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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 16.08.1999
Aktenzeichen: 2 W 161/99
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG, GKG
Vorschriften:
ZPO § 187 Satz 1 | |
ZPO § 187 Satz 2 | |
ZPO § 766 Abs. 1 | |
ZPO § 766 Abs. 1 Satz 2 | |
ZPO § 732 Abs. 2 | |
ZPO § 568 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 834 | |
ZPO § 750 Abs. 1 | |
ZPO § 707 Abs. 2 | |
ZPO § 719 Abs. 1 | |
ZPO § 575 | |
RPflG § 11 Abs. 1 | |
RPflG § 11 Abs. 2 | |
RPflG § 793 Abs. 1 | |
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1 |
OBERLANDESGERICHT KÖLN
BESCHLUSS
2 W 161/99 2 W 162/99 10 T 120/99 10 T 121/99 Landgericht Köln 285 M 6495/99 Amtsgericht Köln
In dem Zwangsvollstreckungsverfahren
pp.
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger, des Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn und des Richters am Landgericht Sternal
am 16. August 1999
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners vom 13. Juli 1999 wird der Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 2. Juli 1999 - 10 T 120/99 und 10 T 121/99 - aufgehoben.
Die Sache wird zur Entscheidung über die Erinnerung des Schuldners vom 12. April 1999 gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Köln vom 22. März 1999 - 285 M 6495/99 - und über den als sofortige Beschwerde bezeichneten Rechtsbehelf des Schuldners vom 25. Mai 1999 gegen den Beschluß des Rechtspflegers des Amtsgerichts Köln vom 4. Mai 1999 - 285 M 6495/99 - an den Richter des Amtsgerichts Köln verwiesen.
Im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Köln - 10 T 120/99 und 10 T 121/99 - sowie im Verfahren der weiteren Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Köln - 2 W 161/99 und 2 W 162/99 - angefallene Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird dem Richter des Amtsgerichts Köln übertragen.
Gründe:
1. Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 25. September 1998. Er hat einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Köln vom 22. März 1999 erwirkt, durch den angebliche Ansprüche des Schuldners gegen die Allgemeine Deutsche Direktbank als Drittschuldnerin gepfändet und ihm, dem Gläubiger, zur Einziehung überwiesen worden sind. Mit Schreiben vom 12. April 1999, das am 15. April 1999 bei dem Amtsgericht Köln eingegangen ist, hat der Schuldner Einwendungen gegen die Pfändung erhoben und unter anderem beantragt, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 22. März 1999 aufzuheben und den Antrag des Gläubigers auf seinen Erlaß abzulehnen. Durch Beschluß vom 16. April 1999 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts "die Zwangsvollstreckung aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß" gemäß den §§ 766 Abs. 1 Satz 2, 732 Abs. 2 ZPO einstweilen - bis zur endgültigen Entscheidung über den Antrag des Schuldners vom 12. April 1999 - eingestellt. Einem Antrag des Gläubigers vom 26. April 1999 entsprechend hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts durch Beschluß vom 4. Mai 1999 den Einstellungsbeschluß vom 16. April 1999 wieder aufgehoben. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 25. Mai 1999 hat der Schuldner gegen den ihm am 10. Mai 1999 zugestellten Beschluß vom 4. Mai 1999 "sofortige Beschwerde" erhoben. Diesen Rechtsbehelf und den Rechtsbehelf des Schuldners gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts am 27. Mai 1999 dem Landgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt.
Durch Beschluß vom 2. Juli 1999 hat das Landgericht Köln "die Erinnerung sowie die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Köln vom 22.3.1999 und 4.5.1999 (285 M 6495/99)... zurückgewiesen". Gegen diesen seinem Verfahrensbevollmächtigten am 8. Juli 1999 zugestellten Beschluß des Landgerichts wendet sich der Schuldner mit der sofortigen weiteren Beschwerde vom 13. Juli 1999, die am Folgetage bei dem Landgericht eingegangen ist.
2. Die sofortige weitere Beschwerde des Schuldners ist statthaft (§ 793 Abs. 2 ZPO) und in rechter Frist (§ 577 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden. Auch die Voraussetzung des § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist im vorliegenden Fall erfüllt, weil der mit der weitere Beschwerde angefochtene Beschluß vom 2. Juli 1999 auf einem Verfahrensfehler des Landgerichts beruht, durch den der Schuldner neu und selbständig beschwert wird (vgl. Zöller/Gummer, ZPO; 21. Aufl. 1999, § 568, Rdn. 18 mit weit. Nachw.): Die Beschwerdekammer hat übersehen, daß sie für die von ihr mit dem Beschluß vom 2. Juli 1999 getroffenen Entscheidungen nicht zuständig war.
Gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 22. März 1999 war die Vollstreckungserinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO gegeben, über die nicht die Beschwerdekammer des Landgerichts, sondern der Richter des Amtsgerichts (Vollstreckungsgerichts) zu entscheiden hat. Bei einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß handelt es sich nur dann um eine Entscheidung des Rechtspflegers, gegen die die sofortige Beschwerde gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793 Abs. 1 ZPO gegeben ist, wenn dem Schuldner vor der Pfändung rechtliches Gehör gewährt worden ist (vgl. Senat, Rpfleger 1991, 360 [361]; OVG Münster, NJW 1980, 1709 [1710]; LG Zweibrücken, Rpfleger 1994, 245; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 57. Aufl. 1999, § 829, Rdn. 64; Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 2. Aufl. 1997, § 766, Rdn. 11; Stöber, Forderungspfändung, 12. Aufl. 1999, Rdn. 730; Zöller/Stöber, a.a.O., § 829, Rdn. 31). Ist der Schuldner dagegen - wie im vorliegenden Fall - entsprechend der Bestimmung des § 834 ZPO vor dem Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht angehört worden, so handelt es sich bei dem Pfändungsbeschluß um eine Vollstreckungsmaßnahme, gegen die die Erinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO stattfindet (vgl. Senat, a.a.O.; LG Frankenthal, Rpfleger 1989, 273 f; LG Zweibrücken, a.a.O.; Baumbach/Lauter-bach/Hartmann und Schuschke/Walker, jeweils a.a.O.; Stöber, a.a.O., Rdn. 729; Zöller/Stöber, a.a.O., Rdn. 29). Der Rechtsbehelf des Schuldners gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 22. März 1999 war daher hier als Erinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO zu behandeln, über die der Richter des Amtsgerichts zu entscheiden hatte, während die Beschwerdekammer des Landgerichts funktionell nicht zuständig war. Deshalb muß der Beschluß der Kammer vom 2. Juli 1999, soweit sie über die Erinnerung entschieden hat, aufgehoben und die Sache an den funktionell für die Entscheidung nach § 766 Abs. 1 ZPO zuständigen Richter des Amtsgerichts verwiesen werden.
Dem steht der Einwand im Schriftsatz des Gläubigers vom 10. August 1999, der Schuldner habe keine Einwendungen gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erhoben, die geeignet seien, eine Erinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO zu begründen, nicht entgegen. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Vollstreckungserinnerung hängt nicht davon ab, ob dieser Rechtsbehelf zulässig und begründet ist. Eine Vollstreckungsgegenklage, auf die der Gläubiger in seinem Schriftsatz vom 10. August 1999 hinweist, hat der Schuldner mit seiner Eingabe vom 12. April 1999 nicht erhoben. Der Senat bemerkt deshalb lediglich ergänzend, daß die Vollstreckungserinnerung unter anderem auch darauf gestützt werden kann, daß eine der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht erfüllt sei (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hart-mann, a.a.O., § 766, Rdn. 14 und Rdn. 23, Stichwort "Zustellung"; Zöller/ Stöber, a.a.O., § 766, Rdn. 10). Hier rügt der Schuldner auch, der Vollstreckungsbescheid, aus dem der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, sei ihm bislang nicht wirksam zugestellt worden, so daß es an der Voraussetzung des § 750 Abs. 1 ZPO fehle. Damit wird eine im Verfahren nach § 766 Abs. 1 ZPO zulässige Einwendung erhoben. Allerdings kann ein etwa gegebener Mangel der Zustellung des Titels nach § 187 Satz 1 ZPO geheilt sein, soweit es auf die Zustellung als Vollstreckungsvoraussetzung (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 750, Rdn. 16 mit weit. Nachw.) und nicht als Voraussetzung für den Beginn der Einspruchsfrist ankommt, für den eine solche Heilung gemäß § 187 Satz 2 ZPO nicht in Betracht kommt.
Auch für die Entscheidung über den Rechtsbehelf des Schuldners vom 25. Mai 1999 gegen den Beschluß des Rechtspflegers vom 4. Mai 1999 war das Landgericht nicht zuständig. Durch diesen Beschluß hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts seine Entscheidung vom 16. April 1999, durch den er die Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschluß gemäß den §§ 766 Abs. 1 Satz 2, 732 Abs. 2 ZPO einstweilen ausgesetzt hatte, wieder aufgehoben. In entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 707 Abs. 2, 719 Abs. 1 ZPO ist gegen die Entscheidung des Richters, durch den er eine einstweilige Anordnung nach den §§ 732 Abs. 2, 766 Abs. 1 Satz 2 ZPO erläßt oder aufhebt, nach herrschender und richtiger Ansicht kein Rechtsmittel gegeben (vgl. Senat, Beschluß vom 10. Mai 1995 - 2 W 79/95 -; Senat, Rpfleger 1996, 324 [325]; OLG Hamm, MDR 1979, 852 re. Sp.; OLG Stuttgart, Rpfleger 1994, 220; Baumbach/Lau-terbach/Hartmann, a.a.O., § 732, Rdn. 10; Zöller/Stöber, a.a.O., § 732, Rdn. 17). Deshalb findet gegen eine derartige Entscheidung, wenn sie nicht vom Richter, sondern - wie hier - von dem Rechtspfleger des Amtsgerichts getroffen worden ist, nicht die sofortige Beschwerde gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793 Abs. 1 ZPO, sondern die sofortige Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG statt, über die - wenn der Rechtspfleger ihr nicht abhilft - der Richter des Amtsgerichts abschließend zu entscheiden hat (vgl. zu § 11 Abs. 2 RPflG a.F.: Senat, Rpfleger 1996, 324 [325]; zu § 11 Abs. 1 und 2 RPflG n.F.: Arnold/Meyer-Stolte/Hansens, RPflG, 5. Aufl. 1999, § 11, Rdn. 46; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, a.a.O., § 732, Rdn. 9; Zöller/Stöber, a.a.O., § 732, Rdn. 17).
Das Landgericht hätte daher über die ihm von dem Rechtspfleger des Amtsgerichts vorgelegten Rechtsbehelfe des Schuldners nicht entscheiden dürfen, sondern die Sache an das Amtsgericht zur Entscheidung durch den zuständigen Richter des Amtsgerichts zurückgeben müssen (vgl. Senat, Rpfleger 1996, 324 [325]; OLG Koblenz, Rpfleger 1976, 11; OLG Düsseldorf, JurBüro 1992, 42; LG Frankenthal, Rpfleger 1989, 273 [274]). Entsprechend ist nunmehr aufgrund der weiteren Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß des Landgerichts zu verfahren.
Die Feststellung, daß das Landgericht seine fehlende funktionelle Zuständigkeit verkannt ist, ist gleichbedeutend mit der Bejahung einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG. Gerichtskosten für die Verfahren der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde sind deshalb nicht zu erheben. Im übrigen muß die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde gemäß § 575 ZPO dem Amtsgericht übertragen werden, weil mit der Zurückverweisung noch nicht feststeht, welche Partei im Ergebnis obsiegen wird.
Ende der Entscheidung
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