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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 25.03.2008
Aktenzeichen: 2 W 16/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 319 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 568 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 572 Abs. 3
ZPO § 750 Abs. 1
ZPO § 793
ZPO § 888
ZPO § 888 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 1. Februar 2008 wird der unter den Daten vom "15.01.2007" und "08.01.2008" ergangene, dem Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten am 21. Januar 2008 zugestellte Beschluß des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 21 O 248/04 - im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als das Landgericht in jenem Beschluß "gegen die Schuldnerpartei" ein Zwangsgeld festgesetzt hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag der Klägerin vom 5. Dezember 2007 auf Festsetzung eines Zwangsgeldes an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen wird.

Gründe:

1. Durch Teilurteil des Landgerichts Köln vom 29. November 2004 ist der Beklagte zur Auskunftserteilung verurteilt worden. Die Klägerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil. Durch Beschluß vom 27. Juli 2006 - 2 W 59/06 - hat der Senat einen Zwangsgeldbeschluß des Landgerichts vom 14. März 2006 teilweise aufgehoben und gegen den Beklagten zur Erzwingung seiner titulierten Auskunftsverpflichtung ein Zwangsgeld festgesetzt.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 5. Dezember 2007 hat die Klägerin beim Landgericht die Festsetzung eines weiteren Zwangsgeldes beantragt. Aufgrund dieses Antrages hat der Einzelrichter des Landgerichts am 8. Januar 2008 einen Beschluß gefaßt, in dessen Rubrum als Tag der Beschlußfassung der "15.01.2007" genannt ist. Die Parteien werden in diesem Rubrum unter Angabe ihres Namens und ihrer Anschrift mit den Parteirollen der "Klägerin" und des "Beklagten" bezeichnet. In der Entscheidungsformel der von dem Richter des Landgerichts unterschriebenen Urschrift des Beschlusses heißt es u.a., aufgrund der Verpflichtung aus dem vollstreckbaren Teilurteil vom 29. November 2004 werde gemäß § 888 ZPO angeordnet:

"Zur Erzwingung der im vorerwähnten Titel bezeichneten Handlung, nämlich einrücken wie Bl. 43 <> der Hauptakte wird gegen die Schuldnerpartei ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 7 500,00 EUR festgesetzt. ..."

Gegen diesen Beschluß, der dem Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten am 21. Januar 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden und der in dem entsprechenden von der Geschäftsstelle des Landgerichts vorbereiteten Empfangsbekenntnis mit der Abkürzung "bAb.B. 15.01.07" bezeichnet ist, wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde vom 1.Februar 2008, der das Landgericht gemäß Beschluß vom 15. Februar 2008 nicht abgeholfen hat.

2. Die gemäß den §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthafte, in rechter Frist (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten, über die nach § 568 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Einzelrichter des Beschwerdegerichts zu entscheiden hat, führt im Umfang der Anfechtung und damit in dem aus dem Tenor der vorliegenden Entscheidung ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und gemäß § 572 Abs. 3 ZPO zur Zurückverweisung an das Landgericht. Das Verfahren der ersten Instanz und die angefochtene Entscheidung leiden an schwerwiegenden Mängeln. Von der Aufhebung nicht erfaßt wird die mit der Beschwerde des Beklagten nicht angegriffene, ihm günstige Ablehnung eines Antrages der Klägerin auf Anordnung von Zwangshaft.

Zu beanstanden ist bereits, daß der angefochtene Beschluß des Landgerichts widersprüchliche Angaben zum Tag der Beschlußfassung enthält. Während sich in der von dem Richter unterzeichneten Urschrift des Beschlusses ebenso wie in den von der Geschäftsstelle des Landgerichts erstellten Ausfertigungen über der Unterschrift des Richters (in der Urschrift) bzw. deren Wiedergabe (in den Ausfertigungen) die Angabe "Köln, 08.01.2008" findet, heißt es im Rubrum jener Entscheidung, sowohl in der Urschrift wie in den Ausfertigungen hiervon abweichend, das Landgericht habe "am 15.01.2007 ... beschlossen". In einem Beschluß, der - wie hier - ohne mündliche Verhandlung ergeht, ist der Tag der Beschlußfassung anzugeben. Dies kann, entsprechend der Handhabung bei einem Urteil, im Rubrum im Anschluß an die Bezeichnung der Parteien geschehen. Ebensogut kann diese Angabe am Ende des Beschlusses erfolgen (vgl. Anders/Gehle, Das Assessorexamen im Zivilrecht, 9. Aufl. 2008, B II, Rdn. 64 [S. 118 f.]). Jedenfalls überflüssig ist es, das Datum der Beschlußfassung doppelt, im Rubrum und am Ende des Beschlusses mitzuteilen, und gänzlich verfehlt ist es, wenn ein Beschluß - wie hier - im Rubrum und an seinem Ende zwei verschiedene Daten der Beschlußfassung nennt. Allerdings handelt es sich bei der Angabe "am 15.01.2007" im Rubrum des angefochtenen Beschlusses um einen offensichtlichen und daher der Berichtigung entsprechend § 319 Abs. 1 ZPO zugänglichen Fehler, der deshalb nicht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigt.

Ein schwerwiegender Mangel des angefochtenen Beschlusses, der seine Aufhebung zur Folge hat, liegt indes darin, daß er nicht hinreichend bestimmt bezeichnet, gegen welche Seite das in der Entscheidungsformel genannte Zwangsgeld festgesetzt wird. Ein Zwangsgeldbeschluß nach § 888 Abs. 1 ZPO ist ein Vollstreckungstitel. Er muß deshalb den Anforderungen des § 750 Abs. 1 ZPO genügen (§§ 794 Abs. 1 Nr. 3, 793, 795 ZPO). Wie der Senat in seinem Beschluß vom 27. Juli 2006 ausgeführt hat, auf den der Richter des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluß Bezug genommen, dessen Vorgaben er aber bei Erlaß seiner Entscheidung nicht hinreichend beachtet hat, ergibt sich nicht nur aus der Entscheidungsformel eines vollstreckbaren Beschlusses, welche Anordnungen der Richter mit diesem Beschluß trifft. Vielmehr folgt erst aus dem Zusammenwirken von Entscheidungsformel und Rubrum eines solchen Beschlusses, gegen welche konkrete Person sich die jeweilige Anordnung richtet, wer also die im Tenor nur mit ihrer Parteirolle bezeichnete, von der Anordnung betroffene Person ist. Hieraus folgt - was das Landgericht verkannt hat - notwendig, daß sich die für die Anordnung der Entscheidungsformel gewählte Bezeichnung auch im Rubrum wiederfinden muß. Aus einem Zwangsgeldbeschluß der, wie hier, im Rubrum bei der Bezeichnung der Parteien als deren Parteirollen lediglich die Bezeichnung als Klägerin und Beklagter anführt, während die Entscheidungsformel das Zwangsgeld "gegen die Schuldnerpartei" festsetzt, kann das zur Vollstreckung des Zwangsgelds berufene Vollstreckungsorgan, also etwa der Gerichtsvollzieher, nicht - wie indes geboten - ohne Rückgriff auf außerhalb des Beschlusses liegende Unterlagen entnehmen, gegen welche der beiden im Rubrum genannten Personen das Zwangsgeld festgesetzt worden ist. Dies versteht sich von selbst, muß aber offenbar trotz der ausführlichen Darlegungen des Senatsbeschlusses vom 27. Juli 2006 in derselben Sache nochmals ausgeführt werden. Der Senat verkennt nicht, daß sich der Richter des Landgerichts bei der Abfassung des angefochtenen Beschlusses offenbar des von der Justizverwaltung zur Verfügung gestellten Textsystems Justiz (TSJ) bedient hat, dessen Textbaustein für den Fall eines Zwangsgeldbeschlusses nach § 888 Abs. 1 ZPO für die Entscheidungsformel den auf möglichst viele Fallgestaltungen passenden, damit aber notwendigerweise wenig konkreten Begriff der "Schuldnerpartei" vorsehen mag. Die Verwendung solcher Textbausteine enthebt den Richter indes nicht der Verpflichtung, bei seiner Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen (hier denen des § 750 ZPO) an die inhaltliche Bestimmtheit seiner Anordnung(en) zu genügen. Ist dies mit den in einem Programm vorgehaltenen Textvorschlägen nicht möglich, dann muß er dessen Text entsprechend abändern oder, wenn er das nicht kann, auf die Verwendung des Programms verzichten.

Hiervon abgesehen leidet die Entscheidungsformel des angefochtenen Beschlusses an einem weiteren Mangel, weil sie die Handlung, zu deren Erzwingung das Zwangsgeld festgesetzt wird, nur mit der Wendung "nämlich einrücken wie Bl. 43 <> der Hauptakte", und damit völlig unzureichend bezeichnet. Wie der Senat in seinem Beschluß vom 27. Juli 2006 unter Hinweis auf die ganz einhellige und dort mit zahlreichen Belegstellen bezeichnete Rechtsprechung dargestellt hat, aber von dem Landgericht bei seiner Entscheidung wiederum nicht beachtet worden ist, muß sich im Falle einer vollstreckbaren Anordnung deren Inhalt schon aus der von dem Richter unterzeichneten (Urschrift der) Entscheidung selbst ergeben. Eine Anweisung des Richters an die Geschäftsstelle, daß und wie sie anhand der Akten den Inhalt der Entscheidung erstellen solle, genügt dafür nicht. Sie ist nur dann ausreichend, wenn der Richter damit einem anderen lediglich die Fertigung eines Entwurfs überträgt, den er anschließend nochmals prüft und unterzeichnet und der dann erst mit dieser Unterzeichnung des vollständigen Textes die Urschrift darstellt, von der die Geschäftsstelle Ausfertigungen herstellt. Dies ist im Streitfall nicht geschehen. Daß die Geschäftsstelle des Landgerichts hier Ausfertigungen erstellt hat, die abweichend von der vom Richter erstellten Urschrift des angefochtenen Beschlusses in der Entscheidungsformel auch die Verpflichtung des Beklagten inhaltlich wiedergeben, vermag den genannten Mangel der Urschrift nicht zu ersetzen. Denn eine Ausfertigung muß - auch dies hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 27. Juli 2006 gesagt - die von dem Richter unterzeichnete Urschrift wortgetreu wiedergeben und ist deshalb nicht geeignet, Mängel der Urschrift zu beheben (vgl. BGHZ 137, 49 [53]; BGH ZIP 2003, 356; Senat, Rpfleger 1990, 216 [217]; Senat InVO 1997, 103 [104]; Senat, ZIP 2000, 1343 [1349]; OLG Jena, OLGReport 2003, 122 [123]). Der demgegenüber von dem Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Februar 2008 unter Vorlage einer Kopie der ihm erteilten Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses erhobene Einwand, der Beschluß sei doch in vollständiger Form erstellt und von dem Richter des Landgerichts unterschrieben, geht fehl. Der Senat hat die Parteien durch Verfügung vom 21. Februar 2008 unter Übersendung einer Fotokopie der von dem Richter des Landgerichts unterzeichneten Urschrift des angefochtenen Beschlusses über den Inhalt dieser Urschrift und damit auf deren hier in Rede stehenden Mangel hingewiesen. Wenn der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin in seinem Schriftsatz vom 27. Februar 2008 demgegenüber die von ihm mit diesem Schriftsatz vorgelegte Kopie der ihm erteilten Ausfertigung als "Kopie des Original-Beschlusses" bezeichnet, so verkennt er damit trotz der eingehenden Erläuterungen des Senats den Unterschied zwischen der von dem Richter zu unterzeichnenden, bei den Akten verbleibenden Urschrift einer Entscheidung und den von der Geschäftsstelle erstellten Ausfertigungen.

Es ist angebracht, zugleich mit der somit gebotenen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in dem aus der Entscheidungsformel des vorliegenden Beschlusses ersichtlichen Umfang dem Landgericht gemäß § 572 Abs. 3 ZPO die damit erforderliche neuerliche Entscheidung über den Zwangsgeldantrag vom 5. Dezember 2007 zu übertragen. Dabei wird das Landgericht die vorstehend dargestellte Auffassung des Senats zu beachten, die vorstehend beanstandeten Mängel zu vermeiden und auch die Ausführungen zu berücksichtigen haben, welche die Parteien im Beschwerdeverfahren zur Sache selbst gemacht haben.

Es erscheint sachdienlich, hierfür auf folgendes hinzuweisen: Wie der Senat in seinem Beschluß vom 27. Juli 2006 ausgeführt hat, von dem Beklagten aber nicht hinreichend berücksichtigt wird, ist für das Verfahren der Zwangsvollstreckung allein maßgeblich, welcher Anspruch tituliert ist. Aufgrund des rechtskräftigen Teilurteils des Landgerichts vom 29. November 2004 ist der Beklagte verpflichtet, die in der Entscheidungsformel jenes Urteils näher bezeichnete Auskunft "durch Vorlage eines vollständigen und in sich geschlossenen notariellen Bestandsverzeichnisses" zu erteilen. Dieser Verpflichtung genügt die sukzessive Vorlage mehrerer, einander teilweise ergänzender und korrigierender Urkunden nicht. Sie stellen kein "in sich geschlossenes" Verzeichnis dar. Es ist nach dem Tenor des genannten Urteils die Pflicht des Beklagten, ein solches geschlossenes Verzeichnis vorzulegen, und nicht Aufgabe der Klägerin, sich aus mehreren einander teilweise korrigierenden Unterlagen erst selbst ein Verzeichnis zu erstellen. Daran vermögen weder die an den Senat gerichtete Erklärung des Notars T vom 10. März 2008 noch das Anerbieten des Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten etwas zu ändern, mit den Parteien einen Besprechungstermin durchzuführen.

Der Senat weist ferner darauf hin, daß sich in den Akten auch ein - bisher offenbar noch nicht beschiedener - Antrag des in dem angefochtenen Beschluß als Unterbevollmächtigter bezeichneten Rechtsanwalts S aus C vom 24. Januar 2008 auf Berichtigung jenes Beschlusses findet. Durch die vorliegende Entscheidung des Senats wird jener Antrag nicht gegenstandslos, weil er den Beschluß des Landgerichts nur teilweise, aber nicht in vollem Umfang aufhebt. Hinzuweisen ist auch darauf, daß sich hinten in Band II des für das Zwangsvollstreckungsverfahren angelegten Sonderhefts der dem Senat aufgrund der Beschwerde vorgelegten Akten eine umfängliche Sammlung nicht abgehefteter Schriftstücke findet. Deshalb ist auch zu beanstanden, daß die Aktenführung der Geschäftsstelle des Landgerichts insoweit nicht mit den Vorgaben der Aktenordnung in Einklang steht. Das Landgericht wird dafür Sorge zu tragen haben, daß die an das Gericht adressierten Exemplare jener Schriftstücke, wie in der Aktenordnung vorgesehen, in die Akte geheftet werden. Die für die jeweilige Gegenseite bestimmten Überstücke sind nicht lose bei der Akte aufzuheben, sondern der Gegenseite zuzuleiten. Das Landgericht wird auch zu prüfen haben, ob aufgrund der genannten Schriftstücke weiteres zu veranlassen ist.

Infolge der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht muß diesem auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen werden. Ein Anlaß, den Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens festzusetzen, besteht nicht. Eine solche Wertfestsetzung erfolgt nur, wenn wertabhängige Gebühren anfallen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 63 GKG, Rdn. 8 und 16). Letzteres ist hier nicht der Fall, weil die Beschwerde weder verworfen noch zurückgewiesen wird.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen die vorliegende Entscheidung sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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