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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 20.11.2006
Aktenzeichen: 2 Wx 20/06
Rechtsgebiete: BNotO, FGG, ZPO, BeurkG, BGB, GBO


Vorschriften:

BNotO § 14 Abs. 2
BNotO § 15
BNotO § 15 Abs. 2
BNotO § 15 Abs. 2 Satz 1
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 27 Abs. 1
ZPO § 545
BeurkG § 6 Abs. 2
BeurkG § 17 Abs. 1
BeurkG § 53
BGB § 366
BGB § 367
GBO § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 7. September 2006 - 11 T 49/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde einschließlich der dem Beteiligten zu 2) in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.

Gründe:

Die gemäß den §§ 15 Abs. 2 BNotO, 27 Abs. 1 FGG statthafte (vgl. Eylmann/ Vaasen/Frenz, Bundesnotarordnung, Beurkundungsgesetz, 2. Auf. 2004, § 15 BNotO, Rdn. 51), in rechter Form (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG) eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 27 Abs. 1 FGG, 545 ZPO.

Das Landgericht hat die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) gegen die Ankündigung im Schreiben der Notarin vom 20. Januar 2006, daß sie den Antrag auf Umschreibung des Eigentums an dem von der Beteiligten zu 1) an den Beteiligten zu 2) verkauften Grundbesitz beim Grundbuchamt stellen werde, zu Recht als zulässig angesehen. Auch gegen einen solchen Vorbescheid, mit dem der Notar ankündigt, er werde die Urkunde gemäß § 53 BeurkG entgegen der Weisung eines Beteiligten zum Vollzug beim Grundbuchamt einreichen, ist die Beschwerde nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO statthaft (vgl. BayObLGZ 1995, 204 [207]; BayObLG FGPrax 1998, 78 [79]). Zur Urkundstätigkeit des Notars im Sinne von § 15 BNotO gehört auch das sich anschließende Vollzugsverfahren (vgl. Senat, OLGZ 1990, 379 [380]; Senat, JurBüro 2000, 212; BayObLG FGPrax 1998, 78 [79]; OLG Hamm, FGPrax 2006, 176; OLG Zweibrücken, FGPrax 2002, 82). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) nach § 20 Abs.1 FGG ergibt sich daraus, daß sie geltend macht, die Notarin sei ihr gegenüber verpflichtet, den Antrag auf Umschreibung des Eigentums nicht zu stellen. Ob diese Auffassung richtig ist, ist eine Frage der Begründetheit des Rechtsmittels (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2006, 176). Das Landgericht hat auch zutreffend nicht die Notarin, die der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) in seiner Beschwerdeschrift vom 15. Februar 2006 fehlerhaft als Beschwerdegegnerin angeführt hatte, sondern den Käufer des Grundstücks als Beschwerdegegner behandelt. In dem Beschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO nimmt der Notar die Stelle der ersten Instanz im Sinne der Bestimmungen des FGG, nicht die eines Beschwerdegegners oder sonstigen Verfahrensbeteiligten ein (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2006, 176; OLG Naumburg, FGPrax 2005, 272). Hiervon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen. Dagegen wendet sich die weitere Beschwerde auch nicht.

Die weitere Beschwerde richtet sich vielmehr dagegen, daß das Landgericht die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) als unbegründet zurückgewiesen hat. Auch insoweit hält die angefochtene Entscheidung des Landgerichts indes der rechtlichen Überprüfung durch den Senat stand. Die Verkäufer, nämlich die Beteiligte zu 1) und Herr N. G., haben in der Urkunde des Notars Dr. I. in H. vom 14. Juli 2004 zugleich mit der Annahme des ihnen von dem Beteiligten zu 2) in der Urkunde der Notarin T. vom 22. Juni 2004 unterbreiteten Angebots zum Abschluß eines Kaufvertrages über das im Grundbuch von H. des Amtsgerichts Gera, Blatt xxx91, verzeichneten Grundstück die Auflassung erklärt, und zwar sowohl im eigenen Namen als auch im Namen und kraft der ihnen in der Urkunde vom 22. Juni 2004 erteilten entsprechenden Vollmacht des Erwerbers, des Beteiligten zu 2). Die mit dieser Auflassung abgegebenen Erklärungen sind Willenserklärungen im Sinne von § 53 BeurkG, welche die Notarin gemäß der ihr durch die Bestimmung unter Ziff. II, 4 Satz 2 des Kaufvertrages von beiden Seiten übereinstimmend erteilten Weisung zum Vollzug bei dem Grundbuchamt einzureichen hat. Nach dem klaren Wortlaut des § 53 BeurkG gilt dies nur dann nicht, wenn alle Beteiligten gemeinsam etwas anderes verlangen. Der Notar darf deshalb nach Vollzugsreife nicht schon dann davon absehen, die Auflassung und den Antrag auf Umschreibung des Eigentums bei dem Grundbuchamt einzureichen, wenn nur einzelne Beteiligte den Vollzugsauftrag zurücknehmen oder den Notar anweisen, von einer Vorlage der Urkunde beim Grundbuchamt abzusehen (vgl. Senat, OLGZ 1990, 397 [401]; Senat, JurBüro 2000, 212; BayObLG DNotZ 1998, 646 [648]; BayObLG NJW-RR 2000, 1231 [1232]; OLG Zweibrücken, FGPrax 2002, 85). Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Notar nach § 14 Abs. 2 BNotO deshalb an der Antragstellung gehindert ist, weil nach hoher Wahrscheinlichkeit das Grundbuch durch den Vollzug der Urkunde unrichtig würde, oder wenn eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der mit der Umschreibung im Grundbuch zu erfüllende schuldrechtliche Vertrag unwirksam ist (vgl. Senat, a.a.O.; BayObLG, a.a.O.). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Insbesondere berühren Meinungsverschiedenheiten der Beteiligten über die Verrechnung der Zahlung des Käufers weder die Wirksamkeit des Kaufvertrages noch die der Auflassung. Es ist auch nicht Aufgabe eines Notars, solche zwischen den Parteien streitig gewordene Fragen zu klären und zu entscheiden.

Die Notarin durfte und darf von dem weiteren Vollzug der Urkunde daher nur nach Maßgabe der ihr von den Vertragsparteien gemeinsam - durch die Regelung unter Ziff. II 4 Satz 2 des Kaufvertrages - erteilten Weisung absehen. Hierin wurde die Notarin angewiesen, die Eigentumsumschreibung nur zu beantragen, wenn sie sich von der Zahlung eines Betrages, der dem vereinbarten Kaufpreis entspricht, überzeugt hat und ihr entsprechende Nachweise hierüber vorliegen. Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts erfüllt: Unter dem 1. Dezember 2005 überwies der Beteiligte zu 2) einen Betrag in Höhe von EUR 155.000,--, also in Höhe des in Ziff. II 1 des Kaufvertrages vereinbarten Kaufpreises, auf das in dem Vertrag bezeichnete Konto der Verkäufer. Dies stellt auch die weitere Beschwerde nicht in Abrede. Sie führt vielmehr selbst aus, daß der Notarin eine Zahlung "in Höhe des Kaufpreises" nachgewiesen worden sei, und beanstandet lediglich, das dies im Hinblick auf weitere Ansprüche der Verkäufer, u.a. auf Verzugszinsen, angesichts der Regelung der §§ 366, 367 BGB nicht bedeute, daß der Kaufpreis gezahlt sei. Darauf kommt es indes nicht an. Denn nach der genannten Regelung des Vertrages obliegt der Notarin nicht die Überprüfung der Verrechnung der geleisteten Zahlungen, sondern allein die des Eingangs eines Betrages in Höhe des vereinbarten Kaufpreises.

Das Landgericht hat die fragliche Bestimmung des Vertrages in diesem Sinne verstanden. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Auslegung der zwischen den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen einschließlich der Auslegung der darin enthaltenen gemeinsamen Weisungen für die Vollzugstätigkeit des Notars ist Aufgabe des Tatrichters (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2006, 176 [177]). Die weitere Beschwerde im Verfahren nach den §§ 15 Abs. 2 BNotO, 27 Abs. 1 FGG ist eine Rechtsbeschwerde (vgl. Senat, JurBüro 2000, 212 [213]; Eylmann/Vaasen/Frenz, a.a.O., § 15, Rdn. 53). Der Senat als Rechtsbeschwerdegericht kann die Auslegung des Tatrichters somit nur auf Rechtsfehler, mithin nur daraufhin überprüfen, ob sie nach den Denkgesetzen und der feststehenden Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln im Einklang steht, dem klaren Sinn und Wort der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2006, 176 [177]; Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 27, Rdn. 49 mit weit. Nachw.). Dieser Überprüfung hält der angefochtene Beschluß stand. Nach dem Wortlaut der Ziff. II 4 Satz 1 des Kaufvertrages unterlag die "Zahlung des Kaufpreises (nicht etwaiger Zinsen)" der Überwachung der Notarin. Es ist allgemein anerkannt, daß es einem Notar im Zusammenhang mit der Wahrnehmung seiner Amtspflichten bei der Ausführung eines Treuhandauftrages oder beim Vollzug einer Urkunde verwehrt ist, in eigene Ermittlungen über die Berechtigung gegensätzlicher Standpunkte der Beteiligten einzutreten und einen solchen Streit zu entscheiden. Der Notar müßte dadurch seine neutrale Rolle aufgeben. Deshalb kann eine Vollzugsanweisung, die den Notar ihrem Wortlaut nach lediglich zur Prüfung der Kaufpreiszahlung verpflichtet, nicht dahin ausgelegt werden, daß sich der zu erbringende Nachweis auch auf Nebenforderungen, wie Verzugszinsen, Rechtsverfolgungskosten oder sonstige Schadensersatzansprüche zu erstrecken hat (vgl. OLG Hamm, FGPrax 2003, 186; OLG Hamm, FGPrax 2006, 176 [177]). Die regelmäßige Bedeutung des Begriffs des Kaufpreises bezeichnet nur die Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums, nicht hingegen etwaige Nebenforderungen, die infolge von Leistungsstörungen auftreten können. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß durch den Zusatz "nicht etwaiger Zinsen" ausdrücklich hervorgehoben wurde, daß sich die Überwachung der Notarin darauf nicht erstrecken sollte, und daß der weitere Vollzug ausdrücklich nur an die Zahlung "eines Betrages, der dem vereinbarten Kaufpreis entspricht" geknüpft wurde. Deshalb ist die dem klaren und eindeutigen Wortlaut entsprechende Auslegung der Urkunde durch das Landgericht dahin, daß der Vollzug nur von Nachweis der Zahlung eines Betrages in entsprechender Höhe, nicht aber von der Überprüfung der Verrechnung dieser Zahlung auf den Kaufpreis oder aus sonstige von einer Seite behauptete Ansprüche abhängen sollte, auch nach Auffassung des Senats allein naheliegend, damit jedenfalls aber möglich und deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Dem steht der Einwand der weiteren Beschwerde, die fragliche Bestimmung widerspreche dem Grundgedanken der §§ 366, 367 BGB derart, daß es sich bei ihr um eine überraschende Klausel handele, auf die die Beteiligten hätten hingewiesen werden müssen, aus mehreren unabhängig voneinander gegebenen Gründen nicht entgegen. Die weitere Beschwerde übersieht zunächst, daß es sich bei der in Rede stehenden Bestimmung nicht um eine die beiderseitigen Rechte und Pflichten regelnde Vertragsklausel, sondern um eine dem öffentlichen Recht unterliegende Anweisung an die Notarin handelt, die Urkunde nicht sofort, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen zu vollziehen. Fehl geht zudem der Hinweis der weiteren Beschwerde auf eine vermeintliche Verletzung der Belehrungspflicht. Angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts der Regelung war eine solche Belehrung nicht geboten. Die Rüge der weiteren Beschwerde, daß die Notarin die Käufer "mündlich im Beurkundungstermin" auf die Konsequenzen der Formulierung hätte hinweisen müssen, geht zudem an dem hier vorliegenden, vom Landgericht festgestellten Sachverhalt vorbei. Die Notarin hat den Kaufvertrag lediglich als Teil des Vertragsangebots des Käufers beurkundet. In diesem Termin waren die Käufer nicht anwesend. Ihre Annahmeerklärung ist von Notar Dr. I. in H. beurkundet worden, so daß eine etwa erforderliche Belehrung der Käufer diesem oblegen hatte. Die in § 17 Abs. 1 BeurkG normierten Pflichten bestehen nur gegenüber den formell an einer Beurkundung Beteiligten, also nur gegenüber den Erschienenen im Sinne des § 6 Abs. 2 BeurkG, deren im eigenen oder fremden Namen abgegebene Erklärungen beurkundet werden (vgl. Keidel/ Winkler, BeurkG, 14. Aufl. 1999, § 17, Rdn. 11). Beurkundet ein Notar - wie hier - ein Angebot, so ist er daher grundsätzlich nicht verpflichtet, den Adressaten dieses Angebots über Risiken der Vertragsgestaltung zu belehren; dies obliegt vielmehr demjenigen Notar, der die Annahmeerklärung beurkundet (vgl. BGH NJW 1981, 2705; BGH DNotZ 1995, 494 [495]; Keidel/Winkler, a.a.O., § 17, Rdn. 12). Auch dies hat das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt, wird indes von der weiteren Beschwerde nicht berücksichtigt. Zudem ist die Bestimmung des § 367 BGB dispositiv und kann selbst stillschweigend abbedungen werden (vgl. Erman/Westermann, BGB, 11. Aufl. 2004, § 367, Rdn. 2; Pfeiffer in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2006, § 367, Rdn. 6).

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in der an die Notarin gerichteten Aufforderung der Beteiligten zu 1), vorerst vom weiteren Vollzug des Vertrages abzusehen, zugleich der Widerruf der unter Ziff. IV 2 Abs. 2 des Kaufvertrages erteilten Vollmacht zu sehen ist. Offen bleiben kann auch, ob sich ein solcher einseitiger Widerruf der Vollmacht überhaupt auf die Vollzugspflicht nach § 53 BeurkG auswirkt; denn für die Antragstellung gemäß § 15 GBO genügt es, daß die Notarin weiter von dem Beteiligten zu 2) bevollmächtigt ist. In einem solchen Fall kann der Notar dann jedenfalls die Anträge im Namen eines Antragsberechtigten, hier des Erwerbers, stellen, so daß es nicht darauf ankommt, ob ein anderer Antragsberechtigter die Vollmacht widerrufen hat (vgl. Senat, OLGZ 1990, 397 [401]).

Die weitere Beschwerde muß deshalb zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde : EUR 155.000,--

Ende der Entscheidung

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