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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 11.09.2006
Aktenzeichen: 2 Wx 13/06
Rechtsgebiete: BeurkG, BNotO


Vorschriften:

BeurkG § 54
BNotO § 15 II
Gegen die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung einer Urkunde durch den Notar bzw. deren Ankündigung sieht weder das BeurkG noch die BNotO ein Rechtsmittel vor. Der in § 54 BeurkG eröffnete Beschwerderechtszug gibt lediglich dem Gläubiger die Möglichkeit, seinen Anspruch auf Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung durchzusetzen. Der Schuldner kann Einwendungen im Wege der allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehlfe geltend machen.
Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 7. Juni 2006 gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. April 2005 - 11 T 258/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Abänderung der Beschwerdeentscheidung die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wird.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde einschließlich der der Beteiligten zu 3) in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen haben die Beteiligten zu 1) und 2) zu tragen.

Gründe:

1.

Der Notar beurkundete am 29. Oktober 2001 (Urkundenrolle-Nr. xxx/2001) ein Schuldanerkenntnis der Beteiligten zu 1) und 2) mit folgendem Inhalt (Hülle Bl. 4 d.BA. 378 AR 70/05 Amtsgericht Köln):

"1.

Wir erkennen an, als Gesamtschuldner, der

I. T. GmbH & Co. KG

I-Straße 127-129

##### J

- nachstehend "Gläubigerin" genannt, einen Betrag von DM 200.000,00 (in Worten: Deutsche Mark zweihunderttausend) zu schulden (Schuldanerkenntnis im Sinne der §§ 780 f. BGB).

2.

Wegen der vorstehenden Zahlungsverpflichtung unterwerfen wir uns der Gläubigerin gegenüber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in unser gesamtes Vermögen.

Der Gläubigerin soll sofort eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt werden.

3. Die Notargebühren tragen wir."

Die Gläubigerin ist die Beteiligte zu 3) und firmiert nunmehr unter der im Rubrum aufgenommenen Bezeichnung. Der Notar erteilte am 30. Oktober 2001 den Beteiligten zu 1) und 2) jeweils eine Ausfertigung und der Gläubigerin eine einfache und eine vollstreckbare Ausfertigung, die er weisungsgemäß zu Händen der Beteiligten zu 1) und 2) versandte. Die vollstreckbare Ausfertigung befindet sich bis heute bei den Beteiligten zu 1) und 2), die einfache Ausfertigung übergaben die Beteiligten zu 1) und 2) an die Beteiligte zu 3).

Mit Schriftsatz ihrer jetzigen Verfahrensbevollmächtigten vom 13. Juni 2005 (Bl. 1 ff. d.BA. 378 AR 70/05 Amtsgericht Köln) beantragte die Beteiligte zu 3) beim Amtsgericht Köln die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde. Unter dem 16. Juni 2005 stellte der Notar den Antrag, über das Begehren der Beteiligten zu 3) die gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Durch Beschluss vom 31. August 2005 (Bl. 23 d.BA. 378 AR 70/05 Amtsgericht Köln) ermächtigte der Rechtspfleger den Notar, antragsgemäß eine zweite vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen. Die hiergegen von den Beteiligten zu 1) und 2) erhobene Beschwerde vom 27. September 2005 wies das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 13. Dezember 2005 (Bl. 48 ff. d.BA. 378 AR 70/05 Amtsgericht Köln) mit der Begründung zurück, die Beschwerde gegen den Beschluss des Rechtspflegers sei unzulässig.

Durch Vorbescheid vom 13. Oktober 2005 hat der Notar angekündigt (Bl. 2 ff. d.GA.), er werde zugunsten der Gläubigerin eine weitere vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilen, falls ihm nicht innerhalb von 14 Tagen nachgewiesen werde, dass gegen diesen Vorbescheid gem. § 15 Abs. 2 BNotO Beschwerde eingelegt wurde. Hiergegen haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 (Bl. 1 d.GA.) Beschwerde mit der Begründung erhoben, die Voraussetzungen für die Übergabe einer vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde an die Gläubigerin seien nicht gegeben. Mit Beschluss vom 24. April 2006 hat das Landgericht (11 T 258/05) die Beschwerde zurückgewiesen (Bl. 70 ff. d.GA.). Gegen diesen am 24. Mai 2006 zugestellten Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit der weiteren Beschwerde vom 7. Juni 2006 (Bl. 81 ff. GA.).

2.

Das gemäß § 27 Abs. 1 FGG zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die beim Landgericht erhobene Erstbeschwerde ist - was der Senat als Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen hat (BGH, NJW 1982, 224 [226]; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Auflage 2003, § 27 Rn 15) - bereits unstatthaft und daher unzulässig. Die Voraussetzungen für eine Anfechtung des notariellen Vorbescheides vom 13. Oktober 2005 liegen nicht vor.

a)

Das Landgericht hat die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 25. Oktober 2005 - entsprechend der Auffassung des Notars in dem Vorbescheid - als Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO behandelt. Vorliegend ist indes der Beschwerdeweg nach dieser Vorschrift bei einer Entscheidung über die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung einer Urkunde nicht eröffnet. Grundsätzlich ist zwar § 15 BNotO die Generalklausel für Rechtsmittel gegen notarielle Amtstätigkeiten. Die Vorschrift erfasst mittlerweile nicht mehr nur alle Fälle der Verweigerung der Urkundstätigkeit, sondern auch Handlungen des Notars im Rahmen der Verwahrung auf Anderkonto, der Vollzugspflichten nach § 53 BeurkG (Senat, OLGZ 1990, 397 [398]; Senat, OLGR 2000, 37 [38]) oder im Rahmen von sonstigen Treuhandtätigkeiten im Sinne des § 24 BNotO (vgl. die Nachweise bei Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO/BeurkG, 2. Auflage 2004, § 15 BNotO Rn. 32, 34; Eylmann/Vaasen/Limmer, aaO, § 54 BeurkG Rn. 1). Für Teilbereiche sieht indes § 54 BeurkG ein vorrangiges und damit § 15 Abs. 2 BNotO verdrängendes Rechtsmittel vor (Eylmann/Vaasen/Frenz, aaO, § 15 Rn. 32). Insoweit findet nach § 54 Abs. 1 BeurkG die Beschwerde zum Landgericht statt, wenn der Notar die Erteilung einer Vollstreckungsklausel verweigert, wenn er sich weigert, die Urschrift einer Urkunde nach § 45 BeurkG herauszugeben, wenn er sich weigert, die Urschrift einer Niederschrift nach § 46 BeurkG zu ersetzen bzw., wenn er sich weigert, eine Ausfertigung, beglaubigte oder einfache Abschrift zu erteilen oder Einsicht in die Urschrift zu gewähren (§ 51 BeurkG). Daneben ist auch dann ein Rechtsmittel nach § 54 BeurkG gegeben, wenn die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung verweigert wird (vgl. BayObLG, FGPrax 2000, 41 [42]).

Vorliegend ist die Erstbeschwerde auch nicht nach § 54 BeurkG statthaft. Die Beteiligten zu 1) und 2) verlangen mit ihrem Rechtsmittel nicht die Erteilung einer von dem Notar verweigerten (weiteren) vollstreckbaren Ausfertigung. Vielmehr wenden sie sich gegen die Ankündigung des Notars, nunmehr eine weitere vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen, falls nicht innerhalb von vierzehn Tagen ein Rechtsmittel eingelegt werde. Damit greifen sie die (beabsichtigte) Erteilung der weiteren vollstreckbaren Ausfertigung an. Zur Durchsetzung eines solchen Begehrens sieht auch das Beurkundungsgesetz kein Rechtsmittel vor. Dies gilt selbst dann, wenn der Notar die Erteilung einer (ersten oder weiteren) vollstreckbaren Ausfertigung zunächst nur ankündigt. Insoweit ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der rechtswissenschaftlichen Literatur allgemein anerkannt, dass ein Schuldner grundsätzlich auf die Entschließung des Notars zur Klauselerteilung durch ein Rechtsmittel keinen Einfluss nehmen kann (OLG Düsseldorf, FGPrax 1999, 34; OLG Frankfurt, OLGZ 1982, 201 [202]; OLG Frankfurt, OLGR 1997, 204; Schippel/Reithmann, BNotO, 7. Auflage 2000, § 15 Rn. 82). Vielmehr gibt § 54 BeurkG lediglich dem Gläubiger die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung des Notars herbeizuführen und so seinen Anspruch auf Erteilung einer vollstreckbaren bzw. einer weiteren Ausfertigung durchzusetzen (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1999, 861).

Die von dem Notar in dem Vorbescheid vom 13. Oktober 2005 erteilte Belehrung über die Möglichkeit einer Anfechtung der angekündigten Entscheidung führt nicht zur Zulässigkeit der Erstbeschwerde. Eine unrichtige Belehrung über die Möglichkeit eines Rechtsmittels eröffnet auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht etwa ein gesetzlich nicht statthaftes Rechtsmittel (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Meyer-Holz, FGG, 15. Auflage 2003, Vorb §§ 8-18 Rn. 20). Diese Beschränkung der gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeiten ist nicht unbillig, da der Schuldner anderweitig seine Belange ausreichend verfolgen kann und damit umfassenden Rechtsschutz besitzt. Formelle Einwendungen gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel kann er mit der Klauselerinnerung (§ 732 i.V.m. § 767 Abs. 3 ZPO), materiell-rechtliche Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bzw. Klauselgegenklage (§§ 767, 768 ZPO i.V.m. § 797 Abs. 4, 5 ZPO) oder - soweit sie die Wirksamkeit der Unterwerfungsklausel betreffen - nach den von dem BGH hierzu entwickelten Grundsätzen analog § 767 ZO bzw. im Wege der Feststellungsklage geltend machen (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 1997, 204; OLG Hamm, NJW-RR 1999, 861; Huhn/von Schuckmann, aaO, § 54 Rn. 11; Schippel/Reithmann, aaO, § 15 Rn. 82; Winkler, aaO, § 54 Rn 13).

b)

Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der von der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde mehrfach herangezogene Beschluss des LG Schwerin vom 23. April 1997, 5 T 21/96 (abgedruckt NotBZ 1997, 138) durch Beschluss des OLG Rostock vom 20. März 2001, 1 W 137/01 (abgedruckt u.a. OLGR 2001, 485) aufgehoben und der Notar in dem dortigen Fall angewiesen worden ist, der Gläubigerin eine weitere vollstreckbare Ausfertigung seiner Urkunde zu erteilen. Zur Begründung hat das OLG Rostock unter anderem ausgeführt, dass der Notar schon aufgrund des gemäß § 797 Abs. 3 ZPO ergangenen Beschlusses des Amtsgerichts zur Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung seiner Urkunde verpflichtet ist. Der Beschluss enthalte eine entsprechende Anweisung, die der Notar zu befolgen habe, sofern keine übrige Ausfertigungsvoraussetzung fehle.

3.

Da die weitere Beschwerde sonach im Ergebnis keinen Erfolg hat, haben die Beteiligten zu 1) und 2) aufgrund der zwingenden Vorschrift des § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG die der Beteiligten zu 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde vor dem Senat entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Dem Notar waren keine Kosten aufzuerlegen, da er am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt ist (vgl. nur OLG Düsseldorf, DNotZ 1996, 539 [541]; Senat, MittRhNotK 1993, 169 [170]; Senat, Beschluss vom 11. August 2000, 2 Wx 28/00 m.w.N.; Winkler, aaO, § 54 Rn. 14).

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 102.258,38 € = 200.000,00 DM

(Den Beschwerdewert setzt der Senat nach §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO in Höhe des Betrages der nach Erteilung der Ausfertigung vollstreckbaren Forderung fest; vgl. OLG Rostock, OLGR 2001, 485).

Ende der Entscheidung

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