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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 06.01.2006
Aktenzeichen: 2 Ws 9/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 68b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Ws 9/06

In der Wiederaufnahmesache

hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die sofortige Beschwerde des Zeugenbeistands vom 13.12.2005 gegen den Beschluss des Landgerichts Bonn vom 29.11.2005 - 22 N 3/05 - unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Doleisch von Dolsperg sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. Schmidt und Dr. Weber

am 6.1.2006

beschlossen:

Tenor:

1. Der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 5.10.2005, mit dem zugunsten des Beschwerdeführers eine Vergütung von 367,26 € festgesetzt wurde, wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zugunsten des Beschwerdeführers wird eine Vergütung in Höhe von 511,10 € festgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer, welcher der Zeugin E. N. für die Dauer ihrer Vernehmung in dem von dem Verurteilten angestrengten Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Bonn am 23.3.2005 gemäß § 68 b Satz 1 StPO als Zeugenbeistand bestellt worden ist, beantragte mit Schriftsatz vom 24.3.2005 die Festsetzung seiner Vergütung als Zeugenbeistand auf den Betrag von 1.115,46 €. Nach Anhörung des Bezirksrevisors setzte der Rechtspfleger als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle die Vergütung durch Beschluss vom 17.8.2005 auf 511,10 € fest. Dagegen legten sowohl der Beschwerdeführer als auch der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Bonn als Vertreter der Landeskasse Rechtsmittel ein. Dem Rechtsmittel der Landeskasse half der Rechtspfleger durch Beschluss vom 5.10.2005 in der Weise (klarstellend) ab, dass als Vergütung nur ein Betrag von 367,26 € festgesetzt werde. Dem Rechtsmittel des Beschwerdeführers half der Rechtspfleger nicht ab und legte die Sache mit Beschluss vom 31.8.2005 "der Kammer gemäß § 56 I 1 RVG" vor. Die 2. gr. Strafkammer des Landgerichts half der Beschwerde ebenso nicht ab und legte diese mit Beschluss vom 6.9.2005 dem Senat zur Entscheidung vor.

Nachdem der Senat die Sache unter Hinweis auf die Zuständigkeit des Einzelrichters an das Landgericht zurückgegeben hat, hat der Einzelrichter der Erinnerung durch Beschluss vom 29.11.2005 erneut nicht abgeholfen. Gegen diesen am 6.12.2005 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit einem am 13.12.2005 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat diese dem Senat vorgelegt, nachdem es ihr durch Beschluss vom 14.12.2005 erneut nicht abgeholfen hat.

II.

Die nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Beschwerdeführer kann über die bereits durch das Landgericht festgesetzte Vergütung hinaus eine weitere Vergütung in Höhe einer Verfahrensgebühr nach Ziff. 4138, 4112 Vergütungsverzeichnis zum RGV (VV) verlangen.

Zutreffend hat das Landgericht zunächst die vom Beschwerdeführer geforderte Grundgebühr abgelehnt. Da der Beschwerdeführer im Wiederaufnahmeverfahren tätig geworden ist, fällt eine solche Gebühr ausweislich der Vorbemerkung 4.1.4 zum Unterabschnitt 4 VV von vornherein nicht an.

Demgegenüber steht dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Zeugenbeistand nach § 68 b StPO eine Verfahrensgebühr zu.

Das RVG regelt erstmals die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Beistand für einen Zeugen ausdrücklich. Dies erfolgt in den Vorbemerkungen zu den einzelnen Teilen des Gebührenverzeichnisses. Nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil 4 des VV sind für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand die für Verteidiger geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Die Gleichstellung hinsichtlich des Gebührenansatzes war ausdrückliche Intention des Gesetzgebers (BT-Ds. 15/1971, S. 145; vgl. dazu auch: Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl. 2005, VV Teil 4 Vorbem. 4, Rdn. 22; Römermann/Hartung-Hartung, RVG, 2004, VV Teil 4, Rdn. 27; Göttlich/Mümmler, RVG, 1. Aufl. 2004, Anm. 3 zum Stichwort "Beistand", S. 128 f.). Für das Wiederaufnahmeverfahren wird dies in den Gebührentatbeständen Nr. 4136 ff. VV zum Ausdruck gebracht. Hieraus folgt, dass der dem Zeugen beigeordnete Rechtsanwalt grundsätzlich auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4138 beanspruchen kann (zutreffend: KG, B. v. 18.7.2005, 3 Ws 323/05, RPfl 2005, 694, 695). Dies ist sachlich gerechtfertigt, weil der Zeugenbeistand über die Teilnahme an der Vernehmung des Zeugen hinaus in aller Regel auch im Rahmen der Terminsvorbereitung, etwa durch eine Besprechung mit dem Zeugen, tätig wird.

Eine andere Entscheidung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes gerechtfertigt, dass die Kammer der Zeugin den Beistand entsprechend der Regelung in § 68 b S. 1 StPO lediglich "für die Dauer ihrer Vernehmung" beigeordnet hat. Hieraus lässt sich keine Beschränkung der Vergütung auf die Terminsgebühr herleiten. Dies folgt zunächst aus den oben genannten Gründen zur Gleichstellung der Vergütung von Zeugenbeistand und Verteidiger und der gesetzlichen Regelung (vgl. KG a.a.O.). Darüber hinaus wäre eine solche Beschränkung auch nicht mit Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar. Die Beiordnung nach § 68 b StPO soll eine Verbesserung der Rechtsstellung schutzbedürftiger Zeugen in bestimmten Vernehmenssituationen erreichen. Durch die Unterstützung eines anwaltlichen Beistandes sollen die Zeugen in die Lage versetzt werden, ihnen zustehende Abwehr- und Schutzrechte geltend zu machen (Karlsruher Kommentar-Senge, StPO, 5. Aufl. 2003, § 68 b, Rdn. 2). Aus dieser Intention folgt das Gebot zur Gewährleistung eines wirkungsvollen Beistandes. Dem kann nur dadurch Rechnung getragen werden, dass sich der Rechtsanwalt auf die Vernehmung im Rahmen der ihm als Beistand zustehenden Befugnisse angemessen vorbereitet. Für diese Vorbereitung muss ihm folglich auch eine Vergütung zustehen.

Die dem Beschwerdeführer zustehende Verfahrensgebühr entfällt auch nicht deshalb, weil er sich zudem in dem gegen die Zeugin geführten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes falscher Verdächtigung als Wahlverteidiger bestellt hat. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich um getrennte Verfahren handelte, die im Grundsatz auch getrennt abzurechnen sind. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass aufgrund der Tätigkeit als Wahlverteidiger im Ermittlungsverfahren die für die Zeugenvernehmung im Wiederaufnahmeverfahren notwendige Vorbereitung weitgehend entfallen ist.

Die Gebührenfestsetzung des Landgerichts ist daher um eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4138, 4112 VV in Höhe von 124,- € zuzüglich Mehrwertsteuer zu korrigieren. Im Übrigen verbleibt es bei den bereits festgesetzten Gebühren.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 S. 2 und 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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