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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Köln
Beschluss verkündet am 05.11.2004
Aktenzeichen: 2 Wx 33/04
Rechtsgebiete: GmbHG, FGG


Vorschriften:

GmbHG § 70
GmbHG § 71
GmbHG § 72
GmbHG § 73
GmbHG § 73 Abs. 1
GmbHG § 74 Abs. 1 Satz 1
FGG § 27 Abs. 1
FGG § 142
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KÖLN BESCHLUSS

2 Wx 33/04

In der Handelsregistersache

pp.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Schmidt-Eichhorn sowie der Richter am Oberlandesgericht Sternal und Dr. Göbel am 5. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten vom 22. September 2004 werden der Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 14. Mai 2004 - 42 HRB 22336 -, die Nichtabhilfeentscheidung des Amtsgerichts Köln vom 24. Mai 2004 und der Beschluss der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 9. September 2004 - 89 T 24/04 - aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Entscheidung an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen. Das Amtsgericht wird angewiesen, über das Begehren des Beteiligten unter Zurückstellung seiner in dem Beschluss vom 14. Mai 2004 und in der Verfügung vom 24. Mai 2004 geäußerten Bedenken neu zu entscheiden.

Gründe:

1.

Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2003 (18 d.GA.) hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten die Vollziehung der notariellen Urkunde vom 12. Dezember 2003 (Urkundenrolle-Nr. ++++/2003) beantragt. In dieser notariellen Urkunde hat der Beteiligte als Liquidator der GmbH die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft, die Beendigung des Amtes der Geschäftsführer, die Bestellung des Liquidators sowie die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma der Gesellschaft zum Handelsregister angemeldet. Mit der Anmeldung hat der Beteiligte versichert, das Gesellschaftsvermögen sei nach Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger aufgebraucht, eine Ausschüttung an Gesellschafter sei nicht erfolgt und ein zu verteilendes Gesellschaftsvermögen sei nicht mehr vorhanden. Der Rechtspfleger hat die Person des Liquidators und die Auflösung der Gesellschaft eingetragen. Den Antrag auf die Eintragung der Löschung hat er mit Beschluss vom 14. Mai 2004 (Bl. 34 d.GA.) mit der Begründung zurückgewiesen, die gleichzeitige Eintragung der Löschung mit der Auflösung der Gesellschaft und der Bestellung des Liquidators widerspreche § 73 GmbHG. Die von dem Liquidator abgegebene Versicherung reiche nicht aus, um auf die dreimalige Veröffentlichung des Gläubigeraufrufs und die Einhaltung des Sperrjahres zu verzichten. Gegen diese Entscheidung hat der Beteiligte mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 21. Mai 2004 (Bl. 36 d.GA.) Beschwerde eingelegt. Dieser hat das Landgericht mit Beschluß vom 9. September 2004 (Bl. 39 ff. d.GA.) nicht stattgegeben. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten vom 22. September 2004. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, es bedürfe nicht des Schutzes unbekannter Gläubiger, da kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden sei. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass durch die Einhaltung des Sperrjahres etwaige Regressansprüche gegen den Liquidator der vermögenslosen Gesellschaft gesichert werden sollen.

2.

Die gemäß § 27 Abs. 1 FGG statthafte und in rechter Form (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG) eingelegte weitere Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts, des Beschlusses des Rechtspflegers sowie der Nichtabhilfeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

a)

Das Registergericht und ihm folgend die Kammer für Handelssachen haben angenommen die begehrte Eintragung der Beendigung der Liquidation und des Erlöschens der Firma sei von einer dreimaligen Veröffentlichung des Gläubigeraufrufs und dem Ablauf eines Sperrjahres abhängig zu machen. Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, die Liquidation sei beendet, wenn keine Abwicklungsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Insoweit sei die Erfüllung aller in §§ 70 bis 73 GmbHG aufgeführten Pflichten notwendig. Die Aufforderungen an die Gläubiger und die Einhaltung des Sperrjahres seien grundsätzlich zu beachten. Dies habe zur Folge, dass die Eintragung der Löschung vor Ablauf des Sperrjahres zu unterbleiben habe. Auch bei einem Aufbrauch des Gesellschaftsvermögens durch Verteilung an die Gesellschaftsgläubiger sei die Missachtung der Sperrfrist nicht mit den Interessen der an der Verteilung nicht beteiligten Gläubiger zu vereinbaren. An diese richte sich der Aufruf, damit sie ihre Ansprüche geltend machen und auf die gegebenenfalls quotenmäßig vorzunehmende Verteilung des vor der Befriedigung der anderen Gläubiger noch vorhandenen Vermögens hinwirken können. Ließe man die Löschung ohne Einhaltung des Sperrjahres zu, entfalle der Schutz der Gläubiger. Dass der Schutz registerrechtlich nur zum Tragen komme, wenn überhaupt noch verteilungsfähiges Vermögens vorhanden ist, lasse sich der gesetzlichen Regelung nicht entnehmen. Eine Liquidation sei nicht beendet, solange nicht die sich aus § 73 GmbHG ergebenden Verpflichtungen erfüllt seien.

Gegen diese Erwägungen des Landgerichts bestehen rechtliche Bedenken. Die Kammer für Handelssachen ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Liquidation in der Regel nicht vor Ablauf des Sperrjahres beendet ist und die Gesellschaft grundsätzlich nicht vor Ablauf des Jahres im Handelsregister gelöscht werden kann (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Auflage 2002, § 74 Rn 1). Die Beendigung ist von den Liquidatoren in einer zur Vertretung berechtigenden Anzahl in öffentlich beglaubigter Form gem. § 74 Abs. 1 Satz 1 GmbHG zum Handelsregister anzumelden. Das Registergericht trägt sodann die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der GmbH und ihrer Firma in das Handelsregister ein (OLG Naumburg, ZIP 2002, 1529; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Auflage 2000, § 74 Rn 2; Hachenburg/Hohner, GmbHG, 8. Auflage 1997, § 74 Rn 19; Lutter/Hommelshoff/Kleindiek, GmbHG, 16. Auflage 2004, § 74 Rn 2 ff.; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 74 Rn 4 ff.). Ebenfalls zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass vorliegend nicht alle der genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Das in § 73 Abs. 1 GmbHG vorgesehene Sperrjahr war nicht abgelaufen. Dieses beginnt erst mit der Veröffentlichung der dritten Aufforderung des Liquidators an die Gläubiger der Gesellschaft, sich bei der Gesellschaft zu melden.

Indes kann nach einer vom Senat geteilten Auffassung in Rechtsprechung und Literatur von der Einhaltung des Sperrjahres (§ 73 GmbHG) abgesehen werden, wenn kein verteilungsfähiges Vermögen der Gesellschaft mehr vorhanden ist (KG, DR 1941, 2130 [2131] mit zustimmender Anm. Groschuff; Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, a.a.O., § 74 Rn 2; Hachenburg/Hohner, a.a.O., § 73 Rn 7; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, a.a.O., § 74 Rn 3; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Auflage 2003, § 73 Rn 13; Rowedder/Rasner, GmbHG, 4. Auflage 2002, § 73 Rn 4; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 74 Rn 1; a.A. Michalski/Nerlich, GmbHG, 2002, § 73 Rn 12, der sich im Falle des Eintritts der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft für eine Amtslöschung nach § 141a Abs. 1 FGG ausspricht; Meyer-Landrut in: Miller/Niehus/Meyer-Landrut, GmbHG, 1. Auflage, § 73 Rn 2; entgegen dem abgedruckten Leitsatz offen gelassen von OLG Naumburg, ZIP 2002, 1529 [1530]; so auch Keidel/Krafka/Willer, Registerrecht, 6. Auflage 2003, Rn 1150). Das Gesetz schreibt die Einhaltung der Sperrfrist nur für den Fall vor, dass ein Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter verteilt werden soll. Kommt eine solche Verteilung nicht in Betracht, dann ist die Schutzvorschrift des § 73 Abs. 1 GmbHG gegenstandslos (KG, DR 1941, 2130 [2131]). Solange die Liquidationsgesellschaft nicht völlig vermögenslos ist, bezwecken der Gläubigeraufruf und das Sperrjahr, dass sich die Gläubiger melden, deren Forderungen der Gesellschaft nicht bekannt ist (BayObLG, DB 1982, 2126; BayObLG, Rpfleger 1982, 429; Hachenburg/Hohner, a.a.O., § 73 Rn 5; Michalski/Nerlich, a.a.O., § 73 Rn 9; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 73 Rn 3). Melden sich auf Grund des Aufrufs noch Gläubiger, so sind diese zu befriedigen, wenn die Forderungen fällig sind und wenn ihr Bestand nicht streitig ist (§ 70 Satz 1 i.V.m. § 73 GmbHG). Reichen hierzu die vorhandenen Mittel nicht aus, so ist es Aufgabe des Liquidators, die verfügbaren Mittel unter Berücksichtigung sämtlicher Gläubiger zu verteilen. Dieser Schutz ist indes dann nicht (mehr) geboten, wenn kein verteilungsfähiges Aktivvermögen mehr vorhanden ist. In diesem Falle sind die Abwicklungsaufgaben beendet, und die Gesellschaft hat damit ihr Ende gefunden (RG JW 1926, 1432 [1433]; BayObLG, DB 1982, 2126; BayObLG, Rpfleger 1982, 429). Die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma kann eingetragen werden.

Hiervon zu trennen ist die Frage, ob tatsächlich die Gesellschaft vermögenslos und die Liquidation beendet ist, und welche Anforderungen an diesbezügliche Nachprüfungen durch das Registergericht zu stellen sind. Hierfür gilt jedoch nichts anderes als für die Nachprüfung sonstiger Anmeldungen durch das Registergericht. Im allgemeinen genügt die mit der Anmeldung des Erlöschens der Firma verbundene Versicherung des Liquidators, nötigenfalls in Verbindung mit einer näheren Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse. Dabei kann das Registergericht grundsätzlich davon ausgehen, dass die ordnungsgemäß angemeldeten Tatsachen auch zutreffend sind (Keidel/Krafka/Willer, a.a.O., Rn 1150). Soweit begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der einzutragenden Tatsache bestehen, hat das Registergericht das Recht und die Pflicht zu einer weiteren Prüfung (§ 12 FGG), und es muss, wenn seine Bedenken nicht ausgeräumt werden, die Anmeldung zurückweisen. Strengere Anforderungen brauchen schon deshalb nicht gestellt zu werden, da die Eintragung der Löschung jederzeit in einem Verfahren nach § 142 FGG wieder rückgängig gemacht werden kann, wenn sich später das Vorhandensein von Vermögen herausstellt (KG, DR 1941, 2130 [2131]). Unter Beachtung dieser Grundsätze wird der Rechtspfleger beim Registergericht nunmehr zu prüfen haben, ob vorliegend die Löschung der Firma ohne Einhaltung des Sperrjahres eingetragen werden kann.

3.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, weil dem Beschwerdeführer kein Gegner gegenübersteht.

Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 3.000,00 € (wie Vorinstanz)

Ende der Entscheidung

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