungsstreitwert: 40.943,51 €

Ende der Entscheidung

Zurück