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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 21.11.2006
Aktenzeichen: 2 Ws 585/06
Rechtsgebiete: JVEG


Vorschriften:

JVEG § 7
JVEG § 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Ws 585/06

In der Todesermittlungssache

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die Beschwerde der Landeskasse vom 4.10.2006 gegen den Beschluss der 7. großen Strafkammer des Landgerichts Bonn vom 26.9.2006, Az. 37 Qs 37/06, durch den zugunsten der Antragstellerin weitere erstattungsfähige Kosten in Höhe von 6,96 € festgesetzt worden sind, unter Mitwirkung der Richter am Oberlandesgericht Scheiter, Dr. Schmidt und Dr. Weber

am 21.11.2006

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss wird unter Zurückweisung des Antrages der Antragstellerin vom 7.3.2006, soweit hiermit die Festsetzung von Fotokopierkosten in Höhe von 6,- € zuzüglich Mehrwertsteuer geltend gemacht worden ist, aufgehoben.

Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft Bonn beauftragte die Antragstellerin am 23.1.2006 mit der Leichenöffnung des am 22.1.2006 im K.-Krankenhaus in C. verstorbenen S. Q. B.. Die Antragstellerin erstattete am 18.2.2006 ein 12-seitiges Sektionsprotokoll nebst vorläufigem Gutachten zur Todesursache. Hiernach konnte die Todesursache auf der Grundlage der Obduktion nicht eindeutig festgestellt werden. Die Kosten der Antragstellerin wurden bis auf einen Restbetrag von 6,- € zuzüglich Mehrwertsteuer vollständig ausgeglichen. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen, die infolge einer Kopie des Gutachtens für die Handakte eines der beiden Obduzenten entstanden sind. Wegen dieses Restbetrages erfolgte keine Festsetzung, nachdem sich der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Bonn gegen eine Erstattung ausgesprochen hatte.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 7 Satz 2 JVEG zugunsten der Antragstellerin den Betrag von 6,96 € festgesetzt. Zugleich hat es wegen grundsätzlicher Bedeutung die Beschwerde zugelassen. Der Bezirksrevisor beim Landgericht Bonn hat daraufhin mit Schreiben vom 4.10.2006 Beschwerde erhoben. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 17.11.2006 zur Beschwerde Stellung genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Landgericht hat zugunsten der Antragstellerin zu Unrecht einen Betrag von 6,96 € für Kopierkosten festgesetzt.

Die Beschwerde ist nach der Zulassung durch das Landgericht gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig. Weil das Landgericht über den Antrag als Kammer entschieden hat, obliegt die Beschwerdeentscheidung ebenfalls dem Senat (vgl. § 4 Abs. 7 S. 1 JVEG).

Die Beschwerde ist auch begründet.

Im Gegensatz zum früheren Recht (vgl. dazu § 11 Abs. 2 ZSEG) enthält das JVEG keine ausdrückliche Regelung über die Erstattungsfähigkeit von Kosten, welche für Kopien des Gutachtens für die Handakte des Sachverständigen entstehen. Ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch lässt sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang des JVEG herleiten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass diese Aufwendungen als Gemeinkosten im Sinne § 12 Abs. 1 S. 1 JVEG durch das dem Sachverständigen nach § 9 Abs. 1 JVEG zustehende Honorar abgedeckt sind.

Ein Anspruch auf Ersatz der Kopierkosten lässt sich weder aus § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG (so das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung) noch mit einem Hinweis auf § 7 Abs. 2 S. 3 JVEG (OLG Düsseldorf B. v. 3.1.2006, III 3 Ws 493/05, JMBl NW 2006, 129, <130>; OLG Stuttgart B. v. 12.9.2005, 1 Ws 211/05, NStZ 2006, 240) begründen.

Mit der Neuregelung des Sachverständigenhonorars im JVEG ist eine Umstellung von dem früher geltenden Entschädigungsprinzip auf das Vergütungsprinzip erfolgt. Dem Sachverständigen wird nach §§ 9 ff. JVEG ein Honorar zugebilligt, welches so bemessen ist, dass es die mit der Erstattung des Gutachtens üblicherweise einhergehenden Gemeinkosten abdeckt. Hierzu zählen in erster Linie die mit dem Bürobetrieb verbundenen Kosten und Aufwendungen (BT-Ds. 15/1971, 181, 182, 184). Der Senat rechnet die dem Sachverständigen mit der Anfertigung einer Gutachtenkopie für die Handakten entstehenden Aufwendungen diesen Gemeinkosten zu (so auch OLG München B.v. 28.11.2005, 2 Ws 1194/05, wistra 2006, 120; OLG Bamberg B.v. 23.9.2005, 1 W 53/05, Rdn. 11 ff., zit. nach Juris; OLG Schleswig B. v. 7.6.2005, 2 Ws 203/05 u.a., SchlHA 2006, 95; Hess. Landessozialgericht B.v. 11.4.2005, L 2/9 SF 82/04, Rdn. 19, zit. n. Juris).

Eine Kopie für die Handakten kann aus verschiedenen Gründen geboten sein. Sie kann dem Nachweis für die Tätigkeit des Sachverständigen dienen. Der Sachverständige kann sich eine Kopie des Gutachtens auch fertigen, um in anderen Fällen auf die Erkenntnisse aus dem Gutachten zurückzugreifen. Diese beiden Zwecke sind ohne Zweifel dem allgemeinen Bürobetrieb des Sachverständigen zuzurechnen. Die Kopie kann aber auch gefertigt werden, um mögliche Rückfragen des Auftraggebers oder anderer Stellen zum Gutachten zu beantworten. Auch dieser Zweck der Anfertigung einer Kopie ist nach Auffassung des Senats jedoch dem allgemeinen Bürobetrieb zuzurechnen. Zwar ist die Anfertigung einer Kopie in diesem Rahmen durch ein Bedürfnis des Auftraggebers veranlasst, die dadurch entstehenden Aufwendungen begründen aber gleichwohl keine besonderen Kosten i.S. § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG. Es ist nämlich als selbstverständlich anzusehen, dass der Sachverständige in der Lage ist, Rückfragen seines Auftraggebers zu beantworten. Es obliegt der Büroorganisation des Sachverständigen, wie er dies sicherstellt. Eine Möglichkeit hierzu bietet die Fertigung einer Kopie des Gutachtens für die Handakte dar. Ebenso gut könnte der Sachverständige auch auf das als Datei in elektronischer Form vorhandene Gutachten zurückgreifen. Hiermit verbundene Aufwendungen sind allgemein und notwendigerweise mit der Gutachtenerstellung verbunden und fallen daher unter die üblichen Gemeinkosten des Sachverständigen.

Mit dieser Sichtweise entfällt auch der von der Rechtsprechung teilweise angebrachte Hinweis auf § 7 Abs. 2 S. 3 JVEG (OLG Düsseldorf, OLG Stuttgart, a.a.O.). Wenn der Sachverständige die Gerichtsakten anfordert, um sich hieraus eine Ablichtung seines eigenen Gutachtens zu fertigen, können die Kopierkosten auch nicht nach dieser Vorschrift ersetzt werden. Der Sachverständige hat vielmehr im Rahmen seiner allgemeinen Büroorganisation nach Fertigstellung des Gutachtens dafür Sorge zu tragen, dass er sich bei Rückfragen über dessen Inhalt erneut unterrichten kann.

III.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Ende der Entscheidung

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