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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 03.06.2008
Aktenzeichen: 2 W 10/08
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 168 Abs. 1
ZPO § 168 Abs. 2
GKG § 8
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1 a.F.
GKG § 21 Abs. 1 Satz 1 n.F.
GKG § 72 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Gehörsrüge der Klägerin vom 5. März 2008 gegen den Senatsbeschluß vom 8. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin vom 5. März 2008, die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht nicht zu erheben, wird abgelehnt.

Gründe:

1. Über die Anträge der Eingabe der Klägerin vom 5. März 2008 kann erst jetzt entschieden werden, nachdem das Landgericht die nach dem Erlaß des Senatsbeschlusses vom 8. Februar 2008 an die erste Instanz zurückgesandte Prozeßakte dem Senat trotz wiederholter Anforderung erst jetzt - nach rund einem Vierteljahr - wieder zur Verfügung gestellt hat. Nach dem Eingang des Antrages vom 5. März 2008 hat der Senat unter dem 7. März 2008 bei dem Landgericht die Akte wieder angefordert. Daraufhin ist dem Senat von der Geschäftsstelle des Landgerichts unter dem 14. März 2008 mitgeteilt worden, bei dem Landgericht sei Termin auf den 9. April 2008 bestimmt, die Akte werde deshalb dort "benötigt". Weitere, nach dem 9. April 2008 an das Landgericht gerichtete schriftliche Aktenanforderungen, nämlich die Anforderungen vom 22. April und vom 19. Mai 2008 sind bei dem Landgericht zwar jeweils alsbald nach ihrer Absendung eingegangen, aber unerledigt und unbeantwortet geblieben, sondern lediglich kommentarlos zu den Akten geheftet worden. Erst nach einer weiteren Anforderung vom 27. Mai 2008 sind die Akten dann dem Oberlandesgericht Anfang Juni 2008 zugeleitet worden, und zwar auch dies offenbar nicht aufgrund der Anforderung des Senats, sondern gemäß der Verfügung des Landgerichts vom 28. Mai 2008 (Bl. 82 R d.A.) zur Bearbeitung einer an das Landgericht adressierten und dort am 2. Mai 2008 eingegangenen Anfrage der Gerichtskasse durch den Kostenbeamten des Oberlandesgerichts. Diese Verfahrensweise des Landgerichts ist zu beanstanden. Sie trägt dem Gebot, die Akten dem im Rechtsmittelzug übergeordneten Gericht auf dessen Anforderung alsbald zur Verfügung zu stellen, nicht Rechnung.

Die genannte Verfahrensweise des Landgerichts ist um so weniger verständlich, als die Prozeßakten dort während des vorstehend bezeichneten Zeitraums von rund einem Vierteljahr ersichtlich nicht ständig zur Bearbeitung benötigt wurden, sondern zeitweise lediglich auf Frist gelegt worden sind. So hat der Einzelrichter des Landgerichts nach dem Erlaß eines klageabweisenden Versäumnisurteils, welches nach der wohl unzutreffenden Angabe des Tages der Verhandlung im Sitzungsprotokoll des Landgerichts (Bl.68 d.A.) am 23. April 2008, nach dem Verkündungsvermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (Bl. 69 d.A.) und der Bezeichnung des Verhandlungstermins im Versäumnisurteil selbst am 25. April 2008 ergangen ist, am 25. April 2008 die Zustellung des genannten Versäumnisurteils an die Prozeßbevollmächtigten der Parteien und sodann eine Wiedervorlagefrist von 3 Wochen verfügt. Innerhalb der zuletzt genannten Frist hätte die Akte auch dem Beschwerdegericht vorgelegt werden können und sollen. Zwar ist die Anordnung und Durchführung der Zustellung - von dem hier nicht gegebenen Fall des § 168 Abs. 2 ZPO abgesehen - nach § 168 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht Aufgabe des Richters, sondern Aufgabe der Geschäftsstelle (vgl. nur Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl. 2008, § 168, Rdn. 2). Im älteren Schrifttum ist es sogar als "verfehlt" bezeichnet worden, wenn der Richter derartige nicht in seinen Aufgabenbereich fallende Anordnungen trifft (vgl. Schneider, Richterliche Arbeitstechnik, 2. Aufl. 1975, S. 38). An der gesetzlichen Aufgabenverteilung ändert es auch nichts, daß der Justizverwaltung die Übernahme von Aufgaben der Geschäftsstelle durch den Richter erwünscht sein mag und daß sie hierfür entsprechende Computerprogramme entwickelt und den Richtern zur Verfügung gestellt hat. Wenn der Richter jedoch - wie vorliegend geschehen - die ihm nicht obliegenden Aufgaben der Geschäftsstelle übernimmt, dann muß er dies auch richtig und vollständig tun. Er darf die Sache dann auch nicht allein deshalb auf Frist legen, weil das auf den Regelfall zugeschnittenen Programm dies als letzte Ziffer der entsprechenden Verfügung vorsieht, sondern hat - wie dies die Geschäftsstelle bei eigener Bearbeitung der Sache tun müßte - zu prüfen, ob weiteres zu veranlassen ist, so ob sich in den Akten eine unerledigte Anforderung der Rechtsmittelinstanz findet.

2. Mit ihrer Eingabe vom 5. März 2008 rügt die Klägerin, mit dem Beschluß des Senats vom 8. Februar 2008 sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verkürzt worden. Die hiermit erhobene Gehörsrüge (§ 321 a Abs. 1 ZPO) ist nicht begründet.

Zwar trifft es zu, daß der Senat bei seiner Entscheidung vom 8. Februar 2008 den an das Landgericht adressierten und dort am 14. Februar 2008 eingegangenen Schriftsatz der Klägerin vom 13. Februar 2008 nicht berücksichtigt hat. Darin liegt indes keine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 2 GG), auf der der Beschluß vom 8. Februar 2008 beruht.

Der Senat hat mit dem Beschluß vom 8. Februar 2008 die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Prozeßkostenhilfe versagenden Beschluß des Landgerichts vom 3. Januar 2008 aus zwei unabhängig von einander gegebenen Gründen zurückgewiesen, nämlich wegen nicht ausreichender Darlegung der Prozeßarmut der Klägerin und mangels fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Zu einem abweichenden Ergebnis hätte die Berücksichtigung der Ausführungen des Schriftsatzes vom 13. Februar 2008 deshalb nur dann führen können, wenn sein Inhalt in beiden Punkten Anlaß zu einer abweichenden Beurteilung gegeben hätte. Dies ist indes nicht der Fall. Vielmehr veranlaßt der Schriftsatz vom 13. Februar 2008 in keinem dieser beiden Punkte eine abweichende Sicht.

Daß und warum die Klägerin ihre Prozeßarmut nicht hinreichend dargetan und belegt hatte, hat der Senat in seinem Beschluß vom 8. Februar 2008 im einzelnen begründet. Weitere konkrete Angaben hat die Klägerin auch in ihrem Schriftsatz vom 13. Februar 2008 nicht gemacht, auf den sich die Rüge vom 5. März 2008 stützt. Die in jenem Schriftsatz vom 13. Februar 2008 von dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vertretene Auffassung, angesichts der "Ignoranz" des Vordergerichts sei es der Klägerin nicht zuzumuten, weitere Belege vorzulegen, ist nicht nur in der Wortwahl zu beanstanden, sondern auch in der Sache abwegig und hätte zu einer von dem Beschluß vom 8. Februar 2008 abweichenden Entscheidung keinen Anlaß gegeben.

Zudem fehlte und fehlt wegen der Verjährung der Klageforderung und der hierauf gestützten Einrede der Beklagten die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung der Klägerin. Auch dies ist in dem Beschluß vom 8. Februar 2008 im einzelnen dargelegt worden, und auch daran hätte eine Berücksichtigung der Ausführungen im Schriftsatz vom 13. Februar 2008 nichts ändern können. Insbesondere zeigt auch dieser Schriftsatz keine Umstände auf, aus denen sich eine Hemmung oder ein Neubeginn der Verjährung ergeben könnte. Der Senat bemerkt deshalb lediglich ergänzend, daß abweichend von den Ausführungen in dem an das Landgericht gerichteten weiteren, den Antrag auf Terminsbestimmung enthaltenden Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 5. März 2008 (Bl. 83), der keinen Eingangsstempel oder sonstigen Eingangsvermerk trägt und in der von der Geschäftsstelle des Landgerichts unordentlich geführten Akte erst hinter einer Verfügung vom 28. Mai 2008 abgeheftet worden ist, die "Ablehnung der PKH" nicht erst durch die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung "in eine Begründetheit hineingewachsen" ist. Vielmehr hatte die Beklagte diese Einrede bereits in ihrer ersten Stellungnahme vom 7. Dezember 2007 zu dem Prozeßkostenhilfegesuch der Klägerin vom 6. November 2007 und damit schon vor der Ablehnung jenes Prozeßkostenhilfegesuchs durch den Beschluß des Landgerichts vom 3. Januar 2008 erhoben.

Eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der Gehörsrüge ist nicht veranlaßt (vgl. OLG Brandenburg, OLG-Report 2008, 217).

3. Der in der Rügeschrift der Klägerin vom 5. März 2008 weiter gestellte Antrag, die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu erheben, ist nicht begründet. Im Ansatz fehl geht der Hinweis in einem der beiden Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 5. März 2008 auf die Bestimmung des "§ 8 GKG". Vielmehr berücksichtigt der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hier nicht die zum 1. Juli 2004 in Kraft getretene Neuregelung des Gerichtskostenrechts. Die Bestimmung des § 8 GKG a.F., welche in der Tat seinerzeit die Nichterhebung von Gerichtsgebühren im Falle unrichtiger Sachbehandelung regelte, ist nach § 72 Nr. 1 GKG nur in Verfahren anzuwenden, die vor dem 1. Juli 2004 anhängig geworden sind, und auch dann nicht bei einem Rechtsmittel, das nach dem 1. Juli 2004 eingelegt worden ist. Die vorliegende Sache ist erst im März 2005 anhängig geworden; die sofortige Beschwerde, über die der Senat durch den Beschluß vom 8. Februar 2008 entschieden hat, ist mit Schriftsatz vom 14. Januar 2008 eingelegt worden. Die Bestimmung des § 8 GKG n.F. betrifft die Fälligkeit der Kosten in Straf- und Bußgeldsachen und hat mit dem Begehren der Eingabe vom 5. März 2008 ersichtlich nichts zu tun.

Aber auch die Voraussetzungen des an die Stelle des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. getretenen § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG n.F. liegen hier nicht vor, denn die Sache ist richtig behandelt worden. Die Beschwerde war entscheidungsreif, und über sie ist demgemäß dem Gebot des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK entsprechend ohne Verzögerung entschieden worden.

Die Entscheidung des Senats ist auch inhaltlich richtig.

Daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin in seinem erst nach dem Erlaß der Beschwerdeentscheidung des Senats bei dem Landgericht eingereichten Schriftsatz vom 13. Februar 2008 um einen Hinweis des Senats dazu, ob dieser "die Auffassung zur Verfügung" (sic !) - gemeint ist offenbar: zur Verjährung - teilt, gebeten und zugleich die Bereitschaft erklärt hat, gegebenenfalls die Beschwerde zurückzunehmen, machte die Verfahrensweise des Senats nicht rückwirkend unrichtig. Dies folgt schon daraus, daß ein solcher Hinweis selbst dann nicht geboten gewesen wäre, wenn die genannte Bitte den Senat noch vor dem Erlaß seiner Entscheidung erreicht hätte. Die gerichtliche Hinweispflicht dient dazu, zu verhindern, daß infolge unzureichenden Vortrages zu einem entscheidungserheblichen, von der Partei aber übersehenen Punkt eine in der Sache unrichtige Entscheidung ergeht. Sie ist nicht dazu bestimmt, der Partei bei gegebener Entscheidungsreife eines Rechtsmittelsverfahrens vorab das Ergebnis der Prüfung des Rechtsmittelsgerichts bekannt zu geben, um ihr Gelegenheit zu geben, die mit der Entscheidung des Gerichts verbundene Kostenlast zu vermeiden.

Ende der Entscheidung

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