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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 23.01.2006
Aktenzeichen: 2 W 4/06
Rechtsgebiete: GKG, GG


Vorschriften:

GKG § 7 Abs. 1
GKG § 9 Abs. 2
GKG § 62 Abs. 1
GKG § 66 Abs. 4
GKG § 72 Nr. 3
GG Art. 101 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 4/06

In dem Zwangsversteigerungsverfahren

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Göbel als Einzelrichter

am 23. Januar 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 23. November 2005 wird der Beschluss des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 9. September 2005 - 3 T 279/05 - aufgehoben. Die Sache wird an den zuständigen Einzelrichter des Beschwerdegerichts zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 16. Juni 2005 zurückverwiesen.

Gründe:

Die weitere Beschwerde, der das Landgericht durch Beschluss vom 10. Januar 2006 nicht abgeholfen hat, ist zulässig und hat auch in der Sache (vorläufig) Erfolg, weil das Beschwerdegericht nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen ist.

1. Das Rechtsmittel ist gemäß des - vorliegend anwendbaren - § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG n.F. statthaft, weil das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Fragen zugelassen hat.

a) Die genannte Vorschrift des § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG mit der hierin - abweichend von dem früheren Recht (vgl. § 5 Abs. 1 und 2 GKG a.F.) - vorgesehenen Möglichkeit einer weiteren Beschwerde zum Oberlandesgericht (§ 66 Abs. 4 Satz 3 GKG) ist hier anwendbar, obwohl der das Verfahren einleitende Zwangsversteigerungsantrag der E GmbH bereits im März 2004 bei dem Amtsgericht eingegangen und das Verfahren damit bereits vor dem in der Übergangsbestimmung des § 72 Nr. 1 GKG genannten Stichtag (1. Juli 2004) anhängig geworden ist. Gemäß der Spezialvorschrift des § 72 Nr. 3 GKG kommt es nämlich u.a. in Verfahren der Zwangsversteigerung für die Frage des anwendbaren Rechts nicht auf die Anhängigkeit, sondern darauf an, ob die Kosten vor dem 1. Juli 2004 fällig geworden sind. Bei einer erst später eintretenden Fälligkeit findet das neue Kostenrecht Anwendung. So liegt - ausweislich der Feststellungen des Landgerichts in dem angegriffenen Beschluss - der Fall hier. Hiernach soll in dem gegenüber dem Beschwerdeführer geltend gemachten Kostenbetrag in Höhe von insgesamt 1.269,93 € eine 1/2 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 2211 des KV zum GKG in Höhe von 1.178,00 €, Gutachterauslagen gemäß Nr. 9005 des KV zum GKG in Höhe von 1.200,61 € sowie Veröffentlichungskosten in Höhe von 52,16 € gemäß Nr. 9004 des KV zum GKG enthalten sein, wobei "die Summe im Hinblick auf die Firma E GmbH als weiteren Kostenschuldner halbiert" worden sei. Fällig wurden diese Gebühren bzw. Auslagen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 GKG (Verfahrensgebühr) sowie gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 5 GKG (Auslagen) erst mit der Aufhebung des Zwangsversteigerungsverfahrens durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 29. Dezember 2004 und damit nach dem Stichtag des 1. Juli 2004.

b) Die von dem Landgericht ausgesprochene Zulassung der weiteren Beschwerde ist ungeachtet der Frage wirksam, ob der Einzelrichter überhaupt anstelle des Kollegiums zur Entscheidung berufen war oder vielmehr das Verfahren gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG auf die Kammer hätte übertragen werden müssen. Ein hierin etwaig liegender Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters gemäß Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. hierzu unten zu 3.) würde die Wirksamkeit der Zulassung der weiteren Beschwerde nicht berühren. Insoweit finden nach Auffassung des Senats dieselben Grundsätze Anwendung, die der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch den Einzelrichter des Beschwerdegerichtes gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO entwickelt hat (vgl. hierzu grundlegend BGH NJW 2003, 1254; BGH NJW-RR 2003, 936; BGH NJW 2003, 3712). Angesichts der weitgehend identischen Formulierungen in den §§ 574 Abs. 1, Abs. 2, 568 ZPO einerseits und den - hier maßgeblichen - §§ 66 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 und 2 sowie Satz 4 GKG andererseits gibt es für eine unterschiedliche Behandlung der identischen Rechtsfragen keine Grundlage. Auch die Zulassung einer - nicht kraft Gesetzes ausgeschlossenen - Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist ungeachtet dessen wirksam, ob der Einzelrichter wegen der Vorschrift des § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO überhaupt anstelle des Kollegiums entscheiden durfte. Der Senat ist deshalb an eine entsprechende Zulassung der weiteren Beschwerde im Sinne des § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG ebenso gebunden wie der Bundesgerichtshof bei der Zulassung einer Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Da der Beteiligte zu 2) die nunmehrige weitere Beschwerde auch entsprechend den Vorschriften des § 66 Abs. 5 Satz 4 GKG bei dem Landgericht eingelegt hat und die weitere Beschwerde keiner Frist unterliegt, ist sie insgesamt als zulässig anzusehen.

2. Zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen ist gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz GKG der zuständige Einzelrichter des Senats, da auch die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde. Darauf, ob das Landgericht überhaupt befugt war, durch den Einzelrichter zu entscheiden, kommt es für die Besetzung des Gerichts der weiteren Beschwerde nicht an. Die Voraussetzungen für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat (vgl. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG) liegen nicht vor, da die angegriffene Entscheidung bereits aus formellen Gründen (Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters) aufzuheben ist und die sich insoweit stellenden Fragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung eindeutig geklärt sind. Die Sache weist deshalb keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, und die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

3. Die angefochtene Entscheidung unterliegt der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Auch insoweit gelten die Grundsätze entsprechend, die der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung durch den Einzelrichter aufgestellt hat (vgl. auch hierzu grundlegend BGH NJW 2003, 1254; BGH NJW-RR 2003, 936 sowie BGH NJW 2003, 3712).

a) Ebenso wie ein Einzelrichter, der einer Beschwerde im Sinne der §§ 567 ff. ZPO grundsätzliche Bedeutung beimisst, die Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer bzw. dem mit drei Richtern besetzten Senat übertragen muss, hat gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG auch der Einzelrichter, der über eine Beschwerde gemäß § 66 Abs. 2 GKG zu entscheiden hat, das Verfahren der Kammer oder dem Senat zu übertragen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Unterbleibt eine derartige Übertragung und entscheidet der Einzelrichter unter gleichzeitiger Zulassung der Rechtsbeschwerde über die (Erst)-Beschwerde selbst, ist dieser Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters von dem Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten.

b) § 66 Abs. 6 Satz 4 GKG (identisch mit § 568 Satz 3 ZPO), wonach auf eine erfolgte oder unterlasse Übertragung ein Rechtsmittel nicht gestützt werden kann, steht einer Berücksichtigung der Verletzung von Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht entgegen. Die Entscheidung eines Einzelrichters, in der trotz der von dem Richter bejahten Grundsätzlichkeit entgegen § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG bzw. entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO unter Verstoß gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters von einer Übertragung des Verfahrens auf die voll besetzte Kammer abgesehen und die Rechtsbeschwerde zugelassen wird, wird von den Ausschlussvorschriften der §§ § 66 Abs. 6 Satz 4 GKG und § 568 Satz 3 ZPO nicht erfasst. Es kann nicht Sinn dieser Vorschriften sein, bei der Verletzung des Verfahrensgrundrechtes auf den gesetzlichen Richter eine andernfalls nur im Wege der Verfassungsbeschwerde mögliche Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht auszuschließen (vgl. zu § 568 Satz 3 ZPO nur BGH NJW 2003, 1254).

c) Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter, der den angefochtenen Beschluss erlassen hat. Eine Zurückverweisung an die Kammer kommt nicht in Betracht. Vielmehr wird der Einzelrichter die Entscheidung über die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 2) erst dann auf die Kammer zu übertragen haben, wenn er nach erneuter Prüfung der Rechtssache weiterhin grundsätzliche Bedeutung beimisst (vgl. hierzu BGH NJW-RR 2003, 936 zu der Parallelproblematik der Zurückverweisung bei einer Zulassung der Rechtsbeschwerde im Sinn des § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO durch einen Einzelrichter).

4. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Höhe und die Zusammensetzung der dem Beschwerdeführer auferlegten Kosten in Höhe von 1.269,93 € erläuterungsbedürftig ist. Die in dem angegriffenen Beschluss aufgeführten Gebühren bzw. Auslagen belaufen sich in der Summe auf einen Betrag in Höhe von 2.430,77 € (1.178,00 € Verfahrensgebühr + 1.200,61 € Gutachterauslagen + 52,16 € Veröffentlichungskosten). Da die Summe im Hinblick auf die Firma E GmbH halbiert werden soll, ergibt sich rechnerisch ein Betrag in Höhe von 1.215,39 € und nicht von 1.269,93 €. Unabhängig davon sind in der Kostenrechnung vom 2. Februar 2005 (vgl. Bl. I d.A.) weitere Gebühren und Auslagen aufgeführt, ohne dass deutlich wird, ob und wenn ja in welchem Umfang auch diese Kosten in der vom Landgericht als zutreffend angesehenen Summe von 1.269,93 € enthalten sind. Soweit es um die (nur) in der Kostenrechung, nicht jedoch in dem angegriffenen Beschluss aufgeführte Gebühr in Höhe von 50,00 € für den Beitritt des Beschwerdeführers zu dem Zwangsversteigerungsverfahren geht, dürfte der Hinweis auf Nr. 2210 des KV GKG (erg.: n.F.) unzutreffend sein. Da das Amtsgericht bereits durch Beschluss vom 24. Juni 2004 den Beitritt des Beschwerdeführers zugelassen hatte, war die insoweit anfallende Gebühr bereits zu diesem Zeitpunkt gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. fällig. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 72 Nr. 3 GKG findet deshalb hinsichtlich dieser Gebühr auch noch das GKG a.F. Anwendung (vgl. Nr. 5210 KV GKG a.F.), wie dies auch aus handschriftlich mit grünem Kugelschreiber verfassten Anmerkungen hervorgeht, die sich auf der Kostenrechnung befinden, ohne dass allerdings die Zuordnung dieser Anmerkungen an eine konkrete Person möglich wäre. Wenn die Gebühr für den Beitritt in den von dem Landgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Kostenbetrag ganz oder teilweise enthalten wäre, hätte dies auch Bedeutung für die Statthaftigkeit möglicher Rechtsbehelfe betreffend diese Gebühr. Nach altem Recht (§ 5 Abs. 2 GKG a.F.) war eine weitere Beschwerde gegen eine Beschwerdeentscheidung des Landgerichts nicht statthaft. Hieran könnte auch eine etwaig gleichwohl erfolgte Zulassung der weiteren Beschwerde nichts ändern, da eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht durch den Ausspruch eines Gerichts der Anfechtung unterworfen werden kann (vgl. BGH FamRZ 1984, 669; BGH NJW 2002, 3554; BGH NJW 2003, 3565; BGH NJW 2003, 1531).

Ende der Entscheidung

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