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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 19.04.2000
Aktenzeichen: 2 W 28/00
Rechtsgebiete: ZPO, StPO


Vorschriften:

ZPO § 793 Abs. 2
ZPO § 568 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 807 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 807 Abs. 3
ZPO § 807 Abs. 1
ZPO § 901
ZPO § 900 Abs. 4
ZPO § 97 Abs. 1
StPO § 229 Abs. 2
StPO § 153 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 28/00 10 T 279/99 Landgericht Köln 282 M 1237/99

Amtsgericht Köln

In der Zwangsvollstreckungssache

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger, des Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn und der Richterin am Oberlandesgericht Scholz am 19. April 2000

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers vom 26. Januar 2000 wird der Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 4. Januar 2000 - 10 T 279/99 - geändert und wie folgt neu gefaßt :

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers im Verfahren der Erstbeschwerde, des Herrn M.O., vom 27. Oktober 1999 gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Köln vom 13. Oktober 1999 - 282 M 1237/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der Erstbeschwerde und des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Beschwerdeführer des Verfahrens der Erstbeschwerde, Herr M.O., zu tragen.

Gründe

Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers ist gemäß § 793 Abs. 2 ZPO statthaft und in rechter Frist (§§ 577 Abs. 2, 793 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden. Auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist erfüllt: Der Gläubiger wird durch den angefochtenen Beschluß des Landgerichts neu und selbständig beschwert, weil die Zivilkammer den von ihm erwirkten Haftbefehl des Amtsgerichts Köln vom 13. Oktober 1999 aufgehoben hat.

Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Das Landgericht hat den genannten Haftbefehl zu Unrecht aufgehoben. Der Beschwerdeführer des Verfahrens der Erstbeschwerde, Herr M.O., ist verpflichtet, für die Schuldnerin die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben.

Die Voraussetzungen für die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung gemäß § 807 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO liegen vor. Wie der Gläubiger mit dem Antrag auf Erlaß eines Haftbefehls - unwidersprochen - vorgebracht hat und sich zudem aus dem unangefochten gebliebenen Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 8. Juni 1999 - 282 M 7235/99 - ergibt, ist die Durchsuchung der Geschäftsräume der Schuldnerin zum Zwecke der Zwangsvollstreckung aus dem von dem Gläubiger gegen sie erwirkten Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Oktober 1998 - 7 U 21/98 - verweigert worden.

Für eine juristische Person ist die eidesstattliche Offenbarungsversicherung gemäß § 807 Abs. 1 und 3, 900 ZPO von ihrem gesetzlichen Vertreter abzugeben. Im hier gegebenen Fall der Zwangsvollstreckung gegen eine Aktiengesellschaft ist daher der Vorstand offenbarungspflichtig (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 807, Rdn. 9, 10). Dabei trifft diese Pflicht grundsätzlich diejenige Person, die im Zeitpunkt des für die Vorlage des Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der Offenbarungsversicherung bestimmten Termins ihr gesetzlicher Vertreter ist (vgl. OLG Hamm, ZIP 1984, 1482 [1483]= OLGZ 1985, 227 [228]; OLG Schleswig, Rpfleger 1979, 73; LG Aschaffenburg, DGVZ 1998, 75; LG Nürnberg-Fürth, DGVZ 1996, 139 f; Schneider, MDR 1983, 724 [725]; Zöller/Stöber, a.a.O., § 807, Rdn. 8). Vorliegend hat der Beschwerdeführer M.O. nach dem von ihm in Kopie zur Akte gereichten Schreiben vom 1. September 1999 an den Aufsichtsrat der Schuldnerin sein Amt als Vorstand der Gesellschaft am Tage vor dem für die Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung bestimmten Termin niedergelegt, und am Tage dieses Termins ist nach der gleichfalls in Kopie zur Akte gereichten Niederschrift über die Sitzung des Aufsichtsrats der Schuldnerin vom 2. September 1999 Herr M. J. J. B. zum neuen Vorstand der Gesellschaft bestellt worden.

Indes bleibt, wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, der ausgeschiedene gesetzliche Vertreter einer juristischen Person dann zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn er das Amt niedergelegt hat, um sich der Verpflichtung zur Abgabe dieser Versicherung zu entziehen (vgl. Senat, OLGZ 1991, 214 [215]; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Stuttgart, OLGZ 1984, 177 [178]; LG Aschaffenburg, a.a.O.; Schneider, a.a.O.; Zöller/Stöber, a.a.O., § 807, Rdn. 8 mit weit. Nachw.). So liegt es hier. Davon ist der Senat - entgegen der Auffassung des Landgerichts - aufgrund der tatsächlichen Umstände des Streitfalls überzeugt (§ 286 ZPO).

Hierfür spricht der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Niederlegung des Amts durch Erklärung vom 1. September 1999 und die Hauptversammlung der Schuldnerin am selben Tage unter Verzicht auf sämtliche Formen und Fristen einerseits sowie den auf den nächsten Tag, den 2. September 1999 anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung andererseits (vgl. OLG Hamm, a.a.O., ZIP 1984, 1482 [1483]). Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe das Amt als Vorstand der Gesellschaft wegen der zeitlichen Belastung durch die Hauptverhandlung vor der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Köln (109-7/94) niedergelegt, für die nach den Angaben des Vorsitzenden der Strafkammer mit rund 250 Verhandlungstagen, darunter 115 im Jahre 1999 zu erwarten stand, steht in Widerspruch dazu, daß er sein Amt nicht in der Zeit vom Beginn dieser Hauptverhandlung am 13. Januar 1999 bis zur Unterbrechung der Verhandlung für den Zeitraum von rund einem Monat nach § 229 Abs. 2 StPO (ab 31. August 1999), sondern erst ab dem Zeitpunkt dieser Unterbrechung und damit unmittelbar vor dem - auf Antrag des Beschwerdeführers - auf den 2. September 1999 vertagten zweiten Termin zur Abgabe der Offenbarungsversicherung niedergelegt hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß und warum der Beschwerdeführer in der Zeit bis zum 31. August 1999 noch in der Lage gewesen sein soll, trotz der Notwendigkeit der Teilnahme an der Hauptverhandlung des gegen ihn geführten Strafverfahrens wahrzunehmen, während dies ab dem ersten Tag, an dem die Hauptverhandlung für knapp einen Monat unterbrochen war, nicht mehr der Fall gewesen sein soll, sind weder dargetan oder sonst ersichtlich. Die Einlassung des Beschwerdeführers, er hätte bis August 1999 mit einer alsbaldigen Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 a StPO rechnen und erst danach - wenige Wochen, ehe das Verfahren tatsächlich eingestellt worden ist - eine solche Einstellung nicht mehr erwarten können, steht in Widerspruch zu der von dem Beschwerdeführer selbst angeführten Ankündigung des Vorsitzenden der Strafkammer über die voraussichtliche Dauer des Verfahrens. Dafür, daß nicht die Belastung durch das Strafverfahren, sondern der Wunsch, der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung zu entgehen, der Grund für die Niederlegung des Amts als Vorstand war, spricht zudem, daß diese Niederlegung und - unter Mitwirkung des Beschwerdeführers als des einzigen Aktionärs der Schuldnerin - die Maßnahmen zur Bestellung eines neuen Aufsichtsrats und eines neuen Vorstandes am Tage vor dem Termin zur Abgabe der Offenbarungsversicherung ersichtlich in Eile unter Verzicht auf alle Formen und Fristen der Ladung erfolgt ist, ohne daß - da der Zeitraum der Unterbrechung der Hauptverhandlung gerade erst begonnen hatte - diese Unterbrechung Anlaß für diese Eile bot. Der Beschwerdeführer bliebt damit trotz der Niederlegung seines Amtes zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung für die Schuldnerin mit der Folge verpflichtet, daß das Amtsgericht zu Recht gegen ihn nach § 901 ZPO die Haft zur Erzwingung der Abgabe dieser Offenbarungsversicherung angeordnet hat.

Einen Widerspruch nach § 900 Abs. 4 ZPO mit der Folge, daß er erst nach dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über diesen Widerspruch zur Abgabe der Offenbarungsversicherung verpflichtet gewesen wäre und deshalb zuvor gegen ihn auch kein Haftbefehl hätte erlassen werden können, hat der Schuldner nicht eingelegt. Ein solcher Widerspruch kann nur in dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erhoben werden; ein bloß schriftlicher Widerspruch ist dagegen unbeachtlich und hindert dann, wenn - wie hier - die erhobenen Einwendungen gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung nicht berechtigt sind, den Erlaß und die Bestätigung eines Haftbefehls zur Erzwingung ihrer Abgabe nicht (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 900, Rdn. 22). Der Termin am 2. September 1999, zu dem der Beschwerdeführer ordnungsgemäß geladen worden war und den er versäumt hat, ist auch nicht aufgehoben worden. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei mit dem Gerichtsvollzieher - im Rahmen eines Telefonats - übereingekommen, daß er zu dem Termin am 2. September 1999 nicht zu erscheinen brauche, trifft ausweislich des Vermerks in den Handakten des Gerichtsvollziehers nicht zu.

Die sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Köln muß daher unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert : DM 3.000,-- (§ 57 Abs. 2 Nr. 4 BRAGO in entsprechender Anwendung)



Ende der Entscheidung

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