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Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 04.08.2008
Aktenzeichen: 2 Wx 27/08
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, GVG, RPflG, KostO


Vorschriften:

HGB § 335
HGB § 335 Abs. 4
HGB § 335 Abs. 5
HGB § 335 Abs. 5 Satz 4
HGB § 335 Abs. 5 Satz 6
ZPO §§ 103 ff.
ZPO § 104
ZPO § 104 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 104 Abs. 3 Satz 1
ZPO § 105
ZPO § 106
ZPO § 107
ZPO § 568 Satz 2
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 567 Abs. 2
GVG § 122
RPflG § 11 Abs. 1
KostO § 156 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 20. Juni 2008 wird der Beschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Bonn vom 10. Juni 2008 - 11 T 33/07 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Oberlandesgericht, an die Rechtspflegerin des Landgerichts zurückverwiesen. Diese wird angewiesen, über das Kostenfestsetzungsgesuch des Beteiligten zu 1) vom 21. Mai 2008 in der Sache zu entscheiden.

Gründe:

1. Der Beschwerdeführer hat sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes durch das C. im Verfahren nach § 335 HGB gewandt. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 2. November 2007 hat der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn durch Beschluß vom 15. Mai 2008 die Ordnungsgeldentscheidung des Bundesamtes vom 17. Oktober 2007 aufgehoben und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeführers, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, der Staatskasse auferlegt.

Mit einem an das Landgericht Bonn gerichteten und dort am 28. Mai 2008 eingegangenen Antrag vom 21. Mai 2008 hat der Beschwerdeführer beantragt, Kosten in Höhe von insgesamt EUR 272,87 gegen die Staatskasse festzusetzen. Mit Beschluß vom 10. Juni 2008, der dem Beschwerdeführer am 18. Juni 2008 zugestellt worden ist, hat die Rechtspflegerin dieses Gesuch als unzulässig verworfen und ausgeführt, nach § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB seien hier die §§ 103 ff. ZPO entsprechend anzuwenden. Daher sei nach § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Kostenfestsetzung des erstinstanzliche Gericht zuständig. Das Landgericht Bonn sei jedoch nicht das Gericht erster Instanz, sondern das Beschwerdegericht und daher für die Bearbeitung des Gesuchs nicht zuständig.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Beschwerdeführer mit der am 26. Juni 2008 bei dem Landgericht eingegangen sofortigen Beschwerde vom 20. Juni 2008. Er führt aus, entgegen der Auffassung des angefochtenen Beschlusses sei das Landgericht "aufgrund Sonderzuständigkeit das Gericht 1. Instanz". Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat der Beschwerde durch Beschluß vom 26. Juni 2008 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Einzelrichter des Oberlandesgerichts hat die Entscheidung über die sofortige Beschwerde durch Beschluß vom 2. Juli 2008 gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Senat in der Besetzung nach § 122 GVG übertragen.

2. Die sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Rechtspflegerin des Landgerichts.

Das Rechtsmittel ist gemäß den §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG in Verbindung mit § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB statthaft. Daß nach § 335 Abs. 5 Satz 4 HGB im Verfahren nach § 335 HGB gegen die Beschwerdeentscheidung des Landgerichts in der Hauptsache keine weitere Beschwerde stattfindet, steht der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde nicht entgegen: Bei dem Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Kostenfestsetzung durch den Rechtspfleger des Landgerichts handelt es sich nicht um eine weitere, sondern um eine Erstbeschwerde. Von der Verweisung des § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB auf die §§ 103 bis 107 ZPO wird auch § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO erfaßt, so daß auch der Rechtsmittelzug des Kostenfestsetzungsverfahrens der Zivilprozeßordnung in Bezug genommen wird. Dieser Rechtsmittelzug wird nicht durch den der Hauptsache begrenzt. § 567 Abs. 2 ZPO steht der Zulässigkeit der Beschwerde hier bereits deshalb nicht entgegen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes im Streitfall EUR 272,87 beträgt und damit die Grenze von EUR 200,-- übersteigt. Die Frage, ob die Wertgrenze des § 567 Abs. 2 ZPO überhaupt anwendbar ist, wenn eine Kostenfestsetzung abgelehnt wird, stellt sich vorliegend deshalb nicht.

Die Beschwerde ist auch begründet. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat ihre Zuständigkeit für die beantragte Kostenfestsetzung zu Unrecht verneint. Nach der durch § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB in Bezug genommenen Bestimmung des § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheidet über den Festsetzungsantrag das Gericht des ersten Rechtszuges. Dies ist hier das Landgericht. Die in § 335 Abs. 4 und 5 HGB geregelte Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens in der Hauptsache als Verfahren der sofortigen Beschwerde mit der Folge, daß das C. in diesem Verfahren der Vorinstanz entspricht, steht dem nicht entgegen. Denn das Bundesamt ist kein Gericht im Sinne von § 104 Abs. 1 ZPO. Die Verweisung des § 335 Abs. 5 Satz 6 HGB auf § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist deshalb so zu lesen, daß die Kostenfestsetzung im Verfahren nach § 335 Abs. 4 und 5 HGB der ersten mit der Sache befaßten gerichtlichen Instanz, und damit dem Landgericht obliegt.

Dieses Ergebnis stimmt mit der Beurteilung der Frage der Zuständigkeit für die Kostenfestsetzung in anderen Fällen überein, in denen das Landgericht als Beschwerdegericht die erste mit der jeweiligen Sache befaßte gerichtliche Instanz, die jeweilige Vorinstanz dagegen kein Gericht ist. So ist im Verfahren der Notarkostenbeschwerde nach § 156 Abs. 1 KostO, die an das Landgericht als Beschwerdegericht zu richten ist, nach einer in diesem Verfahren ergangenen Kostengrundentscheidung aufgrund der Verweisung des § 13 a Abs. 3 FGG (auch) auf § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kostenfestsetzung nach ganz einhelliger Auffassung durch den Rechtspfleger des Landgerichts als der ersten mit der Sache befaßten gerichtlichen Instanz vorzunehmen (vgl. BayObLG, Beschluß vom 28.06.1994 - 3Z BR 165/94, hier zitiert nach juris; BayObLG FGPrax 1999, 77; KG KG-Report 2005, 686; OLG Stuttgart, DNotZ 1077, 59 f.).

Entsprechend ist auch im Fall der Beschwerde nach § 63 Abs. 1 GWB gegen eine Verfügung der Kartellbehörde, das auf eine Kostengrundentscheidung nach § 78 Satz 1 GWB gestützte Kostenfestsetzungsgesuch aufgrund der Verweisung des § 78 Satz 3 GWB (auch) auf § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO bei dem Rechtspfleger des Landgerichts, also des Beschwerdegerichts als der ersten gerichtlichen Instanz anzubringen und von ihm zu bearbeiten (vgl. Bechthold in Bechthold/Otting, Kartellgesetz, 4. Aufl. 2006, § 78, Rdn. 11; Stockmann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2, 4. Aufl. 2007, § 78 GWB, Rdn. 16). Nichts anderes gilt in Patentsachen, bei denen die Verweisung des § 80 Abs. 5 PatG auf das Verfahren der Kostenfestsetzung nach der Zivilprozeßordnung dahin zu verstehen ist, daß die Festsetzung der Kosten für das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren dem Rechtspfleger des Beschwerdegerichts, also des Bundespatentgerichts obliegt (vgl. Schäfers in Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl. 2006, § 80, Rdn. 57; vgl. auch BGH GRUR 1968, 447 ff. "Flaschenkasten" - damals: Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Bundespatentgerichts). Nur für den Fall einer Kostenentscheidung durch die Patentabteilung des Amtes selbst nach § 62 Abs. 1 PatG bestimmt § 62 Abs. 2 Satz 3 PatG, daß der Betrag der zu erstattenden Kosten durch das Patentamt festgesetzt wird (vgl. auch § 80 Abs. 3 VwVfG).

Die angefochtene Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben. Da die Rechtspflegerin des Landgerichts - von ihrem Standpunkt aus folgerichtig - die Kostenrechnung vom 21. Mai 2008 noch nicht geprüft hat, erscheint es angebracht, die Sache hierzu gemäß § 572 Abs. 3 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen. Daher ist dem Landgericht auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu übertragen.

Ende der Entscheidung

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