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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 22.07.2002
Aktenzeichen: 2 W 83/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 118 Abs. 1 S. 1
ZPO § 127 Abs. 2 S. 2 n.F.
ZPO § 568 S. 1 n.F.
BGB § 816 Abs. 2
BGB § 185 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 W 83/02

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Sternal als Einzelrichter

am 22. Juli 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 7. Mai 2002 wird der Beschluß der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 22. April 2002 - 10 O 119/02 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über das Gesuch des Klägers auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

1.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4. März 2002 hat der Antragsteller Klage erhoben. Seinen Anspruch hat er unter anderem darauf gestützt, er sei Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung. Die Beklagte habe kurz vor dem Tode der Versicherungsnehmerin dem Lebensversicherer eine Bezugsrechtsänderung mit einer gefälschten Unterschrift vorgelegt, nach der sie, die Beklagte, bezugsberechtigt sei, und so die Auszahlung der Versicherungssumme an sich erreicht. Das am 12. April 2002 eingereichte Gesuch auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat das Landgericht ohne Anhörung der Antragsgegnerin mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger habe einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) nicht schlüssig dargetan, da die Versicherung durch die Auszahlung der Versicherungsleistung aufgrund der gefälschten Bezugsrechtsänderung nicht frei geworden sei. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der sofortigen Beschwerde vom 7. Mai 2002.

2.

Die sofortige Beschwerde, der das Landgericht gemäß seinem Beschluß vom 10. Mai 2002 nicht abgeholfen hat, ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F. statthaft und auch im übrigen zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§§ 569 Abs. 1 S. 1, 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) eingelegt worden. Über die Entscheidung ist gemäß § 568 S. 1 ZPO n.F. der Einzelrichter des Senats berufen, da die mit der Beschwerde angegriffene Entscheidung des Erstgerichts von einem Einzelrichter erlassen wurde und die Voraussetzungen für eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat als Beschwerdegericht (§ 568 S. 2 ZPO n.F.) nicht gegeben sind.

In der Sache hat das von dem Beschwerdeführer nicht weiter begründete Rechtsmittel (vgl. § 571 Abs. 1 ZPO n.F.) vorläufig Erfolg. Dabei läßt der Senat es dahinstehen, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gegeben sind und ob der Antragsteller eine ordnungsgemäß, insbesondere vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich der die Angabe belegenden Unterlagen zu den Akten gereicht hat.

Das Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren des Landgerichts leidet an einem schweren Verfahrensfehler, der zur Aufhebung der Sache und Zurückverweisung an den Einzelrichter der Kammer zwingt. Gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO ist regelmäßig vor der Entscheidung über die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe dem Gegner zu der angestrebten Rechtsverfolgung rechtliches Gehör zu gewähren. Die Anhörung ist zur Wahrung der Interessen des Antragsgegners geboten (vgl. dazu Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Auflage 2002, § 118 Rn. 6; MK/Wax, ZPO, 2. Auflage 2000, § 118 Rn. 6; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Auflage 2002, § 118 Rn. 2; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Auflage 2002, § 118 Rn. 2; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Auflage 2002, § 118 Rn. 2; a.A. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Auflage 1994, § 118 Rn. 8 ff.). Der Gegner steht bereits in diesem Teil des Verfahrens, in dem es jedenfalls zu einen gewissen Teil schon um dieselben tatsächlichen und rechtlichen Fragen, wie in dem späteren Klageverfahren geht, dem Antragsteller als ein Beteiligter gegenüber, dem durch das Gesetz bereits in diesem Stadium des Verfahrens das Recht eingeräumt wird, zu den Chancen des Erfolgs im künftigen Prozeß Stellung zu nehmen. Er hat hierbei ein schutzwürdiges Interesse daran, daß ein Prozeß durch die Ablehnung des Gesuchs von Prozeßkostenhilfe vermieden wird, wenn die vom Antragsteller vorgetragene Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (BayVerfGH NJW 1962, 627). Dieser Verpflichtung auf Gewährung des rechtlichen Gehörs ist, was der Senat eigenständig prüfen kann, die Kammer nicht nachgekommen. Sie hat der Beklagten keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, sondern unmittelbar nach Eingang der Unterlagen über das Prozeßkostenhilfegesuch abschließend entschieden.

Die Anhörung der Gegnerin war vorliegend auch nicht ausnahmsweise entbehrlich. Nur besondere Gründe können eine Anhörung für unzweckmäßig erscheinen lassen. So braucht der Gegner nicht angehört zu werden, wenn bereits nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers Prozeßkostenhilfe von vornherein zu verweigern ist, wenn mit dem Prozeßkostenhilfegesuch zugleich ein Eilantrag gestellt wird, dessen Erfolg von einer Überraschungswirkung abhängt, die durch vorherige Anhörung des Gegners vereitelt würde und wo sie, z.B. bei einer öffentlichen Zustellung, ihren Schutz- und Informationszweck nicht erreichen kann (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 118 Rn 3).

Keine dieser Voraussetzungen ist hier gegeben. Insbesondere kann entgegen der Ansicht des Landgerichts Prozeßkostenhilfe nicht bereits nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers von vornherein verweigert werden. Soweit der Antragsteller seinen Anspruch auf Zahlung von 387,47 € darauf stützt, der Antragsgegner habe einige Tage vor und einen Tag nach dem Tode der Verstorbenen rechtsgrundlos jeweils Auszahlungen von deren Konto vorgenommen, ist zwar der Antragsteller nicht berechtigt, Leistung an sich zu fordern; ein solcher Anspruch des Klägers kann sich nur aus seiner Stellung als (Mit-)Erbe der Verstorbenen ergeben, da der Antragsteller ausweislich des vorgelegten Erbscheins des Amtsgerichts Eschweiler vom 2. Januar 2001 zusammen mit seinem Bruder Erbe nach der am 22. Oktober 2000 verstorbenen Frau M.M. H. ist. Soweit überhaupt ein Anspruch besteht, könnte allenfalls Zahlung an die Erbengemeinschaft verlangt werden.

Eine Erfolgsaussicht kann indes derzeit hinsichtlich des mit der Klage verfolgen weitergehenden Anspruchs nicht verneint werden. Soweit die Antragsgegnerin - so der Vortrag des Antragstellers - kurz vor dem Tode der Versicherungsnehmerin dem Lebensversicherer eine Bezugsrechtsänderung vom 30. August 2000 mit einer gefälschten Unterschrift vorgelegt hat, kommen möglicherweise Ansprüche aus rechtsgrundloser Bereicherung nach § 816 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 Abs. 2 BGB und/oder aus unerlaubter Handlung in Betracht.

3.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlaßt.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F.) sind nicht gegeben, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO n.F.).

Ende der Entscheidung

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