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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: 2 W 17/09
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 3
GKG § 62 S. 1
GKG § 63 Abs. 2
GKG § 66 Abs. 3 Satz 3
GKG § 68 Abs. 1 Satz 5
GKG § 68 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 W 16/09 2 W 17/09

Tenor:

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 27. Januar 2009 (2 W 16/09) gegen die Festsetzung des Gebührenstreitwerts in dem Anerkenntnisurteil des Einzelrichters der 19. Zivilkammer des Landgerichts Köln, 19 O 6/09, wird als unzulässig verworfen.

2. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 27. Januar 2009 (2 W 16/09) wird die Festsetzung des Gebührenstreitwerts in dem Anerkenntnisurteil des Einzelrichters der 19. Zivilkammer des Landgerichts Köln, 19 O 6/09, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Wert des Klageverfahrens wird auf 5.000,01 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit der beim Amtsgericht Köln eingereichten Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den übrigen Miterben der Erbengemeinschaft nach I-K U, nämlich dem Kläger, seinem Bruder L U und seiner Schwester C J, geb. U, Auskunft über ihre Tätigkeit als Testamentsvollstrecker zu erteilen, insbesondere konkret mitzuteilen, ob und in welcher Höhe, wo und zu welchen Bedingungen eine Instandhaltungsrücklage aus dem Nachlass angelegt worden ist. Mit Beschluss vom 25. November 2008 hat das Amtsgericht den Streitwert für das Verfahren auf über 5.000,00 € festgesetzt und mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen. Durch Anerkenntnisurteil des Einzelrichters des Landgerichts Köln vom 24. Februar 2008, 19 O 6/09, ist die Beklagte antragsgemäß verurteilt worden. Zugleich hat der Einzelrichter den Streitwert für das Klageverfahren auf 1.000,00 € festgesetzt und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, der maßgebliche Gegenstandswert bemesse sich nach 1 % des Werts der Instandhaltungsrücklage. Gegen diese Wertfestsetzung haben sowohl der Kläger als auch seine Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 27. Januar 2009 Beschwerde mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwertes eingelegt. Durch Beschluss vom 13. Februar 2009 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und dem Senat vorgelegt.

II.

1.

Die ausdrücklich in Namen des Klägers erhobene Beschwerde ist unzulässig, weil sie ausweislich ihrer mit Schriftsatz vom 27. Januar 2009 gegebenen Begründung auf eine Erhöhung des Gebührenstreitwerts zielt. Für eine solche Beschwerde fehlt indes dem Kläger das erforderliche Rechtsschutzinteresse; an einer Erhöhung des Streitwertes hat er kein berechtigtes Interesse. Vielmehr kann nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur eine Partei nur mit dem Ziel der Herabsetzung des Streitwerts Beschwerde einlegen (vgl. nur Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage 2008, § 68 GKG Rn. 5 m.w.N.).

2.

Die von den Prozessbevollmächtigten des Klägers eingelegte, auf eine Erhöhung des festgesetzten Gebührenstreitwerts gerichtete Beschwerde ist zulässig; sie hat in der Sache im Ergebnis Erfolg.

a)

Das Landgericht war aus formalen Gründen gehindert, den Streitwert für die Bemessung der Gebühren auf 1.000,00 € festzusetzen. Grundsätzlich richtet sich der Streitwert einer Klage nach den mit ihr zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Klageanträge, im dem hier gegebenen Fall einer ausschließlichen Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsklage über die Tätigkeit als Testamentsvollstreckerin nach dem gemäß § 3 ZPO zu schätzenden Interesse des Klägers. Dieses Interesse orientiert sich in der Regel daran, in welchem Umfang durch die begehrte Auskunft bzw. die Rechnungslegung die Begründung und Geltendmachung einer beabsichtigten Leistungsklage erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht. Dabei ist das Interesse unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit einem Bruchteil eines möglichen Leistungsanspruchs zu bemessen. Diese Bewertungsgrundsätze gelten indes dann nicht, wenn das mit einer Klage verfolgte Interesse nicht darauf gerichtet ist, konkret eine Leistungsklage vorzubereiten, sondern sich darin erschöpft, eine von dem Beklagten geschuldete Auskunft oder Rechnungslegung herbeizuführen. In einem solchen Falle ist für die Wertbemessung des Streitgegenstandes vielmehr auf den Aufwand an Zeit und Sachmitteln abzustellen, der mit der Erteilung der verlangten Auskunft oder Rechnungslegung verbunden ist (OLG Düsseldorf, OLGR 1995, 192; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Auflage 2007, Rn. 4467; Zöller/Herget, aaO, § 3 Rn. 16 Stichwort "Rechnungslegung").

Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Nach der Klagebegründung ist die Beklagte als Testamentsvollstreckerin über den Nachlass des am 1. Juni 2007 verstorbenen Herrn U tätig. Sie hat nach den Angaben des Klägers "die selbstverständlichen Verpflichtung, den Erben unaufgefordert die erforderlichen Nachrichten über die Testamentsvollstreckertätigkeiten zukommen zu lassen, nicht erfüllt." Allein aus diesem Grunde ist die Klage erhoben worden, um - wie es in der Klageschrift heißt - dem Kläger "Nachrichten und Kenntnisse zu verschaffen, damit er die rechtliche und tatsächliche Situation des Nachlasses richtig und vollständig beurteilen kann." Damit dient die Klage nach dem mit der Klageschrift aufgezeigten Interesse nicht der Vorbereitung einer beabsichtigten Leistungsklage, sondern ausschließlich der Erfüllung einer nach der Auffassung des Klägers bestehenden Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung.

Dieses Interesse an der Auskunftserteilung bzw. Rechnungslegung ist an dem Aufwand zu messen, der für ihre Erteilung erforderlich war. Den Zeitaufwand für die Erstellung der Auskunft bzw. Rechnungslegung sowie für die Mitteilung, wie die Instandsetzungsrücklage angelegt worden ist, schätzt der Senat mangels gegenteiliger Angaben auf 1 bis 2 Zeitstunden. Da auch nicht ersichtlich ist, dass mit der Erteilung der Auskünfte bzw. der Rechnungslegung besondere weitere Kosten verbunden sind, ist das Interesse des Klägers und damit auch der Streitwert auf bis zu 300,00 € zu bemessen.

b)

Jedoch ist sowohl das Landgericht als auch der Senat gehindert, den Streitwert für das Klageverfahren entsprechend festsetzen. Denn einer solchen Entscheidung steht die Bindungswirkung der Wertfestsetzung durch das Amtsgericht entgegen. Das Amtsgericht Köln hat durch Beschluss vom 25. November 2008 den Streitwert für die Zuständigkeit sowie für das Verfahren auf über 5.000,00 € festgesetzt und anschließend den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht verwiesen. Diese Wertfestsetzung ist gem. §§ 62 S. 1, 63 Abs. 2 GKG nunmehr für die Berechnung der Gebühren maßgeblich und bindend (vgl. allgemein Senat, Rpfleger 1974, 22; Senat, JurBüro 1975, 1354; OLG Köln [12. Zivilsenat] OLGR 2000, 78; KG, MDR 1959, 136; OLG Dresden OLGR 2008, 42; OLG Frankfurt, MDR 1964, 246; OLG Koblenz OLGR 2005, 602; OLG Saarbrücken, JurBüro 1965, 643; Schneider, MDR 1992, 218). Der Sinn dieser Vorschriften besteht darin, widersprechende Streitwertfestsetzungen zu vermeiden, wenn und soweit die Streitwertfestsetzung für die Zuständigkeit des Gerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels einerseits und für die Gebührenberechnung andererseits nach denselben Vorschriften zu erfolgen hat. Dadurch soll vermieden werden, dass in derselben Angelegenheit Gebühren nach einen höheren oder auch niedrigeren Wert als dem für die Zuständigkeit bzw. Zulässigkeit des Rechtsmittels für maßgeblich erachteten Streitwert berechnet werden (OLG Köln [12. Zivilsenat] OLGR 2000, 78).

Die Bindungswirkung der amtsgerichtlichen Streitwertfestsetzung besteht allerdings nur in Höhe des Grenzwertes für die Zuständigkeit; eine Bezifferung des verweisenden Gerichts ist darüber hinaus nicht bindend, weil davon die Zuständigkeit nicht abhängt (Senat, Rpfleger 1974, 22; JurBüro 1975, 1354; OLG Köln [12. Zivilsenat] OLGR 2000, 78; OLG Celle NJW 1957, 1640; OLG Frankfurt JurBüro 1964, 206; OLG München MDR 1988, 973; Schneider, MDR 1992, 218). Die von dem Amtsgericht vorgenommene "Festsetzung" des Zuständigkeitsstreitwertes ist von Amts wegen und deshalb von dem Senat im Beschwerdeverfahren auch ohne entsprechende Rüge zu berücksichtigen. Die Bindungswirkung für den Gebührenstreit entfällt auch nicht deshalb, weil die Festsetzung des Amtsgerichts, wie vorstehend aufgezeigt, fehlerhaft ist.

3.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die Regelung des § 68 Abs. 3 GKG nicht veranlasst. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt gemäß den §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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