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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 332/07
Rechtsgebiete: RVG


Vorschriften:

RVG § 14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Ws 332/07

In der Strafsache

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors vom 11.4.2007 gegen den Beschluss des Landgerichts Köln vom 30.3.2007

am 11.7.2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die hierin entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I.

Das Landgericht Köln (5. große Strafkammer) hat den Angeklagten U durch rechtskräftiges Urteil vom 12.7.2005 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren zur Bewährung wegen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Überlassen einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe an einen Nichtberechtigten verurteilt. Soweit dem Abgeklagten darüber hinaus versuchte Anstiftung zum Mord an seiner Ehefrau vorgeworfen worden war, ist eine Verurteilung nicht erfolgt. Auf dieser Grundlage hat die Strafkammer bestimmt, dass der Staatskasse die besonderen Auslagen des Verfahrens und die besonderen notwendigen Auslagen des Angeklagten, die wegen des Verdachts der versuchten Anstiftung zum Mord entstanden sind, auferlegt werden. Die Strafkammer hat ferner ausgeführt, dass, wäre der Angeklagte von vornherein nur wegen der Verstöße gegen das Waffengesetz verfolgt worden, die Hauptverhandlung in maximal zwei Tagen hätte durchgeführt werden können.

Der Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 4.8.2006 die Festsetzung von notwendigen Auslagen in Höhe von 7.160,10 € beantragt. Er hat eine Berechnung anhand der Differenzmethode vorgenommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift verwiesen (Bl. 742 ff. d.A.). Durch Schriftsatz vom 6.2.2007 hat er diesen Antrag korrigiert und nunmehr insgesamt 7.131,08 € beansprucht. Wegen der Einzelheiten wird auch insoweit auf den Antrag verwiesen (Bl. 752 ff. d.A.). Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Köln hat gegen die beantragte Gebührenfestsetzung durch Schreiben vom 30.8.2006 und vom 5.3.2007 Einwendungen erhoben (Bl. 748 f., 756 f.).

Der Rechtspfleger hat die Gebühren durch den angefochtenen Beschluss auf 6.951,30 € festgesetzt. Er ist hierbei den Gebührenansätzen des Verteidigers gefolgt und hat lediglich eine Kürzung betreffend die Mehrwertsteuer vorgenommen (16 % statt der beantragten 19 %). Gegen diesen am 11.4.2007 zugestellten Beschluss hat der Bezirksrevisor mit Schreiben vom selben Tage, bei Gericht eingegangen am 12.4.2007, Rechtsmittel eingelegt. Er verweist auf seine bereits im Vorfeld der Gebührenfestsetzung erhobenen Einwände.

II.

Die nach § 464 b StPO, § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist als Beschwerdegericht der Senat und nicht der originäre Einzelrichter im Sinne des § 568 ZPO zuständig, da die Verweisung in § 464 b StPO auf die zivilprozessualen Regelungen diese Vorschrift nicht umfaßt (st. Rspr. des Senats, vgl. Senat, RPfleger 2004, 685) .

Die vom Verteidiger berücksichtigten Gebühren stellen sich insgesamt als angemessen dar und sind vom Rechtspfleger zu Recht festgesetzt worden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass bei Rahmengebühren nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Höhe der Gebühr vom Verteidiger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen bestimmt wird. Zu den Umständen des Einzelfalls zählt das Gesetz Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten. Eine Abweichung von der Bestimmung des Verteidigers kommt im Festsetzungsverfahren mithin nur in Betracht, wenn sich diese als unbillig hoch erweist (Madert, in: Gerold u.a., RVG, 16. Aufl. 2004, § 14, Rdnr. 19). Hiervon kann auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Bezirksrevisors nicht ausgegangen werden, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass Abweichungen bis zu 20% im Verhältnis zu den angemessenen Gebühren noch als verbindlich angesehen werden können (Senat, B. v. 17.03.2000, 2 Ws 146/00; Madert, ss.O., Rdn. 34).

Im Einzelnen gilt:

(1)

Soweit der Verteidiger im Rahmen der fiktiven Alternativberechnung die Grundgebühr (Nr. 4100 VV) mit 165,- € sowie die Verfahrensgebühren für das Ermittlungsverfahren und den 1. Rechtszug (Nr. 4104, 4106 VV) mit je 140,- € berücksichtigt hat, hat er die Mittelgebühr gewählt. Ein höherer Gebührenansatz war nicht veranlasst. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verteidiger hier nur eine fiktive Tätigkeit abgerechnet hat. Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte zum Ablauf des Verfahrens liegt der Ansatz der Mittelgebühr nahe. Darüber hinaus sind keine Ansätze ersichtlich, die eine höhere Festsetzung rechtfertigen könnten. Der waffenrechtliche Vorwurf war für sich genommen nicht besonders schwerwiegend. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten stellten sich nicht als so günstig dar, dass der Ansatz einer höheren Gebühr allein deshalb gerechtfertigt gewesen wäre.

(2)

Die Bestimmung der Grundgebühr (VV 4104, 4105) für die tatsächliche Tätigkeit des Verteidigers in Höhe von 350,- € ist ebenfalls angemessen. Hier ist vor allem auf die Bedeutung der Sache abzustellen. Der Tatvorwurf der versuchten Anstiftung zum Mord war besonders schwerwiegend. Zu berücksichtigen ist auch der komplexe familiäre und berufliche Hintergrund des Tatvorwurfs. Bei alledem stand zudem von Beginn an auch die Frage der Untersuchungshaft im Vordergrund. Die vom Bezirksrevisor gegen den hohen Ansatz der Grundgebühr vorgebrachten Einwände greifen demgegenüber nicht. Der Senat kann die Darstellung des Verteidigers über umfangreiche Gespräche im Zusammenhang mit der erstmaligen Befassung ohne Weiteres nachvollziehen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der engen zeitlichen Abläufe von seiner Beauftragung am 4.1.2005 bis zum Termin zur Verkündung des Haftbefehls am 5.1.2005.

(3)

Die Terminsgebühr für die Haftprüfung (VV 4102, 4103) ist ebenfalls zu Recht mit 295,- € im oberen Bereich des zulässigen Rahmens festgesetzt worden. Zu Recht bemerkt der Bezirksrevisor zwar, dass die Rahmengebühr bis zu 3 Termine im Zusammenhang mit der Haftprüfung abdecken kann und tatsächlich nur zwei Termine, nämlich am 5.1.2005 und am 1.2.2005, stattgefunden haben. Gleichwohl rechtfertigen die Umstände des Einzelfalls den hohen Gebührenansatz. Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass der Termin vom 5.1.2005 nicht allein der Verkündung des Haftbefehls diente, sondern der Verteidiger sich auch zur Sache geäußert hat. Der Termin brachte von daher einigen Aufwand mit sich. Zum Haftprüfungstermin vom 1.2.2005 berücksichtigt der Senat, dass der Verteidiger in Vorbereitung dieses Termins umfassend schriftsätzlich Stellung genommen hat. Abzustellen ist auf die ausführlichen Schriftsätze vom 18.1.2005 (9 Seiten) und vom 31.1.205 (6 Seiten). Gerade dieser besondere Aufwand rechtfertigt die Festsetzung einer Gebühr im oberen Bereich.

(4)

Auch die Verfahrensgebühr (VV 4119, 4118) ist mit 680,- € angemessen festgesetzt worden. Der ebenfalls im oberen Bereich des Vergütungsrahmens erfolgte Ansatz wird durch die Bedeutung und den Umfang des Verfahrens gerechtfertigt. Diese Gebühr deckt die gesamte Tätigkeit des Verteidigers im Strafverfahren mit Ausnahme derjenigen Tätigkeiten, die durch die Grundgebühr und die Terminsgebühren erfasst werden. In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Beschluss geht der Senat davon aus, dass insbesondere die vom Verteidiger dargelegten 23 Besuche in der Justizvollzugsanstalt einen Gebührenansatz im oberen Bereich rechtfertigen.

(5)

Schließlich wahren die Terminsgebühren (VV 4120, 4121) den angemessenen Rahmen. Soweit der Bezirksrevisor hier die Festsetzung für den 2. (950,- €), 4. (750,- €), 7. (540,- €) und 8. Verhandlungstag (445,- €) als zu hoch ansieht, folgt der Senat dem nicht. Am 2. und 4. Verhandlungstag hat die Verhandlungsdauer zwischen 5 und 8 Stunden betragen. Dies rechtfertigt bereits einen Ansatz im oberen Bereich. Den besonders hohen Ansatz am 2. Tag hat der Verteidiger nachvollziehbar mit seinem Vorbereitungsaufwand auf die Vernehmung des Hauptbelastungszeugen gerechtfertigt. Was den 7. Verhandlungstag anbelangt, berücksichtigt die angefochtene Entscheidung bei 3-stündiger Hauptverhandlung zu Recht die Mittelgebühr. Der Gebührenansatz am 8. Verhandlungstag findet trotz der nur 1 1/2-stündigen Dauer der Hauptverhandlung seine Berechtigung in dem mit dem Plädoyer verbundenen Vorbereitungsaufwand.

Die Kostenentscheidung folgt entsprechend aus § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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