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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 14.04.2000
Aktenzeichen: 2 W 65/00
Rechtsgebiete: InsO, ZPO, GKG, KO


Vorschriften:

InsO § 26 Abs. 1
InsO § 4
InsO § 7 Abs. 3
InsO § 7 Abs. 1
InsO § 7 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 91
ZPO § 99
ZPO § 99 Abs. 1
ZPO §§ 91 ff
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 319 Abs. 1
GKG § 58 Abs. 2
GKG § 50
GKG § 54
KO § 107 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 65/00 9 T 43/00 Landgericht Dortmund 251 IK 28/99

Amtsgericht Dortmund

In dem Verfahren betreffend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

über das Vermögen des am 14. April 1966 geborenen Herrn pp.

an dem hier beteiligt sind

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln

unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäger, des Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn und der Richterin am Oberlandesgericht Scholz am 14. April 2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 24. Februar 2000 gegen den Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 27. Januar 2000 - 9 T 43/00 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.

Gründe

1. Der Gläubiger hat mit einem bei dem Amtsgericht am 13. August 1999 eingegangenen Schriftsatz vom 22. Juli 1999 beantragt, das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zu eröffnen. Nachdem der von dem Amtsgericht beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten vom 8. November 1999 zu dem Ergebnis gekommen war, daß eine die Kosten des Verfahrens deckende Vermögensmasse nicht vorhanden sei, hat das Amtsgericht den Beteiligten mit Verfügung vom 11. November 1999 Gelegenheit gegeben, innerhalb von zwei Wochen seit der Zustellung dieser Verfügung einen Kostenvorschuß in Höhe von DM 3.500,-- zu entrichten, und angekündigt, den Eröffnungsantrag nach § 26 Abs. 1 InsO abzuweisen, wenn der Vorschuß nicht gezahlt werden sollte. Durch Beschluß vom 9. Dezember 1999 hat das Amtsgericht den - so wörtlich - "Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mangels Masse abgewiesen" und ausgesprochen, die Kosten des Verfahrens trage "die antragstellende Gläubigerin". Die Entscheidung in der Sache hat das Amtsgericht damit begründet, daß bei dem Schuldner zwar ein Eröffnungsgrund vorliege, sein Vermögen aber voraussichtlich nicht ausreichen werde, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. Die Kostenentscheidung ist auf die §§ 4 InsO, 91 ZPO sowie auf die §§ 58 Abs. 2, 50, 54 GKG gestützt.

Gegen die Kostenentscheidung des ihm am 15. Dezember 1999 zugestellten Beschlusses vom 9. Dezember 1999 hat der Gläubiger mit einem am 27. Dezember 1999 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, und zwar mit der Formulierung, das Rechtsmittel richte sich "gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Dortmund vom 09.12.1999". Der Gläubiger hat beanstandet, die Kostenentscheidung des Beschlusses vom 9. Dezember 1999 sei unzutreffend. Da ein Insolvenzgrund gegeben und der Insolvenzantrag lediglich wegen Massearmut abgelehnt worden sei, habe er, der Gläubiger, in der Sache voll obsiegt, so daß nicht ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt werden könnten.

Dieses Rechtsmittel hat das Landgericht Dortmund durch Beschluß vom 27. Januar 2000 gemäß § 99 ZPO als unzulässig verworfen, weil sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts richte. § 99 ZPO sei gemäß § 4 InsO auch im Insolvenzverfahren anwendbar.

Gegen diesen ihm am 15. Februar 2000 zugestellten Beschluß wendet sich der Gläubiger mit der am 25. Februar 2000 bei dem Landgericht eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde, verbunden mit dem Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels. Der Gläubiger meint, das Landgericht habe die Beschwerde zu Unrecht als unzulässig verworfen. Mit der besonderen Natur des Insolvenzverfahrens sei die Anwendung des § 99 ZPO im Falle der Abweisung einer Antragseröffnung mangels Masse nicht zu vereinbaren.

2. Der Senat läßt die weitere Beschwerde zu. Das Rechtsmittel ist indes nicht begründet.

a) Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 7 Abs. 3 InsO in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. November 1998 über die Zusammenfassung der Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen (GVBl. NW 1998, 550 = NZI 1999, 66) zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Gläubigers gegen den Beschluß des Landgerichts Dortmund vom 27. Januar 2000 berufen.

b) Die Voraussetzungen der Zulassung der - fristgerecht eingelegten - weiteren Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 InsO sind erfüllt. Der Gläubiger macht geltend, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer Verletzung des Gesetzes, und ihre Nachprüfung ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, weil die Rechtsfrage, ob § 99 Abs. 1 ZPO im Insolvenzverfahren anzuwenden ist, grundsätzliche Bedeutung hat.

c) Die weitere Beschwerde ist indes nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 7 Abs. 1 Satz 2 InsO, 550 ZPO).

Das Landgericht hat die Erstbeschwerde des Gläubigers zu Recht als unzulässig verworfen. Dieses Rechtsmittel richtete sich - entgegen der Formulierung des Einleitungssatzes der Beschwerdeschrift vom 23. Dezember 1999, wonach ein (im Verfahren bis dahin nicht ergangener) "Kostenfestsetzungs-beschluß" angefochten werden sollte, - ausweislich der Begründung des Rechtsmittels allein gegen die Kosten(grund)entscheidung des Beschlusses des Insolvenzgerichts vom 9. Dezember 1999, während die Entscheidung des Insolvenzgerichts in der Hauptsache, die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse, nicht angefochten wurde. Nach § 99 Abs. 1 ZPO ist indes die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht (zugleich) gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 99 Abs. 1 ZPO gemäß § 4 InsO auch im Insolvenzverfahren anzuwenden. Die Insolvenzordnung enthält - ebenso wie die Konkursordnung (vgl. dazu BGH KTS 1961, 172 [173]; LG Köln, KTS 1956, 127 [128]; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl. 1994, § 107, Rdn. 5 e) - keine Bestimmungen über die Kosten des Verfahrens. Gemäß § 4 Abs. 1 InsO sind daher die Bestimmungen der §§ 91 ff ZPO entsprechend anzuwenden (vgl. Becker in: Nerlich/Römermann, InsO, 1999, § 4, Rdn. 27; Goetsch in: Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO, 1998, § 4, Rdn. 12; Kirchhof in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 1999, § 4, Rdn. 8; Prütting in: Kübler/Prütting, InsO, Stand: Nov. 1999, § 4, Rdn. 9; Schmerbach in: Frankfurter Kommentar zur InsO, 2. Aufl. 1999, § 4, Rdn. 9; Smid, InsO, 1999, § 4, Rdn. 9; vgl. auch LG Essen, ZInsO 2000, 47 [48]). Entsprechend anwendbar ist somit auch § 99 Abs. 1 ZPO, der die isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung im Regelfall - sofern das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt - ausschließt.

Der Zweck der Bestimmung des § 99 Abs. 1 ZPO steht ihrer entsprechenden Anwendung im Insolvenzverfahren weder generell, noch in dem - hier gegebenen - Fall der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 26 Abs. 1 InsO entgegen. Durch den Ausschluß der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung soll verhindert werden, daß das Rechtsmittelgericht bei ihrer Nachprüfung inzidenter auch die Grundlagen der - nicht angefochtenen und daher auch nicht abänderbaren - Entscheidung in der Hauptsache überprüfen müßte und so in einem Verfahren widersprüchliche Beurteilungen und Entscheidungen derselben Frage Bestand haben könnten (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1997, 707; OLG Hamm, MDR 1985, 590; Baumbach/Lauterbach/ Hartmann, ZPO, 58. Aufl. 2000, § 99, Rdn. 3; Belz in: Münchener Kommentar zur ZPO, 1992, § 99, Rdn. 1; Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 99, Rdn. 1). Entgegen der Auffassung der weiteren Beschwerde wäre diese Gefahr auch im Fall der Möglichkeit einer isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung bei Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 26 Abs. 1 InsO mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse gegeben. Das Beschwerdegericht müßte dann nämlich jedenfalls nachprüfen, ob das Insolvenzgericht den Antrag zu Recht abgelehnt und zutreffend festgestellt hat, daß eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden und ein Vorschuß nicht gezahlt worden ist. Erst recht bestünde die Gefahr, daß sich die Entscheidungen des Insolvenzgerichts zur Hauptsache und die des Beschwerdegerichts (allein) über den Kostenpunkt in der Beurteilung derselben, die jeweiligen Entscheidungen tragenden Frage widersprechen könnten, dann, wenn das Beschwerdegericht der Auffassung des Gläu-bigers folgen sollte, im Falle der Ablehnung der Eröffnung des Verfahrens aus den Gründen des § 26 Abs. 1 InsO habe der Schuldner die Kosten zu tragen. Das Beschwerdegericht müßte dann nämlich auch feststellen, ob der Eröffnungsgrund gegeben war, was gegebenenfalls - unter besonderen Umständen - auch die Feststellung des Bestehens der Forderung des Gläubigers erforderlich machen kann (vgl. Senat, NZI 2000, 130 [132]; Kirchhof in: Heidelberger Kommentar, a.a.O., § 14, Rdn. 12), und ob der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst das Fehlen einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse entgegen stand, weil nur dann eine Belastung des Schuldners mit den Kosten des im Ergebnis erfolglosen Eröffnungsantrages eines Gläubigers überhaupt in Betracht kommt. Damit wäre die Gefahr gegeben, daß die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse mit den Folgen nach § 26 Abs. 2 InsO rechtskräftig und im Falle, daß der Schuldner eine juristische Person ist, diese mit dem Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung aufgelöst (§§ 262 Abs. 1 Nr. 4, 289 Abs. 2 Nr. 1 AktG; § 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG; § 81 a Nr. 1 GenG) würde, während das Beschwerdegericht bei der Überprüfung der Kostenentscheidung zu dem Ergebnis gelangt, es habe schon an einem Insolvenzgrund gefehlt, so daß der Antrag schon deshalb ohne die genannten Folgen hätte abgelehnt werden müssen. Gerade der Gefahr derartiger Widersprüche will § 99 Abs. 1 ZPO begegnen, so daß die Vorschrift gemäß § 4 InsO entsprechend auch im Insolvenzverfahren anwendbar ist.

Die Erstbeschwerde des Gläubigers gegen die Kostenentscheidung im Beschluß des Amtsgerichts vom 9. Dezember 1999 war auch nicht als außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzwidrigkeit statthaft. Eine solche außerordentliche Beschwerde kommt - wenn überhaupt - nur dann in Betracht, wenn die Entscheidung der Vorinstanz jeder Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist (vgl. BGHZ 109, 41 [43]; BGH NJW 1997, 3318; Senat, NZI 1999, 415 [416]; Senat, NZI 2000, 130 [132]). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Beschluß des Amtsgerichts vom 9. Dezember 1999 ist zwar im Ausspruch zur Hauptsache offensichtlich unrichtig, weil dort "der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens" abgewiesen wird, obwohl nicht der Schuldner, sondern der Gläubiger den Insolvenzantrag gestellt hatte. Dabei handelt es sich jedoch um einen erkennbaren Schreibfehler, der nach der im Insolvenzverfahren gemäß § 4 InsO entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 319 Abs. 1 ZPO (vgl. Kirchhof in: Heidelberger Kommentar, a.a.O., § 4, Rdn. 15; Schmerbach in Frankfurter Kommentar, a.a.O., § 4, Rdn. 18) jederzeit berichtigt werden kann und der sich zudem auf die Kostenentscheidung des Beschlusses vom 9. Dezember 1999 nicht ausgewirkt hat. Diese Kostenentscheidung selbst ist nicht in dem genannten Sinne greifbar gesetzwidrig. Zwar sind im Schrifttum zur Konkursordnung beachtliche Gründe dafür angeführt worden, im Fall der Ablehnung des Antrages nach § 107 Abs. 1 KO mangels Masse die Kosten des Verfahrens dem Schuldner und nicht dem Gläubiger aufzuerlegen (vgl. Boetius, KTS 1964, 224 [229 f]; Delhaes, KTS 1987, 597 [605]; Kilger/K.Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl. 1997, § 103 KO, Anm.2; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 107, Rdn. 5 e; Uhlenbruck, AnwBl. 1979, 96 f; Uhlenbruck, KTS 1983, 341 [343 f]; Vallender, InVo 1997,5[6] ). Auch für das Verfahren der Insolvenzordnung wird vertreten, daß bei einer Abweisung mangels Masse die Kosten des Eröffnungsverfahrens dem Schuldner aufzuerlegen seien (vgl. Schmerbach in: Frankfurter Kommentar, a.a.O., § 26, Rdn. 68; einschränkend Kirchhof in: Heidelberger Kommentar, a.a.O., § 26, Rdn. 19). Dies macht die gegenteilige, der Entscheidung des Amtsgerichts vom 9. Dezember 1999 zugrunde liegende Rechtsauffassung indes nicht unvertretbar. Die Entscheidung, im Falle der Abweisung des Antrages eines Gläubigers mangels Masse den Gläubiger als den unterlegenen Antragsteller mit den Kosten des Eröffnungsverfahrens zu belasten, entspricht vielmehr einer gleichfalls im Schrifttum - für das Verfahren nach der Konkursordnung (vgl. Jaeger/Weber, KO, 8. Aufl. 1973, § 108, Rdn. 6 a.E.) ebenso wie für das Verfahren nach der Insolvenzordnung (vgl. Hess/ Pape, InsO und EGInsO, 1995, Rdn. 191) - vertretenen Auffassung und einer im Verfahren nach der Konkursordnung weit verbreiteten Praxis (vgl. LG Frankfurt/Main, Rpfleger 1986, 496; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O.). Für diese Auffassung kann sprechen, daß den Bestimmungen über die Verpflichtung, die Kosten des Verfahrens zu tragen, auch das Veranlassungsprinzip zugrunde liegt und daß der Gläubiger, wenn sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt wird, weil eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden und er zur Einzahlung des daher erforderlichen Vorschusses nicht bereit ist, im Ergebnis ohne Erfolg die Tätigkeit des Insolvenzgerichts veranlaßt hat.

Die weitere Beschwerde muß daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO (in Verbindung mit § 4 InsO) zurückgewiesen werden.

Beschwerdewert : bis DM 600,--



Ende der Entscheidung

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