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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.06.2003
Aktenzeichen: 2 Ws 317/03
Rechtsgebiete: GVG, OWiG, StPO, BRAGO, ZPO


Vorschriften:

GVG § 121
GVG § 122 Abs. 1
OWiG § 80 a
StPO § 310
StPO § 311 Abs. 2
StPO § 464a Abs. 2 Nr. 2
StPO § 464b
StPO § 464 b S. 3
BRAGO § 12
BRAGO § 12 Abs. 1
BRAGO § 12 Abs. 1 S. 1
BRAGO §§ 26 f
BRAGO § 28
BRAGO § 28 Abs. 2
BRAGO § 28 Abs. 3
BRAGO § 83 Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 83 Abs. 2 Nr. 2
BRAGO § 83 Abs. 3
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
ZPO § 104 Abs. 3 S. 1
ZPO § 568
ZPO § 568 S. 1
ZPO § 569 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
2 Ws 317/03 92 Js 948/98 StA Aachen

OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

In der Strafsache

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Angeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Aachen vom 5.11.2002 - 63 KLs 14/00 - unter Mitwirkung de Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Doleisch von Dolsperg, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Ahn-Roth und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Schmidt

am 5. Juni 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem früheren Angeklagten auferlegt.

Gründe:

I.

Durch Urteil der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Aachen vom 10. 9.2001 ist der frühere Angeklagte wegen Bedrohung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, versuchter Nötigung, Beleidigung, vorsätzlicher sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden, von dem Vorwurf der räuberischen Erpressung in vier Fällen sowie dem Vorwurf des räuberischen Diebstahls ist er freigesprochen worden. Soweit er freigesprochen wurde, sind die ihm entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt worden. In der Hauptverhandlung ist das Verfahren hinsichtlich verschiedener ( insgesamt zwölf ) Fälle der Anklageschrift vom 27.56.2001 und des Tatvorwurfs aus der Anklageschrift vom 27.6.2001 gemäß § 154 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 StPO vorläufig eingestellt worden. Ihre gegen diese Entscheidung eingelegte Revision hat die Staatsanwaltschaft mit Erklärung vom 9.11.2001 zurückgenommen, woraufhin mit Beschluss vom 19.11.2001 die Kosten des Revisionsverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt worden sind.

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 10.8.2002 hat der Angeklagte beantragt, die Erstattung anteiliger notwendiger Auslagen des Angeklagten aus der Staatskasse in Höhe von 8.476,40 DM = 4.333,40 € festzusetzen. Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.11.2002 hat der Rechtspfleger des Landgerichts Aachen aus der Staatskasse zu erstattende Kosten in Höhe von 706,70 € nebst Zinsen berücksichtigt. Gegen diesen am 15.11.2002 zugestellten Beschluss hat der frühere Angeklagte mit dem am 18.11.2002 eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers vom 15.11.2002 Erinnerung bzw. Rechtsmittel eingelegt. Mit Beschluss vom 28.4.2003 hat der Rechtspfleger der Erinnerung nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Über die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung hat der Senat, nicht der Einzelrichter zu entscheiden. Die Vorschrift des § 568 S. 1 ZPO in der ab 1.1.2002 geltenden Fassung ( Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001, BGBl. I S. 1887), die im Zivilprozess für das Beschwerdeverfahren den originären Einzelrichter vorsieht, findet im strafprozessualen Beschwerdeverfahren keine Anwendung, da sie von der Verweisung des § 464 b S. 3 StPO auf die zivilprozessualen Regelungen nicht erfaßt wird.

Nach § 464 b S. 3 StPO finden auf das strafprozessuale Kostenfestsetzungsverfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechende Anwendung. Diese Verweisung auf ZPO- Vorschriften gilt indes nur insoweit, als sie strafprozessualen Prinzipien nicht widerspricht (dazu zuletzt BGH vom 27.11.2002, BGHSt 48,106 = NJW 03,763). Demgemäß kommt nach Ansicht des Senats im Beschwerdeverfahren eine Zuständigkeit des Einzelrichters nicht in Betracht, da die Strafsenate als Rechtsmittelgerichte im Sinne des § 121 GVG immer in der Besetzung von drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden entscheiden, mithin der Einzelrichter in dem strafprozessualen Rechtsmittelverfahren systemwidrig ist. Diese Besetzung der Strafsenat folgt aus § 122 Abs. 1 GVG in Zusammenhang mit den Regelungen der StPO, die den Einzelrichter nicht kennt. Der in § 122 Abs. 1 GVG erwähnte Einzelrichter ist nur für Zivilsachen vorgesehen, was bisher einhelliger Meinung entsprach (vgl. Löwe/Rosenberg/Frank, 25. Aufl., § 122 GVG Rdnr. 1; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 122 GVG, Rdnr. 2; Pfeiffer, StPO, 3. Aufl., § 122 GVG, Rdnr. 1 ).

Mit dem Inkrafttreten des Zivilprozess-Reformgesetzes vom 27.7.2001 ( BGBl. I S. 1887 ) hat sich nach Ansicht des Senats daran nichts geändert, obgleich in § 568 ZPO der "originäre Einzelrichter", der auch im erstinstanzlichen Zivilverfahren vor dem Landgericht vorgesehen ist ( vgl. § 348 ZPO ), in das zivilprozessuale Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht wie dem Oberlandesgericht übernommen wurde, und § 464 b StPO auf die Vorschriften des Zivilprozesses verweist. Diese originäre (zivilprozessuale) Einzelrichterzuständigkeit im Beschwerdeverfahren setzt voraus, dass die angefochtene Entscheidung von einem Rechtspfleger oder einem "Einzelrichter" im Sinne des § 568 S. 1 ZPO erlassen wurde, was hier der Fall ist. Gleichwohl kann die Verweisung in § 464 b S. 3 StPO nicht so verstanden werden, dass sie für die strafprozessuale Rechtsmittelinstanz auch die zivilprozessual vorgesehene Einzelrichterzuständigkeit mit umfaßt (so aber OLG Düsseldorf, RPfleger 03, 145 als bisher erste und - soweit ersichtlich - einzige Entscheidung in diesem Sinne). Denn in der StPO findet sich - auch nach Einführung des Zivilprozess-Reform-Gesetzes und den damit verbundenen Erweiterungen zur Einzelrichterzuständigkeit - keine Regelung über einen Einzelrichter im Rechtsmittelverfahren. Daraus läßt sich ableiten, dass der Einzelrichter in der zweiten Instanz dem Strafverfahren systemfremd ist. Darüber hinaus enthalten die Materialien zur Reform des Zivilprozesses ( insbes. BT-Drucksache 14/4722 ) keinerlei Hinweise auf eine entsprechende Anwendung der Einzelrichterregelungen auf das Strafverfahren, sondern beziehen sich durch ihre deutlichen und wiederholten Formulierungen ausschließlich auf die Reform des Zivilprozesses. Schließlich hat der Gesetzgeber auch gezeigt, dass er, sofern er weitere Einzelrichterzuständigkeiten auch auf anderen, nicht zivilrechtlichen Gebieten begründen will, diese ausdrücklich durch Gesetzesänderungen einführt. So ist mit Gesetz vom 26.1.1998 durch § 80 a OWiG der Einzelrichter am Oberlandesgericht in Bußgeldsachen eingeführt worden. Hätte der Gesetzgeber ähnliche Regelungen für das Strafverfahren, sei es auch nur für die Kostenbeschwerde gewollt, so wäre er ebenso wie im Falle der Änderung des Bußgeldverfahrens tätig geworden. Dies gilt insbesondere - wie erwähnt - vor dem Hintergrund, dass der Einzelrichter bisher im System des Rechtsmittelrechts des Strafverfahrens unbekannt ist. Die jetzige Gesetzeslage läßt nach Meinung des Senats deshalb nur der Rückschluß zu, dass die Einführung des Einzelrichters für das Rechtsmittelverfahren in Strafsachen nicht beabsichtigt war.

Zwar spricht für die vom Oberlandesgericht Düsseldorf (a.a.O.) vertretene Lösung die erkennbare Absicht des Gesetzgebers, das Kostenfestsetzungsverfahren im Zivil- und Strafverfahren möglichst in gleicher Weise zu gestalten. In diesem Verfahrensstadium fallen die ursprünglich deutlich unterschiedlichen Zielsetzungen der beiden Verfahrensarten nicht mehr erheblich ins Gewicht. Gleichwohl können - auch im Kostenfestsetzungsverfahren - die Regelungen des Zivilprozesses nur unter dem Vorbehalt übernommen werden, dass sie den strafprozessualen Prinzipien nicht widersprechen ( vgl. BGH a.a.O.). So hat der BGH in der erwähnten Entscheidung vom 27.11.2002 die Zulässigkeit der im Zivilprozess möglichen Rechtsbeschwerde (§§ 574 ff ZPO) für die Rechtsmittel im strafprozessualen Kostenfestsetzungsverfahren abgelehnt, weil eine ausdrückliche Änderung des § 310 StPO ( Regelung zur weiteren Beschwerde) in diesem Zusammenhang nicht erfolgt ist. Auf andere Unklarheiten und Zweifelsfälle, wie die Ausgestaltung der Beschwerdefrist oder der mögliche Anwaltszwang als Folge der entsprechenden Anwendung der zivilprozessualen Regelungen im strafrechtlichen Kostenfestsetzungsverfahren hat schon das OLG Düsseldorf in seiner erwähnten Entscheidung (Rpfleger 03,145) hingewiesen. Soweit der Senat im Rahmen des § 464 b StPO für die Beschwerdefrist auf die zweiwöchige Frist nach § 569 Abs. 1 ZPO abstellt ( vgl. Senat vom 17.3.2000, 2 Ws 146/00 = Rpfleger 00, 422), beruht dies auf der Erwägung, dass hinsichtlich der Beschwerdefristen der vom Gesetzgeber gewollte Gleichlauf der beiden Verfahrensordnungen im Kostenfestsetzungsverfahren ohne Widerspruch zu den strafprozessualen Bedürfnissen verwirklicht werden kann, da eine Notwendigkeit, an der Frist des § 311 Abs. 2 StPO festzuhalten, in diesem Verfahrensstadium nicht erkennbar ist.

III.

Das als Erinnerung bezeichnete Rechtsmittel ist gemäß §§ 464b StPO, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1RPflG als statthafte sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers zu behandeln. Diese ist fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel nicht begründet.

Die Rechtspflegerin hat die geltend gemachten anwaltlichen Auslagen für das Verfahren 63 KLs 14 /00 in Höhe von insgesamt 6.674,41 DM zu Recht nur in Höhe von 5.528,72 DM berücksichtigt und den daraus zu erstattenden Anteil mit 25 % angesetzt. Ebenfalls zutreffend sind etwaige notwendige Auslagen, die in dem verbundenen Verfahren 63 KLs 6/01 entstanden sind, als nicht erstattungsfähig behandelt worden. Entsprechendes gilt für die für das Revisionsverfahren angemeldeten Auslagen.

Im Einzelnen gilt folgendes:

1. Eine Erstattung der im Ermittlungsverfahren des verbundenen Verfahrens 63 KLs 06/01 geltend gemachten anwaltlichen Gebühren sowie der Auslagen nach §§ 26 f BRAGO in Höhe von insgesamt 1.864,00 DM kommt nicht in Betracht, da eine gerichtliche Entscheidung zur Erstattung dieser Kosten durch die Staatskasse nicht getroffen worden ist. Eine solche ausdrückliche Kosten- und Auslagenentscheidung im Falle des Freispruchs oder der Verfahrenseinstellung ist jedoch erforderlich, um einen Kostenerstattungsanspruch zu begründen ( vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 467 Rdnr. 20 ).

Mit der am 10.9.2001 beschlossenen vorläufigen Einstellung dieses hinzu verbundenen Verfahrens, dem die Anklage vom 27.6.2001 zugrunde lag, wurde keine Kostenentscheidung getroffen.

2. Hinsichtlich der Gebühren für das Verfahren 63 KLs 14/00 sind die von dem Verteidiger angesetzten ( Höchst-) Gebühren nach § 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BRAGO sowie die Gebühren nach § 83 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO für die Termine vom 03.09.2001 und vom 10.9.2001 vom Rechtspfleger nicht beanstandet worden und Grundlage des Kostenfestsetzungsbeschlusses geworden.

a. Hinsichtlich der Gebühren für die Termine vom 30.8.2001 und vom 10.9.2001 hat der Rechtspfleger diese zu Recht mit 528,07 DM bzw. 270 € angesetzt, mithin eine die Mittelgebühr übersteigende, jedoch unter der Höchstgebühr liegende Gebühr angenommen, § 12 Abs. 1 S. 1 BRAGO.

Ist wie hier die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die im Rahmen des § 12 BRAGO von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung unverbindlich, wenn sie unbillig ist. Das ist der Fall, wenn sie erheblich von der Gebühr abweicht, die sich unter Berücksichtigung aller in § 12 Abs. 1 S. 1 BRAGO genannten Bemessungsgrundlagen ergibt (vgl. dazu Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl, § 12 Rdz. 6). Hierzu geht der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., § 12 Rdz. 9) davon aus, dass die Gebühr bei Überschreiten der Toleranzgrenze von 20 % unbillig ist. Dieser Fall ist hier gegeben.

Das Verfahren war aus den Gründen des Schriftsatzes vom 10.8.2002 zwar von erheblicher Bedeutung für den Angeklagten, allerdings waren die beiden Termine vom 30.8.2001 und 6.9.2001 vor der großen Strafkammer zeitlich nicht besonders aufwändig. Beide erstreckten sich nicht über drei Stunden. Somit ist für diese beiden Termine der Ansatz der Höchstgebühr nicht gerechtfertigt. Die im Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzte Gebühr liegt fast 20 % über der Mittelgebühr von 450,- DM bzw. 225,- € und berücksichtigt damit angemessen die weiteren in § 12 Abs.1 BRAGO angesprochenen und hier relevanten Kriterien.

b. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat der Rechtspfleger den Ansatz der Reisekosten nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 BRAGO zu den Haftprüfungs- und Hauptverhandlungsterminen in Aachen abgelehnt.

Der Beschwerdeführer ist zwar, da er seinen Wohnsitz in F hat, als auswärtiger Rechtsanwalt tätig, wenn er einen Mandanten vor dem Landgericht Aachen vertritt, auch wenn er vor dem dortigen Landgericht zugelassen ist (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, a.a.O., § 28 Rz. 7) und kann deshalb gegenüber seinem Auftraggeber Reisekosten nach § 28 BRAGO geltend machen.

Die Erstattung der Reisekosten als notwendige Auslagen eines Rechtsanwalts, der nicht am Ort des Prozeßgerichts wohnt, kann indessen im Rahmen des § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO nur erfolgen, wenn die Zuziehung dieses auswärtigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Hierbei handelt es sich - wie die Fassung des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erkennen läßt - um eine Ausnahmeregelung. Die Inanspruchnahme eines auswärtigen Verteidigers ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats kostenmäßig nur zu berücksichtigen, wenn das Strafverfahren ein schwieriges und abgelegenes Rechtsgebiet betrifft, deshalb nur ein Anwalt mit besonderen Kenntnissen auf diesem Spezialgebiet zur ordnungsgemäßen Verteidigung in der Lage ist, oder der Beschuldigte, der sich gegen einen Vorwurf mit erheblichem Gewicht ( beispielsweise vor dem Schwurgericht ) verteidigen muss, zur Verteidigung einen Rechtsanwalts seines Vertrauens heranzieht, zu dem bereits ein gewachsenes Vertrauensverhältnis besteht ( so beispielsweise Senat vom 16.11.1991, NJW 92,586; Senat vom 16.3.1990 - 2 Ws 489/89 - je m.w.N. ).

Beide Voraussetzungen liegen hier für den Wahlverteidiger nicht vor. Der Angeklagte, der selbst in Aachen wohnt und sich zeitweise in der dortigen JVA befand, hat für das vor dem Landgericht Aachen verhandelte Strafverfahren einen in F ansässigen Rechtsanwalt beauftragt. Der Strafvorwurf betraf weder eine schwierige Spezialmaterie, sondern häufig vorkommende Delikte des StGB, noch war der gegen den Angeklagten erhobene Vorwurf, der sich auf diese verschiedenen Straftatbestände stützte, derart schwerwiegend, dass er nur durch einen Rechtsanwalt seines Vertrauens vertreten werden konnte. Im Übrigen ist weder dargelegt, noch sonst ersichtlich, dass hier zu dem gewählten Verteidiger ein besonderes gewachsenes Vertrauensverhältnis besteht, das bereits vor der Mandatserteilung vorgelegen hat, wie es nach der überwiegenden, vom Senat geteilten Rechtsprechung erforderlich ist ( so beispielsweise Senat, NJW 92,586).

Somit können die nach § 28 BRAGO geltend gemachten Reiseauslagen nicht berücksichtigt werden.

c. Die für das führende Verfahren 63 KLs 14/00 in Ansatz zu bringenden Gebühren und Auslagen belaufen sich netto auf :

1.900,- DM + 2 x 790,- DM + 2 x 528,07 DM + Fotokopien 260,- DM + Auslagen 30,- DM = 4.766, 14 DM

Zuzüglich 16 % MWSt. errechnet sich ein Betrag von: 5.528,72 DM.

Aufgrund der gerichtlichen Kostenentscheidung sind hiervon 25 % von der Staatskasse an den Beschwerdeführer zu erstatten.

Dieser von dem Rechtspfleger angenommene Prozentsatz, der mit der richterlichen Stellungnahme vom 9.9.2002 überein stimmt, ist auch unter Anwendung der Differenztheorie nicht zu beanstanden, sondern begünstigt den Angeklagten sogar im Vergleich zu einer strikten Anwendung der Differenztheorie ( zur Anwendbarkeit der Differenztheorie vgl. beispielsweise OLG Düsseldorf, JMBl. NRW 2002, S. 126).

Wären die Delikte, deretwegen ein Teilfreispruch erfolgt ist ( 4 Fälle der räuberischen Erpressung sowie ein räuberischer Diebstahl ) nicht angeklagt worden, so wäre die Anklage zum Schöffengericht, statt zur großen Strafkammer erhoben worden. Die Beweisaufnahme wäre maximal um vier bis fünf Stunden verkürzt worden, da die Vernehmung der Zeugen T und C entfallen wäre. Die Hauptverhandlung wäre allenfalls um einen Tag verkürzt worden, so dass insgesamt vier Tage anzusetzen wären. Bei einer Alternativabrechung ( vier Tage Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht ) errechneten sich - netto - Gebühren und Auslagen, die in der Summe bei rund 4.000 DM und damit höchstens 20 % unter den jetzigen Gesamtkosten des Verteidigers liegen.

Die angesetzte Erstattungspflicht der Staatskasse in Höhe von 25 % der Gesamtgebühren und - auslagen liegt mithin noch über dem nach der Differenzgebühr zu erstattenden Prozentsatz.

25 % aus dem ermittelten Betrag - 5.528,72 DM - ergeben 1.382,18 DM = 706,70 € .

3. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des Rechtspflegers, für die Vertretung des Angeklagten im Rahmen des Revisionsverfahrens keine Gebühren mehr anzusetzen.

Vorliegend lag die Tätigkeit des Verteidigers darin, mit Schriftsatz vom 7.11.2001 den Antrag auf Zurückweisung der Revision der Staatsanwaltschaft zu stellen sowie sich weitere Ausführungen vorzubehalten, nachdem die Staatsanwaltschaft fristgerecht Revision eingelegt und sich die Erhebung einer formellen Rüge vorbehalten hatte. Mit Erklärung vom 9.11.2001, dem Verteidiger mitgeteilt am 15.11.2001, hat die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel zurückgenommen, bevor sie dieses begründet hat.

Es entspricht der überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung, in solchen Fällen vom Ansatz einer Gebühr für das Revisionsverfahren abzusehen (so Senat vom 24.10.1893, OLGSt, BRAGO § 86 Nr.2; OLG Koblenz vom 21.5.1984, OLGSt, BRAGO § 86 Nr. 3; zuletzt OLG Düsseldorf, Rpfleger 1998, 441 m.w.N. ). Der Senat hält weiterhin an dieser Rechtsprechung fest. Zur Begründung ist darauf zu verweisen, dass erst eine Revisionsbegründung durch die Staatsanwaltschaft Umfang und Zielsetzung des Rechtsmittels aufzeigen und erst in diesem Verfahrensstadium eine sinnvolle Verteidigung möglich ist. Eine vorherige Tätigkeit des Verteidigers ist weder notwendig noch sachlich erforderlich. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel nicht selten vorsorglich einlegt, um zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abzuwarten. Die Tätigkeit des Verteidigers bei einer Revisionseinlegung ohne Begründung erschöpft sich darin, dem Mandanten den Verfahrensablauf darzulegen und ihm zu raten, die Begründung der Staatsanwaltschaft, wozu diese angehalten ist, abzuwarten. Diese Form der Beratung, die in einem kurzen Hinweis besteht, ist bereits mit den Gebühren für die Vorinstanz abgegolten. Das ist deswegen gerechtfertigt, weil der Verteidiger, der schon in der Vorinstanz tätig war, sich die notwendigen Kenntnisse in diesem Rechtszug verschafft hat ( vgl. Senat, a.a.O. ).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 StPO.

Ende der Entscheidung

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