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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 28.09.2009
Aktenzeichen: 2 W 88/09
Rechtsgebiete: AnfG, ZPO


Vorschriften:

AnfG § 2
AnfG § 3
AnfG § 4
AnfG § 5
AnfG § 6
AnfG § 11
ZPO § 916 Abs. 2
ZPO § 924
ZPO § 925
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 16.09.2009 gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10.09.2009 - 7 O 439/09 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin beantragt, der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens bis zur letztinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, über ihr - der Antragsgegnerin - Eigentum an einem Grundstück zu verfügen. Sie macht unter Glaubhaftmachung geltend, sie habe der E. GmbH einen Multifunktionskredit gewährt, zur Sicherung ihrer Ansprüche habe deren Geschäftsführer, der Vater der Antragsgegnerin, eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Dieser habe seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf seine Ehefrau, die Mutter der Antragsgegnerin, übertragen, die das Eigentum ihrerseits auf die Antragsgegnerin übertragen habe. Die Antragstellerin nimmt den Vater der Antragsgegnerin vor dem Landgericht Köln als Bürgen auf Zahlung in Anspruch und macht im vorliegenden Verfahren geltend, aufgrund der von ihm dargelegten Vermögensverhältnisse sei davon auszugehen, dass eine Zwangsvollstreckung nicht zu einer vollständigen Befriedigung führen werde. Die Erwerbsvorgänge seien anfechtbar. Die Antragsgegnerin habe die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung abgelehnt; dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt.

Sie ist jedoch unbegründet.

Mit Recht hat das Landgericht einen Verfügungsanspruch verneint.

Die Voraussetzungen eines Rückgewähranspruchs nach § 11 Anfechtungsgesetz (AnfG) sind nicht gegeben, da - noch - kein Schuldtitel vorliegt.

Im einstweiligen Verfügungsverfahren ist das Vorliegen eines vollstreckbaren Schuldtitels entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht entbehrlich. Der Senat ist mit dem Oberlandesgericht Hamm (vgl. OLGR Hamm 2002, 262; OLGR Hamm 2003, 232) der Auffassung, dass es auch zur Sicherung eines Anfechtungsanspruchs nach dem Anfechtungsgesetz durch einstweilige Verfügung eines vollstreckbaren Titels gegen den Schuldner gemäß § 2 AnfG bedarf. Der Gegenansicht (OLG München ZinsO 2008, 1213; Huber, Anfechtungsgesetz, 10. Aufl. 2006, § 2 Rz. 1, 40) ist nicht zu folgen.

Der Rückgewähranspruch ist künftig und nicht lediglich bedingt im Sinne des § 916 Abs. 2 ZPO, solange ein vollstreckbarer Schuldtitel nicht vorliegt. Es handelt sich dabei nicht lediglich um eine Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit des Anfechtungsanspruchs, sondern vielmehr um eine Voraussetzung für dessen Entstehung. Die Ansicht von Huber (aaO.), der Anfechtungsanspruch entstehe bereits mit der Vollendung eines Tatbestands der §§ 3 - 6 AnfG, überzeugt nicht. Denn die §§ 3 - 6 AnfG regeln allein, unter welchen Voraussetzungen Rechtshandlungen anfechtbar sind. Darin erschöpfen sich aber die Voraussetzungen des Anfechtungsanspruchs nicht, insbesondere ist Voraussetzung eines Anspruchs auch die Aktivlegitimation. Ebendiese ist in § 2 AnfG geregelt, und zwar unter zwei Voraussetzungen: Es muss sich um den Gläubiger des Hauptanspruchs handeln und dieser muss einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt haben. Der Regelungszusammenhang des § 2 AnfG bietet keinen Anhaltspunkt für eine Differenzierung dahingehend, dass es sich bei dem vollstreckbaren Schuldtitel anders als bei der Gläubigereigenschaft nicht um eine Voraussetzung der Aktivlegitimation, sondern lediglich um eine Voraussetzung der Durchsetzbarkeit des Anfechtungsanspruchs handelt.

Ließe man eine einstweilige Verfügung ohne Vorliegen eines Schuldtitels zu, so wäre - wie das OLG Hamm (aaO) zutreffend ausführt - nicht auszuschließen, dass der Streit über das Bestehen der Hauptforderung zwischen Gläubiger und Anfechtungsgegner auszutragen wäre. Zwar gilt dies nicht - worauf das OLG München (aaO) abstellt - für das Klageverfahren, da eine Klage bei Fehlen eines Schuldtitels abzuweisen wäre. Im einstweiligen Verfügungsverfahren hingegen wäre, insbesondere im Falle vorheriger Anhörung des Verfügungsbeklagten oder im Falle des Widerspruchs gemäß §§ 924, 925 ZPO, doch über das Bestehen des Anspruchs zu entscheiden. Unabhängig von der Frage ausreichender Glaubhaftmachung wäre im einstweiligen Verfahren zumindest eine Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des Hauptanspruchs nebst eventueller diesbezüglicher Einwendungen des Verfügungsbeklagten erforderlich. Eine Verlagerung des Streits über den Bestand des Hauptanspruchs in das Anfechtungsverfahren, an welchem nicht der Schuldner des Hauptanspruchs, sondern der Anfechtungsgegner beteiligt ist, soll § 2 AnfG aber gerade vermeiden; dieser (auch von Huber aaO., § 2 Rz. 13) anerkannte Normzweck greift im einstweiligen Verfügungsverfahren in gleichem Maße wie im Klageverfahren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Wert für das Beschwerdeverfahren: 62.500,- EUR

Ende der Entscheidung

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