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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 07.05.2003
Aktenzeichen: 2 Ws 170/03
Rechtsgebiete: StPO, BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

StPO § 111 b ff
StPO § 111 i
StPO § 111 c
StPO § 111 d
StPO § 111 h
StPO § 111 g Abs. 1
StPO § 111 g Abs. 2
StPO § 111 g Abs. 2 S. 2
StPO § 111 h Abs. 2 S. 2
StPO § 473 Abs. 1
BGB § 135
BGB § 136
BGB § 880
StGB § 73 Abs. 1
StGB § 73 Abs. 1 Satz 2
StGB § 73 Abs. 2
ZPO § 929 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 Ws 170/03 2 Ws 171/03

Tenor:

Die sofortigen Beschwerden werden verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der/die Beschwerdeführer/in zu tragen.

Gründe:

I.

Mit Urteil der 7. großen Strafkammer als Wirtschaftskammer des Landgerichts Bonn vom 22.02.2002 (27 L 7/01) wurde der Verurteilte zu 1) wegen Betrugs in drei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Urteil des Landgerichts Augsburg vom 20.05.1999 (10 KLs 501 Js 128398/95) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus wurde gegen ihn ein Berufsverbot verhängt. Die Verurteilte zu 2) wurde am gleichen Tag wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen der Strafkammer hat der Verurteilte zu 1) in den Jahren 1992 bis 1998 beim Vertrieb von Wandelschuldverschreibungen und Altobligationen einer Firma O.O.C.H. AG mit Sitz in Z., Schweiz (Fa. O.), die als Holding Beteiligungen an Unternehmen im Nahrungsmittel- und Süßwarensektor vornehmlich in Polen und den neuen Bundesländern erwarb, (Fälle 1 und 3) sowie einer Firma U. AG (Fall 2), hinter denen jeweils der anderweitig verurteilte R.V. stand, zahlreiche private Anleger darüber getäuscht, dass aus den Anlagesummen 16,5 % als Vertriebskosten an ihn bzw. sein Vertriebsunternehmen, eine Firma B.D.F. GmbH gingen und daher der O. zur Umsetzung ihrer Unternehmenspolitik nicht zur Verfügung standen. Ferner hat er bei den Anlegern den unzutreffenden Eindruck erweckt, die B.D.F. habe die Grundlagen der in den Prospekten ausgewiesenen Gewinnerwartungen, d.h. insbesondere den wirtschaftlichen Zustand der Tochterunternehmen, überprüft. Die O. wurde durch die Schweizer Bankenaufsicht, die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) im Februar 1999 zwangsliquidiert; für die betroffenen Anleger ist mit einer Quote unter 10 % zu rechnen. Die U. AG wurde ebenfalls zwangsliquidiert, das Konkursverfahren wurde am 14.03.1999 mangels Masse eingestellt. Nach den Feststellungen der Strafkammer sind insgesamt 4.768 private Anleger mit einer Anlagesumme von über 116 Millionen DM betroffen.

Die Verurteilte zu 2), die Ehefrau des Verurteilten zu 1), hat nach ähnlichem Muster über eine F.A. GmbH Wandelgenussscheine einer A. Immobilien- und Vermögensverwaltung AG, Z., Schweiz, die Eigentümerin der U. AG war, und Beteiligungen an einer P. Tiernahrung GmbH & Co KG, deren Komplementärin eine 100-%ige Tochter der O. war, vertrieben. Betroffen sind 91 Anleger mit einer Anlagesumme von knapp 1,1 Millionen DM.

Soweit die Anklage der Verurteilten zu 2) auch die Fortführung des Vertriebs der O.-Obligationen ab 01.07.1997, dem Zeitpunkt der Verhaftung des Verurteilten zu 1) in einem anderen Verfahren, vorgeworfen hat, wurde sie mangels hinreichenden Tatnachweises freigesprochen.

Im Ermittlungsverfahren ordnete das Amtsgericht Bonn mit zwei Beschlüssen vom 11.05.2000 (51 Gs 378/00) den dinglichen Arrest in das Vermögen des Verurteilten zu 1) in Höhe von 90 Millionen DM und in das Vermögen der Verurteilten zu 2) in Höhe von 27 Millionen DM an.

In Vollziehung der Arreste wurde u.a. verschiedene Forderungen gepfändet. Ferner wurden zu Gunsten des Landes Nordrhein-Westfalen Sicherungshypotheken eingetragen, nämlich am 22.05.2002 in das Grundbuch von U., Gemarkung Un., Flurstücke xxxx und xxxx in Abt. III, lfd. Nr. 7 und 8 und am 18.05.2002 in das Grundbuch von D., Teileigentum am Grundstück R.str. 1 - 5, Flurstück-Nr. xxxx/1, Grundbuchblatt xxxx, xxxx, xxxx, xxxx, xxxx, xxxx, in Abt. III, jeweils lfd. Nr. 3.

Die 7. große Wirtschaftsstrafkammer verlängerte mit Beschluss vom 22.02.2002 die Wirkung des Arrestes gegen den Verurteilten zu 1) in entsprechender Anwendung des § 111 i StPO für die Dauer von 3 Monaten ab Rechtskraft des Urteils. Das Urteil ist seit 22.02.2002 rechtskräftig, so dass die Verlängerung am 22.05.2002 endete. Von einer Verlängerung des Arrestes gegen die Verurteilte zu 2) sah die Kammer ab.

Im März und April 2002 beantragten 45 Antragsteller, darunter auch der/die Beschwerdeführer/in dieses Verfahrens, beim Amtsgericht Bonn - Ermittlungsrichter - als Geschädigte zur Zwangsvollstreckung gem. § 111 g Abs. 2 StPO in die aufgrund der Arreste gepfändeten Vermögenswerte der Verurteilten zugelassen zu werden.

Das Amtsgericht wies die Anträge durch Beschlüsse vom 05.06.2002 (51 Gs 637/02b1 - 5 1 GS 637/02 b 47) mit der Begründung zurück, dass die Anträge nicht hinreichend bestimmt seien, weil nicht erkennbar sei, in welche Vermögenswerte der Verurteilten die Zwangsvollstreckung zugelassen werden solle. Eine Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 111 g Abs. 2 StPO komme lediglich bei aufgrund § 111 c StPO beschlagnahmten Gegenständen, nicht aber bei Forderungspfändungen aufgrund dinglicher Arreste nach § 111 d StPO in Betracht.

Auf die hiergegen eingelegten Beschwerden hat die Wirtschaftsstrafkammer als Beschwerdekammer die Beschlüsse aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverweisen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass nach Erhebung der Anklage nicht mehr der Ermittlungsrichter, sondern das erkennende Gericht für die Entscheidung über den Antrag zuständig sei. Auf den Verweisungsantrag der Antragsteller vom 26.08.2002 hat das Amtsgericht die Anträge sodann der Strafkammer vorgelegt.

Diese hat durch Beschluss vom 07.11.2002 die Anträge zurückgewiesen mit der Begründung, dass sie verspätet seien. Zwar komme die Zulassung der Zwangsvollstreckung in analoger Anwendung des § 111 g Abs. 2 StPO auch bei Anordnung des dinglichen Arrestes nach § 111 d StPO in Betracht. Der Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung könne aber nur solange gestellt werden, wie auch der Arrest wirksam sei. Damit hätten die Anträge hinsichtlich der Verurteilten zu 2) bis 22.02.2002 und hinsichtlich des Verurteilten zu 1) bis 22.05.2002 bei der zuständigen Kammer eingehen müssen. Die Anträge der Beschwerdeführer seien erst nach Ablauf der oben genannten Fristen erstmals der Kammer vorgelegt worden. Der Eingang der Anträge beim unzuständigen Ermittlungsrichter reiche zur Fristwahrung nicht aus.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 19.11.2002 zugestellten Beschluss vom 07.11.2002 haben die Antragsteller dieses und der Parallelverfahren mit Schriftsatz vom 20.11.2002, eingegangen am 26.11.2002, sofortige Beschwerde eingelegt und gleichzeitig gem. § 111 h StPO beantragt, ihrer Sicherungshypothek den Vorrang vor den zugunsten des Landes Nordrhein-Westfalen eingetragenen Sicherungshypotheken einzuräumen. Das Landgericht hat diese Anträge durch Beschlüsse vom 10.12.2002 ebenfalls wegen Verspätung zurückgewiesen. Auch gegen diese, ihnen am 02.01.2003 zugestellten Beschlüsse haben die jeweiligen Antragsteller dieses und der Parallelverfahren sofortige Beschwerde eingelegt, die am 07.01.2003 bei Gericht eingegangen sind.

Sie sind der Auffassung, die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters sei gegeben. Jedenfalls müsse aber für die Einhaltung der Antragsfrist der Eingang ihrer Anträge beim Amtsgericht ausreichen.

II.

Die nach §§ 111 g Abs. 2 S. 2, 111 h Abs. 2 S. 2 StPO statthaften und auch im übrigen zulässigen sofortigen Beschwerden gegen die Versagung der Zulassung zur Zwangsvollstreckung nach § 111 g StPO (Beschluss der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 07.11.2002) und die Ablehnung der Rangänderung hinsichtlich der aufgrund der Arreste eingetragenen Sicherungshypotheken gem. § 111 h StPO (Beschluss vom 10.12.2002) sind im Ergebnis nicht begründet.

1. Zulassung zur Zwangsvollstreckung gem. § 111 g StPO

Die Strafkammer hat den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung gem. § 111 g Abs. 2 StPO im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

Die Strafkammer ist für die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung zuständig. Nach § 111 g Abs. 2 StPO entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Richter, der für die Anordnung der Beschlagnahme nach § 111 c StPO zuständig ist. Dabei kommt es nicht darauf an, wer den Beschlagnahmebeschluss erlassen hat, vielmehr ist das Gericht zuständig, welches im Zeitpunkt der Zulassung die Anordnung der Beschlagnahme zu erlassen hätte (Nack, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 4. Aufl., § 111 g Rdnr. 3; SK-Rudolphi, StPO, § 111 g Rdnr. 4). Für die Anordnung der Beschlagnahme ist nach Anklageerhebung nicht mehr der Ermittlungsrichter, sondern das mit der Sache befasste Gericht - mithin vorliegend die 7. große Strafkammer als Wirtschaftsstrafkammer - zuständig. Dies gilt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch für die Anordnung der Maßnahmen nach § 111 c StPO (Achenbach, AK-StPO, § 111 e Rdnr. 2; Schäfer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 24. Aufl., § 111 e Rdnr. 2; KK-Nack, aaO, § 111 e Rdnr. 1). Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, die Zuständigkeit für die Beschlagnahme nach § 111 c StPO - anders als die Zuständigkeit für die Beschlagnahme zur Beweissicherung - nicht mit Anklageerhebung auf das mit der Sache befasste Gericht übergehen zu lassen. Das gleiche gilt für die Anordnung des dinglichen Arrestes.

Die Strafkammer hat die Anträge auf Zulassung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Denn die Beschwerdeführer können schon deshalb nicht zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden, weil - entgegen der Auffassung der Strafkammer - § 111 g StPO auf Vermögenswerte, die aufgrund eines dinglichen Arrestes nach §§ 111 b Abs. 2 und 5, 111 d StPO sichergestellt wurden, nicht anwendbar ist. Das Gesetz sieht vielmehr das Zulassungsverfahren mit der hiermit für den Verletzten einer Straftat verbundenen Bevorzugung gegenüber anderen Gläubigern des Täters lediglich für aufgrund § 111 c StPO beschlagnahmte Gegenstände vor.

Die §§ 111 b ff StPO, die durch das Einführungsgesetz zum StGB vom 02.03.1974 in die StPO eingefügt worden sind, regeln die Sicherstellung der Vermögensvorteile, die der Täter oder Teilnehmer einer Straftat aus dieser erlangt hat, im Hinblick auf Einziehung, Verfall oder Schadloshaltung des Verletzten. Während der Verfall sich auf bestimmte Gegenstände im Vermögen des Täters oder Teilnehmers einer Straftat bezieht, die dieser aus der Straftat erlangt hat, führt der Verfall des Wertersatzes nach § 73 a StPO zu einem Zahlungsanspruch des Staates in Höhe des aus der Tat erlangten Vorteils (Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 73 a Rdnr. 13). Dementsprechend enthalten die §§ 111 b ff StPO für die Sicherstellung von Gegenständen, die der Einziehung oder dem Verfall unterliegen, und für die Sicherung des Verfalls des Wertersatzes unterschiedliche Regelungen:

Die Sicherung von Vermögensgegenständen, die dem Verfall unterliegen, erfolgt gem. §§ 111 b Abs. 1, 111 c StPO durch Beschlagnahme des konkreten, dem Verfall unterliegenden Gegenstands, während der Gesetzgeber in §§ 111 b Abs. 2, 111 d StPO für die Sicherung des aus dem Verfall von Wertersatz resultierenden Zahlungsanspruchs den dinglichen Arrest in das gesamte Vermögen des Täters vorgesehen hat.

Gem. § 73 Abs. 1 S. 2 StGB kommt die Anordnung des Verfalls nicht in Betracht, wenn dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch zusteht, dessen Erfüllung dem Täter den Wert des aus der Tat erlangten entziehen würde. Das gleiche gilt für den Verfall des Wertersatzes (LK-Schmidt, StGB, 11. Aufl., § 73 a Rdnr. 3). Auch in diesem Fall sieht das Gesetz indes die Möglichkeit der Sicherstellung durch Beschlagnahme nach § 111 c oder die Anordnung des dinglichen Arrestes nach § 111 d StPO vor, § 111 b Abs. 5 StPO. Die Sicherstellung erfolgt dann zugunsten des Verletzten als sog. Rückgewinnungshilfe, um ihm die Geltendmachung seiner Ansprüche gegen den Täter zu erleichtern (KK-Nack, StPO, 4. Aufl., § 111 b Rdnr. 18).

Die Beschlagnahme eines dem Verfall unterliegenden Vermögenswertes, die sich auf eine bewegliche (§ 111 c Abs. 1 StPO) oder unbewegliche Sache (§ 111 c Abs. 2 StPO) oder eine Forderung oder sonstiges Vermögensrecht (§ 111 c Abs. 3 StPO) beziehen kann, führt nach § 111 c Abs. 5 StPO zu einem Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 BGB und hat damit gem. §§ 136, 135 BGB u.a. die Wirkung, dass nachfolgende Vollstreckungsmaßnahmen in den Gegenstand gegenüber der Beschlagnahme relativ unwirksam sind. Dieses Veräußerungsverbot wirkt indes - dem Zweck des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB und der Rückgewinnungshilfe entsprechend - nicht gegen eine Vollstreckung oder Arrestvollziehung des Verletzten, § 111 g Abs. 1 StPO. Der Verletzte bedarf aber insoweit der Zulassung zur Zwangsvollstreckung bzw. Arrestvollziehung gem. § 111 g Abs. 2 StPO. Das Zulassungsverfahren dient dazu, die Opfer der Straftat von anderen Gläubigern zu trennen.

Die Zulassung zur Zwangsvollstreckung bewirkt zum einen, dass die Beschlagnahme die Zwangsvollstreckung bzw. Arrestvollziehung durch den Verletzten wegen seines Ersatzanspruchs gegen den Beschuldigten nicht hindert (§ 111 g Abs. 1 StPO), zum anderen aber auch, dass das aufgrund der Beschlagnahme zugunsten des Staates entstandene relative Verfügungsverbot rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Beschlagnahme auch zu seinen Gunsten gilt (§ 111 g Abs. 3 StPO), und zwar auch noch nach Aufhebung der Beschlagnahme (§ 111 g Abs. 3 S. 5 StPO). Damit wird der Verletzte einer Straftat gegenüber sonstigen Gläubigern privilegiert, die nach der Beschlagnahme, aber vor der Vollstreckung durch den Verletzten in das beschlagnahmte Vermögen vollstrecken.

Ihrem Wortlaut nach gilt die Vorschrift des § 111 g StPO lediglich für die Beschlagnahme nach § 111 c StPO, nicht aber für eine Sicherung des Verfalls von Wertersatz durch dinglichen Arrest nach § 111 d StPO. Für den Arrest sieht das Gesetz eine dem § 111 g StPO entsprechende Regelung lediglich in § 111 h StPO für den Fall der Arresthypothek vor.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob das Zulassungsverfahren über den Wortlaut des § 111 g StPO hinaus auch auf den dinglichen Arrest zur Sicherung des Verfalls des Wertersatzes entsprechend anwendbar ist. Während eine Auffassung aufgrund des Zweckes der Regelungen als Rückgewinnungshilfe die Vorschrift auch auf den dinglichen Arrest entsprechend anwendet (so neben den angefochtenen Beschlüssen des Landgerichts Bonn auch Schmid/Winter, NStZ 2002, 8, 11; Malitz, NStZ 2002, 337, 340; im Ergebnis ebenso OLG Hamm, wistra 2002, 398; OLG Stuttgart, ZIP 2001, 484), gilt § 111 g StPO nach überwiegender Auffassung lediglich für nach § 111 c StPO zur Sicherung des Verfalls beschlagnahmte Gegenstände (insb. OLG Hamburg, Beschl. v. 21.02.2002 - 1 Ws 24/2001; Peglau, wistra 2002, 376, 378; im Ergebnis ebenso KK-Nack, aaO, § 111 g Rdnr. 1, § 111 h Rdnr. 1; SK-Rudolphi, StPO, § 111 g Rdnr. 1; Lemke, in: Heidelberger Kommentar zur StPO, 3. Aufl., § 111 g Rdnr. 1; Pfeiffer, StPO, 3. Aufl., § 111 g Rdnr. 2).

Nach Auffassung des Senats ist eine entsprechende Anwendung des § 111 g StPO auf den Arrest angesichts des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht zulässig und auch vom Zweck der Vorschriften über die Rückgewinnungshilfe nicht geboten.

Nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut gilt § 111 g StPO nur für solches Vermögen des Beschuldigten, welches im Wege der Beschlagnahme nach § 111 c StPO sichergestellt worden ist. Auch aus der systematischen Stellung der Vorschrift ergibt sich nichts anderes. Die §§ 111 b ff StPO unterscheiden durchgängig zwischen Gegenständen, die potenziell der Einziehung oder dem Verfall unterliegen und deren Sicherstellung nach § 111 c StPO durch Beschlagnahme erfolgt, sowie der Sicherung des möglichen Verfalls von Wertersatz, mithin eines Geldanspruchs, durch Anordnung des dinglichen Arrestes gem. § 111 d StPO.

Eine planwidrige Regelungslücke liegt nach Auffassung des Senats nicht vor, vielmehr ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der §§ 111 b ff StPO, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, das Zulassungsverfahren auch für den dinglichen Arrest gem. § 111 d StPO, soweit er in das bewegliche Vermögen vollzogen wird, vorzusehen. So heißt es in der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 7/550, S. 295) zu § 111 h StPO:

"Sie (die Vorschrift des § 111 h) erfasst jedoch nur den Fall, dass der Arrest in ein Grundstück vollzogen ist. Der Grund für diese Beschränkung liegt in der insoweit unterschiedlichen Regelung des bürgerlichen Rechts: Nur bei Grundstücken kennt das bürgerliche Recht einen Rangtausch mit dinglicher Wirkung (§ 880 BGB).

Die Vorschrift erweitert für den hier geregelten Sonderfall § 880 BGB insoweit, als der eingeräumte Rang durch den Untergang des zurücktretenden Rechts nicht berührt wird und die Zustimmung des Grundstückseigentümers, also in aller Regel des Beschuldigten, nicht erforderlich sein soll. Im übrigen entspricht die vorgeschlagene Regelung der des § 111 g.

Ist der Arrest in andere Gegenstände als Grundstücke vollzogen, so wird bei anschließenden Vollstreckungshandlungen besonders sorgfältig zu prüfen sein, ob nicht der Arrest - wenn er im Hinblick auf den Verfall ausgebracht wurde - nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB i.d.F. des 2. StrRG aufgehoben werden muss. Im übrigen bleiben dem Verletzten, wenn er sich nicht befriedigen kann, unter Umständen die in § 463 d i.d.F. der Nummer 125 eröffneten Möglichkeiten.

Die Frage, inwieweit die Vorschrift entsprechend auch auf Arrestpfandrechte an Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen angewendet werden kann, bleibt der Rechtsprechung überlassen."

Aus dieser Begründung ergibt sich, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers § 111 g StPO nur für nach § 111 c StPO beschlagnahmte Gegenstände gilt, und er bewusst davon abgesehen hat, eine den §§ 111 g, 111 h StPO entsprechende Regelung auch für den dinglichen Arrest, soweit dieser in das bewegliche Vermögen vollzogen wurde, vorzusehen. Vielmehr verweist er den Geschädigten auf die Aufhebung des Arrestes bzw. die - im damaligen Entwurf in § 463 d StPO vorgesehene - Möglichkeit, in einem Nachverfahren aus der Staatskasse Befriedigung zu erlangen. An eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 111 h StPO hat der Gesetzgeber nur für Arrestpfandrechte an Schiffen, Schiffsbauwerken und Luftfahrzeugen, die ebenfalls den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (§§ 864 Abs. 1 ZPO, 171 a ZVG) und für die es dem Grundbuch vergleichbare Register gibt, gedacht.

Diese Differenzierung zwischen der Beschlagnahme von beweglichem Vermögen nach § 111 c StPO und der Arrestvollziehung nach § 111 d StPO stellt auch weder eine willkürliche Ungleichbehandlung dar noch widerspricht sie dem in § 111 b Abs. 5 StPO ausdrücklich vorgesehenen Zweck der Rückgewinnungshilfe zugunsten des Verletzten.

Allerdings liegt es vom Zweck der Rückgewinnungshilfe her, der nach § 111 b Abs. 5 StPO ausdrücklich auch für den dinglichen Arrest gilt, nahe, den Verletzten auch im Falle des dinglichen Arrestes durch das Zulassungsverfahren zu privilegieren. Das Amtsgericht hat die dinglichen Arreste seinerzeit ausdrücklich angeordnet, um die spätere Vollstreckung der Ansprüche der Verletzten zu sichern. Auf der anderen Seite erfüllt der Arrest diesen Zweck aber auch dann, wenn der Verletzte nicht zur vorrangigen Befriedigung zugelassen wird. Denn auch ohne das Zulassungsverfahren mit der hiermit verbundenen Bevorzugung des Verletzten gegenüber den sonstigen Gläubigern wird das Vermögen des Täters für die spätere Vollstreckung durch den Verletzten gesichert. Der Arrest hindert auch nicht die Vollstreckung durch den Verletzten.

Der dingliche Arrest und seine Vollziehung verhindern, dass der Täter sein Vermögen dem Zugriff der Verletzten entzieht, und stellen damit sicher, dass der Verletzte zur Befriedigung seines Ersatzanspruchs auf dieses Vermögen im Wege der Zwangsvollstreckung zugreifen kann.

Die Zulassung zur Zwangsvollstreckung nach § 111 g Abs. 2 StPO ist nicht Voraussetzung für eine Vollstreckung des Verletzten in die in Vollziehung des Arrestes sichergestellten Vermögensgegenstände. Denn die Arrestvollziehung und Zwangsvollstreckung in nach § 111 d StPO sichergestellte Vermögenswerte ist auch ohne Zulassungsbeschluss zulässig und wirksam (Schmid/Winter, NStZ 2002, 8, 10; Hees/Allbeck, ZIP 2000, 871, 873; BGHZ 144, 185 ff). Die Arrestvollziehung stellt lediglich eine vorrangige Vollstreckungsmaßnahme des Staates dar, die die nachfolgende Vollstreckung durch den Verletzten indes nicht hindert. Die spätere Vollstreckung ist nicht (schwebend) unwirksam, sondern lediglich gegenüber der vorhergehenden und damit vorrangigen Vollstreckung relativ unwirksam (BGH aaO). Sowohl bewegliche Sachen als auch Forderungen und sonstige Vermögensrechte können zugunsten mehrerer Gläubiger gepfändet werden, wobei sich die Rangfolge der Gläubiger untereinander nach dem zeitlichen Entstehen ihrer jeweiligen Pfändungspfandrechtes richtet (Prioritätsprinzip). Dementsprechend ist auch die Zulassung nach § 111 g StPO nicht Voraussetzung für die Arrestvollziehung des Verletzten nach § 929 Abs. 2 ZPO (BGH aaO; Schmid/Winter, aaO).

Der Arrest nach § 111 d StPO hindert auch die Verwertung des Vermögens des Täters zugunsten der Ersatzansprüche der Verletzten nur vorübergehend. Denn nach Aufhebung des Arrestes steht dieser der Vollstreckung durch den Geschädigten nicht mehr entgegen. Der Staat wird - sofern Ersatzansprüche des Verletzten bestehen - auf die sichergestellten Vermögensgegenstände nicht endgültig zugreifen, da in diesem Fall wegen § 73 Abs. 1 S. 2 StGB die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes nicht zulässig ist. Der Arrest ist daher - sofern nicht im Urteil der Verfall des Wertersatzes angeordnet wird - spätestens nach Abschluss des Strafverfahrens bzw. - im Falle der Verlängerung nach § 111 i StPO - nach weiteren drei Monaten aufzuheben bzw. verliert seine Wirkung, so dass die Vollziehungsmaßnahmen aufzuheben sind. Schließlich hat der Verletzte die Möglichkeit, die Aufhebung des Arrestes zu betreiben, wenn ihn dieser an der Realisierung seines titulierten Anspruchs hindert (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 7/550, S. 295; Peglau, wistra 2002, 377, 378).

Allerdings wird der Verletzte ohne entsprechende Anwendung des § 111 g StPO nicht gegenüber Gläubigern privilegiert, die nach der Vollziehung des Arrestes nach § 111 d StPO aber noch vor ihm ein Pfändungspfandrecht erlangt haben. Das Zulassungsverfahren nach § 111 g StPO führt - wie ausgeführt - nicht nur dazu, dass der Verletzte ungeachtet der staatlichen Beschlagnahme wegen seines Anspruchs die Vollstreckung betreiben kann, es führt auch dazu, dass ab dem Zeitpunkt der staatlichen Beschlagnahme alle nach diesem Zeitpunkt liegenden Verfügungen anderer Gläubiger, insbesondere solche aus Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung, gegenüber dem zugelassenen Verletzten relativ unwirksam sind. Dieser Rangvorrang lässt sich bei der Arrestvollziehung in das bewegliche Vermögen nur durch eine analoge Anwendung der §§ 111 g, 111 h StPO auch auf diesen Fall erreichen. Es ist zwar nicht ohne weiteres nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber im Falle der Arrestvollziehung in das bewegliche Vermögen von dieser Privilegierung des durch die Straftat Verletzten abgesehen hat, während er für die Arrestvollziehung in das unbewegliche Vermögen eine dem § 111 g StPO entsprechende Regelung in § 111 h StPO ausdrücklich vorsieht. Auf der anderen Seite erweist sich die Differenzierung zwischen der Beschlagnahme und dem Arrest aber nicht von vornherein als unbillig und sachfremd, so dass eine Korrektur des Gesetzgebers durch die analoge Anwendung des § 111 g StPO gegen den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Regelung nach Ansicht des Senats nicht in Betracht kommt.

Während der Verfall nach § 73 Abs. 1 und 2 StGB - und damit auch die Beschlagnahme nach § 111 c StPO - lediglich die "Beute" umfasst, also solche Vermögenswerte, die entweder direkt aus der Tat resultieren oder aber sich als vom Täter erlangte Surrogate oder Nutzungen darstellen, betrifft der Verfall des Wertersatzes - und damit auch der Arrest nach § 111 d StPO - das gesamte, auch legal erworbene Vermögen des Täters. Es erscheint sachgerecht, die Privilegierung des Verletzten einer Straftat gegenüber den sonstigen Gläubigern des Täters auf die Gegenstände zu beschränken, die der Täter unmittelbar oder mittelbar aus der Tat erlangt hat. Es ginge zu weit, das gesamte Vermögen des Täters durch staatlichen Zugriff im Strafverfahren dem Verletzten vorrangig und damit zu Lasten der übrigen, nicht privilegierten Gläubiger zur Vollstreckung zur Verfügung zu stellen. Dies ist nicht Aufgabe des Strafverfahrens; hierin läge auch eine nicht gerechtfertigte Bevorzugung von Schadensersatzansprüchen des Verletzten einer Straftat gegenüber sonstigen, gleichermaßen berechtigten und titulierten Ansprüchen anderer Gläubiger. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine so weitgehende Privilegierung gewollt hat (ebenso OLG Hamburg, Beschl. v. 21.02.2001, 1 Ws 24/2001).

Dieses vom Gesetzgeber vorgesehene System ist auch nicht in sich widersprüchlich. Sowohl durch die Beschlagnahme nach § 111 c StPO als auch durch den dinglichen Arrest nach § 111 d StPO wird das durch die Straftat entzogene Vermögen von Staats wegen so lange festgehalten, bis sich das Opfer mittels zivilrechtlicher Maßnahmen Befriedigung verschaffen kann, zumindest jedoch bis zur Verurteilung des Straftäters.

Nur durch die Beschlagnahme nach § 111 c StPO soll zugleich vermieden werden, dass sich andere, als die Opfer der Straftat, aus der "Beute" befriedigen (Dittke, wistra 1991, 209, 210).

Hierdurch werden die Beschwerdeführer weder schutzlos gestellt noch unbillig benachteiligt. Durch den Arrest nach § 111 d StPO wird das Vermögen des Täters seinem Zugriff entzogen und den Verletzten zur Befriedigung ihrer Ersatzansprüche zur Verfügung gestellt. Die Arreste hindern nicht die Vollstreckung durch die Beschwerdeführer, da die Arreste inzwischen nach Rechtskraft des Urteils bzw. Ablauf der dreimonatigen Verlängerung aufgehoben werden müssen bzw. ihre Wirkung verloren haben.

2. Anträge gem. § 111 h StPO

Auch die Anträge auf Rangtausch gem. § 111 h StPO hat die Strafkammer zu Recht zurückgewiesen. Denn die Anträge sind verspätet gestellt worden.

Der Antrag auf Rangänderung nach § 111 h StPO kann nur solange gestellt werden, wie die Arrestanordnung noch wirksam ist (OLG Hamm, wistra 2002, 398, 399), mithin bis zur Rechtskraft des Urteils bzw. dem Ablauf der Verlängerungsfrist nach § 111 i StPO. Dagegen kann die Entscheidung selbst auch nO. nach Fristablauf erfolgen, wenn nur der Antrag rechtzeitig gestellt ist (OLG Hamm, aaO).

Die Strafkammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass rechtzeitig gestellte Anträge auf Rangänderung nicht vorliegen. Dabei kann der Senat offen lassen, ob der Eingang des Antrages beim - ab Anklageerhebung unzuständigen - Ermittlungsrichter zur Fristwahrung ausreicht, da die weiteren Beteiligten dieses und der Parallelverfahren den Antrag auf Rangänderung erstmals im Schriftsatz vom 20.11.2002 - mithin nach Rechtskraft des Urteils und Ablauf der 3-monatigen Verlängerung nach § 111 i StPO - gestellt haben. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer können die ursprünglichen Anträge auf Zulassung der Zwangsvollstreckung, die im März und April 2002 beim Ermittlungsrichter gestellt wurden, nicht in einen Antrag auf Rangänderung einer Sicherungshypothek umgedeutet werden. Denn diesen Anträgen und ihrer Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass zugunsten der jeweiligen Antragsteller in Vollziehung ihrer Arreste eine Sicherungshypothek auf den betreffenden Grundstücken eingetragen worden ist oder eingetragen werden soll. Dies ist aber Voraussetzung für den Antrag nach § 111 h StPO. Erst im August 2002 - und damit nach Rechtskraft des Urteils und nach Ablauf der dreimonatigen Verlängerung - haben die Antragsteller näher dazu vorgetragen, in welche Vermögensgegenstände der Verurteilten sie die Vollstreckung betreiben.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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